antifa trifft bürgerliche iran-soli

(maximal 45 Zeichen) 28.06.2009 18:06 Themen: Antifa
Am gestrigen Samstag fand in Frankfurt am Main mal wieder eine Kundgebung statt, die sich - sehr allgemein - gegen den iranischen Wahlausgang und für Demokratie ausssprach. Dabei wurde von Antifas ein Flugblatt als "Anmerkung zu dieser Kundgebung" verteilt, dass sich gegen "deutsche Kollaboration mit dem iranischen Regime" aussprach. Auch um die Diskussion darüber in "der linken Szene" aufrechtzuerhalten, hier ein kleiner Bericht.
Am gestrigen Samstag fand in Frankfurt am Main mal wieder eine Kundgebung statt, die sich - sehr allgemein - gegen den iranischen Wahlausgang und für Demokratie ausssprach. Dabei wurde von Antifas ein Flugblatt als "Anmerkung zu dieser Kundgebung" verteilt, dass sich gegen "deutsche Kollaboration mit dem iranischen Regime" aussprch. Auch um die Diskussion darüber in "der linken Szene" aufrechtzuerhlten, hier ein kleiner Bericht.

Aufruf und Unterstützerliste (von der "CDU-Fraktion Frankfurt" über die "Islamische Religionsgemeinschaft Hessen" bis hin zur "'Faites votre jeu!'") findet sich beispielsweise hier:  http://www.gruene-partei-frankfurt.de, ein Bericht der Frankfurter Rundschau mit vielen Phots hier:  http://www.fr-online.de/frankfurt_und_hessen/nachrichten/frankfurt/1814428_Frankfurter-Roemerberg-Friedliche-Kundgebung-gegen-Iran-Regime.html

Bemerkenswert war, dass diejenigen, die in Frankfurt (selbstbewusst als Linke) sonst kaum ein politisches Event auslassen, auch hier mal wieder - wie bei allen letzten Aktionen zum Iran - nicht auftachten. Von einigen Antifas wurde immerhin, um auf Widersprüche in der öffentlichkeitswirksammen Solidarität etwa der anwesenden Parteien aufmeksam zu machen, ein Flyer verteilt. Hier der Text:




