Leverkusen-Rheindorf: Debakel für "pro NRW"

Antifa Wipperfürth 13.06.2009 18:07 Themen: Antifa
Rund 70 Teilnehmer folgten dem Aufruf der rechtspopulistischen Gruppierung "pro NRW", im Leverkusener Stadtteil Rheindorf gegen den Ausbau einer Moschee zu protestieren. Bis zu 150 Gegendemonstranten sorgten dafür, dass der rechte Protestzug nicht so reibungslos ablief, wie von "pro NRW" geplant.
Es waren wieder die Gleichen. Die gleichen Personen, die auch schon an den mehr als peinlichen "Mahnwachen" vor der Ehrenfelder Moschee in Köln teilnahmen und die gleichen Personen, die ihren desaströsen Anti-Islam-Kongress in Köln-Deutz im letzten Monat der Öffentlichkeit als sensationellen Erfolg verkaufen wollten. Genau diese Personen fielen heute quasi aus heiterem Himmel in Leverkusen-Rheindorf ein, um gegen einen Neubau einer marokkanischen "Prunkmoschee" zu demonstrieren.

Zumindest glaubten sie selbst, dass sie gegen diesen Neubau demonstrierten. In der Realität richtete sich ihr Protest jedoch nicht gegen einen überdimensionalen muslimischen Prachtbau, wie es von "pro NRW" dargestellt wird, sondern gegen einen gerade einmal 150 m² großen Anbau, mit dem das bereits bestehende Gebäude erweitert wird (Foto). Auch die von der pro-Bewegung heraufbeschworenen Lautsprecherdurchsagen wird es ebenso wenig geben, wie repräsentative Minarette. Letztlich zielen die ach so wohlgemeinten Bedenken, die Beisicht & Co. da äußern, auf nichts anderes ab, als Muslime und Zuwanderer zu diffamieren und ihnen ihre Grundrechte abzuerkennen. So viel also zu dem Thema, "pro NRW" und "pro Köln" seien grundgesetztreu und fühlten sich der Demokratie verpflichtet. So lief auch die Demonstration am heutigen Samstagvormittag in Rheindorf ab, wie man es von der pro-Bewegung gewohnt ist: Dilettantisch und stümperhaft wurde versucht, die "Bürgerinnen und Bürger" mit Hilfe von zusammenhangloser Phrasendrescherei, dreisten Lügen und billigstem Populismus für sich einzunehmen.

Pünktlich um 11 Uhr ging es auf dem Königsberger Platz los. Die rund 70 Rechtspopulisten standen mit ihren obligatorischen Deutschlandfahnen und Anti-Moschee-Schildern vor der LKW-Bühne und lauschten gebannt den "Spitzenpolitikern" der pro-Bewegung, die mit Nachdruck forderten, Rheindorf müsse "deutsch bleiben". Zeitweise wurde die Kundgebung durch dem Alter der Teilnehmer angepasste Marschmusik unterbrochen. Ebenfalls auf dem Königsberger Platz befanden sich zu diesem Zeitpunkt bereits etwa 30 Gegendemonstranten, die lautstark versuchten, das rassistische Geschwafel zu unterbinden.

Nach einer halben Stunde forderte Markus Wiener dann die "Menge" auf, sich hinter dem LKW aufzustellen, um den Demonstrationszug durch Rheindorf anzutreten und den Anwohnern zu zeigen, wie stark die pro-Bewegung mittlerweile doch geworden ist. Wie jedes Mal bewies sie den Anwohnern jedoch wieder einmal selbst das Gegenteil: Unfähig, ein Wendemanöver durchzuführen, mussten die leidenschaftlichen Verfechter der politischen Inkorrektheit erst einmal fünf Minuten auf dem Platz ausharren, bis es "pro NRW" endlich geschafft hatte, den LKW vom Platz zu fahren. Nach wenigen Metern des euphorischen Protestes stoppte der Demonstrationszug erneut: Diesmal hatten etwa 10 Antifaschisten eine Sitzblockade auf der Memelstraße gebildet, so dass ein Durchkommen für die pro-Bewegung unmöglich schien. Nach einer geschlagenen Viertelstunde des Bittens und Bettelns bei der Polizei, doch endlich dafür zu sorgen, dass die Straße freigemacht wird, kam ein Vertreter der selbsternannten "Bürgerbewegung" auf die glorreiche Idee, auf dem neben der Straße gelegenen Parkplatz um die Blockade herumzufahren. Diebisch lachte sich daraufhin Markus Beisicht ins Fäustchen und grinste wieder einmal mit Manfred Rouhs um die Wette. Es sollte wohl das einzige Erfolgserlebnis für "pro NRW" an diesem Tag bleiben.

