Nachtrag: Demo am 30.05.09 in Landau (Pfalz)

Dr. K. Schürholt 03.07.2009 12:06 Themen: Antifa
Am Samstag den 30. Mai 2009 fand in Landau in der Pfalz eine antifaschistische Demonstration unter dem Motto „Die Verhältnisse zum Tanzen bringen – Nazis auf die Füße treten!“ statt. Inhaltlich richtete sich die Demo gegen verstärkt aufkommende Naziaktivitäten in der Region und in diesem Zusammenhang gegen den Einfluss der Totalitarismusdoktrin auf Politik, Medien und Gesellschaft.
Dem Aufruf des lokalen antifaschistischen Organisationsbündnisses folgten zunächst etwa 150 Personen, zwischenzeitlich wuchs die Veranstaltung auf etwa 200 TeilnehmerInnen an. Die Demonstrationsroute führte durch die Innenstadt, am Rathausplatz fand eine Zwischenkundgebung statt, bei der mehrere Redebeiträge zu den Themen „Neonaziaktivitäten in der Region“, „Umgang der Behörden mit antifaschistischem Engagement“, „Extremismus der Mitte“ sowie „Staat. Nation. Kapital. Scheiße.“ verlesen wurden. Sowohl in diesen, als auch in Sprechchören wurde die Forderung nach einer anderen Gesellschaftsform „fernab von Verwertungslogik und staatlicher Bevormundung“ laut. Die Veranstalter sprechen von einem Erfolg, gleichwohl sie das Vorgehen der Polizei scharf kritisieren, welche die Demonstration während der gesamten Dauer mit einer völlig unverhältnismäßig großen Anzahl an Beamten mit einem Spalier begleitete. „Hier wurde gezielt versucht, der Öffentlichkeit das in den Medien häufig gezeichnete Bild der kriminellen AntifaschistInnen zu vermitteln, welchem die Demonstration inhaltlich eigentlich entgegen wirken wollte."

Bereits im Vorfeld wurden den OrganisatorInnen Steine in den Weg gelegt, indem der ursprünglich angemeldete und beworbene Demonstrationsbeginn untersagt und um mehrere Stunden nach hinten verlegt wurde. So fanden sich schon zur Mittagszeit mehrere TeilnehmerInnen, aber auch einige provozierende Neonazis, so u.a. der wenig begabte Nazitätowierer Andrea Vivaci. Im weiteren Verlauf der Demonstration zeigten sich auch noch Marco Wendel und Alexander Beil von den „Nationalen Sozialisten Südpfalz“.

Auf das Polizeigroßaufgebot am Bahnhof angesprochen erklärte ein Polizeibeamter schon vor dem eigentlichen Beginn einer vermeintlichen Passantin, `die Antifa protestiere hier gegen die Polizei und die Menge an Kollegen sei nötig, um BürgerInnen wie Sie vor denen zu beschützen`. Es folgten während der Demo zahlreiche weitere Entgleisungen. So hofften Polizeibeamte auf Gründe, Gewalt gegen die Demonstranten anzuwenden (O-Ton eines Polizisten: `Hoffentlich kommen noch ein paar Rechte, damit hier mal ein bisschen Stimmung aufkommt") und fanden einen solchen in einem kurzen Sprint der DemonstrantInnen. Nach kurzem aber heftigem Schlagstockeinsatz sprach ein Polizist seinen Kollegen an, er hoffe, dieser habe den Antifas 'noch gut eine mitgegeben'.

Hinz und Kunz vom Organisationskomitee fassten die Demo inhaltlich so zusammen:

„Wir wollen uns nicht mit den von uns als untragbar empfundenen gesellschaftlichen Verhältnissen abfinden. In einer Zeit, in der gesellschaftliche Widersprüche immer offener zu Tage treten, steigt zum Einen die Hoffnung, dass die Bereitschaft wächst, den Sprung in eine wirklich freie und emanzipatorische Gesellschaft zu wagen. Leider wächst aber mit Fortschreiten der Krise der kapitalistischen Gesellschaft auch die Gefahr reaktionärer Lösungswege. Neben der Gefahr eines wieder erstarkenden Neonazismus sollte aber nicht übersehen werden, dass die bestehenden, globalen Ausbeutungsverhältnisse und die damit zusammenhängenden Verelendungstendenzen von einem ständig wachsenden, technokratischen Überwachungs- und Repressionsapparat abgesichert und zementiert werden.
In diesem Sinne wollen wir „die Verhältnisse zum Tanzen bringen“ und in diesem Zusammenhang auf die massive Zunahme neonazistischer Umtriebe in und um Landau hinweisen.

Außerdem verwehren wir uns gegen die gerade auch in Landau gängige Praxis des Mainstreams, und insbesondere der Polizei und des Verfassungsschutzes, Antifaschismus in einem Atemzug mit der Naziproblematik zu behandeln. Vielmehr wollen wir aufzeigen, dass hier im Sinne der Extremismus- und Totalitarismusdoktrin jegliche radikale, also grundsätzliche Kritik an den bestehenden, kapitalistischen Verhältnissen diskreditiert und somit ein Mehr an Demokratie und Freiheit unterbunden werden soll. In dieses Bild passt es auch ganz gut, dass die regionale Tageszeitung Rheinpfalz, welche in der Vergangenheit antifaschistische Demonstrationen und Aktionen mit diffamierenden und auf falschen Informationen beruhenden Berichten begleitete, diesmal ihre Taktik änderte, indem sie versuchte die Demo totzuschweigen.“
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hm — hm

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