Kommunalwahl in Schwerin

Paul Bedeking 08.06.2009 15:41 Themen: Antifa
Auch in Schwerin wurde heute die Stadtvertretung neu gewählt. Dabei sprang für die NPD mindestens ein Mandat heraus.
Shame on you!

In Anbetracht der Zugewinne, die die NPD im Vergleich zur letzten Kommunalwahl 2004, landesweit erreicht hat (von 0,8 auf 3,2%), mutet es schon etwas merkwürdig an, wenn die Analytiker im Fernsehen von einer Niederlage für die NPD sprechen. Dass die Neonazis schlechter abschneiden, als noch 2006 bei der Landtagswahl ist erfreulich, aber noch lange kein Grund zur Erleichterung, da sich Landtags- und Kommunalwahlen nur sehr schwer vergleichen lassen. Angesichts von Ergebnissen wie etwa 11,3% für die Wahl der Gemeindevertreter in Lübtheen zeigt sich eindeutig das es sich beim Landkreis Ludwigslust nicht nur um eine vermeintliche NPD-Hochburg handelt, wie etwa Endstation-Rechts schreibt. Neben Ludwigslust bestätigte sich auch im Uecker-Randow-Kreis (der anderen Nazi-Hochburg in MV) das vorherrschende Bild, einer agrarisch geprägten und kulturell abgehängten Region des ländlichen Raumes. Ob dabei von einer extrem rechten Stammwählerschaft gesprochen werden kann, wird sich allerdings frühestens mit der nächsten Landtagswahl 2011 zeigen. Das Worst-Case-Szenario der „Sächsischen Zustände“ scheint dabei immer realer.

2 653 mal Scheiße!

Ein ähnliches Bild auch in Schwerin. Zeitweise sagten die Zwischenergebnisse bis zu 3,6% für die NPD vorraus. Glücklicherweise ging dieser Trend noch zurück, so das sich das Ergebnis am Ende auf 2,8% einpendelte[1]. Dem vorläufigen Endergebnis zufolge gaben die WählerInnen 2 653 Stimmen für die Nazis – soviele wie noch nie. Das letzte Mal gelang es der NPD 1994 in der Landeshauptstadt zur Kommunalwahl anzutreten, sie kam damals aber lediglich auf 1,4% und ging ohne Mandat aus.

Bernd WulfDie schweriner NPD-Anhänger werden in den kommenden 5 Jahren von dem 1961 in Schwerin geborenen Mechatroniker Bernd Wulf vertreten. Die katastrophale Bilanz, die der Greifswalder Wissenschaftler Hubertus Buchstein nach der Analyse der Arbeit der NPD in den Kommunalen Parlamenten nach 2004 zog, legt nahe, das es sich bei den rechten Wählern um Gesinnungstäter handeln muss. Anders lässt sich kaum erklären, das eine Partei, deren kommunale Mandatsträger entweder untätig im Sitzungssaal sitzen oder gar nicht erst erscheinen, Mandatsgewinne verzeichnet.

Wulfs Mandat ist das Ergebnis einer kontinuierlichen und relativ ungestörten Aufbauarbeit der NPD in der Stadt, deren Anfang bis zur Landtagswahl 2006 zurückreicht. Als Ende der 90er Jahre sämtliche Strukturen der Partei in der Stadt zusammenbrachen folgte eine lange Periode der Ruhe, welcher 2006 durch den Wahlerfolg der Neonazis relativ ruckartig ein Ende gesetzt wurde. Durch die üppig ausgestatteten Büroräume im Schweriner Schloß sowie den Stab an überbezahlten Fraktionsmitarbeitern wurde den Rechtsradikalen eine nie dagewesene Infrastruktur zur Verfügung gestellt, die sie zunehmend unabhängiger von äußerer Hilfestellung machen sollte. Dies zeigte sich bereits bei der Oberbürgermeisterwahl 2008 in Schwerin, zu der der Multifunktionär Peter Marx antreten wollte[2] aber auch im diesjährigen Wahlkampf, welcher im Unterschied zu 2006 ohne personellen Beistand aus anderen Bundesländern sowie unter zur Hilfenahme des neuen Fraktionsbusses bestritten wurde. Die Ausstattung der beiden Infostände (am 06.04. im Stadtzentrum und erst am vergangenen Freitag dem 05.06. im Plattenbauviertel „Großer Dreesch“) unterstreicht dieses Prinzip, so liess sich dort beinahe ausschliesslich Infomaterial finden, welches mit Fraktionsgeldern finanziert wurde. Besonders exemplarisch ist in diesem Zusammenhang eine 2008 von der Fraktion herausgegebene Broschüre über den Hungertod der fünfjährigen Lea-Sophie. Das bundesweit Aufsehen erregende Schicksal des vernachlässigten Mädchens stellte damals das Hauptthema im Wahlkampf zur Neuwahl des Oberbürgermeisters dar.Ebenso wird diese Vorgehensweise durch ein eher ungewöhnliches Ereignis verdeutlicht, welches sich am 13.05. in der Orangerie des Schweriner Schlosses abspielte. Ungewöhnlich war das sich dort der als Bundespräsidentschaftskandidat getarnte Neonazi-Barde Frank Rennicke dort mit den Schweriner Nazis zum Plausch traf. Normal war hingegen, dass der Video-Dreh dort nicht nur dem Bundespräsidentschaftswahlkampf und der Selbstdarstellung der Landtagsfraktion diente, sondern auch für ein mehr oder weniger professionelles Fotoshooting mit den beiden Kommunalwahlkandidaten Bernd Wulf und Günter Wohlert genutzt wurde.

