Prag: Squat Milada geräumt

Jan Pěnovka 30.06.2009 23:44 Themen: Freiräume Repression Weltweit
Im Laufe des heutigen Tages ist in Prag die besetzte Villa Milada mit Unterstützung der Polizei von einer privaten Sicherheitsfirma geräumt worden. Das Squat Milada, eines der letzten besetzten Häuser in Prag, liegt im Stadtteil Prag 8 zwischen Holešovice und Troja und ist seit über zehn Jahren besetzt. Auch das keine 300 Meter entfernte Squat Miluška wurde im Laufe des Tages geräumt. Zeugen berichten vom äußerst gewalttätigem Vorgehen des Sicherheitsdienstes.
Milada ist in staatlichem Besitz und wird vom Institut für Bildungsinformation (UIV) verwaltet, dass dem tschechischen Ministerium für Bildung, Jugend und Sport unterstellt ist. Das Institut entschied sich für die Räumung, da sich Anwohner_innen und Studenten_innen des gegenüberliegenden Studentenwohnheims "17. November" in Holešovice über ständigen Lärm und Unordnung beschwert hatten. Im Mai verfassten diese sogar gemeinsam eine Petition gegen die besetzten Räume. Auch seien die hygienischen Zustände katastrophal.

Laut Berichten der Hausbesetzer_innen verlief die Räumung, die am Vormittag begann, äußerst brutal. Wie der Hausbewohner Štěpán Mareček berichtet, drangen die Sicherheitsleute ins Haus ein „und begannen alles zu zerstörten, was ihnen unter die Finger kam. Auch unsere persönlichen Gegenstände“. Dabei hielt sich die Polizei im Hintergrund und überließ die Arbeit den Sicherheitsleuten, die auch Tränengas einsetzten. Angeblich beschimpften Sicherheitsleute die Hausbewohner als „Zigeuner“ die „ins Gas“ gehören. Wie mehrere Zeugen berichteten, trugen einige Angestellte der Sicherheitsfirma Klamotten der Marke Thor Steinar.

Im Umkreis der Villa kam es unterdessen zu Handgemengen zwischen Polizei und ca. 200 Demonstrant_innen, die zur Unterstützung der Hausbewohner heran geeilt waren. Auch einige Student_innen schlossen sich der Demonstration an, während andere die Räumung unterstützten. Laut Beobachtern verlief die Aktion der Polizei chaotisch, sie hatte Probleme, sich gegen die Demonstrant_innen durchzusetzen. Dabei kam es auf beiden Seiten zu leichteren Verletzungen. Zwei Demonstranten wurden verhaftet.

Einige der Hausbewohner_innen, die Presse spricht von sieben oder acht, verbarrikadierten sich auf dem Dach der Villa. Der Sicherheitsdienst begann daher, vom Dachboden aus das Dach zu durchbrechen und die Bewohner_innen nach und nach herunter zu holen. Das Dach wurde dabei weitestgehend zerstört. Nur zwei Menschen konnten sich länger auf dem Dach der Villa halten.

Gegen Nachmittag treffen der tschechische Minister für Menschenrechte, Michael Kocáb sowie der Direktor der Prager Polizei Martin Červíček vor Ort ein, um mit den verbliebenen Besetzern zu verhandeln. Kocáb zeigt sich überrascht über das harte Vorgehen von Polizei und Sicherheitsdienst.

Kocáb versprach den Hausbesetzer_innen, dass er andere Räume für das alternative Projekt finden wird. Jan Němec, der die Bewohner an diesem Tag vertritt sagt gegenüber der Presse, dass die Bewohner den Versprechungen des Ministers glauben schenken. Die beiden letzten Bewohner verlassen daraufhin das Dach freiwillig. Allerdings verfügt das Ressort von Michael Kocáb über keine eigenen Mittel dafür, daher bleibt völlig offen, was aus dem Versprechen wird. Ebenso unklar ist, was nun mit der Villa passieren soll.

