[B] Liebig14: Unerwarteter Besuch vor Prozess

Mister XX 07.06.2009 16:47 Themen: Freiräume
Am vorvergangenen Freitag erhielt das Friedrichshainer Hausprojekt Liebig14 unerwarteten Besuch vom Hauseigentümer Suitbert Beulker. Zusammen mit einer Handvoll Bullen verschaffte er sich Zutritt zu den besetzten Räumlichkeiten im Erdgeschoss, warf das Inventar in den Innenhof und entwendete das Schloss der Haustür. Am kommenden Dienstag (9.06.) finden die ersten vier Berufungsprozesse gegen die Kündigung von Mietverträgen statt. Ob es einen Zusammenhang gibt?
Nach mehr als einem Jahr stattete Beulker der Liebig14 wieder einen Besuch ab. Wie gewohnt, fuhr er in einer Bullenwanne vor und ließ sich von den Uniformierten begleiten. Was er mit seiner Aktion, bei der er auch mehrere Fotos schoss, bezwecken will, laesst sich unschwer erahnen. Bei den Berufungsprozessen steht für ihn viel auf dem Spiel. Schließlich würde eine juristische Niederlage die Räumung der Liebig14 sowie der legalen Räume der Rigaer94 in weite Ferne rücken lassen. Mit ein paar Fotos von besetzten Räumen und einigen Anti-Beulker-Sprüchen an den Wänden meint er wohl die Bewohner_innen vor Gericht in ein schlechtes Licht rücken zu können.

Bei den neun Prozessen, die zwischen Juni und November vor dem Berliner Landgericht stattfinden, geht es um die (Nicht-)Zukunft des Hausprojekts Liebig14. In den meisten Urteilen des Amtsgerichts (die allesamt pro Räumung ausfielen) wird den Bewohner_innen zur Last gelegt, eine im Treppenhaus befindliche Zwischentür eingebaut bzw. zumindest nicht ausgebaut zu haben. Zudem seien die Schlösser der Haustür mehrfach selbständig ausgetauscht worden. Er als Hauseigentümer würde quasi aus seinem Haus ausgeschlossen. Juristisch wird wohl darum gezankt, ob alle Bewohner_innen für diese „Pflichtverletzungen“ verantwortlich gemacht werden können und ob eine spezielle, in den Mietvertraegen befindliche Klausel vom Amtsgericht ausreichend gewürdigt wurde. Diese Klausel besagt, dass die Mietverträge nur bei besonders schweren „Pflichtverletzungen“ gekündigt werden können.

Der offensichtliche Versuch Beulkers, die zumindest erstinstanzlich erfolgreiche Taktik nun auch beim benachbarten Hausprojekt Rigaer94 durchzuziehen, verleiht den anstehenden Entscheidungen eine weitere Brisanz. Verliert die Liebig14 aufgrund von Zwischentür und Schlosswechsel, koennte die Rigaer94 den Choleriker Beulker sowie seine Aggro-Bauarbeiter nicht mehr aus ihrem Treppenhaus fernhalten, ohne den Verlust ihrer verbliebenen Mietverträge zu riskieren. Gewinnt wiederum die Liebig14, kann Beulker es auch gleich sein lassen, mit diesen Punkten Kündigungen zu begründen.

Soweit der kleine Exkurs ins Juristische. Daß es sich bei den Prozessen um ein linkes Hausprojekt natürlich nicht (nur) um juristische Streitigkeiten dreht, sollte wohl klar sein. Und um das auch am Tag der Prozesse klar zu machen, waers toll, wenn möglichst viele Leute die (öffentlichen) Prozesse am Berliner Landgericht (Littenstr. 12-17, Nähe Alexanderplatz) besuchen. Hier die Termine:
9.06. 10:00 Uhr Raum 3810 (4 Prozesse)
11.08. 10:00 Uhr Raum 3123 (ein Prozess)
8.09. 10:00 Uhr Raum 3123 (3 Prozesse)
13.11. 11:14 Uhr Raum 3123 (ein Prozess)

Und wer keinen Bock hat, so früh aufzustehen, kann auch später am Tag folgende Herren besuchen und ihnen schöne Grüße von der Liebig14 ausrichten:
Oliver Rohr (Hausverwalter), Großbeerenstr. 2-10, 12107 Berlin // Lessingstr. 28, 12305 Berlin
Detlef Maas (Beulkers Anwalt), Wilmersdorfer Str. 128, 10627 Berlin

Hintergrund:
 http://de.indymedia.org/2008/08/225569.shtml
 http://de.indymedia.org/2008/10/228470.shtml
 http://de.indymedia.org/2008/12/237289.shtml
 http://de.indymedia.org/2009/05/251535.shtml
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Ergänzungen

Berlin: Liebig14 bleibt

freie-radios.net 07.06.2009 - 21:42
Redebeitrag und Einladung zum bevorstehenden Berufungsprozess (9.06.) um die Kündigungen der Mietverträge des Hausprojekts Liebig14.