Immer wieder stoppte der Umzug des offensichtlichen Karnevalsvereins, weil sich Gegendemonstranten ihm in den Weg stellten. Die Öffentlichkeit, die "pro NRW" mit der Demonstration erreichen wollte, war zwar vorhanden. Bis auf wenige Ausnahmen zeigten sich die Passanten jedoch skeptisch und wollten nicht wirklich etwas mit der "Bürgerbewegung" zu tun haben. Zahlreiche Personen schlossen sich im Laufe des Zugweges auch den Gegendemonstranten an und drückten ihren Protest gegen das rassistische Gedankengut aus, welches "pro NRW" verbreitet.

So wuchs die Zahl der Gegendemonstranten bis zur pro-NRW-Abschlusskundgebung an der Baumberger Straße auf etwa 150 Personen an. "Wie jeder sehen kann, sind wir die Anständigen", so war scheinbar die Kernaussage der pro-NRW-Veranstaltung. Die "Bürgerbewegung" möchte die Kriminalität im vermeintlichen "Problemviertel" Rheindorf-Nord eindämmen und soziale Brennpunkte bekämpfen. Wie die betont ultraseriöse Partei das machen will? Laut Leverkusener Bürgermeisterkandidat Jörg Uckermann dadurch, dass "störende" Familien aus den Sozialwohnungen vertrieben werden und sich dort seriösere Personengruppen ansiedeln können. Zu Recht drückten die Gegendemonstranten lautstark ihren Protest gegen die Rechtspopulisten aus und kamen zudem mit zahlreichen Anwohnern ins Gespräch, die sich fast durchweg negativ zu "pro NRW" äußerten. Eine ältere Dame meinte, man dürfe den Nazis nicht noch einmal die Straße überlassen. Das habe vor 60 Jahren schon einmal fatale Folgen gehabt. Glücklicherweise gehörte die Straße durch den respektablen antifaschistischen Gegenprotest auch am heutigen Tag nicht allein "pro NRW" und Leverkusen-Rheindorf blieb von dem gröbsten Unfug wider Erwarten verschont.

Bilder zum Bericht bei  http://ao-wipperfuerth.blogspot.com
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Ergänzungen

Auch bürgerliche Organisationen vor Ort

Kulturvereinigung Leverkusen e.V. 16.06.2009 - 12:45
Erklärung zur Protestaktion
Protest gegen Pro NRW am 13.Juni 2009 in Rheindorf
Wir wollen keine Rassisten in unserem Stadtteil
Dank an alle die sich gegen die Rassisten wendeten

Der stellvertretende Vorsitzende der Kulturvereinigung Leverkusen e.V., Manfred Demmer, dankt allen Menschen, die in vielfältiger Weise gegen die erneute Provokation von Pro NRW am 13.Juni 2009 in Rheindorf aktiv wurden. Besonders die Initiativen ,die aus und im Stadtteil stattfanden, machten deutlich, dass die dort lebenden Menschen nicht durch rassistische Hetzparolen und – aufmärsche belästigt werden wollen. Die Bemalung des Platzes, auf dem sich die Pro NRWler zusammenrotteten, war am Abend vorher von Kindern und Jugendlichen des Stadtteils mit selbst gemalten Bildern und Texten gegen Pro NRW versehen worden, was ein „Lautsprecher“ der ProNRWs als „linkes Geschmiere“ bezeichnete. Die Aktion des AWO-Kreisverbandes, die in all ihren Fenstern, das von der Kulturvereinigung Leverkusen e.V. herausgegebene Plakat „Pro NRW – NEE!“ geklebt hatte, sowie viele Gespräche mit Anwohnern machten die tiefe Abneigung der Menschen im Stadtteil gegen die hauptsächlich zur Hetzkundgebung von auswärts angereisten Rassisten deutlich. Auch bei den Aktionen auf dem Kirmesplatz – wo der Marsch der rechten Radikalen endete – wurde am Stand des Integrationsrates und durch die Stadtteilbewohner in vielfältigen, einfallsreichen Aktionen sicht, dass sie nicht gewillt sind, das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Kulturen und Nationalitäten durch reaktionäre Hetzer stören zu lassen. Welch Geist ihnen die Feder für ihre rassistischen Platitüden führte, war Dank des Pfeif- und Trommelkonzertes der Gegendemonstranten nicht zu verstehen, wurde jedoch durch die Musik sichtbar, die man vor der Kundgebung und bei „großen Demonstrationszug“ erklingen ließ. Hatte man noch mit deutscher Schlager-Kultur (u.a. Peter Alexanders „Die kleine Kneipe“) sich als gute Bürger, die dem Volk verbunden seien, Eindruck zu schinden gesucht – wurde beim Marsch deutlich, es wird marschiert mit Preußens Gloria, dem Fliegermarsch und anderen vom deutschen Militarismus gebrauchten Musikstücken. Bei der Auftaktkundgebung – bei der es auch Sprechchöre gegen Pro NRW gab („Uckermann (Pro NRW-OB-Kandidat in Leverkusen M.D.) ist da - blablabla !“, „Vorsicht,Vorsicht – jetzt kommt der Beisicht!“, „Pro NRW -NEE,NEE,NEE!“ - war ein unverhältnismäßig großes Polizeiaufgebot bemüht, die Pro NRW-Provokation gegen einzelne Demonstranten „zu schützen“. So wurden Gegendemonstranten - obwohl sie schon einige Meter von der Kundgebung entfernt abgehalten wurden, erneut genötigt, zehn Meter zurück - „auf die andere Straßenseite“ wie es hieß - zu gehen. Dabei kam es zu Diskussionen mit Polizisten über diese „Maßnahme“. In einem Schreiben an den Kölner Polizeipräsidenten hat Manfred Demmer Auskunft über die Gründe des massiven Polizeieinsatzes gefordert. Bei den Diskussionen wurde auch Kritik an der Stadt geübt, dass sie die Genehmigung für die Pro NRW- Zusammenrottung gegeben hatte. Auch wurde in Gesprächen bedauert, dass viel zu wenig Stadtteilbewohner und andere Leverkusener Bürger sich den Protesten gegen Pro NRW angeschlossen hätten. „Trotzdem“, so stellte Manfred Demmer zum Abschluß der Aktion fest: „wurde deutlich gemacht, lautstark und ideenreich sichtbar gemacht, Leverkusener wollen keine Rassisten im Rat der Stadt, Pro NRW NEE! Bleibt die Parole, unter der auch in den kommenden Wochen und Monaten ein gemeinsamer, aktiver Kampf gegen diese Rassisten geführt werden muss!“

