HH/Schanzenviertel: Vorsicht, Kamera!

Freund des eigenen Bildes 06.06.2009 17:22 Themen: Repression
Seit mehreren Wochen ist bekannt, dass die Bullen im Hamburger Schanzenviertel durch Wohnhäuser und Läden gelaufen sind, um die Erlaubnis zur Installation von Kameras einzuholen. Ziel ist es, die Straßen aufgrund verschiedener Vorfälle wie z.B. häufiger Glasbruch bei besonders beliebten Läden zu überwachen. Dies wurde nun auch in der Presse öffentlich gemacht (s.u.). Im Folgenden ein aktueller Text der Antirepressionsgruppe zu diesem Thema, der seit gestern (05. Juni 2009) im Stadtteil verteilt wird. Es soll hier noch einmal ausdrücklich betont werden, dass bereits Kameras zumindest in verschiedenen Gewerbeobjekten installiert und aktiv sind!
JEDE_R WIRD GEFILMT

Polizeiliche Kameraüberwachung im Schanzenviertel

Vor einigen Wochen haben Beamte der Hamburger Polizei versucht, Bewohner_innen des Schanzenviertels dazu zu bewegen, Überwachungs-kameras in ihren Wohnungen installieren zu lassen. In sechs uns bekannten Fällen haben Menschen diese Anfragen abgelehnt. Die betreffenden Wohnungen liegen alle in der Schanzenstraße und hätten den Polizeikameras den Blick in mehrere Straßen ermöglicht.

Was der Sicherheitsapparat hier versucht, ist die flächendeckende und andauernde Überwachung eines Stadtteils, um jede widerständische Aktivität zu unterbinden und die andauernde ökonomische Aufwertung der Stadt auch sicherheitspolitisch durchzusetzen. Eine öffentliche Diskussion, wie bei der Einführung der Kameraüberwachung auf der Reeperbahn (schon vergessen? schon dran gewöhnt?) scheint überflüssig. In punkto Überwachung setzen Polizei und andere Behörden mit dem Argument angeblicher 'Gefährdungspotentiale' immer neue Maßstäbe. Gemeint sind mit dieser Überwachung alle, die in irgendeiner Art ins polizeiliche Raster fallen; von Plakatierer_innen über betrunkene Jugendliche bis zur Rentnerin, die bei Budni einklauen geht. Und dieses Raster wird politischen Vorgaben angepasst.

Sechs dieser Versuche sind bekannt. Aber vermutlich werden die Damen und Herren im Auftrag der Repression noch mehr Menschen angesprochen haben und es steht zu befürchten, dass sie damit auch Erfolg hatten und sich hinter Wohnzimmer- oder Schaufensterscheiben Kameras befinden. Außerdem greifen die Behörden schon seit Längerem auf das Material einer Reihe von Kameras in und an verschiedenen Gewerbe- objekten zurück, die auch den öffentlichen Raum abdecken. Warum wohl filmt eine Kamera bei 'Salzbrenner' in der Sternstraße die Papiercontainer und warum wohl bei 'Hummel' in der Schanzenstraße den Fußweg....

In der MoPo hat der Sprecher der Polizei behauptet, die Kameraüberwachung bestimmter Objekte im Schanzenviertel würde im Rahmen von Ermittlungsverfahren wegen des häufigen Glasbruchs bei verschiedenen Läden durchgeführt und hätte damit eine gesetzliche Grundlage.
Aber um genau diese Debatte um irgendwelche juristischen Grundlagen, um Begrifflichkeiten von legal oder illegal, geht es in diesem Zusammenhang überhaupt nicht. Die Inszenierung genau dieser Diskussionen lenkt von dem ab, um was es tatsächlich geht; um die Festschreibung und Weiterentwicklung einer gesellschaftlichen Situation, in der die permanente Überwachung zur Normalität geworden ist. Und genau dabei ist es Politik und Repressionsapparat erst einmal herzlich egal, ob sie im Sinne irgendeines bürgerlichen Rechts legal handeln.
Das Hamburger Polizeigesetz von 2005 verdeutlicht, wie sehr es politisch gewollt ist, dass die Polizei ganz erheblich in die persönlichen Freiheiten von Menschen eingreifen kann und die gesamte Bevölkerung unter einen pauschalen Generalverdacht stellt.
Drauf geschissen.......