Die heutige erfolgreiche Räumung Miladas war der dritte Räumungsversuch seit der Besetzung 1997. Bisher konnten sich die Bewohner_innen den Räumungsversuchen erfolgreich widersetzen. Diesmal gingen Polizei und privater Sicherheitsdienst ungleich härter vor.

In einer Erklärung verurteilt der grüne Bezirksvertreters Petr Vilgus das unverhältnismäßig harte Vorgehen von Polizei und Sicherheitsdienst. „Auch wenn ich das Eigentumsrecht des Besitzers der Villa Milada respektiere, stimme ich nicht mit der Art und Weise überein, mit der dieses Recht nun durchgesetzt wird. Die Hausbesetzer bewohnen die Villa Milada schon über zehn Jahre und haben in dieser Zeit aus ihr ein Zentrum alternativer Kultur gemacht. [...] Der Besitzer hat sich um sein Eigentum lange nicht gekümmert und die jetzigen Bewohner haben es in einem bewohnbaren Zustand gehalten.“

Morgen ab 12 Uhr findet in Prag auf dem Senovážné náměstí eine Demonstration für den Erhalt des Projektes statt.

 http://www.milada.org/index.php

twitter.com/squatMilada
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Ergänzungen

Stellungnahme der Squatter

Jan Pěnovka 01.07.2009 - 11:12
Stellungnahme zu den gestrigen Ereignissen, 1.7., 4:30

Wir, die nun ehemaligen Bewohner des Squat Milada, wollen uns zu den Ereignissen äußern, die am 30. Juni stattfanden.
An diesem Tag kam es zur gewalttätigen Räumung des seit elf Jahren bestehenden sozio-kulturellen Zentrums, das in Tschechien die letzte Einrichtung ihrer Art war. Dieser Augenblick hat in uns allen viel verändert: Nazis der Sicherheitsagentur Prague Security Group zerstörten gemeinsam mit den Bullen innerhalb eines Tages den Ort, an dem wir Jahre unsere Träume und Visionen in die Wirklichkeit umsetzten.
Der Minister für Menschenrechte Michael Kocáb versprach Verhandlungen über andere Räumlichkeiten zu initiieren, wir haben uns aber entschieden uns in diesem Kampf weder auf Politiker zu verlassen, noch den Zorn all derer zu besänftigen für die Milady etwas bedeutete. Unabhängig vom Ergebnis der Verhandlungen wird auf die Räumung von Milada eine adäquate Antwort folgen, die die für diese Tat verantwortlichen Institutionen schmerzen wird. Wir sehen als wichtig an, neue Räume zu schaffen, an denen wir ohne Autorität leben und schaffen können. Jegliche Aktivität, die diesem Ziel dient ist aus unserer Sicht legitim. Eine Gesellschaft, in der es normal ist, dass staatliche Institutionen sich mit Neonazis gegen Leute verbindet, die nicht-kommerzielle Kultur schaffen, hat nicht das Recht, sich auf Freiheit zu berufen.
Kommt zu den Demonstrationen, macht direkte Aktionen, seit kreativ! Mit der Räumung von Milada wurde etwas beendet, gleichzeitig wurde aber auch Raum frei um etwas neues zu schaffen.
Unsere Sehnsucht nach Freiheit wird keine Repression stoppen!

Mole's column opened

Jan Pěnovka 01.07.2009 - 11:15
At least till sunday, Krtkova Kolona will be oped non-stop. It should be used as a convergence center for activists coming from outside of Prague. We are trying to find sleeping places for those who want to participate on fights for a new house. The first public event takes place tomorrow at 12 at Senovážné náměstí.

 http://kk.czechcore.cz/index.php?english

Der Newsserver iDNES.cz schreibt...

