Besetzung im Haus des Finanzsenators

Rasselbande 20.06.2009 13:46 Themen: Bildung
Neue Akzente setzen im Bildungsstreik! Besetzung beim Finanzsenator in Berlin: Nicht für mehr Geld, sondern für ein ganz anderes Bildungs- und Gesellschaftssystem.
Kurzer Bericht von der Besetzung und veröffentlichung des Redebeitrag der Besetzer_innen.
Die Berliner Senatsverwaltung für Finanzen wurde heute im Rahmen des Bildungsstreiks besetzt. Etwa 10 Aktivist_innen drangen in das Gebäude ein und wandten sich in einem Redebeitrag gegen die umfassende Ökonomisierung der Bildungseinrichtungen.

Eine Belagerung des Berliner Bildungssenats wurde kurzerhand abgebrochen, nachdem die Besetzung des Finanzsenats bekanntgegeben wurde. In einer Spontandemonstration zogen rund 400 Schüler_innen und Studierende vor das Gebäude und unterstützten die Besetzung von der Straße aus. Die bereits eingetroffene Poizei schirmte das Gebäude von weiten Teilen der Demonstration ab, während die Besetzer_innen ihr Anliegen vortrugen.

Die friedliche Besetzung wurde repressionsfrei beendet und mündete in weiteren Spontandemonstrationen und -besetzungen des Roten Rathauses, des S-Bahnhofs Alexanderplatz, des S-Bahnhofs Friedrichstraße sowie einiger Straßen und Straßenkreuzungen.


Hier der Redebeitrag der Aktivist_innen:

Kein Mensch ist Humankapital!

Wir sind hier weil wir uns gegen die umfassende Ökonomisierung der Bildungseinrichtung wenden. Wir lehnen die Ausrichtung von Wissensproduktion und -reproduktion entlang von Marktmechanismen und Profitorientierung ab. Unsere Kritik richtet sich gegen das gesamte Bildungssystem. Selektion und Konkurrenz ziehen sich durch alle Stationen: von der Kita über das Schulsystem, höhere Bildungseinrichtungen, Berufsausbildung sowie Zwangsweiterbildungsmaßnahmen des Jobcenters. Letztendlich ist dieses Bildungssystem darauf ausgerichtet, die Sozialstruktur bestehender gesellschaftlicher Verhältnisse zu reproduzieren – oben bleibt oben, unten bleibt unten. D.h. noch lange nicht, dass wir uns mit einer erhöhten Durchlässigkeit des Bildungsystems zufriedengeben. Warum muss es überhaupt oben und unten geben!!??

Wir verweigern uns der Logik nationalstaatlicher Standortkonkurrenz. Das bedeutet, dass es uns nicht um mehr Geld für Bildung geht, weil wir auch in Frage stellen, wie der gesellschaftliche Reichtum erwirtschaftet wird.
Das globale Wirtschaftssystem produziert Massenarmut und Flucht. Doch die, die hier ankommen und leben, werden nicht zuletzt durch das Bildungssystem massiv ausgegrenzt. Sie werden durch diskriminierende Gesetze und Praktiken noch immer als Menschen zweiter Klasse behandelt: Abschiebelager, in denen Menschen jahrelang eingesperrt und systematisch entrechtet werden. Arbeits- und Berufsverbote und schließlich auch der Ausschluss vom Bildungssystem.

Besonders vor diesem Hintergrund muss es repressionsfreie Rückzugsräume geben – offene und vor dem Zugriff der Polizei geschützte Räume in den Hochschulen und Schulen, in Kiezläden, sozialen Zentren und überall! Als ersten Schritt brauchen wir sofort ein bedingungsloses Campusasyl!

Und noch mal in aller Deutlichkeit: wir sind nicht hier, um Forderungen an Institutionen und FunktionsträgerInnen zu stellen, deren Autorität wir nicht anerkennen. Wir wollen eine breite
Infragestellung bestehender Verhältnisse. Diese Verhältnisse werden nicht zuletzt hier, an diesem Ort, dem Finanzsenat, produziert und verwaltet. Wir müssen sie überwinden, damit Bildung keine Ware und Menschen kein Humankapital mehr sind!
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