Wahlskandal im Iran - Unruhen in Teheran
Am 13. Juni fand im Iran eine historische Präsidentschaftswahl statt. Einer höchst verdächtigen Erklärung des Innenministeriums zufolge hat Alt- und Neupräsident Mahmud Ahmadinedschad mit 62,5 % einen mehr als deutlich klaren Sieg über seinen größten Konkurrenten, dem teilweise reformorientierten Mir Hussein Mussawi, errungen.
Die AnhängerInnen – größtenteils StudentInnen und Jugendliche – des angeblich mit 33 % unterlegenen Ex-Ministers durchlebten Schock, Empörung und schließlich blanke Wut, als sie unmittelbar nach der Ergebnisverkündung auf die Teheraner Straßen zogen, um auf die Barrikaden zu gehen. Die Innenstadt der Millionenmetropole gleicht seit dem gestrigen Samstag einem Schlachtfeld. Mehrere Tausende Mussawi-AnhängerInnen skandierten zunächst Parolen wie „Tod dem Diktator!“ und „Wo ist meine Stimme?“. Als die Polizei gewaltsam intervenierte, lösten sich die zerstreuten DemonstrantInnen nicht auf, sondern formierten sich erneut. Die Gewalt schaukelte sich hoch; während die Oppositionellen vermummt Autos, Mülltonnen sowie Reifen anzündeten und etliche Steine auf die Polizei hageln ließen, befehligte die Staatsmacht das Anwenden von Knüppeln, Tränengas und sogar Pistolen. Es kommt zu Einsätzen der berühmt berüchtigten Motorrad-Miliz sowie zivil gekleideter Agenten des Geheimdienstes, allesamt bewaffnet. Am Samstagabend wird bekannt gegeben, dass die politischen Büros der Oppositionellen gestürmt sowie ca. 100 MitarbeiterInnen festgenommen wurden. Seitens der Mussawi-AnhängerInnen sowie sämtlicher internationaler politische ExpertInnen fällt der Begriff „Putsch“.
Am heutigen Sonntag zeichnet sich ein klarer Verlauf der Ausschreitungen sowie der Gegenwehr der Staatsmacht ab. Seit gestern ist bereits klar, dass die Polizei mit allen Mitteln die DemonstrantInnen gewaltsam bezwingen will. Alle bekannten hohen Sondereinheiten sind in der Hauptstadt unterwegs und terrorisieren die Bevölkerung. Die Milizen greifen wahllos Menschen an und nehmen diese fest. BBC spricht von knapp 180 Festnahmen (Stand: Sonntag, 23 Uhr). In Teilen der Innenstadt herrscht Ausgangsperre. Spiegel Online spricht von „Jagdszenen“ und Toten in Teheran. Auch aus weiteren Großstädten des Landes, wie beispielsweise Isfahan, Tabriz und Shiraz, werden schwere Ausschreitungen gemeldet.
Eine objektive Berichterstattung fällt schwer, da besonders ausländische Reporterteams heftig bedroht sowie angegriffen werden. Dabei konfisziert die Polizei sämtliches Bild- und Videomaterial. Der italienische Sender RAI vermeldet einen verletzen Kameramann, ein Reporter und ein weiterer Kameramann der britischen BBC wurden vorübergehend festgenommen, der Korrespondent der ARD wird in seinem Hotel festgehalten. Die staatlichen Sender des Landes selbst meiden sowieso jegliche Berichterstattungen über die Ausschreitungen, lediglich Ahmadinedschads heutige Siegesfeier wird im Fernsehen propagiert.
Neben der gewaltsamen Vorgehensweise auf der Straße holt die Regierung des Weiteren nach einem technischen Schlag aus; schon seit Samstag fällt das Mobilfunknetz über Teheran teilweise komplett aus. Vor allem die jungen Mussawi-AnhängerInnen, die sich vorzugsweise per Kurzmitteilungen austauschen, stehen nun vor einer hohen Kommunikationsbarrikade. Doch die staatliche Intervention reicht noch weiter. Auch das Internet leidet im Iran momentan unter heftigsten Zensuren. Das Massenportal Facebook, ebenfalls ein häufig verwendetes Programm unter den jungen Oppositionellen, ist blockiert. Die Homepages Mussawis ist lahm gelegt, nachdem er dort als letztes angeblich zu „friedlichem Protest“ aufgerufen hat. Unterstützende Webspaces sind nicht einsehbar, kritische Seiten aus dem Ausland sowieso nicht. Weitergehend gab es ein Störfeuer auf den Satellitenkomplex der persischen BBC, wonach besonders ZuschauerInnen in Europa und den USA Schwierigkeiten bekommen sollen, den Sender zu empfangen. Techniker haben klare Störquellen aus dem Iran geortet.
