Neuigkeiten über Mumia Abu-Jamal

Mumia hatte seit vielen Jahren versucht, aufgrund des verfassungswidrigen Herausfilterns schwarzer Juroren in seinem ursprünglichen Verfahren ein neues Verfahren zu erhalten (1). Bestärkt worden war er darin von Bundesrichter Ambro (3. Bundesberufungsgericht), dem NAACP Legal Defense Fund als auch vorher bereits von Amnesty International. Letztere hatten sein Verfahren in einem Bericht aus dem Jahr 2000 als „Bruch internationaler Mindeststandards für faire Verfahren“ bezeichnet und daher eine komplette Neuverhandlung empfohlen. Wie bereits auf Indymedia berichtet (2), verweigerte das höchste US-Gericht das jedoch am 6. April mit nur zwei Worten: „Antrag abgelehnt“. Nun berichtet Mumias Anwalt Robert R. Bryan, dass auch der Antrag auf nochmalige Anhörung abgelehnt worden ist. Der offenkundige Rassismus in Mumias Verfahren von 1982 ist damit endgültig als verfassungskonform bestätigt - eine Grundlage, die sich in Zukunft auch auf viele andere Todestrakt Gefangene der USA auswirken kann.

Es gibt jedoch noch einen zweiten Antrag in Bezug auf Mumia Abu-Jamal vor dem höchsten US-Gericht (3). Die Staatsanwaltschaft von Philadelphia fordert darin, die 2008 vom 3. Bundesberufungsgericht für ungültig erklärte Todesstrafe erneut in Kraft zu setzen. Es ist überhaupt nicht klar, wann das Gericht eine Entscheidung darüber veröffentlichen wird. Sie kann theoretisch jederzeit kommen. Es sei aber aufgrund eines ähnlichen Verfahrens auch möglich, dass sich das noch über mehrere Monate hinziehe, so Robert R. Bryan. Sollte die Staatsanwaltschaft hier unterliegen, könnte es noch einen Jury Prozess allein über das Strafmaß geben. Auch hier stünde Mumias Leben auf dem Spiel.

Mumias Anwalt wusste aber auch von neuen juristischen Schritten zu berichten. So habe die Verteidigung am 20. April 2009 beim Staatsgericht (Court of Common Pleas) Philadelphia einen Habeas-Corpus-Antrag gestellt (5). Robert R. Bryan erklärte: „In diesem Antrag geht es um den Fakt, dass Mumia auf der Basis unzuverlässiger und unvollständiger ballistischer Sachverständigengutachten, die von der Staatsanwaltschaft 1982 im Prozeß präsentiert wurden, verurteilt wurde. Wir haben auch beantragt, dass alle bislang zurückgehaltenen Beweise, die sich noch im Besitz der Staatsanwaltschaft befinden, offen gelegt werden...“ Ob es hier zu einer Verhandlung kommen wird, ist momentan noch unklar.


Dass Mumias Leben vom Ausgang der ungewissen Entscheidung des U.S. Supreme Courts abhängt, ist offensichtlich. UnterstützerInnen machen seit einigen Wochen darauf aufmerksam, dass einer drohenden Hinrichtung am besten im Vorfeld zu begegnen sei, da im Ernstfall nur sehr wenig Zeit zwischen Entscheidung und Hinrichtung sein kann. Neben zahlreichen Petitionen werden auch schon Aktionskonzepte diskutiert (4). In einigen Diskussionen auf Mumia-Solidaritätsveranstaltungen der letzten Wochen schien Einigkeit darüber zu bestehen, dass der Bedrohung mit der verbundenen Unklarheit eines Entscheidungstermins am ehesten mit einer offenen und flexiblen Gegenmobilisierung zu begegnen sei. Daher komme es darauf an, dass sich Interessierte jetzt überlegen, was sie tun wollen. Aktionen dann auch öffentlich anzukündigen, könnte den Bestrebungen der US-Soli-Bewegung helfen, die Obama Regierung zu einer Stellungnahme zu bewegen und letztendlich in die Verantwortung zu nehmen.


Vieles deutet darauf hin, dass trotz erdrückender Beweislage gegen eine Schuld Mumia Abu-Jamals und jahrzehntelanger öffentlicher Debatten in diesem Jahr erneut eine lebensbedrohliche Situation für den unabhängigen Journalisten entstehen könnte.





Ergänzungen / Erklärungen / Links

(1)Abu-Jamal v. Beard, U.S. Sup. Ct. No. 08-8483
Mumia berief sich hier auf den Fall von Batson von 1986, in dem der US Supreme Court grundsätzlich entschied, dass bei rassistischen Motiven, die zum Ausschluß von möglichen Juroren im Auswahlverfahren führen, ein komplett neues Verfahren anzuordnen sei. Zuletzt war das 2008 auf Antrag des Todeszelleninsassen Alan Snyder vom U.S. Supreme Court gewährt worden. Warum das Gericht in Mumias Fall den Ausschluss von zehn schwarzen Juroren allein aufgrund ihrer Hautfarbe toleriert, wird wohl aufgrund der mangelnden Erklärung im April ein Geheimnis bleiben.
(2) Höchstes US-Gericht lehnt Mumias Antrag ab  http://de.indymedia.org/2009/04/246494.shtml
(3)Beard v. Abu-Jamal, U.S. Sup. Ct. No. 08-652
(4) Petition an den Generalstaatsanwalt der USA  http://www.iacenter.org/mumiapetition
„Mumia 3+12“: dezentraler Aktionstag vor US Einrichtungen am 3. Tag um 12 Uhr nach Bekanntgabe der Todesstrafe
Für die BRD wird außerdem bereits angefangen, überregional zu einer Demonstration am letzten Samstag vor einem möglichen Hinrichtungstermin nach Berlin zu mobilisieren. Ziel wäre hier die Botschaft der USA.
(5)Commonwealth v. Abu-Jamal, Nos. 1357-1359
(5)das komplette „Legal update“ von Robert R. Bryan im Wortlaut  http://mumia-hoerbuch.de/legalupdate.htm
(6)deutsche Übersetzung vom bremer IVK  http://www.freedom-now.de/news/artikel514.html