Alternativen zum bestehenden Schulsystem I

Pösch 02.06.2009 17:38 Themen: Bildung
Am 17.Juni ist wieder Schulstreik und die Diskussion um Alternativen bzw. Reformen für das bestehende Schulsystem ist leider irgendwo zwischen der lauthals krakeelenden Schüler Union und der passiven „Was gibt es schon für Alternativen?!“ Haltung der meisten Schüler und Lehrer stecken geblieben.
Und woher sollten wir auch Alternativen kennen? Die, die es in Deutschland gibt werden versteckt in irgendwelchen Schlössern als Privatschulen betrieben und die einzige Reform in den letzten 100 Jahren die für die Schüler von Bedeutung war, war 1970 das Verbot des Prügelns im Unterricht.

Es gibt viele Alternativen zum bestehenden Schulsystem, mehr oder weniger überzeugende. Dieser Artikel soll einen Überblick über einige der Alternativen geben.
So fordert zum Beispiel die Schüler Union (nach eigenen Angaben die mitgliederstärkste politische Schülerorganisation; bezeichnet ihren Standpunkt als christlich-soziale liberal und konservativ) kleiner Klassen und Eignungstest für den Übergang von der Grundschule auf die Oberschule, der Elternwille soll abgeschafft werden. Die Junge Union fordert ausdrücklich ein Bekenntnis zum dreigliedrigen Schulsystem. Hört sich ja ganz nett an, nach der Grundschule gehst du auf das Gymnasium, wo dir dann hervorragend ausgebildete Lehrkräfte zur Verfügung stehen, du erhältst das wunderbare Etikett „Elite“ und kannst, geschmückt mir diesem hübschen Schild, an der Uni sogar ein Stipendium bekommen. Später wirst du dann Professor oder treibst „den Wirtschaftsstandort Deutschland“ voran. CDU Mitglied bist du sowieso, deine Eltern sind es auch und die Schüler Union hat schließlich immer so schön deine Interessen vertreten.
Oder natürlich: Irgendwie lief die 6. Klasse scheiße, deine Eltern haben sich getrennt, du hattest Stress oder lernst einfach langsamer, jedenfalls bekommst du am Ende der 6. Klasse eine Empfehlung für die Hauptschule.(Auch wenn die 6. gut lief hast du nicht allzu viele Chancen: Bei einem Notendurchschnitt von 2,0 erhielten laut einer Untersuchung des Mainzer soziologischen Institutes, nur 76% der Kinder aus der sogenannten Unterschicht eine Gymnasialempfehlung, während es in der sogenannten Oberschicht schon satte 97% waren) Ja, toll, auch in der Hauptschule hast du kleine Klassen. Vielleicht sogar ein paar motivierte Lehrer. Und ein Schild bekommst du auch umgehangen: Loser.
Drück die Daumen, mit ganz viel Glück bekommst du sogar eine Lehre. Studieren kannst du leider vergessen, dass hättest du dir früher überlegen müssen, so mit 11 oder 12 Jahren.
Ob das nun eine Erwünschte Reform für die Lernfabrik darstellt mag jeder für sich entscheiden, nur soll er sich sich dabei bitte nicht zum „Sprachrohr der gesamten deutschen Jugend“ hochjubeln.


Waldorfschule, auch so eine Modell.
1919 gründete Rudolf Steiner in Stuttgart die erste Waldorf Schule. Seine Ansätze sind durchaus nicht schlecht, so will er zum Beispiel das Schüler unabhängig von sozialer Herkunft, Begabung oder späterem Beruf eine gemeinsame Bildung erhalten. Auch Sitzen bleiben kann man auf den Steiner Schulen nicht, lediglich, auf eigenen, ausdrücklichen Wunsch, Runtergestuft werden.
Das nerventötende Scheppern der Klingel nach 45 Minuten und das damit verbundene „Lernaus“ schaffte er immerhin teilweise ab: Im sogenannten Epochenunterricht wird 4 Wochen lang, täglich in den ersten beiden Stunden, ein Thema vertieft (z.B. Geschichte, Weimarer Republik) so das eine intensivere Behandlung des Stoffes möglich ist. Zensuren gibt es auf der Waldorfschule erst ab der Oberstufe, davor nur auf ausdrücklichen Wunsch.
Da alle Walddorfschulen freie Schulen sind (und somit auch Schulgeld fällig ist!) haben sie sich die Freiheit genommen die hierarchisch organisierte Außenlenkung der staatlichen Schulen durch eine freiheitliche Verfassung zu ersetzen. Verstanden wird darunter, dass Lehrer und Eltern autonom für jede Schule einen Lehrplan erstellen und über Schüleraufnahmen etc. bestimmen.
Alle Waldorfschulen aber legen einen Schwerpunkt auf künstlerische und handwerkliche Ausbildung der Schüler. Waldorfschulpädagogen kritisieren das reine „Kopflernen“ der staatlichen Schulen, da sie meinen das zu einer ganzheitlichen Ausbildung die sich zum Ziel setzt einen Menschen zu bilden und nicht einen Roboter zu erschaffen auch die Künstlerische und Handwerkliche Ausbildung unbedingt gehört.
Desweitern setzt Waldorfpädagogik auf Naturverbundenheit.

Bis hier hin ja ganz schön, nur leider wird weder das Prinzip des Frontalunterrichts (zuhören und mitschreiben) in Frage gestellt, noch wird in der freiheitlichen Verfassung der Waldorfschulen der Schüler als gleichberechtigt neben dem Lehrer gesehen.

Rudolf Steiner war Anthroposoph ( Anthroposophie: Spirituelle Weltanschauung die den Menschen in seiner Beziehung zum Übersinnlichen betrachten will) und hat seine Schulen auch dahin gehend orientiert. Wie und ob aber anthroposophische Grundsätze in den Unterricht eingebunden werden, kann, dank der Autonomie der Schulen, jede Schule selbst entscheiden.
Anthroposophie ist umstritten, und Rudolf Steiner sowieso, aber Erfahrungsgemäß wissen Waldorfschüler weder was Anthroposophie ist, noch wer Rudolf Steiner war, von daher kann man der Waldorfschule daraus keinen Strick drehen. Höchstens an dem Verhalten der Anthroposophen während der NS-Zeit.
Von den Nazis verboten versuchten sie sich immer wieder anzubiedern und mit Verweisen auf Steiners arische Herkunft eine Wiederzulassung zu erhalten. Alles in allem war das Verhältnis der Anthroposophie zum Nationalsozialismus ambivalent. Ein Gesamturteil ist schwierig. Es war zwar eine unüberbrückbare Kluft zwischen beiden Weltanschauungen vorhanden, die Anthroposophen hatten aber auf Verständigung, nicht auf Widerstand gesetzt.