Achtet auf Kameras auf euren Wegen und gefährdet weiterhin die innere Sicherheit !
Antirepressionsgruppe Juni 2009


Taz, 06.06.2009, „Videoauge im Geranienkasten“ -  http://www.taz.de/regional/nord/hamburg/artikel/?dig=2009%2F06%2F06%2Fa0213&cHash=13a7627800

MoPo, 04.06.2009, „Polizei-Überwachung vom Balkon“ -  http://archiv.mopo.de/archiv/2009/20090604/hamburg/panorama/polizei_ueberwachung_vom_balkon.html
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Ergänzungen

abendblatt artikel

name 08.06.2009 - 14:04
hier ein neuer artikel zum thema im abendblatt mit abstimm-option...

 http://www.abendblatt.de/hamburg/article1043820/Polizei-filmt-heimlich-im-Schanzenviertel.html

Recht auf Stadt-Demo am 13.06.

peter 08.06.2009 - 17:21

"Big Brother" im Schanzenviertel

Leserin 10.06.2009 - 08:40
Bei der Fahndung nach den Urhebern einer Anschlagsserie im Hamburger Schanzenviertel greift die Polizei offenbar jetzt zu einem umstrittenen Mittel.

Bewohner berichten, die Ordnungshüter wollten in Privatwohnungen Videokameras installieren, um den öffentlichen Straßenraum zu überwachen. Den Angaben zufolge haben die Ordnungshüter bei mehreren Privatpersonen und Ladenbesitzern angefragt, ob diese mit der Anbringung von Kameras in und an ihren Gebäuden einverstanden wären.(...)

Weiterlesen:  http://www.wedel-schulauer-tageblatt.de/norddeutschland/artikeldetail/article/111/big-brother-im-schanzenviertel.html

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Echte Militanz statt Profilierung

glasscheibe 06.06.2009 - 18:29
Danke an die Pseudo Automaten, denen wir das zu verdanken haben!

Krass wie die Gentrifizierung verhindert wird in dem ihr dafür sorgt dass echte AktivistInnen keine Politik mehr im Stadtteil machen können, weil ihr Hand in Hand mit dem Staatsschutz die Begründungen für die Überwachung den Bullen zuspielt. Vielleicht doch mal lieber Vleute suchen gehen?
Tip: Nicht auf die gefälschten Persos schielen und nur denen vertrauen die mit euch mal ne Bank eingeworfen haben. Persönliche Geschichten aufarbeiten!

Aber wat solls. Im Prinzip interessiert es doch niemanden außer euch, wenn ihr dann in drei Wochen vorm Richter steht und wieder groß auf die Kacke hauen könnt wie wichtig ihr seid, während andere von uns nicht mal nen Furz von Solidarität von euch bekommen.

Elektrostasi

n.n. 06.06.2009 - 21:58
In Kreuzberg lag zu den G8-Protesten eine Liste von Hausnummern und Straßen aus ,in denen eien Kamera im hauseingang und in Kiosken auch den Bürgersteig oder die Straße mitfilmte,gibt es da überhaupt eien rechtliche Grundlage ,ist gefilmt werden "Streß" ,was geschieht mit den Bildern ,werden dise gespeichert oder laufen sie durch,wer hat Zugriff ,dh. Blick darauf und wer garantiert ,das kein Mißbrauch sttfindet (merken ,hinterher überfällt einen der Nefe vom Sicherheitsdienstmensch ).Vertrauen statt Kaufhauskamera .Wer garantiert ,das diese Filmsequenzen nicht mißbraucht oder ökonomisiert werden ? Was ist mit dme "Recht auf das eigene Bild "?

klotz

eMil 07.06.2009 - 03:02
die bisher installierten Kameras sind ja nun wirklich kein Geheimnis mehr und jeder weiß wo sie stehen. es lagen scheinbar auch schon Flugblätter aus.
alle weiteren Versuche, Anwohner zu Spitzeln zu machen werden hoffentlich mit einem müden Lächeln abgetan. es ist eher zu beobachten, daß sich das Viertel aufgrund solch verzweifelten Aktionen mehr und mehr solidarisiert.
also kein Grund zur Panik.
die kriegen noch lange keinen Fuß auf den Boden.

beides scheisse

saf 08.06.2009 - 18:25
kameras scheisse - das natuerlich
andererseits ist es auch assozial die scheiben zu demolieren. das bringt garnichts, es kommen blos wieder neue rein. und deren herstellung kostet energie ...