Jan Pěnovka 01.07.2009 - 12:18
 http://zpravy.idnes.cz/mluvci-squateru-z-milady-odpovida-ctenarum-fee-/praha.asp?c=A090701_100748_praha_pei



1. července 2009 10:07, aktualizováno 10:58

Jan Němec, Sprecher der Initiative „Freedom Not Fear“, hat den Löwenanteil daran, dass es während der Räumung des Squat Milada im Prager Stadtteil Troja nur zu kleineren Auseinandersetzungen zwischen Anhängern des Squats und den schweren Polizeieinheiten kam.


Er versuchte einen Vertrag zwischen dem radikalen Flügel der Anarchisten auszuhandeln und gleichzeitig Michael Kocáb (Minister für Menschenrechte, A.d.A.) und Martin Červíčka (Polizeidirektor Prag A.d.A.) zu überzeugen, dass sie die Aussagen der jungen Alternativen über die Legitimität ihres Vorgehens anhören.


Es zeigte sich allerdings, dass nicht alle Squatter die Verhandlungen mit den Staatsvertretern unterstützten: "Unabhängig vom Ergebnis der Verhandlungen wird auf die Räumung von Milada eine adäquate Antwort folgen, die die für diese Tat verantwortlichen Institutionen schmerzen wird." schrieben sie am frühen Morgen auf ihrer Internetseite.



Schon heute Mittag wird vor dem Sitz des Instituts für Bildungsinformation, dem neuen Besitzer der Villa Milada, die noch aus Zeiten der ersten rschechoslowakischen Republik stammt, eine erste Demonstration stattfinden.


Die Räumung des letzten Prager Squats verlief dramatisch. Die Sicherheitsagentur, die das Institut für Bildungsinformation in die Villa, die sich direkt vor dem Studentenwohnheim der Prager Karlsuniversität befindet, geschickt hatte, drang am frühen Morgen in das Objekt ein.


"Sie verhielten sich aggressiv, zerstörten unsere Sachen, sprühten uns Tränengas in die Augen", beschwerten sich die Squatter über die "schwarzen Sheriffs".



Wir wollen das Haus abreißen, erklärte gestern während der Räumung die Sprecherin des Instituts Bohumila Beranová. Über die Squatter hatten sich die Anwohner einschließlich der Studenten beschwert. Heute änderte sie ihre Aussage, das Institut wird die Villa staatlichen Organisationen anbieten, da sie diese nicht benötigt.



"Die Bewohner des Viertels Pelc-Tyrolka haben sich gemeinsam mit den Studenten, die im Wohnheim '17. November' wohnen, schon lange über die nicht haltbare Situation im Umkreis der beiden Objekte beschwert", teilte Beranová dem Newsserver iDNES.cz mit.



Die letzten zwei Anarchisten verließen Milada gegen halb neun am Abend. Sie banden sich vom Schornstein los und stiegen vom Dach herunter. Der Prager Polizeidirektor Martin Červíček versprach ihnen, dass sie nicht bestraft werden. Michael Kocáb verpflichtete sich, Verhandlungen über eine Rückkehr der Squatter nach Milada bzw. über ihren Umzug in andere Räumlichkeiten zu initiieren.

Auf die Hauptseite!

krtek 02.07.2009 - 01:22
was hier bisher noch nicht erwähnt wurde, ist die aktive Beteiligung von Nazis an der Räumung des Milada Squats:

 http://www.antifa.cz/254-mzdomova-vyklizeni-squatu-milada.html

Bild 2: Michal Sýkora (der Dicke mit kurzem, schwarzem Haar in Anti-Antifa T-Shirt)- Mitglied der "security group", die die Räumung des Milada Squats durchgeführt hat...


Bild 3: Michal Sýkora (mit Sonnenbrille, schwarzer Weste und blauem T-Shirt), aufgenommen am 1.5.2009 auf dem Aufmarsch, der von der rechtsradikalen "Arbeiterpartei" (Dělnická strana – DS) in Prag veranstaltet wurde...