Zusammenfassend kann man also sagen: Es gibt gute Ansätze, das Prinzip des Frontalunterrichts wird aber leider nicht durchbrochen und der Schüler ist leider auch nicht in der Lage über seine eigene Bildung zu entscheiden.
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Ergänzungen

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Mein Name 02.06.2009 - 19:12
wie dem auch sei....jedoch solltest du dich tiefgründiger mit dem Thema Anthroposophie und vorallem mit Rudolf Steiner beschäftigen. Es ist nämlich so das Rudolf Steiner seinen pädagogischen Ansatz zutiefst rassistisch und antisemitisch begründet hat. Außerdem ist es an Waldorfschulen durchaus an der Tagesordnung Anthroposophie zu vermitteln und dabei jenseits jedweder wissenschaftlichen Genauigkeit und Richtigkeit zu argumentieren.Bei genauerer, vielseitigerer Betrachtung und Beschäftigung mit diesem Thema wird das durchaus deutlich. Dein Beispiel für Alternativen zum staatlichen Schulsystem ist vielleicht etwas unglücklich gewählt. Es gibt Bessere;)

es gibt alternativen

und es werden mehr 02.06.2009 - 21:26
Es gibt (auch hier) Schulen, die anders als Regel- und teilweise auch Waldorfschulen arbeiten. Das wichtigste ist dabei wohl, dass das Kind als vollwertigiger, eigenständiger Mensch wahrgenommen wird. Als Konsequenz fallen Frontalunterricht und Bewertungen weg.
Mit dem hoffen auf staatliche Reformen wird sich da wenig tun, die Alternativen müssen selbst geschaffen werden (wie eigentlich überall im Leben).
Ein Beispiel ist die Freie Schule Tempelhof (Berlin):  http://www.freie-schule-in-berlin.cidsnet.de/

Zu den pädagogischen Grundlagen der Freien Schule

Die Freie Schule in Berlin möchte mit ihrer Unterrichtspraxis eine Alternative zur Regelschule bieten. Das Konzept der Freien Schule basiert im Wesentlichen auf den folgenden Grundlagen: Kindern wird der Raum zur Verfügung gestellt, den sie für ihre eigenen Interessen und Entwicklungen benötigen. Gleichzeitig wird der aktive Anteil der Erwachsenen beschränkt.
Die Freie Schule lehnt von außen vorgegebene weltanschauliche oder normative Zielsetzungen ab; die Kinder werden als eigenständige Menschen ernst genommen. Damit ergeben sich für den Umgang mit den Kindern und der Unterrichtspraxis grundsätzliche Unterschiede zur Regelschule, die im Folgenden dargestellt werden.
weiterlesen:  http://www.freie-schule-in-berlin.cidsnet.de/k_start.html

es gibt auch alternativen 2

lolo 02.06.2009 - 22:57

waldorf

pink panther 03.06.2009 - 09:23
Und schon im ersten Teil deiner Reihe über "Alternativen zum bestehenden Schulsystem" wird deutlich warum das Wort "Alternativen" überhaupt nichts aussagt.
Natürlich sind Waldorf und (kommt wohl in Teil zwei deiner Reihe) Montessorieschulen eine "Alternative".
Sie sind "irgendwie" anders, auch wenn sie das gleiche Ziel wie alle anderen Schulen verfolgen. Aber sind sie auch "besser"?

Zuerst noch mal kurz zum Ziel. "Uns" wird zwar immer erzählt, Schule soll uns auf "das Leben" vorbereiten oder uns "bilden", aber die offiziellen Studien veraten uns etwas ganz anderes: Schule sortiert. Zum einen kommen die Angehörigen der einen Klasse fast ausschließlich auf Haupt- und Realschulen. Diejenigen die auf Gesamtschulen untergebracht sind, bekommen trotzdem überwiegend Abschlüße in Haupt- und Realschulniveau.
Andererseits definiert der Schulabschluß welche Jobs du hinther potentiell bekommen kannst und schreiben dich so wieder einer bestimmten Klasse zu.

Jetzt aber zur Waldorfschule.
Sie ist ja nicht nur eine Privatschule, weswegen sich dort eher die Kinder einer bestimmten Klasse finden und die Kinder der anderen Klasse dort eben so gut wie gar nicht vorkommen.
Sie ist auch eine Tendenzschule. So wie du in einer christlichen Schue nach christlichen Werten pädagogisiert wirst, so wirst du auf der Waldorfschule "geisteswissenschaftlich" pädagogisiert. "Geisteswissenschaft" meint aber nicht so etwas wie Geschichte, Soziologie, Philosophie usw - sondern meint die sogenannte "Wissenschaft" von dem "Geistigen", dem was hinter der sichtbaren Welt schaltet und waltet. Waldorf"pädagogik" ist also esotherisch/okkultistisch. Laut Steiner sind die Waldorfschulen, ebenso wie die Homöopathie oder WELEDA esotherische Vorfeldorganisationen. Hier sollen die Menschen "bereit gemacht" werden das esoterische als normal zu akzeptieren. So müssen alle Kinder an Euretmie teilnehmen. Ihnen wird der "gesiteswissenschaftliche" Sinn dieser Übungen vorenthalten und so wissen sie nicht um die okkulte/esotherische Bedeutung dessen was sie da eigentlich tun.
Seit dem Tode Steiners wurde im übrigen an der Waldorf"pädagogik" nichts mehr geändert: was der große Meister einst in Stein gemeißelt hat ist nicht mehr in Frage zu stellen!
Dazu gehört die vier (!) Temperamentenlehre, wonach jeder Mensch einer dieser Temperamente zuzuteilen und entsprechend z ubehandeln ist! Ebenso wie dir Goeth'sche Farblehre, wonach "leichte" Farben immer nach oben steigen und "schwere" Farben immer nach unten, was der freien entfaltung der Kreativität nur förderlich sein kann *laut lach*
Der Epochenunterricht hat zur Folge, das die SchülerInnen am Ende einer Epoche eine Mappe haben, mit dem Materialien die sie vom Lehrerpersonal bekommen haben und das war es. Das Inhalte bewußt lernen, geschieht erst in den Abschlußklassen, ist ohne Nachhilfe kaum zu bewerkstelligen und immer eine lange Phase des Lernstresses.
Aber wo ich mich gerade den Inhalten annähere: Die SchülerInnen der unteren Klassen lernen zuerst etwas über germanische Götter und Heldensagen. Dabei wird vermittelt, das es sich dabei um wirkliche Geschichte handeln würde!! Vorgesehen ist auch eine Lerneinheit "Atlantis!". Und auch hier wird so getan als ob es Atlantis wirklich gegeben hätte! Es kommt noch besser: Wir, also die weißen Europäer, sind die Nachfahren der "Atlantiden!"
Auch die aus der Theosophie stammende und von Steiner in die Anthroposophie übernommene "Wurzelrassenlehre" findet eingang in den Lehrplan. Demnach gibt es "Rassen" (bezogen auf den Menschen). Einige dieser Rassen werden aussterben und andere werden "natürlich" übrigbleiben. Ratet mal wer ausstirbt und wer übrig bleibt! (Richtig, die weißen bleiben, die farbigen sterben aus)
Es gäbe noch viel (!!!!!) mehr zu schreiben, warum die Waldorfschule zwar eine "Alternative" aber keinesfalls "besser" ist (es sei denn man mag die vermittelten Inhalte!).