Diese zielgerichtete Aufbauarbeit, zusammen mit einer beinahe endlosen Reihe von Vorfällen mit bewaffneten, berüchtigten oder international bekannten Neonazis, welche die NPD-Fraktion in den letzten drei Jahren besuchen wollten, tragen zunehmend zu einem unerträglicher werdenden Klima in der Stadt bei. Morgens etwa auf dem Weg zum Bäcker Gefahr zu laufen solch zwielichtigen Gestalten wie Michael Andrejewski begegnen zu müssen, trübt zwar lediglich die Stimmung, wenn es sich aber um Gewalttäter wie Stefan Köster oder Michael Grewe handelt, wird die Situation bedrohlich. Das neue Mandat im Rathaus dürfte zu einer weiteren Verschärfung der Lage sowie einer intensiveren Vernetzung der rechten Szene beitragen. Was in Zukunft an neonazistischen Provokationen von Bernd Wulf zu erwarten ist, werden die kommenden Stadtvertretersitzungen zeigen, angesichts der widerlichen Ergüsse im Landtag steht jedoch Unappetitliches zu befürchten.


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Fußnoten:
[1] Vgl. vorläufiges Endergebnis vom 07.06.09 / 22:58 Uhr – www.schwerin.de
[2] Die Kandidatur wurde ihm damals aufgrund eines fehlenden Gesundheitszeugnisses und dem Zweifel an seiner Verfassungstreue verwehrt.
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Ergänzungen

Widerspruch

Red_Angel 08.06.2009 - 16:38
"[...]mutet es schon etwas merkwürdig an, wenn die Analytiker im Fernsehen von einer Niederlage für die NPD sprechen. Dass die Neonazis schlechter abschneiden, als noch 2006 bei der Landtagswahl ist erfreulich, aber noch lange kein Grund zur Erleichterung, da sich Landtags- und Kommunalwahlen nur sehr schwer vergleichen lassen."


Ich würde nicht von einer Niederlage sprechen, jedoch hat die NPD gemessen an ihren Ansprüchen wohl deutlich Federn lassen müssen. Es ist zwar richtig, dass Kommunalwahlen und Landtagswahlen nicht gleichzusetzen sind, allerdings liegt die letzte Kommunalwahl lange Zeit zurück und die NPD befand sich damals nicht im Landtag. Und wenn sie nun einer Kommunalwahl trotz der Eröffnung zahlreiche 'Bürgerbüros' ihren relativen Stimmenanteil im Vergleich zur Landtagswahl mehr als halbiert, dann kann man nicht von einem Erfolg für die Rechtsextremen sprechen. In deinem Artikel vergleichst du die Kommunalwahlen von 1994 mit denen von 2009! Tut mir leid, aber in dem Fall halte ich den Vergleich mit den Landtagswahlen von 2006 um einiges sinnvoller, auch wenn die Ergebnisse natürlich nicht 1:1 übertragbar sind.

Vergleich

Knecht 08.06.2009 - 19:16
Er vergleicht die Zahlen zuerst aber mit 2004 (0,8%) und nicht mit 1994. Immerhin eine Steigerung um 400%. Außerdem trat die NPD in 5 Wahlgebieten erst garnicht an, darunter Greifswald und Wismar. Also da ist noch braunen Potential, leider.