Deutsche Waffen, deutsches Geld.
Eine Anmerkung zu dieser Kundgebung


Wütende Demonstranten, Brandsätze auf Polizeiautos, Generalstreik. Die Lage im Iran ist offen, das Regime schwankt. Ob die Reformer oder erneut die reaktionären Sittenwächter siegen werden, das ist zur Stunde nicht ausgemacht. Im Moment zumindest ist das auch nicht wichtig. Fast alles ist besser, als das bestehende Regime des religiösen Wahns, steht es doch für den Versuch, den einmal erreichten Stand der bürgerlichen Emanzipation zurückzunehmen. Die iranische Bevölkerung kämpft, und sie hat eine Welt zu gewinnen. Die weltpolitische Bedeutung des Konflikts ist klar. Ein Umsturz im Iran, noch dazu aus eigener Kraft der Bevölkerung, könnte im Nahen Osten Leuchtturmwirkung haben und den Einfluß der rechtsradikalen islamistischen Bewegungen zurückdrängen. Was wir gerade erleben, ist auch zugleich eine Revolte gegen die aggressive Außenpolitik des Präsidenten Ahmadinedschad, etwa mit seinen Vernichtungsdrohungen gegen Israel. Wer heute und hier auf die Straße geht, um seine oder ihre Solidarität zu bekunden, hat dazu also allen Grund. Solidarität aber muß praktisch sein. Benennen wir also, wer hier in Deutschland dafür verantwortlich ist, daß das iranische Folterregime allzu lange auf allzu stabilem Grund gestanden hat und womöglich weiter stehen wird.
Da ist zum einen die deutsche Wirtschaft. Sie ist eine der Verantwortlichen für die Stabilität des Regimes. Nach wie vor ist Deutschland der westliche Haupthandelspartner des Iran, und neben Mediakamenten und Babynahrung lieferten deutsche Betriebe ebenso Elektroschocker für die Folterknäste und Uranzentrifugen für den Bombenbau. Die Internetzensur beispielsweise, mit der das Regime zur Zeit versucht, den Protest zu behindern, ist maßgeblich von der Firma Siemens konzipiert worden. Diese mörderischen Geschäfte sind allerdings keine Perversionen eines ansonsten guten Systems und auch keine Korruptheit perverser geldgieriger Manager. Sie sind der marktwirtschaftliche Normalfall, die Normalkatastrophe. »Wenn Blut auf der Straße fließt, sollst Du kaufen«, sagt ein altes Sprichwort. Daß deutsche Kapitalisten das allzu wörtlich nehmen, kann man ihnen zwar mit allem Recht moralisch vorhalten. Es ändert aber nichts an der kapitalistischen Verwertungslogik, die nicht nur den Trinkhallenbesitzer, sondern ebenso den Waffenproduzenten auf Trab hält. Entziehen sie sich dieser Logik, gehen sie unter. Was wie eine vertrackte Zwickmühle aussieht, sollte mensch jedoch als sportliche Herausforderung sehen. Denn der zu entrichtende Preis des iranischen Exportgeschäfts wird noch verhandelt. Kreative Protestformen gegen iranfreundliche Waffenexporteure im Frankfurter Raum und andere innovative Preisregulierungsmaßnahmen können Aufmerksamkeit erregen, das Image beschädigen und die Bilanzen verhageln.
Für die dreckigen Deals der deutschen Industrie braucht es aber auch der Politik, die die Rahmenbedingungen dafür schafft sowie eines Heeres an Politikberatern und Journalisten, die die iranische Diktatur zu einer etwas rabaukigen, aber im Grunde ganz kommoden Diktatur herunterspielen, von der angeblich keine Gefahr ausgeht, weder für die eigene Bevölkerung noch für die Region, insbesondere nicht für Israel. Der »pragmatische Kurs« der Großen Koalition aus SPD und CDU heißt im Klartext: Ein bißchen Waffenhandel, ein bißchen atomare Aufrüstung, ein bißchen Diktatur. – So wenig die Demonstrantinnen und Demonstranten vor dem Präsidentenpalast aber nur ein bißchen totgeschossen werden, so wenig gibt es eben ein bißchen »kritischen Dialog«.
Wenn die Fraktionen im Römer von CDU und SPD heute den Aufruf »für Menschenrechte und Demokratie – gegen den Staatsterror im Iran« unterstützen, dann ist das zutiefst verlogen. Denn ihre Parteien stabilisieren durch ihr Handeln tagtäglich das iranische Regime: nicht nur im Waffenkontrollausschuß des Bundestages, sondern ebenso durch eine Politik der ausgestreckten Hand gegenüber dem Iran sowie durch die seit Jahren restriktive Asylpolitik, die jeden Flüchtling erstmal als Wirtschaftsschmarotzer diffamiert.
Den Iranerinnen und Iranern auf den Straßen von Teheran dürfte das mittlerweile zumindest herzlich egal sein, sie haben den Aufstand gewagt auch trotz der deutschen Unterstützung der iranischen Mullahs.
Der Sieg des islamistischen Putsches im Jahr 1979 war die Tragödie der persischen Geschichte, versinnbildlicht durch die Erstürmung der amerikanischen Botschaft. Das autoritäre Schahregime wurde nur durch ein noch blutigeres, durchweg reaktionäres Regime des religiösen Wahns ersetzt, das alle Entfaltung der Einzelnen wie der Gesellschaft verhinderte. Dreißig Jahre später ergibt sich für die iranische Bevökerung die unerwartete welthistorische Gelegenheit, diese Scharte der Konterrevolution auszuwetzen. Die Gelegenheit mithin, Schluß zu machen mit dem Wahn des Islamismus wie mit der bürgerlichen Gesellschaft gleichermaßen. Denn diese war es, die mit der kühlen Sachzwanglogik der Kapitalverwertung den Horror des reaktionären Theokratenregimes erst ermöglicht hat. Sollte in der Teheraner Bevölkerung noch Verlegenheit bestehen, welche Landesvertretung bei der eigentlich bald fälligen Botschaftserstürmung des Jahres 2009 in Frage kommt, so würden wir unbedingt einen Abstecher in die Avenue Ferdowsi 320-324 empfehlen. Die dortige deutsche Botschaft dürfte eine großartige Kulisse für dramatische Bilder abgeben. Und sowohl die islamische Welt als auch der Westen dürften das Signal an die Adresse der Kollaborateure des menschenverachtenden Systems wohl zu deuten wissen.
Auch aus diesem Grund blicken wir dieser Tage voller Hoffnung nach Teheran und wünschen den Protestierenden dort Mut, Kraft und einen langen Atem.