Nachsatz: Jetzt macht nicht den Fehler in die nächste Waldorfschule zu rennen und zu schauen ob ALLES was ich aufgelistet habe auch auf diese eine Waldorfschule zutrifft. Denn obwohl die anthroposophische Bewegung Zentral gesteuert wird (ihr Zentrum ist das Goethenaum in der Schweiz), haben die einzelnen Glieder, innerhalb genau definierter Grenzen(!), gewisse Handlungsspielräume. So gibt es in Deutschland zum Beispiel Schulen die bis ins dritte Jahrtausend hinein Nachweislich verbreitet haben, das es Atlatis wirklich gab und wir die Nachfahren der Atlantiden sind. Genauso gibt es aber auch Schulen, die das aussparen.
Das ändert allerdings nichts daran, das das "Pädagogische" Konzept der Schulen auf dem Stand stehen geblieben ist, den Steiner hinterlassen hat, sowohl was die Inhalte angeht (den Bedingungen des jeweiligen Staates angepasst z.B. Deutschland: hier wurde zum Beispiel die Ereignisse nach 1920 in den Geschichtsunterreicht durchaus aufgenommen, da der Staat das verlangt) als auch was die Lehrpraxis angeht.

Zu der Frage des Kapitalismus
Jap, wir leben im Kapitalismus und jap, es gibt nichts Richtiges im Falschen. TROTZDEM ist jede kleine Verbesserung eben eine Verbesserung!!
Es nützt nichts auf die kommunistische Weltrevolution zu warten (die ja nach den Erkenntnissen des wissenschaftlichen Sozialismus, der historischen Dialektik, unausweichlich ist und irgendwann einmal kommen muss) - fangt also jetzt ruhig schon mal an eure Situation zu verbessern!! WENN das erst mal viele Leute in allen Lebensbereichen tun, DANN schaffen WIR auch die Transformation der Gesellschaft weg von einem staatlich organisierten Kapitalismus hin, zu einem staatenlosen, freihetlichen Kommunismus a la Rudolf Rocker!

Tip:
leßt doch mal etwas über die "Moderne Schule"
 http://de.wikipedia.org/wiki/Escuela_Moderna
(der Link geht zum Ursprung, aber diese Lehre wurde in den kommenden Jahrzehnten immer aktualisiert!)

oder auch
 http://www.antipaedagogik.de/
 http://www.anarchismus.at/paedagogik.htm
 http://mauriceschuhmann.lima-city.de/downloads/s-plan02.pdf

libertäre Alternativen

anarcho 03.06.2009 - 09:24
Auf anarchismus.at / Pädagogik gibt`s ein paar Texte zum Thema, die sich mit anarchistischen Alternativschulen (Tolstoi, Ferrer u.a.) beschäftigen.

@antikapitalist: Klar hast du im Bezug auf den Abschluss gesehen recht. Aber trotzdem macht es einen erheblichen Unterschied, ob du in der Normalschule mit Frontalgelaber gequält wirst, oder ob du dir Wissen alternativ dazu aneignest. Gibt ja genügend Alternativschulen, in denen Wissen völlig anders vermittelt wird. Oder kannst du zwischen der Normalschule und so einem Bildungskonzept wie dem da:  http://www.niederhof.org/niederhofschule.htm echt keine Unterschiede erkennen? Wo kommen wohl die willigeren SklavInnen für den Kapitalismus heraus?

es gibt alternativen pt.3

mensch 03.06.2009 - 17:26
Sudbury-Schulen: Wie es euch gefällt


An Sudbury-Schulen lernen Kinder ohne Klassen und Noten - und Skeptikern zum Trotz auch ohne Chaos.


(Von Simone Kosog) Es gab eine Zeit, da hat Willemijn Hartkamp, Schülerin im holländischen Amersfoort, ganze Schultage lang aus dem Fenster gestarrt. "Die Lehrer haben mir nichts zugetraut, ich hatte schlechte Noten, und in der Klasse war ich nicht gerade beliebt", erzählt die 16-Jährige. "Ich war kurz davor, depressiv zu werden." Damals begann eine große Diskussion im Haus der Familie Hartkamp: Was ist denn eigentlich Lernen? Und wie müsste die ideale Schule aussehen?


Am Ende stand der Entschluss, eine eigene Schule zu gründen. Eine Schule nach dem Sudbury-Modell, deren erste 1968 in den USA, im Sudbury-Tal von Massachusetts, eröffnet wurde. Dort entscheiden die Schüler selbst, was und wie sie lernen. Es gibt keine Noten, keine Klassen und Unterricht nur dann, wenn die Schüler es wünschen. Sie haben die gleichen Rechte wie die Lehrer.


Deutschland hinkt hinterher


Mit diesen Merkmalen gehören die Sudbury-Schulen zur Bewegung der "demokratischen Schulen", von denen es weltweit mittlerweile mehr als 100 gibt. In Deutschland bemühen sich die meisten Initiativen bisher allerdings vergeblich um eine Genehmigung. "Das hängt auch damit zusammen, dass das deutsche Schulsystem mehr als andere von Hierarchien geprägt ist", sagt der Erziehungswissenschaftler Hans Brügelmann von der Universität Siegen, der sich seit langem mit dem Thema beschäftigt.


Zu den wenigen demokratischen Schulen hierzulande gehört die Neue Schule Hamburg, mitbegründet von der Sängerin Nena, die sich ebenfalls an Sudbury orientiert - und prompt in die Kritik geraten ist. Von prügelnden Schülern und großem Durcheinander war die Rede. Die Schulgründer beteuern, Gewalt werde auf keinen Fall toleriert. Und die Erziehungswissenschaftlerin Tanja Pütz von der TU Dortmund, die die Schule wissenschaftlich begleitet, betont, im Laufe des ersten Schuljahrs seien viele verbindlichen Regeln entstanden. "Von Regellosigkeit kann nicht gesprochen werden."