DS:

 http://www.recherche-ost.com/content/view/34/18/

 http://de.indymedia.org/2008/11/233137.shtml

donnerlüttchen

Garri 02.07.2009 - 13:41
Zunächst einmal muss ich mich ".../OH FUCK" anschließen. Viele besetzte Häuser sind dermaßen herunter gekommen und verdreckt, da fühle ich mich in nem Dixie-Klo wohler. LUXUS, nicht Armut für alle.

Aber weiter: Ich bitte um sprachliche Korrektheit: Hat die Sicherheitsagentur tatsächlich TRÄNENgas eingesetzt oder hat sie CS-Gas benutzt? Würde mich doch tatsächlich interessieren, welcher Secu-Dienst Teargas als Einsatzmittel führt/führen darf, oder wie sieht da die rechtl. Situation in Tcheschien aus. Und diesbezüglich: Wenn die Villa in staatl. Besitz ist, warum darf dann ein privater Dienstleister Hand anlegen? Hätte gern mehr Infos zu dieser Firma, die Internetpräsenz ist nur auf Tschechisch.

Ansonsten: Solidarität mit den rausgeschmissenen Besetzern. Mögen sie bald Ersatz finden.

Sicherheitsdienst

Jan Pěnovka 02.07.2009 - 14:55
Die Info mit dem Tränengas beruht auf einer Aussage eines Bewohners:

 http://zpravy.idnes.cz/majitel-squatu-milada-povolal-policii-ma-ho-chranit-pri-vyklizeni-domu-1mr-/krimi.asp?c=A090630_100549_krimi_pei

Squater Marky iDNES.cz řekl, že akce začala přibližně v 9:30. "Najelo sem asi deset aut bezpečnostní agentury, rozbíjejí zařízení Milady, vytloukali okna. Proti nám použili slzný plyn," popsal Marky.

Da auch er das Wort "Tränengas" benutzt konnte ich in der Übersetzung nicht genauer werden.

Das die Räumung ausschließlich vom Sicherheitsdienst durchgeführt wurde ist eine Tatsache. Das geht auch aus einem Interview mit dem Einsatzleiter der Polizei hervor, der aussagt, dass die Polizei sich ausschließlich auf die Sicherung des Raumes außerhalb des Gebäudes konzentriert hat und die Räumung gänzlich der Prague Security Group überlassen hat. Welche rechtlichen Befugnisse private Sicherheitsdienste in Tschechien haben weiß ich nicht, habe gerade leider keine Zeit, das zu recherchieren. Die Internetseite der Prague Security Group gibt da nichts her, es ist in jedem Fall eine private, kommerzielle Sicherheitsfirma. Unklar bleibt auch, warum ein staatliches Institut mit der Räumung eine private Firma beauftragt. Diese Fragen wurde in den tschechischen Medien leider in keinster Weise thematisiert, daher kann ich dazu nichts sagen.

Danke für den Hinweis mit den Nazis. Ich hatte es erst rausgelassen, da es zunächst nur Gerüchte waren. Die Antifa-Bilder belegen aber eindeutig die Verbindung von Angestellten des Sicherheitsdienstes und der rechtsextremen Dělnická Strana (Arbeiterpartei), die eng mit den tschechischen Autonomen Nationalisten und dem Nationalen Widerstand zusammen arbeitet.

Mierda

Puta Madre 02.07.2009 - 15:20
La okupa Milada fue desalojada este miércoles debido a las quejas de los vecinos por ruido, desorden y pésimas condiciones higiénicas. Durante la operación policial resultaron heridos tres de los inquilinos ilegales. La villa Milada, situada en un barrio de Praga permanecía ocupada desde 1997, y era el centro de operaciones de la última organización okupa de la República Checa.