Stört die deutsche Kollaboration mit dem iranischen Regime!
Hoch die internationale Solidarität!
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Ergänzungen

WEitere Bericht

egal 28.06.2009 - 19:05
Einen weiteren Bericht gibt es bei antifa-frankfurt.org

Wunschdenken

Antifa 29.06.2009 - 15:09
"Wütende Demonstranten, Brandsätze auf Polizeiautos, Generalstreik."


Jetzt halluziniert sich die selbsternannte "emanzipatorische" Linke schon einen Generalstreik herbei. Was in den letzten Wochen alles von linker und besonders von antideutscher Seite in die demonstrierenden Massen hineinprojeziert worden ist, ist
einfach nur lächerlich und völlig realitätsfremd.
Als würden die da alle für den Kommunismus demonstrieren.Oder für Demokratie. Die Auseinandersetzung in Iran verläuft aber nicht in diesen Schwarz-Weiss-Gegensätzen (Demokratie vs. Diktatur), sondern das ganze ist etwas differenzierter zu betrachten, vor allem die materiellen Interesse sollten doch mal angeschaut werden, insbesondere von Linken, die sich für so toll emanzipatorisch halten. Aber lieber ganz viel Personifizierungen bertreiben, wo man von denselben sonst ständig einen Antisemitismusvorwurf um die Ohren gehauen bekommt, aber bei Ahmedinedschad und Mussawi geht das klar.

Eine differenziertere und der Realität mehr entsprechende Analyse:
 http://www.neues-deutschland.de/artikel/151127.kein-kurswechsel-im-rentenstaat-iran.html

antideutscher wahn

xxx 29.06.2009 - 16:00
Wirklich typisch diese einseitige Parteinahme der antiDs & co.
Die Anhänger von Mussawi(der genauso ein Verbrecher ist wie alle dort) kommen meist aus der arroganten Mittel bzw. Oberschicht, die sich einen Dreck um die Bedürfnisse der Armen scheren. Ahmadinejad war der einzige der die extreme Armut thematisiert hat, während Mussawi nur für seine wohlhabende Klientel ein paar Freiheiten herausholen wollte. Die Wahl hätte Ahmadinejad so oder so gewonnen, es gab seriöse Umfragen die vor der Wahl ein sehr ähnliches Ergebnis voraussagten. Das war eine Wahl zwischen brauner und grüner Scheisse, die max. nen etwas besseren Geruch hat. Der Grund wieso Mussawi hier so gelobt wird ist, weil er einiges Privatisieren will, also Investitionsmöglichkeiten für den Westen schaffen würde.
Trotzdem ist kritische Solidarität richtig, da es genug Leute gibt welche auf das ganze System keine Lust mehr haben und jetzt den Windschatten durch Mussawi nutzen.
Einige Hintergründe dazu gibts hier:  http://www.trend.infopartisan.net
Empfehlung: "Da ist kein zweiter Mandela"

@ xxx

Entdinglichung 29.06.2009 - 16:38
Ahmadinejad & Konsorten bringen zuweilen populistische Statements und verschenken Kartoffeln an Arme, ansonsten ist ihre Politik in sozialen Fragen mindestens genauso beschissen wie diejenige der "Reformfraktion":