Auch als die Hartkamps und ihre Mitstreiter vor eineinhalb Jahren ihre neue Schule "De Kampanje" im Flügel eines alten Klosters eröffneten, war die Skepsis zunächst sehr groß. Wie sollen Kinder lernen, wenn ihnen niemand eine Richtung vorgibt? "Jeder Mensch trägt die Motivation zu lernen in sich, wenn man ihn lässt", argumentieren die Sudbury-Anhänger. Die andere Sorge: Sowas muss im Chaos enden!


Lesen mit Vergnügen


Die Kampanje beweist allerdings bisher das Gegenteil. Entspannt und freundlich geht es hier zu. Erst zehn Schüler gibt es momentan, es sollen einmal 85 werden. Ein Junge arbeitet am Computer, ein Mädchen spielt Gitarre, ein paar Kinder toben draußen. Ordentlich ist es, in der Sitzecke, auf den Arbeitstischen, genauso in der Chemie-Abteilung. Denn für alles hier gibt es Regeln - nachzulesen in einem dicken Ordner, vom Grundsätzlichen (niemand darf einem anderen Gewalt zufügen) bis zum Speziellen: In der Schule wird nicht gerannt, und wer die Kaffeemaschine benutzen will, muss ein Zertifikat erwerben.


»Das ganze Auswendiglernen kann man vergessen.« (Neurobiologe Gerald Hüther)


Willemijn geht summend durch die Räume. Das Lernen ist für sie nun tatsächlich ein Vergnügen. Mit Hilfe von Harry Potter und einem Wörterbuch hat sie Englisch gelernt. Kein Schulgong hat sie unterbrochen. Jetzt brennt sie für ein neues Projekt: Gemeinsam mit anderen will sie ein Musikfestival organisieren. Ein Ort muss gefunden werden, ein Termin, die Bands, die Finanzierung. Es ist diese Art von Lernen, um die es an der Kampanje geht, aus eigener Begeisterung heraus, mit Aufgaben aus dem Leben. Glaubt man dem Neurobiologen Gerald Hüther, ist dies der einzig wirkungsvolle Weg. "Lernen ist nur nachhaltig, wenn es erfahrungsbasiert ist. Das ganze Auswendiglernen kann man vergessen", sagt Hüther.


Auch die anderen Schüler schätzen ihre Freiheit und ihre Verantwortung: Linda konnte irgendwann lesen und weiß selbst nicht genau, wie sie es gelernt hat. Patricia studiert Niederländisch, freiwillig, weil es sie interessiert und natürlich auch, weil es ihr später nützen könnte. Das Mädchen lernt mit Hilfe eines Internetprogramms, manchmal fragt sie Lehrer, die hier Mitarbeiter heißen, oder Mitschüler, oder sie liest ein Buch. "Die Schüler wählen ganz unterschiedliche Wege, um an Wissen zu kommen", sagt Anjo Snijders, einer der Mitarbeiter.


Joshua ist bereits an drei Schulen gescheitert. Gelernt hat er an keiner, dafür hat er die Mitschüler gestört, bis schließlich die Diagnose ADHS - Aufmerksamkeitsstörung und Hyperaktivität - gestellt wurde und Joshua Medikamente bekam. Heute ist er immer noch lebhaft, manchmal anstrengend, aber er hat seinen Platz und seinen Weg gefunden. Die Medikamente hat er abgesetzt und die Prüfung für einen staatlichen Schulabschluss abgelegt.


Mehr Freiheit, mehr Kompetenzen


Dass Kinder, wenn sie selbst mitbestimmen können, besser lernen, sagt auch der Erziehungswissenschaftler Hans Brügelmann. "Außerdem eignen sie sich Kompetenzen wie Entscheidungsfähigkeit oder Verantwortungsbewusstsein an, die für ihr späteres Leben überaus wichtig sind." Hoffnungsfroh beobachtet Brügelmann, dass Ideen der demokratischen Schulen mittlerweile auch von staatlichen Einrichtungen, wenn auch noch zaghaft, aufgegriffen werden. Renate Lange, Vorsitzende der Sudbury-Initiative München, sagt, sie sei optimistisch, im nächsten Jahr mit einer Schule starten zu können.


Studien zu dem Modell und seinen Erfolgen oder Misserfolgen gibt es bisher kaum. Eine der wenigen Untersuchungen stammt von dem Kölner Erziehungswissenschaftler Falko Peschel, der Konzepte für den "offenen Unterricht" entwickelt hat. Peschel hat eine Grundschulklasse, in der offener Unterricht angewendet wurde, vier Jahre lang begleitet. Die Kinder lagen in ihren Leistungen deutlich über dem Durchschnitt.


Jeder hat eine Stimme


An der Kampanje wird die Mitbestimmung durch die wöchentliche Schulversammlung garantiert, bei der jeder eine Stimme hat. Alles Wichtige wird hier entschieden. Und jeden Morgen um elf tagt ein "Justizkomitee", das Regelverstöße ahndet und freundlich, aber bestimmt Strafen verhängt. Das kann eine Viertelstunde Putzen sein oder ein Raumverbot.


Die Schulzeit endet mit dem Sudbury-Diplom, daneben erwerben viele Schüler aber auch andere, externe Abschlüsse. Ihre wichtigste Referenz seien sie selbst, sagt Regina Leeb, die nach ihrem Abitur in Deutschland für ein Jahr an eine australische Sudbury-Schule ging. Sudbury-Schüler hätten nie große Probleme gehabt, auf eine Uni zu kommen, oder wohin sie auch immer wollten. Wer die Absolventen erlebe, merke schnell, "dass sie selbstbewusst sind und dass sie wissen, was sie tun". Die Sudbury-Valley-Schule in Massachusetts hat vor drei Jahren eine Studie veröffentlicht, in der sämtliche Ehemalige der letzten 40 Jahre befragt wurden. Mehr als 80 Prozent haben eine akademische Laufbahn eingeschlagen, die meisten erklärten, mit ihrem Leben zufrieden zu sein.


Quelle: SZ vom 22.9.2008


Mehr zum Thema:
Was sind eigentlich Demokratische Schulen ?
-  http://www.anderslautern.de/index.php?id=558

Links zu demokratischen Schulen
-  http://www.anderslautern.de/index.php?id=555

und ne zeitschrift zum thema:
Das unerzogen Magazin

unerzogen - erschienen im tologo verlag - informiert themenübergreifend über das gleichberechtigte, respektvolle Zusammenleben mit Kindern und Bildungsfreiheit in Theorie und Praxis. Das Magazin berichtet vierteljährlich mit wissenschaftlichen Beiträgen, Interviews und gut recherchierten Artikeln für Insider und Einsteiger.