Aktion

Jan Pěnovka 03.07.2009 - 10:56
Benefizkonzert, 4.7., Strahov 007
 http://www.klub007strahov.cz/
Benefiční Konzert - Never Surrender - Nikdy se nevzdáme
Sheeva Joga - Fastcore Power Violance
Kobra VI - HC/Trash
Punk DJ Postman, Streetpunk-Ska L.-M, Dico
Flyer:  http://ingkralik.freetekno.cz/wp-content/uploads/letak_new.png

Protest Street Party, 4.7.
Palackéno Náměstí
ab 14. Uhr
Flyer:  http://img8.imageshack.us/img8/5194/miladademosobota.jpg

Ersatz

Jan Pěnovka 03.07.2009 - 11:05
Nachrichten Radio Prag

Minister Kocáb hat den Squattern ein neues Quartier angeboten.
Der Minister für Menschenrechte Michael Kocáb bot den Squattern, die am Dienstag aus dem Prager Squat Milada ausgezogen wurden, ein neues Objekt an. Das sagte er Journalisten nach einem Treffen mit den Squattern am Sitz des Innenministeriums. Kocáb erwähnte nicht, wo sich das Haus befindet. Kocáb sagte, dass er ein Angebot vom einem Hauseigentümer bekommen habe, dieser habe zum Ende des Jahres einige Wohnungen zur Verfügung. Es müsse keine Miete bezahlt werden, allerdings Wasser und Elektrizität. Die Vertreter der Squatter gaben an, sich die neuen Räumlichkeiten anschauen zu wollen.

deutschsprachiger Artikel Radio Prag

Jan Pěnovka 03.07.2009 - 11:07
 http://www.radio.cz/de/artikel/117931

Letzte Bastion der Prager Hausbesetzerszene geräumt
[02-07-2009 16:29 UTC] Autor: Daniel Kortschak

Rund ein Dutzend Häuser hatten verschiedene Gruppen nach der politischen Wende vor 20 Jahren in Prag besetzt. In der vergangenen Jahren wurden alle dieser meist zum Abbruch bestimmten Häuser geräumt. Fast alle, denn im Stadtteil Holešovice hielten einige Dutzend Anhänger der linken Szene die Villa Milada besetzt. In den vergangenen beiden Tagen wurde sie nun gewaltsam geräumt. Die tschechische Regierung verspricht den Autonomen ein Ersatzquartier.

Lautstark protestierten die Hausbesetzer und einige Dutzend Sympathisanten am Mittwoch gegen die gewaltsame Räumung der „Villa Milada“ im Stadtteil Holešovice. „Haut ab, haut ab!“ skandierte die aufgebrachte Menge in Richtung der vermummten und schwer bewaffneten Polizisten. Später flogen nicht nur Worte, sondern auch Flaschen und Steine in Richtung der Ordnungshüter, mindestens drei Beamte wurden verletzt. Vier Demonstranten wurden verhaftet.

Seit 1998 bewohnten die überwiegend jungen Leute die seit Ende der 1980er-Jahre leerstehende Villa. Immer wieder beschwerten sich Anwohner und Bewohner des benachbarten Studentenheims über Lärm bis spät in die Nacht, Schmutz und frei laufende Hunde. Bereits mehrmals versuchte man das Haus zu räumen. Doch wegen der nach der Samtenen Revolution ungeklärten Eigentumsverhältnisse gab es für eine Zwangsräumung keine Rechtsgrundlage: Das Abbruchhaus war nämlich aus dem Grundbuch gelöscht worden, existierte also offiziell gar nicht mehr. Seit einigen Wochen scheint es nun wieder im Kataster auf: Eigentümer ist der tschechische Staat, mit der Verwaltung beauftragt ist das „Informationsinstitut des Bildungsministeriums“. Dessen Leiterin Pavla Zieleniecová verteidigte im Tschechischen Fernsehen die Räumung: Als Vertreterin des Eigentümers habe sie nicht anders handeln können, es sei ihre Pflicht, die Ansprüche des Staates zu sichern.
Das dem Bildungsministerium untergeordnete Institut hat deshalb einen privaten Sicherheitsdienst mit der Räumung der Villa Milada beauftragt. Als sich in der Nacht auf Mittwoch acht Hausbesetzer auf dem Dach verschanzten, rief die Sicherheitsagentur Polizei und Feuerwehr zu Hilfe. Einige der Aktivisten kletterten nach Verhandlungen mit der Polizei selbst vom Dach, zwei wurden von Sicherheitsleuten überwältigt. Die Hausbesetzer werfen den privaten Wachleuten übertriebene Gewaltanwendung vor, außerdem seien persönliche Gegenstände beschädigt oder entwendet worden:

„Wir fordern eine Erklärung für diese Räumung, die unserer Ansicht nach klar rechtswidrig war“, so der Sprecher der Aktivisten Jan Němec im Tschechischen Fernsehen. Dutzende Hausbesetzer und ihre Anhänger demonstrierten vor dem Sitz des Institutes in der Prager Innenstadt und belagerten das Informationszentrum. Als die Gespräche mit der Amtsleiterin ergebnislos abgebrochen wurden, zog ein Teil der Aktivisten lautstark durch das Prager Stadtzentrum. Einige der Hausbesetzer verhandelten inzwischen mit dem Minister für Minderheiten und Menschenrechtsfragen, Michael Kocáb, der in der Angelegenheit zu vermitteln versucht. Er bot den Aktivisten Ersatz für die geräumte Villa Milada an:
„Wir haben schon ein Angebot für ein Ersatzquartier bekommen. Ich werde auch noch mit dem Verteidigungs- und dem Landwirtschaftsministerium sprechen. Die haben viele ungenutzte Objekte, die sie den Aktivisten für eine symbolische Krone vermieten könnten.“ Die Hausbesetzer signalisierten bereits ihre Bereitschaft, ein derartiges Angebot anzunehmen. Auch über die Bezahlung der Betriebskosten werde man sich einigen, zeigte sich Minister Kocáb zuversichtlich.

Private Sicherheitsdienste usw.

Mein Name ist Hase... 04.07.2009 - 00:02
Tatsächlich scheinen diese Dienste außerhalb D´s und insbesondere in Tschechien mehr befugnisse und Möglichkeiten zu haben. Anfang der 90er hatten die dort öfter schon Tonfas, wo das wegen der Risiken in Deutschland nur ausgewählten Polizeieinheiten mit besonderer Ausbildung zugebilligt wurde. Private Sicherheitsdienste haben m.W. überall eine größere Anzahl (vermeintlich??) rechtsextremer Mitglieder. Die Frage nach der Vereinbarkeit von staatlichen Institutionen mit privaten diensten erübrigt sich wohl, da u.a. auch in Deutschland z.B. kommunale Unternehmen mit privaten Wachdiensten (Nahverkehr, Kultur, Sport...) kooperieren. Geht wohl oft nicht anders, sonst müsste man die Bullerei in einem Maße aufstocken, das... Bedenklich ist, dass man sich in manchen Staaten, ich hörte davon aus der Schweiz, und nun wohl auch in Tschechien, immer dann dieser Unternehmen bedient, wenn die Polizei überfordert erscheint oder nicht die ausreichende rechtliche Handhabe hat gegen missliebige Erscheinungen vorzugehen. könnte es auch sein, dass man sich im amerikaorientierten Tschechien ähnlich wie die Amerikaner im Irak privater Organisationen mit high-tech bedient?
Andererseits: Ich kenne eine ganze Reihe ausgesprochen links Denkender, die in solchen Securitys tätig sind. Und die Tatsache, dass ausgerechnet in einem so sozial differenzierten Land, in dieser Studentenmetropole die Hausbesetzer so wenig Unterstützung auch gerade aus diesen Kreisen bekommen, sollte bedenklich stimmen. Wie auch immer man es dreht, einfach mal mitdenken und dann gerne auch mitfühlen...

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