Indes spaziert Mahmud Ahmadinedschad am heutigen Sonntag mit Zehntausenden seiner AnhängerInnen durch die Wali-Asr-Straße, einem zentralen Knotenpunkt der Oppositionellen. Er spricht von einer sauberen und freien Wahl, die mit einer Rekordwahlbeteiligung von ca. 85% seinen imposanten Sieg bestätigte.
Gerüchte, dass Mussawi verhaftet worden sei, erwiesen sich als falsch. Tatsächlich ruft er seine Anhänger zur „friedlichen Opposition“ auf, doch ist er sich nach wie vor über einen Wahlbetrug sicher. Er gab bekannt, dass er nun einen förmlichen Antrag, welcher die Annulierung der Wahl fordert, an den Wächterrat gestellt habe. Für den morgigen Montag plante die Opposition eine Massendemonstration in Teheran, welche die Regierung vor Kurzem offiziell nicht genehmigte. Dass die Straßen von Teheran nichtsdestotrotz von wütenden ProtestlerInnen durchzogen werden, scheint auf der Hand zu liegen. Die entscheidende Frage ist nun, ob Mussawi selbst als Kopf und Symbolfigur der Opposition in der Teheraner Innenstadt zu sehen sein wird. Seine bloße Anwesenheit würde der Bewegung neue Kraft geben und einen langen Widerstand in der Hauptstadt ankündigen.
Gewaltsamer Staatsapparat
Am heutigen Sonntag zeichnet sich ein klarer Verlauf der Ausschreitungen sowie der Gegenwehr der Staatsmacht ab. Seit gestern ist bereits klar, dass die Polizei mit allen Mitteln die DemonstrantInnen gewaltsam bezwingen will. Alle bekannten hohen Sondereinheiten sind in der Hauptstadt unterwegs und terrorisieren die Bevölkerung. Die Milizen greifen wahllos Menschen an und nehmen diese fest. BBC spricht von knapp 180 Festnahmen (Stand: Sonntag, 23 Uhr). In Teilen der Innenstadt herrscht Ausgangsperre. Spiegel Online spricht von „Jagdszenen“ und Toten in Teheran. Auch aus weiteren Großstädten des Landes, wie beispielsweise Isfahan, Tabriz und Shiraz, werden schwere Ausschreitungen gemeldet.
Eine objektive Berichterstattung fällt schwer, da besonders ausländische Reporterteams heftig bedroht sowie angegriffen werden. Dabei konfisziert die Polizei sämtliches Bild- und Videomaterial. Der italienische Sender RAI vermeldet einen verletzen Kameramann, ein Reporter und ein weiterer Kameramann der britischen BBC wurden vorübergehend festgenommen, der Korrespondent der ARD wird in seinem Hotel festgehalten. Die staatlichen Sender des Landes selbst meiden sowieso jegliche Berichterstattungen über die Ausschreitungen, lediglich Ahmadinedschads heutige Siegesfeier wird im Fernsehen propagiert.