Weitere Informationen zum Heft, sowie Bestellmöglichkeiten finden Sie auf:
 http://www.unerzogen-magazin.de/


viel spass beim
schlauerwerden


Ergänzung in Bezug auf demokratische Schulen

Leider Lehr(er) 03.06.2009 - 21:23
Es gibt eine Menge PädagogInnen, die gute und progressive Unterrichts- bzw. Schulideen entwickelt haben:

Francisco Ferrer, Tolstoi, Alexander Neill, Freinet.

Und vielleicht eine wirklich weitere Alternative neben den Sudbury Schools:
Falko Peschel ( http://offener-unterricht.net/ou/start-offu.php)

Auch wenn seine Argumentation etwas anders ist, als die von vielen Indy-LeserInnen, bietet sie aufbauend auf Neill und Freinet ein aktuelle und Interessanten Ansatz: ( http://www.bildungsschule-harzberg.de/index.php)

Wichtig bei diesen ganzen Versuchen ist, dass es öffentliche Schulen sind, d.h. dass auch Kinder aus bildungsfernen Millieu Chancen an diesen Schulen erhalten. Das dies geht beweist die Glocksee Schule in Hannover.

Noch eine Erfahrung gerade als Lehrer:
Die Ministerien sind gerade sehr Experimentierfreudig, was heißt, dass Elterninitiativen mit sinnvollen Konzepten, bessere Möglichkeiten erhalten, Schulgenehmigungen zu erhalten...

ergänzung

kleine 04.06.2009 - 14:40
negativ bsp bezüglich waldorf (natürlich nicht pauschalisierend für alle schulen!):
vor jahren hielt ein freund, der schüler (oberstufe) einer waldorfschule war, einen sehr kritischen vortrag (der eben das problem antisemitismus,..etc. aufgriff) über rudolf steiner & antroposohische thematik und wurde daraufhin hochkant aus der schule geschmissn!!
...

Na, da fehlt ja noch so Einiges

Hans Gegenspuck 04.06.2009 - 14:55
Also das ist ja mehr als dürftig und teilweise einfach überzogen und falsch (abegesehen von einigen Kommentaren). Das wird ein lustiger Bildungsstreik - wenn das auf der Ebene weitergeht.

Pädagogische Alternativen zu unserem jetzigen staatlichen Schulsystem gibt es ziemlich viele. Ich liste mal einige Bewegungen, Konzepte, Strömungen auf. die meisten Strömungen enthalten viele unterschiedliche Konzeptioenen und lassen sich nicht vereinheitichen oder gehen ineinander über.

1) Reformpädagogik - Die Reformpädaogogik sei im Zuge der kulturkritischen Strömung Ende des 19 Jh., der entstehenden Jugendbewegung, sowie eines Anti-Herbertianismusin der Pädagogik enstanden. Reformpädagogik könne als eine an der Gemeinschaft und dem Kind orientierte Schulreform gesehen werden. Schule solle die Autonomie und Selbsttätigkeit des Kindes fördern. Schule solle zu einem lebens- und alltagsnahen Ort werden. Äußerlich solle die dreigliedrige Schule zur Einheitsschule, zur weltlichen, eine vom Staat unabhängigen Schule werden. Die Überwindung und Reformierung des traditionellen Lehrerbildes und der Ansatz „vom kinde aus“ sind grundlegende Paradigmen. Dazu gehören Montessori, Waldorf-, ... Ansätze.

2) Antiautoritäre Erziehung - Antiautoritäre Erziehung ist eine möglichst zwangfreie Form der Erziehung von Kindern. Die Bewegung ist in den 1960er Jahren während der Studentenbewegung entstanden und wird vor allem in freien Schulen gelebt. Kinder sollen sich zu selbstbewussten, kreativen, gemeinschafts- und konfliktfähigen Persönlichkeiten entwickeln. Antiautoritäre Erziehung hat die heutige Pädagogik nachhaltig geprägt. Sie enthält teilweise Laissez-Fair-Strömungen, aber auch Grenzsetzungen, wie zum Beispiel bei der Summerhill-Konzeption.

3) Marxistische Pädagogik - Die Grundprinzipien der marxschen Pädagogik sind Totalität (Entfaltung aller Wesenskräfte im Menschen), Universalität (Verstehen der mannigfaltigen Welt) und Sozialität (kritisches Bewusstsein, Reflektieren, Eingebundensein in die Gesellschaft). Außerdem legt marxistische Pädagogik einen großen Wert auf die Verquickung von Bildung und Arbeit, vorallem der polytechnischen Bildung. Wobei aber eine freie und produktive Form der Arbeit vorausgesetzt wird.

4) Die libertäre Pädagogik entstand Ende des 18 Jh. durch anarchistische Vertreter wie William Godwin oder Michael Bakunin. Sie besteht zum Einen aus Institutionenkritik (Schule, Familie, herkömmliches Verständnis von Kindern), und zum anderen wendet sich die libertäre Pädagogik gegen alle autoritären Formen des pädagogischen Umgangs. Erste Schulen nach einem libertären Vorbild entstanden in Spanien durch Francisco Ferrer um 1900.

5) Antipädagogik - Antipädagogik ist der theoretische Gegensatz und eine Gegenbewegung zu Erziehung und deren Wissenschaft, die Pädagogik1. Sie versucht die Grundmechanismen von Erziehung in Frage zu stellen und eine erziehungsfreie Alternative zu entwickeln. Dabei wird die gängige Auffassung von Kindheit, von Institutionen wie Familie und Schule und vor allem Erziehung kritisch hinterfragt. Die Lösung der Antipädagogik ist unter anderem ein gleichberechtigter Umgang mit Kindern, Deinstitutionalisierung der Bildung, ... . - ein gutes Buch dazu heisst Autonomie und Kooperation von der Gruppe Gegenbilder. Ansonsten ist die führende Persönlichkeit E.v. Braunmühl.

6) Demokratiepädagogik - demokratische Schulen, ... siehe sadburry (auch reformpädagogisch)

7) Poststrukturalismus, Bildung der Selbstsorge, Gouvernmentalität - beschäftige ich mich gerade mit und erscheint mir inhaltlich auch einige Beiträge für die Bildungsdiskussion geben zu können

8) Die Kinderrechtsbewegung sollte auch nicht vergessen werden - z.B. John Holt, ..., Berliner Gruppe KRÄTZA

9) Sozialpädagogik bringt auch wichtige Impulse in die Bildungslandschaft, vorallem was das Thema Inklusion anstatt Integration und so angeht.