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Brief an den Oberbürgermeister und Ratsfraktionen Leverkusen

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren,

als Leverkusener Bürger war ich gestern (13.Juni) mit anderen Menschen am Königsberger Platz in Rheindorf um gegen die erneute Hetzkampagne von Pro NRW gegen die „Prunkmoschee“ meinen Protest deutlich zu machen. Dort musste ich feststellen, dass eine übergroßes Polizeiaufgebot anwesend war, dessen Hauptaufgabe offenbar darin bestand die Pro NRW – Kundgebung „zu schützen“. Als stellvertretender Vorsitzender der Kulturvereinigung Leverkusen e.V., der seit vielen Jahren antifaschistische , friedliche Demonstrationen in Leverkusen mitgestaltete und an Kooperationsgesprächen mit Beamten des Polizeipräsidiums beteiligt war, als Sohn eines Naziverfolgten und Landesvorstandsmitglied der VVN-Bund der AntifaschistInnen NRW frage ich:
Schützen wo vor? In einem Brief an das Kölner Polizeipräsidium habe ich um Auskunft über den Polizeieinsatz gebeten.
Von Ihnen möchte ich nun wissen, warum Sie – obwohl es ja von Ihnen Erklärungen gegen Pro NRW gibt – die Menschen, die am Samstag gegen die Hetzreden demonstrierten, „im Regen stehen ließen“ will heißen: Warum wurde die Zusammenrottung von der Stadt genehmigt? Und warum war kein offizieller Vertreter der Stadt unter den Gegendemonstranten zu sehen?
Selbst am Stand des Integrationsrates auf dem Kirmesplatz wurde „Offizielle“ nur sehr wenig ausgemacht.
Mit freundlichem Gruß
Manfred Demmer

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Brief an den Kölner Polizeipräsidenten
Sehr geehrter Herr Polizeipräsident,

als Leverkusener Bürger, der am gestrigen Samstag (13.Juni 2009) mein Recht in Anspruch nahm, gegen die - leider von der Stadt Leverkusen und Ihnen genehmigten – Zusammenrottung von Rassisten in dem Stadtteil zu protestieren, in dem viele unterschiedliche Nationalitäten und Religionen wohnen, möchte ich gegen den massiven Polizeieinsatz protestieren.
Als stellvertretender Vorsitzender der Kulturvereinigung Leverkusen e.V., der seit vielen Jahren antifaschistische , friedliche Demonstrationen in Leverkusen mitgestaltete und an Kooperationsgesprächen mit Ihren Beamten beteiligt war, als Sohn eines Naziverfolgten und Landesvorstandsmitglied der VVN-Bund der AntifaschistInnen NRW bitte ich um Auskunft über folgende Fragen:
Wieviel Beamte/Beamtinnen waren am 13.Juni 2009 in Rheindorf im Einsatz?
Welchen Auftrag hatten diese?
Lagen Erkenntnisse vor, dass die Pro NRW-Zusammenrottung gewaltsam gestört werden sollte?
Was haben Sie im Vorfeld unternommen, die Veranstaltung zu verhindern?
Wie viel Steuergelder kostete dieser Polizeieinsatz?
Für eine Beantwortung dankend,
mit freundlichen Grüßen
Manfred Demmer

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Pro NRW - Parteitag verhindern — Ruhr-Informant

naja — ,

@ naja — 2

differenzierter.... — tut nichts zur sache