Internet-Zensur: direkte Demokratie verhöhnt
Die Regierung schafft mit diesem Gesetz nicht nur die über die vergangenen 20 Jahre mehrheitlich gut funktionierende Selbstkontrolle im Internet mit einem Mal ab, sondern schafft auch die technische Basis für die von der Öffentlichkeit unbemerkte Sperrung mißliebiger und regierungskritischer Internetinhalte. Sie schadet damit der Meinungsfreiheit und -vielfalt, und schafft im gleichen Atemzug eben nicht das, was das Gesetz angelich erreichen will: die Verhinderung des Zugriffs auf Kinderpornographie. Denn die Zensurmaßnahmen sind für technisch versierte Einzelne leicht zu umgehen, und nur um Einzelne handelt es sich bei Konsumenten von Kinderpornographie.
Auf die große Masse der Deutschen wirkt es allerdings anders, denn hier werden absolut gesehen viele nicht in der Lage sein bei inkorrekt eingestuften Websites die Filterung zu umgehen. Zur fälschlichen Kategorisierung und Aufnahme in die Sperrlisten wird es aber mit Sicherheit kommen, das zeigen die bisherigen Erfahrungen in anderen Staaten wie auch die unlängst auf Wikileaks veröffentlichten Sperrlisten. Ebenso wie die Politiker dieser Staaten die bereits die ach so fortschrittliche Zensur des Internets vorschreiben, scheint auch die Politik in Deutschland der Meinung zu sein dass das Volk vor sich selbst geschützt werden muss. Die zentrale Frage, weshalb man aber nicht statt dessen mehr in die Aufklärung und (nicht die freiheitlichen Grundrechte der Menschen einschränkende) Prävention von Straftaten investiert bei denen kinderpornographisches Material erstellt wird, ist bisher unbeantwortet geblieben.
Hieran konnte auch die bisher größte ePetition überhaupt in Deutschland, eine Form der von vielen Politikern in Interviews gerne gelobten direkten Demokratie in Sachfragen, bei der sich mittlerweile mehr als 130.000 Menschen beteiligt haben, ohne dass es eine kommerzielle Mobilisierung dafür gegeben hätte, nichts ändern. Wie schon bei den meisten früheren ePetitionen, auch unter noch anderen Regierungen, zeigt auch die aktuelle Regierung hier, dass direkte Demokratie in Deutschland durch die Mandatsträger nur in der Form gewünscht ist wird dass Menschen Ihre Meinung kundtun und die Regierung diese allenfalls in Teilen aufnimmt wenn sie feststellt dass diese Forderungen sich ohne die Essenz der Gesetzgebung zu verändern aber öffentlickeitswirksam mit aufnehmen lassen.
So spricht Martina Krogmann, parlamentarische Geschäftsführerin der CDU/CSU-Fraktion, davon dass man "dem Anliegen der Petition in vielen Punkten nachgekommen" sei. Offenbar soll hier darüber hinweggetäuscht werden, dass die Kernpunkte der ePetition, die dazu führen müssten dieses Gesetzgebungsverfahren zu stoppen, völlig ignoriert wurden.
Die Politik hat hier wieder einmal eine Chance verpasst dem sich vielen in diesem Land lebenden Menschen immer mehr ienbrennenden Eindruck entgegen zu wirken, dass die Interessen des Volks nicht das sind, was Eingang in Gesetze findet, sondern vielmehr Profilierungsbedürfnisse von Politikern, Wirtschaftsinteressen, und, in diesem Fall wohl ganz besonders, der Wunsch der Herrschenden nach neuen Werkzeugen zur Unterbindung der Verbreitung unerwünschter Darstellungen, Ansichten und Meinungen.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)
Ergänzungen
Info
Petitionen sind sinnvoll
Die Form, also wie Wir das machen, können Wir selbst entscheiden. Dem Entgegen stehen beispielsweise Strafgesetze. Sollte Dich jemand bestrafen, wenn Du mit 1000 anderen Menschen vor dem Wohnhaus von Wolfgang Schäuble stehst um jeweils individuelle Petitionen persönlich vorbeizubringen?
Neues Buch von der Nazileyen
Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen
Prima — Andy