10) .... gibt noch viel mehr ...

Die meisten der Konzepte würde ich unserem jetzigen Schulsystem vorziehen, was bei dessen Zustand aber auch nicht verwunderlich ist.

Im Hinblick auf die schlechte Situation1 vieler Kinder, des maroden Bildungssystems und der irgendwie undemokratischen Demokratie in Deutschland, wäre erstmal eine Auseinandersetzung in Politik, Gesellschaft und Wissenschaft unter anderem mit den Kritiken und Lösungsansätzen der oben genannten Strömungen ziemlich sinnvoll.

Einige Quellen, die ich teilweise verwendet haben:

Klemm, Ulrich: Libertäre Pädagogik, Die pädagogische Rezeption des modernen Anarchismus und das Problem der Freiheit, S. 151-162, Hamburg, 1995
Gruppe Gegenbilder (Hrsg.): Autonomie und Kooperaton, 1. Auflage, 2005
Kern, Gerhard: Entwicklung einer Antipädagogik, in: Quellen und Dokumente der Antipädagogik; Hrsg. Klemm, Ulrich; Frankfurt am Main; 1992
Braunmühl, Ekkehard von: Antipädagogik, Studien zur Abschaffung der Erziehung, Leipzig, 1. Auflage, 2006
Rödler, Klaus: „Kinderbefreiung und Kinderbewusstsein“, Frankfurt am Main, 1981
Volkers, Achim: „Wissen und Bildung bei Foucault: Aufklärung zwischen Wissenschaft und ethisch-ästhetischen Bildungsprozessen“, 1. Auflage, 2007


ergänzung df

Hans Gegenspuck 04.06.2009 - 15:05

Also das ist ja mehr als dürftig und teilweise einfach überzogen und falsch (abegesehen von einigen Kommentaren). Vorallem dein Fazit ist ja bei der dürftigen Analyse etwas vorschnell.

Pädagogische Alternativen zu unserem jetzigen staatlichen Schulsystem gibt es ziemlich viele. Ich liste mal einige Bewegungen, Konzepte, Strömungen auf. die meisten Strömungen enthalten viele unterschiedliche Konzeptioenen und lassen sich nicht vereinheitichen oder gehen ineinander über.

1) Reformpädagogik - Die Reformpädaogogik sei im Zuge der kulturkritischen Strömung Ende des 19 Jh., der entstehenden Jugendbewegung, sowie eines Anti-Herbertianismusin der Pädagogik enstanden. Reformpädagogik könne als eine an der Gemeinschaft und dem Kind orientierte Schulreform gesehen werden. Schule solle die Autonomie und Selbsttätigkeit des Kindes fördern. Schule solle zu einem lebens- und alltagsnahen Ort werden. Äußerlich solle die dreigliedrige Schule zur Einheitsschule, zur weltlichen, eine vom Staat unabhängigen Schule werden. Die Überwindung und Reformierung des traditionellen Lehrerbildes und der Ansatz „vom kinde aus“ sind grundlegende Paradigmen. Dazu gehören Montessori, Waldorf-, ... Ansätze.

2) Antiautoritäre Erziehung - Antiautoritäre Erziehung ist eine möglichst zwangfreie Form der Erziehung von Kindern. Die Bewegung ist in den 1960er Jahren während der Studentenbewegung entstanden und wird vor allem in freien Schulen gelebt. Kinder sollen sich zu selbstbewussten, kreativen, gemeinschafts- und konfliktfähigen Persönlichkeiten entwickeln. Antiautoritäre Erziehung hat die heutige Pädagogik nachhaltig geprägt. Sie enthält teilweise Laissez-Fair-Strömungen, aber auch Grenzsetzungen, wie zum Beispiel bei der Summerhill-Konzeption.

3) Marxistische Pädagogik - Die Grundprinzipien der marxschen Pädagogik sind Totalität (Entfaltung aller Wesenskräfte im Menschen), Universalität (Verstehen der mannigfaltigen Welt) und Sozialität (kritisches Bewusstsein, Reflektieren, Eingebundensein in die Gesellschaft). Außerdem legt marxistische Pädagogik einen großen Wert auf die Verquickung von Bildung und Arbeit, vorallem der polytechnischen Bildung. Wobei aber eine freie und produktive Form der Arbeit vorausgesetzt wird.

4) Die libertäre Pädagogik entstand Ende des 18 Jh. durch anarchistische Vertreter wie William Godwin oder Michael Bakunin. Sie besteht zum Einen aus Institutionenkritik (Schule, Familie, herkömmliches Verständnis von Kindern), und zum anderen wendet sich die libertäre Pädagogik gegen alle autoritären Formen des pädagogischen Umgangs. Erste Schulen nach einem libertären Vorbild entstanden in Spanien durch Francisco Ferrer um 1900.

5) Antipädagogik - Antipädagogik ist der theoretische Gegensatz und eine Gegenbewegung zu Erziehung und deren Wissenschaft, die Pädagogik1. Sie versucht die Grundmechanismen von Erziehung in Frage zu stellen und eine erziehungsfreie Alternative zu entwickeln. Dabei wird die gängige Auffassung von Kindheit, von Institutionen wie Familie und Schule und vor allem Erziehung kritisch hinterfragt. Die Lösung der Antipädagogik ist unter anderem ein gleichberechtigter Umgang mit Kindern, Deinstitutionalisierung der Bildung, ... . - ein gutes Buch dazu heisst Autonomie und Kooperation von der Gruppe Gegenbilder. Ansonsten ist die führende Persönlichkeit E.v. Braunmühl.

6) Demokratiepädagogik - demokratische Schulen, ... siehe sadburry (auch reformpädagogisch)

7) Poststrukturalismus, Bildung der Selbstsorge, Gouvernmentalität - beschäftige ich mich gerade mit und erscheint mir inhaltlich auch einige Beiträge für die Bildungsdiskussion geben zu können

8) Die Kinderrechtsbewegung sollte auch nicht vergessen werden - z.B. John Holt, ..., Berliner Gruppe KRÄTZA

9) Sozialpädagogik bringt auch wichtige Impulse in die Bildungslandschaft, vorallem was das Thema Inklusion anstatt Integration und so angeht.

10) Offener Unterricht - is oben schon nen Kommentar zu - sehr von Summerhill beeinflusst

11) ...

Die meisten der Konzepte würde ich unserem jetzigen Schulsystem vorziehen, was bei dessen Zustand aber auch nicht verwunderlich ist.

