Bildungsstreik: In Vechta geht was

Bereits seit Sonntag existiert auf dem Campus der Hochschule Vechta ein Camp, das Raum bietet für Ideen, Planungen, Informationen und nettes Beisammensein. Außerdem soll so auf die derzeitige Bildungssituation ("kein Geld mehr für Miete") und den Protest dagegen aufmerksam gemacht werden.

Doch nur bei einem Camp sollte es nicht bleiben. Seit Beginn der Woche geistert eine "Exmatrikulatorin" durch die Uni, um unangekündigt Student*innen aus den Vorlesungen zu holen, die die Studiengebühren nicht bezahlt haben. So entstehen interessante Diskussionen über die soziale Ausgrenzung, die durch die derzeitige Bildungspolitik vorangetrieben wird. Auch Dozent*innen werden so gefordert, sich zu positionieren. Außerdem wird die Aufmerksamkeit genutzt, um auf kommende Aktionen und den bundesweiten Bildungsstreik hinzuweisen.

Dienstag Mittag fand auf dem Hochschulflur ein viertelstündiges Spontankonzert der Gruppe "satanische Fahrstuhlmusik" statt. 50 Menschen lauschten den akustischen, aber dennoch lauten Klängen der Band. Auch ein Seminar aus dem Hörsaal nebenan wurde spontan eingeladen, teilzunehmen.

"Freie, selbstbestimmte Bildung für alle" , "Gegen Konkurrenzsituationen und Anwesenheitspflicht". Solche und andere Sprüche sind zur Zeit permanent an der Uni Vechta zu sehen. Neongelbe Post-It-Sticker mit diesen und ähnlichen Aussagen kleben zur Zeit huntertfach auf dem gesamten Unigelände. Auch sind diverse Kreidemalereien und -Sprüche zu bewundern.

Beachtlich auch eine Reaktion eines Dozenten, der die Bildungsaktivist*innen in sein Seminar einlud und dieses dann kurzerhand in das Camp verlegte.

Zum Höhepunkt des heutigen Dienstags entwickelte sich die Flashmob-Aktion "Betteln für Bildung". Ungefähr 50 Teilnehmer*innen trafen sich am Marktplatz im Obdachlosen- oder Prostituierten-Outfit, um bei Passant*innen um Geld fürs Studium zu betteln. Außerdem wurde in Gullies und Häusereingängen nach "Bildungszugängen" gesucht.
Aus dem Flashmob entwickelte sich eine Blockade der Hauptstraße (Große Straße) , die ungefähr eine halbe Stunde andauerte und von der anrückenden Polizei geduldet wurde. Schließlich entstand eine Spontandemo, die mit ca. 100 Teilnehmer*innen spontan durch die Innenstadt und zur Uni zog. Auf dem Weg wurde eine weitere stark befahrene Kreuzung (Bremer Tor) kurzzeitig blockiert.

An der Uni angekommen, wurden diverse Vorlesungen "besucht" und die Teilnehmer*innen zum Streik eingeladen. Viele Dozent*innen verhielten sich solidarisch und beendeten ihre Vorlesungen zugunsten der Proteste. Die Stimmung wurde immer besser, die Leute wurden immer mehr und so kam es dazu, dass erneut spontan auf die Straße gegangen wurde. Zurück in der Innenstadt kam es dann wieder zu einer Blockade der "Großen Straße".

Den krönenden Abschluss dieses Tages bildete eine "Poetry Slam"-Lesung auf dem Camp vor ca. 50 Menschen.
Während der gesamten Aktionen wurde auf den bundesweiten Bildungsstreik hingewiesen und zur heutigen Demonstration nach Osnabrück mobilisiert.

Bemerkenswert ist, dass die Aktionen eine sehr gute Außenwirkung zu verzeichnen hatten. Auch als die Straßen blockiert waren, verhielten sich viele Autofahrer*innen solidarisch. Auch die "angebettelten" Passant*innen waren größtenteils durchaus aufgeschlossen. Weiterhin konnte die Mentalität vieler, in Vechta ginge ja sowieso nichts, heute eindrucksvoll widerlegt werden. Es geht halt immer so viel, wie jede*r bereit ist, dafür zu tun. Und heute hatten viele Leute Lust auf laute, spontane und kreative Aktionen. "Selber machen" ist das Motto. Erst recht, wenn der unpolitische AStA sich komplett aus allen Vorbereitungen raushält.

Jetzt gleich geht’s zur Demonstration nach Osnabrück, Treffpunkt hierfür ist der Vechtaer Bahnhof um 09.15 Uhr. Kommt zahlreich!

Freie Bildung für alle – weil Bildung unbezahlbar ist!