Berliner Morgenpost schreibt

Leserin 08.06.2009 - 00:36
(...)Am Sonnabend erteilte die Bereitschaftspolizei Platzverweise gegen 40 Menschen, die sich auf einem umzäunten Gelände in der Rigaer Straße in Friedrichshain aufhielten und dort zelten wollten. Sie hatten Transparente sowie Tische, Bänke, Lebensmittel und Kochutensilien bei sich. Der Einsatz verlief laut Polizei aber ruhig.
Mit politischen Parolen wurden die Gebäude der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di im Bona-Peiser-Weg in Mitte und der Bundesagentur für Arbeit in der Tempelhofer Wolframstraße beschmiert. Schließlich entdeckte eine Polizeistreife in der Liegnitzer Straße in Kreuzberg am späten Sonnabend Sprünge in den gläsernen Haustüren eines Gebäudes mit Loftwohnungen.(...)

Weiterlesen:  http://www.morgenpost.de/berlin/article1107997/Autonome_starten_offenbar_ihre_Aktionswochen.html

Aus dem Polizeibericht

Observer 08.06.2009 - 00:39
Polizeiliche Maßnahmen wegen offenbar politisch motivierter Taten

# 1634

Die Polizei ist gestern und in der vergangenen Nacht zu mehreren Vorfällen gerufen worden, die offenbar politisch motiviert waren.

Im Laufe des Nachmittags hatten sich 40 Personen unberechtigt auf einem umzäunten Gelände in der Rigaer Straße in Friedrichshain niedergelassen, vier Zelte aufgebaut und Transparente an den Zäunen angebracht. Die 27 Männer und 13 Frauen hatten Tische, Bänke, Lebensmittel und Kochgelegenheiten mitgebracht sowie Material zum Herstellen von Transparenten. Da der Grundstückseigentümer Strafantrag wegen Hausfriedensbruchs stellte, leiteten Beamte der Bereitschaftspolizei zwischen 17 Uhr 30 und 18 Uhr 30 die Anwesenden vom Gelände, stellten die Personalien fest und erteilten Platzverweise. Im Nahbereich gab es noch weitere sieben Identitätsfeststellungen. Der Einsatz verlief ruhig.

Bereits gestern früh wurde festgestellt, dass unbekannte Täter im Morgengrauen am Gebäude der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft „ver.di“ im Bona-Peiser-Weg in Mitte mehrere Schriftzüge an die Wände geschmiert haben. Die Texte und Abkürzungen sind überwiegend gewerkschafts- oder polizeifeindlich.

In der Adalbertstraße in Mitte haben Unbekannte gestern früh zwischen 5 und 7 Uhr fünf Fahrzeuge mit Kratzern oder aufgekratzten Schriftzügen, die sich beispielsweise gegen „Bonzen“ richten, beschädigt. Es handelt sich um zwei „Mercedes“, zwei „3-er BMW“ und einen „Dodge“.

Gestern Abend gegen 19 Uhr 30 hat ein Sicherheitsdienst-Mitarbeiter in der Warschauer Straße in Friedrichshain festgestellt, dass unbekannte Täter die Glastür zwischen dem Vorraum und dem EC-Automatenraum einer Sparkassenfiliale beschädigt haben. Ein Geldautomat war mit einem Schriftzug politischen Inhalts beschmiert worden.

Ein Mitarbeiter des Objektschutzes entdeckte gegen 20 Uhr in der Wolframstraße in Tempelhof am Gebäude der Bundesagentur für Arbeit eine Buchstabenschmiererei.

In der Liegnitzer Straße in Kreuzberg bemerkte eine Polizeistreife gegen 20 Uhr 15 an einem Gebäude mit Loftwohnungen Sprünge in den gläsernen Haustüren.

Unbekannte Täter setzten gegen 20 Uhr 45 in der Händelallee in Mitte einen Pkw „Citroen“ mit französischem Kennzeichen in Brand. Die Feuerwehr löschte. Verletzt wurde niemand.

Aktionstage beginnen...

WBA 08.06.2009 - 00:40

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