Im Hinblick auf die schlechte Situation1 vieler Kinder, des maroden Bildungssystems und der irgendwie undemokratischen Demokratie in Deutschland, wäre erstmal eine Auseinandersetzung in Politik, Gesellschaft und Wissenschaft unter anderem mit den Kritiken und Lösungsansätzen der oben genannten Strömungen ziemlich sinnvoll.

Einige Quellen, die ich teilweise verwendet haben:

Klemm, Ulrich: Libertäre Pädagogik, Die pädagogische Rezeption des modernen Anarchismus und das Problem der Freiheit, S. 151-162, Hamburg, 1995
Gruppe Gegenbilder (Hrsg.): Autonomie und Kooperaton, 1. Auflage, 2005
Kern, Gerhard: Entwicklung einer Antipädagogik, in: Quellen und Dokumente der Antipädagogik; Hrsg. Klemm, Ulrich; Frankfurt am Main; 1992
Braunmühl, Ekkehard von: Antipädagogik, Studien zur Abschaffung der Erziehung, Leipzig, 1. Auflage, 2006
Rödler, Klaus: „Kinderbefreiung und Kinderbewusstsein“, Frankfurt am Main, 1981
Volkers, Achim: „Wissen und Bildung bei Foucault: Aufklärung zwischen Wissenschaft und ethisch-ästhetischen Bildungsprozessen“, 1. Auflage, 2007

es gibt alternativen pt.4

mensch 04.06.2009 - 15:44
...und nicht zu vergessen, Homeschooling/Unschooling:

Homeschooling

Beim homeschooling geben in der Regel die Eltern die Richtung vor . Sie bestimmen, was und wann gelernt wird, gestalten ihre eigenen Lehrpläne, oder sie orientieren sich an staatlichen Lehrplänen. Homeschooling wird von Familien favorisiert, die mit dem Schulsystem nicht zufrieden sind und ihre Kinder vor menschenfeindlichen Bedingungen in öffentlichen Schulen schützen wollen. Ebenso sehen Menschen, deren Kinder aus physischen und psyschischen Gründen in staatlichen Schulen nicht zurecht kommen, im homeschooling eine Möglichkeit bessere Bedingungen für ihre Kinder zu schaffen. Homschooling ist i.d.R. stark pädagogisch geprägt. Die Eltern bestimmen darüber was und wie gelernt wird. Allerdings kann dies (je nach Elternhaus) in einer vertrauten angstfreien Atmosphäre stattfinden und das Tempo kann individuell dem Lerntempo des Kindes angepasst werden.

(homeschooling ist in Deutschland verboten - und wird strafrechtlich verfolgt)

Unschooling

Die fortschrittlichere und hier eher unbekannte Variante des freien und selbstbestimmten Lernens ist das unschooling

Unschooler gehen davon aus, dass der Mensch von Geburt an das Bedürfnis hat sich frei zu entwickeln und wiss- und lernbegierig ist. (intrinsische Motivation) In einer anregenden Umwelt gibt es so viele Möglichkeiten sich zu bilden, so dass kein Unterricht nötig ist. Kinder lernen auch ohne Schule laufen und lesen, rechnen und einen Computer zu bedienen. Sie sind von Geburt an wissbegierig, neugierig und haben einen natürlichen Forscherdrang, den sie sich ihr Leben lang erhalten können, wenn die Lust am Lernen nicht durch Erziehung und Schule zerstört wird. Unschooler bestimmen selbst, was, wann und wo sie lernen. Es gibt keine starren Regeln, keine Lehrpläne und keine Hierarchien. Beim unschooling sind Eltern und Bezugspersonen nicht Lehrer sondern Lernbegleiter. Sie beraten und unterstützen vielmehr und zwängen den Kindern nicht ihre eigenen Ideen auf.

(unschooling ist in Deutschland verboten - und wird strafrechtlich verfolgt)

Lernorte mit wirklich emanzipatorischen Konzepten werden aufgrund einer reaktionären kinder- und lernfeindlichen Schulgesetzgebung nicht genehmigt und zugelassen, weil in Deutschland nicht sein kann was nicht sein darf. Doch davon sollte mensch sich nicht abschrecken lassen. Das Recht auf freie Bildung ist ein Menschenrecht - wir sind es den kommenden Generationen schuldig dafür zu kämpfen.

aus: Bildung ein Menschenrecht ? Freie Bildung ein Verbrechen ?:
*  http://www.anderslautern.de/index.php?id=1736


weitere links:
Homeschooling - Urteil: Wer selbst lehren will, muss fliehen:
*  http://www.anderslautern.de/index.php?id=1680

Mein Leben ohne Schule (ein Gespräch mit André Stern):
*  http://www.anderslautern.de/index.php?id=1679

Frei lernt es sich besser - 70 Jahre Schulzwang sind genug – ein Relikt hat sich überlebt:
*  http://www.anderslautern.de/index.php?id=1313

Ein Leben und Lernen in Freiheit ist möglich.

Homeschooling und Libertäre Pädagogik

Anthony 04.06.2009 - 22:47
Bevor wir nach Alternativen fragen, klären wir doch mal, wo das Problem ist!

In Schulen heute geht es nicht mehr um Bildung. Was heute von den Bildungsministerien gepredigt wird, was die Lehrpläne als Ziel definieren, ist der Gewinn von Kompetenzen. Mit Sachkompetenz, Methodenkompetenz, Sozialkompetenz und Personalkompetenz sollen Kinder für die Verwertung ihres Humankapitals im Kapitalismus fit gemacht werden! In der Politik heißt das: "Es geht um die Zukunft der Kinder!" Das Grundproblem besteht darin, dass Kinder und Jugendliche, um diese Kompetenzen zu erfüllen, unter Leistungsdruck gesetzt werden; Kinder sollen Wissen erwerben (Sachkompetenz), d.h. vorgefertigte Wissen sollen die Kinder schnell und bewusst effizient auswendig lernen (Methodenkompetenz), um es in Kontrollen wieder auszukotzen! Wissen können und sollen Kinder heute aber auch in Gruppen, Projekte etc... sich SELBST aneignen, dazu müssen sie mit ANDEREN kooperieren (Sozialkompetenz), um dann die Ergebnisse selbstbewusst zu präsentieren (Personalkompetenz). Wofür ECHTE Gruppenprojekte in der Regel Monate brauchen, haben Schüler pro Tag 6 Kleingruppenprojekte á 45 min. zu schaffen! Das ist unrealistisch? Ist es nicht, denn es ist zu schaffen, aber NUR mit einer OBERFLÄCHLICHEN Herangehensweise, es wird in der "Gruppenarbeit" nur das gelernt, was effizient, d.h. einfach ist, vertieft oder angewendet, analyisiert oder kritisiert wird nichts mehr! Bildung findet nicht mehr statt, sondern die Vorbereitung auf das effiziente, hektische Arbeiten in Kleingruppenprojekten, was dem flexiblem Kapitalismuszwang, dem flexiblen Menschen (R. Sennet) sehr nah kommt! Damit's noch schneller geht, wird das Gymnasium statt nach der 13. nun nach der 12. Klasse abgeschlossen, aber ohne die Inhalte zu kürzen!