Unvergleichbar

ergänzerIn 09.06.2009 - 01:31
Die Landtagswahl ist lässt sich einfach nicht mit der Kommunalwahl vergleichen. Da liegen völlig andere Regeln zu Grunde.
Die NPD ist lediglich in 13 von 18 Wahlkreisen angetreten, daher konnten ca. 300 000 Wahlberechtigte nicht die NPD wählen, die Grundgesamtheit für die NPD beträgt daher lediglich 1,1 Millionen Wahlberechtigte und nicht wie bei CDU und SPD 1,4 Millionen (oder auch die 1,4 Millionen Wahlberechtigten von der Landtagswahl 2006, die die Möglichkeit hatten NPD zu wählen).

Das Ergebnis ist daher schon in soweit nicht wirklich geeignet für einen Vergleich, da das Votum von 1,1 Millionen potentiellen NPD-Wählern auf eine Grundgesamtheit von 1,4 Millionen Wahlberechtigten in ganz MV übertragen wurde.

...

Red_Angel 09.06.2009 - 04:28
"Das Ergebnis ist daher schon in soweit nicht wirklich geeignet für einen Vergleich, da das Votum von 1,1 Millionen potentiellen NPD-Wählern auf eine Grundgesamtheit von 1,4 Millionen Wahlberechtigten in ganz MV übertragen wurde."

Aber eben jenes kann man nunmal sehr gut. Wenn du aus einer Grundgesamtgesamt von 1.400.000 eine Stichprobe von 1.100.000 ziehst, dann bist du ziemlich nahe dran.

Konkret: Wenn ich von den rund 1.889.000 insgesamt gültigen Stimmen all jene gültigen Stimmen abziehe, die in Landkreisen abgegeben worden waren in denen die NPD nicht angetreten ist (rund 1.669.000 bleiben dann übrig), kann man die so erhaltene Zahl mit den abgegeben Stimmen für NPD in Relation setzen. Dabei zeigt sich, dass die rund 60.000 Stimmen von rund 1.669.000 einem Anteil von 3,64 % entsprechen. Im Vergleich zur Landtagswahl (7,3%) bedeutet dies eine beinah glatte Halbierung des relativen Anteils.
Wenn die NPD bei der letzten Kommunalwahlen bei der sie 0,8 % holte in deutlich weniger Gebieten angetreten, was sie zweifelsfrei ist, aber mir Dimension momentan nicht klar ist, dann wäre es in jedem Fall interessant, was die der bereinigte Landesdurchschnitt wäre.

...

Red_Angel 09.06.2009 - 08:38
Natürlich sind Begriffe wie Grundgesamtheit oder Stichprobe in meinem Fall falsch verwendet worden. Naja war schon etwas später...

Kommunalwahlen

antifa.sozialbetrug 09.06.2009 - 21:45
Kommunalwahlen: NPD gewinnt zahlreiche Mandate

In Thüringen hat die NPD bei den Kommunalwahlen nach ersten Ergebnissen in den elf Kreisen und kreisfreien Städten, in denen sie angetreten war, die Chance, einige Mandate zu besetzen. In dem Bundesland gilt erstmals die Fünf-Prozent-Hürde nicht mehr.

NPD in Ueckermünde vor der SPD

In Mecklenburg-Vorpommern liegt die Neonazi-Partei nach vorläufigen Ergebnissen bei knapp über drei Prozent. Bei der Landtagswahl in Jahr 2006 hatte die NPD mehr als sieben Prozent der Stimmen geholt - bei einer höheren Wahlbeteiligung. Allerdings gilt auch hier die Fünf-Prozent-Hürde nicht mehr; die NPD dürfte also zahlreiche Mandate gewinnen. Sie war mit weit mehr als 100 Kandidaten angetreten. Unter anderem errang sie nun Mandate in Rostock und Ueckermünde, wo sie nach Zwischenergebnissen bei rund zwölf Prozent der Stimmen lag - und somit vor der SPD.

Mehr als 60 Mandate in Sachsen

In Sachsen konnte die NPD in Dresden und Leipzig nach ersten Ergebnissen rund vier Prozent der Stimmen holen. Landesweit lagen die Neonazis bei rund 2,3 Prozent und würden mehr als 60 Mandate besetzen können. Zweistellige Stimmenanteile verzeichnete die NPD in ihren Hochburgen Reinhardtsdorf-Schöna mit 22,0 Prozent und Sebnitz mit 13,1 Prozent. Die NPD war in Sachsen mit mehr als 300 Kandidaten angetreten.

In Sachsen-Anhalt kam sie in Magdeburg auf ebenfalls rund vier Prozent.

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Kommunalwahl in Sachsen
 http://antifasozialbetrug.siteboard.de/antifasozialbetrug-about2537.html

Stadtratswahl in Chemnitz
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