Anti-Lager-Aktionstage München: Auftakt

Lagerland09 12.06.2009 00:47 Themen: Antirassismus
Erster Tag der Lagerschlussverkaufs-Tage in München: Public Hearing mit Bewohnern aus verschiedenen Flüchtlingslagern

Mit den Lagerschlussaktionstagen verleiht das Netzwerk Deutschland Lagerland seiner Forderung nach der sofortigen Schließung aller Flüchtlingslager Nachdurck und erhöht den öffentlichen Druck auf die Abgeordneten des Bayerischen Landtags. Dort beginnen nächste Woche die parlamentarischen Beratungen über die Zukunft der Unterbringungsituation von Flüchtlingen in Bayern.
Lagerschlussverkauf! Donnerstag, 11. Juni

Auftakt der Lagerschlussverkauf-Aktionstage am Stachus in München. Ein Tag wie am Meer, sonnig und sehr windig, vom runden Springbrunnen weht es immer wieder Gischt herüber – eine sanfte Dusche für die mehr als 120 Teilnehmer der Dauerkundgebung. Die Stimmung ist bestens am ersten Tag des Lagerschlussverkaufs, der noch bis Sonntag dauert. Es herrscht Aufwind, denn es gibt deutliche Bewegung in der politischen Landschaft. Bei der Anhörung im April im Bayerischen Landtag waren sich die Experten einig, dass die Zustände in den „Gemeinschaftsunterkünften“ unhaltbar sind. In München wurden bereits einige Flüchtlingslager geschlossen, unter anderem in der Rosenheimer Straße, wo sich zumindest die Ratten äußerst wohl gefühlt hatten.

Das Netzwerk Deutschland Lagerland fordert die sofortige Schließung aller Lager in Bayern. Aus vielen Städten sind Aktivisten und Aktivistinnen angereist – nur die Flüchtlinge aus der Oberpfalz und Ober-, Mittel- und Unterfranken können leider nicht dabei sein, die Zentrale Rückführungsstelle Nordbayern (ZRS) hat die Ausländerbehörden angewiesen, sie nicht von der Residenzpflicht zu befreien. Flüchtlinge sollen sich nicht selbst organisieren, das Recht auf Versammlungsfreiheit und freie Meinungsäußerung gilt offensichtlich für sie nicht.

Auf dem Stachus gibt es für die Haltung von Innenministerium und der Rückführungsstelle ein lautes Buhkonzert. Zum Start der Dauerkundgebung stellen in einem öffentlichen Hearing Flüchtlinge aus verschiedenen Lagern ihre katastrophalen Lebensumstände vor. Serdar und Ali aus Münchner Unterkünften, Issam aus Augsburg, Paul aus Böbrach und Salomon aus Wittenberg berichten stellvertretend für die 7600 Menschen, die allein in Bayern per Gesetz gezwungen werden, in Lagern zu leben.
Es gibt in den Lagern keine Privatsphäre, bis zu acht Personen wohnen in einem Zimmer, Gemeinschaftsräume sind oft gar nicht vorhanden, Duschen und Küchen müssen oft von 20 Leuten gemeinsam genutzt werden. Menschen verschiedenster Herkunft werden auf engstem Raum zusammen gesperrt, Konflikte sind vorprogrammiert, auch weil viele durch faktisches Arbeitsverbot zur Untätigkeit verurteilt sind. Versorgt werden sie mit Essenspaketen, die minderwertige und immer wieder gleiche Lebensmittel enthalten – und mit den 40.- Euro Taschengeld bedeutet selbst eine einfache Fahrt mit Bus oder U-Bahn eine finanzielle Herausforderung.
Die Residenzpflicht verbietet den Flüchtlingen, den ihnen zugewiesenen Landkreis zu verlassen, bewusst werden sie isoliert und schikaniert – das soll ihre Bereitschaft zur „freiwilligen Ausreise“ fördern. Menschenunwürdige Wohn – und Lebensverhältnisse, in die Kinder hineingeboren werden und dort aufwachsen. Bis zu 18 Jahre lang leben Flüchtlinge im Lager, in einem Umfeld, das sie physisch und psychisch krank macht.

Aber es formiert sich Gegenwehr, Deutsche und Flüchtlinge haben sich zusammengetan und verkünden jetzt laut in der Öffentlichkeit: Wie schließen alle Lager!
Morgen geht es weiter mit Aktionen vor der Regierung von Oberbayern und dem Innenministerium – und natürlich der Dauerkundgebung. Mehr Infos unter www.deutschland-lagerland.de
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Ergänzungen

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ePetition: Bargeld, dezentrale Unterbringung, Bleiberecht und Arbeitserlaubnis für Asylsuchende, gegen Residenzpflicht