Diese Kompetenzen haben das Ideal der "Allgemeinbildung" über den Haufen geworfen! Heute entwerfen Kultusminsterien Lehrpläne über die Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen hinweg, denn die Fragen der Kinder können nicht mehr geklärt werden! Es geht hin zu einer Verwertung der Kinder und Jugendlichen als Humankapital. Schule ist also heute unpädagogisch und nicht mehr bildend im Sinne der Aufklärung oder des Humanismus!

Was ist die Lösung?

Die Lösung ist die Rückkehr zur Bildung im Sinne des Humanismus! Was ist Bildung? Bildung ist nicht der Gang in die Schule! Bildung ist Aufklärung über die Dinge der Welt, ist Anwendung dieser Dinge, ist Analyse dieser Dinge, ist Kritik der Dinge durch Mittel wie das logische Schlußfolgern ais Logik oder Experiment, das Ziehen von Konsequenzen oder das Heranziehen von Prinzipien. Bildung ist Interpretieren, Erörtern, Diskutieren, Argumentieren! Bildung ist Denken!

Brauchen wir dazu eine Schule? Nein, wir brauchen dazu nur ein Gehirn, um zu denken, die Natur (um sie zu beobachten) und Anleitung und Hilfe (Mentoren, Lehrer, Anleiter, Berater...), um zu wissen, wie man vernünftig denkt! Das kann jeder sein, die Eltern, der Berater, der Erzieher, der Nachbar, der/die BibliothekarIn, gar das Buch im Sinne einer Autodidaktik! Schule blockiert den Zugang zur Natur, zur Beobachtung der Natur. Schule blockiert den Zugang zu Bibliotheken am Vormittag, am Nachmittag gar, wenn es eine Ganztagsschule ist! Schule entmündigt Eltern, indem sie als Mentoren nicht mehr in Frage kommen!

Es geht auch ohne Schule! Das beweisen Länder, wie die USA, Kanada, Österreich, Polen etc.. etc..: Home- und Unschooling heißen die Zauberworte; Das Kind lernt da, wo es das Lernen begreift! Es hat Zeit, zu studieren, zu beobachten, zu hinterfragen, zu analyisieren, zu experimentieren etc..! Es kann, ja muss sich die Zeit einteilen, muss sich selbst das Wichtige vornehmen und das Unwichtige davon trennen, mit Hilfe von Mentoren, wie z.B. den Eltern!

Zum Thema Homeschooling/Unschooling empfehle ich die folgende Seite:

 http://www.leben-ohne-schule.de/

Die üblichen Vorurteile (religiös-fundamentalistische/einseitige/falsche/rechte Bildung durch die Eltern, Kinder brauchen Klassenräume für das Sozialverhalten etc...) bitte beiseite legen! Im Übrigen auch mal schauen und staunen, in wievielen Ländern Homeschooling schon erlaubt ist, Deutschland ist hier eine Ausnahme mit seiner Schulpflicht!

Zum Leben ohne Schule gehört auch die libertäre Pädagogik;

Zum Thema libertäre Pädagogik empfehle ich die folgende Seite:

 http://www.anarchia-versand.net/index.php/cat/c58_P%C3%A4dagogik%20und%20Bildung.html

hier insb. die Sammlung "Anarchisten als Pädagogen" von Ulrich Klemm:

 http://www.anarchia-versand.net/product_info.php/info/p976_Klemm,%20Ulrich:%20Anarchisten%20als%20P%C3%A4dagogen.html

Ich hoffe, weiterhgeholfen zu haben!

Anthony

Freerk Huisken

Freerk Huisken Leser 04.06.2009 - 22:57
Literatur zu Freerk Huisken:

Freerk Huisken
Erziehung im Kapitalismus
Von den Grundlügen der Pädagogik und dem unbestreitbaren Nutzen der bürgerlichen Lehranstalten
Studienausgabe der Kritik der Erziehung,
Band 1 und 2
480 Seiten (1998)
EUR 20.40 sFr 36.00
ISBN 3-87975-722-4

Freerk Huisken
Über die Unregierbarkeit des Schulvolks
Rütli-Schulen, Erfurt, Emsdetten usw.
176 Seiten (2007)
EUR 12.80 sFr 23.20
ISBN 978-3-89965-210-9

Freerk Huisken
Der "PISA-Schock" und seine Bewältigung
Wieviel Dummheit braucht / verträgt die Republik?
96 Seiten (2005)
EUR 8.80 sFr 16.10
ISBN 3-89965-160-X

Bestellung über:

 http://www.vsa-verlag.de/

Oberstufen Kolleg an der Universität Bielefel

KollegiatIn 05.06.2009 - 17:04
Das Oberstufen Kolleg in Bielefeld ist auch eine alternative Schule.
Sie ist die Versuchsschule des Landes Nordrhein-Westfalen, also keine Privatschule. Allerdings ist es auch nicht mit anmelden getan; mensch muss zunächst ein Bewerbungsverfahren bestehend aus Anschreiben, persönlichem Gespräch und Eingangsdiagnose durchmachen.
Das Konzept versucht trotz zahlreicher Schikanen der Bezirks- und Landesregierung auf gegenseitigem Respekt und Selbstständigkeit zu bauen. So werden Lehrende gedutzt und die Gestaltung des Unterrichts in großem Maße in die Hände der KollgiatInnEn gelegt. Außerdem ist die ganze Gestaltung der Schule sehr offen, es gibt keine "Klassenräume", kein Lehrerzimmer oder extra Lehrertoiletten. Das Lernen wird so gestaltet,dass nicht ein "müssen" sondern ein "wollen" entsteht, z.B. durch Eigeninitiative und wenige Vorgaben.

Ich persönlich kann nur sagen, dass es dort noch Spaß macht zu lernen, nicht nur weil mensch so viele Freiheiten hat, sondern auch weil die ganze Atmosphäre einfach das Interesse weckt.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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@(Kinder-)Antikapitalist — oldschool

Dekonstruktion der Erziehung — Hans Gegendruck