- Ramine Motamed-Nejad: Reichtum und Armut der Islamischen Republik -  http://www.monde-diplomatique.de/pm/2009/06/12/a0038.text.name,askDVimZC.n,0

- Billy Wharton: Selling Iran: Ahmadinejad, Privatization and a Bus Driver Who Said No -  http://dissidentvoice.org/2009/06/selling-iran-ahmadinejad-privatization-and-a-bus-diver-who-said-no/

"Since his election in 2005, Mahmoud Ahmadinejad, under the guidance of the Supreme Leader of Iran, Ali Khamenei, has overseen a regime dedicated to the privatization of state-controlled industries. The intention of the regime, as stated by the newly appointed Governor of the Bank of the Islamic Republic of Iran, Seyyed Shams Al-din Hosseini, is to privatize 80% of state-owned industries by 2010. This mandate was made real just prior to the disputed elections as a state-owned bank, Saderat, announced it would offer 6% of its shares to private investors (Press TV, 6/8/09). Other significant privatizations during Ahmadinejad’s reign include the postal service, two other state-run banks, Tejerat and Mellat, and, in February 2008, a 5% bloc of shares in the publicly owned steel maker, Foulad-e Mobarakeh, was sold out in eight minutes (Iran Daily, 2/14/08). In total, since 2005, 247 enterprises have been processed by the Iran Privatization Organization, the state-ministry specifically charged with overseeing privatizations (Iranian Privatization Organization website).

...

The IMF has hailed this process describing Iran in a 2007 position paper as, “Managing the Transition to a Market Economy.” The Fund has had a constant presence in the country since 1945, surviving even the turbulent 1979 Islamic Revolution. IMF officials have employed the usual equation of debt and technical assistance to enforce their pro-market agenda. The next phase, according to IMF planners, of market transition is to “curb the growth of internal demand” through the reduction of state subsidies. Ahmadinejad’s Central Bank appointee, Al-din Hosseini, indicated a shared sentiment, “The government plans to implement a strategy that involves significant reforms, the most important of which is the reform aimed at better subsidy system” (IMF Meeting, 10/13/08)."

Wer zu spät kommt....

labourstart.org 29.06.2009 - 17:51
Neues Deutschland ND: Arbeiter setzen ihre Hoffung in Moussavi

 http://www.neues-deutschland.de/artikel/151131.viele-warten-seit-monaten-auf-ihren
-lohn.html

Tja, Junge Welt und Sibirienfreunde bestraft mal wieder das Leben.

 http://www.labourstart.org/cgi-bin/show_news.pl?country=Iran&alllanguages=1&languagename=English&langcode=en〈=Engl

Links zum Freiheitskampf im Iran

... 29.06.2009 - 22:39

Labournet-Themenseite
 http://labournet.de/internationales/iran/index.html
 http://labournet.de/internationales/iran/gewerkschaft.html


englischsprachige Links:

Solidaritätsaufruf der CNT-IAA Paris
 http://cnt-ait.info/article.php3?id_article=1694

Statement der Iranischen Busfahrergewerkschaft
 http://libcom.org/library/iranian-bus-workers%E2%80%99-statement-demonstrations

Artikel eines iranischem Anarcho-Kommunisten (WSM Ireland)
 http://www.anarkismo.net/article/13493

Interview über iranische Gewerkschaften und den unabhängigen Freiheitskampf der Bevölkerung
 http://therealnews.com/t/index.php?option=com_content&task=view&id=31&Itemid=74&jumival=3929

Interview mit iranischem Anarchisten (2005)
 http://www.ainfos.ca/05/may/ainfos00339.html


Links auf Farsi (Persisch)

Prinzipien der Internationalen Arbeiter/innen-Assoziation
 http://cnt-ait.info/IMG/html/iwa_statutes_farsi2.html

weitere anarchistische Texte
 http://cnt-ait.info/rubrique.php3?id_rubrique=97,
 http://cnt-ait.info/rubrique.php3?id_rubrique=114

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