High-Tech-Kriegsführung
Neben der gewaltsamen Vorgehensweise auf der Straße holt die Regierung des Weiteren nach einem technischen Schlag aus; schon seit Samstag fällt das Mobilfunknetz über Teheran teilweise komplett aus. Vor allem die jungen Mussawi-AnhängerInnen, die sich vorzugsweise per Kurzmitteilungen austauschen, stehen nun vor einer hohen Kommunikationsbarrikade. Doch die staatliche Intervention reicht noch weiter. Auch das Internet leidet im Iran momentan unter heftigsten Zensuren. Das Massenportal Facebook, ebenfalls ein häufig verwendetes Programm unter den jungen Oppositionellen, ist blockiert. Die Homepages Mussawis ist lahm gelegt, nachdem er dort als letztes angeblich zu „friedlichem Protest“ aufgerufen hat. Unterstützende Webspaces sind nicht einsehbar, kritische Seiten aus dem Ausland sowieso nicht. Weitergehend gab es ein Störfeuer auf den Satellitenkomplex der persischen BBC, wonach besonders ZuschauerInnen in Europa und den USA Schwierigkeiten bekommen sollen, den Sender zu empfangen. Techniker haben klare Störquellen aus dem Iran geortet.
Siegesprogaganda vs. Gegenmobilisierung
Indes spaziert Mahmud Ahmadinedschad am heutigen Sonntag mit Zehntausenden seiner AnhängerInnen durch die Wali-Asr-Straße, einem zentralen Knotenpunkt der Oppositionellen. Er spricht von einer sauberen und freien Wahl, die mit einer Rekordwahlbeteiligung von ca. 85% seinen imposanten Sieg bestätigte.
Gerüchte, dass Mussawi verhaftet worden sei, erwiesen sich als falsch. Tatsächlich ruft er seine Anhänger zur „friedlichen Opposition“ auf, doch ist er sich nach wie vor über einen Wahlbetrug sicher. Er gab bekannt, dass er nun einen förmlichen Antrag, welcher die Annulierung der Wahl fordert, an den Wächterrat gestellt habe. Für den morgigen Montag plante die Opposition eine Massendemonstration in Teheran, welche die Regierung vor Kurzem offiziell nicht genehmigte. Dass die Straßen von Teheran nichtsdestotrotz von wütenden ProtestlerInnen durchzogen werden, scheint auf der Hand zu liegen. Die entscheidende Frage ist nun, ob Mussawi selbst als Kopf und Symbolfigur der Opposition in der Teheraner Innenstadt zu sehen sein wird. Seine bloße Anwesenheit würde der Bewegung neue Kraft geben und einen langen Widerstand in der Hauptstadt ankündigen.
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Ergänzungen
wahl ungültig?
angeblich hat die wahlkommission die wahl für ungültig erklärt. quelle ist hier: http://www.peykeiran.com/Content.aspx?ID=2104 aber ich kann kein persisch.
Bilder zu den Ausschreitungen auf Cryptome
http://cryptome.org/iran-protest/iran-protest.htm
das ist wirklich sehr krass was dort passiert ...
Bilder und Berichte von den Demos in Tehran
1,5 Millionen in den Straßen
Viel Erfolg!!! Unsere Solidarität!!!
Aktuelle News
der heutige massenprotest ist nicht friedlich geblieben, einzelne personen haben willkürlich in die menge geschossen, mind. eine person getötet.
BBC Videos
http://news.bbc.co.uk/2/hi/middle_east/8099857.stm
http://news.bbc.co.uk/2/hi/middle_east/8100739.stm
Sehr gute Fotos
http://www.boston.com/bigpicture/2009/06/irans_disputed_election.html
Info-Veranstaltungen in Halle/Leipzig
Samstag, 20.6.09, am frühen Abend in Halle in der Reilstr.78 zum Reilstraßenfest
Sonntag, 21.6.09, 19:00 in der Libelle, Kolonnadenstr. 19, Innenstadt, Leipzig
reaktionärer gegenschlag
http://www.payvand.com/news/09/jun/1151.html
mehr nachrichten (auf englisch)
http://payvand.com/news/
die fatwa zum wahlbetrug:
http://www.roozonline.com/english/news/newsitem/article/2009/june/09//mesbah-yazdis-decree-to-rig-votes.html
Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen
zu viel — iran
wie Berlin am 1. Mai — Atze
Kurzfassung — Annanym
titel der ergänzung — dein name
... — xyz
@XYZ — Annanym
@ anna — ich
@ Annanym — xyz
Zur Berichterstattung in der jW und zu den AD — Remember Tienanmen Massacre?
1 mai — kreuzberg
junge Welt vom 15.06.2009 — Kosi
Wohin fährt der Zug? — el mexicano