Justizthriller in Bad Oldesloe vorerst zuende

Helge T. 07.07.2009 14:45 Themen: Antifa Repression
Nach drei Verhandlungstagen ging auch der zweite Prozess wegen der „1. Oldesloer DNA-Ralley“ zu Ende. Der Angeklagte Helge T. war im November 2008 bei einem Hausbesuch der Oldesloer Staatsschutzbeamten Wackerow, Wolters und Karben mit Jan H. Verwechselt worden, gegen den aufgrund seines antifaschistischen Engagements ein Beschluss zur DNA-Abgabe des Amtsgerichtes Rostock vorlag, verwechselt worden. Die Beamten merkten ihren Irrtum erst, als der Betroffene nach massiver Gewalteinwirkung vor ihnen lag. Doch anstatt das ihnen ihr Irrtum peinlich wäre, starteten die Staatsschutzbeamten ein Ordnungswidrigkeitsverfahren wegen „falscher Namensangabe“ und behaupteten einfach, sie hätten nach dem Personalausweis gefragt. Nach drei Prozesstagen wurde das Verfahren nun eingestellt.
Bericht vom 2. Prozesstag:
 http://de.indymedia.org/2009/06/253427.shtml

Der Prozess begann damit, dass Richter Holtkamp dem Angeklagten einen Beschluss einer anderen Richterin bezüglich des Befangenheitsantrags, der den letzten Prozesstag gesprengt hatte, übereichte. Helge T.Punkt las in einer persönlichen Stellungnahme ua. folgenden Abschnitt vor:

Dies führte dazu, dass sich im Laufe der Verhandling jegliche Frechheit, die sich das Gericht oder die Beamten erlaubten, als „albern“, „Frechheit“ oder „alberne Frechheit“ bezeichnen ließ, ohne das der Richter dagegen einschritt.

Sodann wurde mit der Zeugenvernehmung der Beamtin Wolters und Wackerow begonnen. Hierbei zeigten ishc in einigen Schlüsselszenen deutliche Unterschiede ab. Besonders nette Stilblüten ergaben sich, als Wackerow die Rechtsgrundlage für sein Handeln benennen sollte, dies erwartungsgemäs nicht konnte, und der Richter mit der Begründung: „Das weiss er nicht und das muss er auch nicht wissen!“ verbot. Ähnlich erging es Frau Wolters, die überhaupt keine Probleme sah, wenn Polizeibeamten fremde Wohnungen betreten. Sehr deutlich zeigt dies die im Polizeialltag übliche Einstellung: „Legal, illegal-Scheißegal!“ und auch dass dieses Verhalten sowohl von Vorgesetzten als auch von Richtern gedeckt wird.

Eine weitere Panne ereignete sich, als Frau Wolters auf eine ihr unangenehme Frage des Richters, antwortete, dass sie dazu keine Aussagegenehmigung habe, und Richter Holtkamp seine eigene Frage mit der Begründung „Tut nix zur Sache“ zurück zog. Täte die seine eigene Frage nichts zur Sache, hätte er sie wohl kaum gestellt. Aber da diese der zu schützenden Partei unangenehm wurde, rudert ein Richter eben zurück...

Der Prozess kippte letztlich, als Helge T. nachbohrte, wie die Polizei eigentlich auf die Idee komme, dass er die Person an der Tür gewesen sei, wenn aus den Vermerken hervor gehe, dass durch „ein Missverständnis“ die Personalien nicht aufgenommen worden seien. Frau Wolters erklärte dazu, dass der Name des beschuldigten in einer „inoffiziellen Dienstbesprechung“ gefallen sei, und sie daraufhin die Person an der Tür auf zum Namen gehörigen ED-Behandlungsbildern erkannt habe. Sämtliche Nachfrage dazu blockte die Zeugin danach ab, mit der Behauptung, sie habe dazu keine Aussagegenehmigung.

Helge T. Im Prozess dazu: „Ich kann mir lebhaft vorstellen, wie es bei einer sog. „Inoffiziellen Dienstbesprechung“, in der der Name eines bekannten Polizeikritikers fällt, und anschließend Anzeigen geschrieben werden, zugeht!“ Offensichtlich konnte der Richter sich dies auch vorstellen, und rückte um weitere Nachfrage zu vermeiden, mit dem Einstellungsangebot über den Tisch.

Außerdem fand heute am Oldesloer Amtsgericht ein Prozess wegen Körperverletzung gegen einen Antifaschisten statt. Dem Antifaschisten wurde vorgeworfen, am Rande einer Soli-Demo im Dezember 2008 gegen das gewalttätige Vorgehen der Polizei bei einer Solidemo für beim Containern eingesperrte Menschen einem stadtbekannten Rechtsextremisten geschlagen zu haben.
(  http://de.indymedia.org/2008/12/235890.shtml ) Einziges Beweismittel: Die Zeugenaussage des Rechtsextremisten.

Richter Thiele lieferte ein granddioses Beispiel richterlicher Deutungshoheit: Da der Betroffene zur Tatzeit noch minderjährig war, wurde nach Jugendstrafrecht verhandelt. Obwohl Publikum da war, und der Betroffene die Zulassung der Öffentlichkeit wünschte, lies Richter Thiele die Öffentlichkeit ausschleßen. Die etwa 15 UnterstützerInnen warteten daraufhin vor der Tür des Amtsgerichtes bis ein vor wut schnaubender Justizwachtmeister mit Thorshammerkette um den Hals die Wartenden anpöbelte, dass sie das Grundstück zu verlassen hätten. Mit der Frage konfrontiert, auf welcher Rechtsgrundlage dies zu geschehen habe, war der Justizwachtmeister bereits überfordert, und wusste bloß noch mit Gewalt zu drohen.

In der Verhandlung sagte der Zeuge nur sehr spärliche Sachzusammenhänge aus. Stattdessen erging er sich in Hetze gegen „Punks und Zecken“. Er versuchte ständig, die Mangelnde Substanz seiner Aussagen durch Beschimpfungen auszugleichen. Und so stellte Richter Thiele letztlich auch dieses Verfahren ein.
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

Noch mehr Verfahren

egal 07.07.2009 - 19:17
Für Fans von Blockbustern wird aber noch Fortsetzungen geben. Im Umfeld von Helge T. laufen noch folgende Verfahren in Bad Oldesloe:

1. Verstoss gegen das Pressegesetz
Die Cops, die Helge t. irrtümlich verhafteten, leiteten auch ein Verfahren wegen "VErstoß gegen das Kunsturhebergesetz ein, um eine weitere Person zu kriminalisieren. Ob diese Entscheidung wohl ebenfalls bei der oben erwähnten "internen Dienstbesprechung" fiel?

2. Schwerer Diebstahl
Der Anlass für die Solidemo vor der Wache, nach welcher u.a. Helge T. Widerstand vorgeworfen wurde, war, dass beim Containern Personen verhaftet wurden.

Helge T. R.I.P.

Helge T. 10.05.2013 - 14:34