Berlin - Urteil gegen Neonazi Alexander B.

Roland Ionas Bialke 28.05.2009 19:00 Themen: Antifa
Gestern, am 27. Mai 2009, wurde der Lichtenberger Neonazi Alexander B. im Berliner Kriminalgericht erstinstanzlich schuldig gesprochen am 18. Mai 2008 mit zwei weiteren Neonazis eine Antifaschistin angegriffen zu haben. B. hatte der Antifaschistin Pfefferspray ins Gesicht gesprüht und mit einem Schlagstock auf den Kopf geschlagen
Fortsetzung des Indymediaberichts vom 12. Mai 2009 -  http://de.indymedia.org/2009/05/250415.shtml

Diesmal waren im Gerichtssaal 8 antifaschistische BeobachterInnen anwesend. Auch der Angeklagte B. hatte einen Begleiter und eine Begleiterin mitgebracht. Diese waren Mimikry, also subkulturell im Hardcore-Style gekleidet und nicht von linken subkulturell gekleideten Menschen äusserlich zu unterscheiden. Auch ein Polizist in ziviler Kleidung, der auch Neonazi-Aufmärsche in ziviler Kleidung oder mit Polizeiwesten begleitet, beobachtete in Begleitung einer weiteren Person den Prozess.

Da Alexander B. abstritt weiter als Neonazi aktiv zu sein wurde nun ein Sozialwissenschaftler als Zeuge gehört, der als Koordinator eines Bundesprojekts gegen Rechtsextemismus in Berlin-Lichtenberg arbeitet. Ihm war B. als Rechtsextremist bekannt und der Zeuge sagte zudem aus, dass B. gegen politische Gegner Bedrohungsszenarien aufbaut und sie als Anti-Antifa-Aktivist ausspäht. Er selbst hatte B. noch am 16. Januar 2009 bei der "Langen Nacht der Politik" mit anderen Neonazis gesehen. Die NPD hatte wie andere Parteien im Rathaus einen Stand. B. zog mit anderen Neonazis aus dem Spektrum der "Freien Kräfte" los und habe, so der Zeuge, eine antifaschistische Mitarbeiterin bedroht. Als B. und seinen Begleitern verweigert wurde Informationsmaterial gegen Rechtsextremismus mitzunehmen, sagte er zu dieser Mitarbeiterin: "Wir können mal vorbeikommen..." Aber auch Anfang Mai 2009, so wusste der Zeuge zu berichten, hatte ein Bekleidungsgeschäft für rechtsextremes Klientel in Lichtenberg eröffnet. Vor diesem hatte es eine antifaschistische Kundgebung gegeben und B. sei gesehen worden wie er mit weiteren Neonazis AntifaschistInnen abfotografieren wollte. B.´s Anwältin warf daraufhin ein, dass B. deswegen wegen Verleumdung Anzeige erstattet hatte.

So folgten schon nach kurzer Zeit die Plädoyers. Alexander B. hatte eine Beleidigung gegenüber eines Polizisten gestanden und auch, dass er ein Plakat mit einen Hitlerjugend-Motiv verklebt hatte. Nur der Punkt mit der gemeinschaftlichen Körperverletzung gegen eine Antifaschistin war noch zu klären. Der Staatsanwalt erklärte, ein Zeuge habe ihn damals erkannt. Und dieser Zeuge sei glaubhaft. Er beantragte 1 Jahr und 2 Monate Gefängnis auf 2 Jahre Bewährung. Die Rechtsanwältin der Nebenklage schloss sich den Ausführungen der Staatsanwalt an, forderte allerdings nur, dass B. einen Geldbetrag an eine Organisation bezahlt die sich gegen Rechtsextremismus engagiert. Zu der Behauptung B. sei nun kein Neonazi mehr, sagte die Rechtsanwältin: "Er gehört zu einer gut organisierten Gruppierung, da hör man nicht einfach auf. Aussteiger wenden sich an Organisationen, die Aussteiger unterstützen." Und das hatte Alexander B. nicht getan. Auch erwähnte sie, dass B. mit einen vorwiegend von antifaschistischen getragenen Kleidungsstück (Mobaction-T-Shirt). Dass von der ein auf die andere Sekunde jemand zum Antifaschisten wird, dass konnte sich die Rechtsanwältin nicht vorstellen. Sie bezeichnete Alexander B. als Mitläufer.

Die Rechtsanwältin B.´s schloss sich nicht an. Die ZeugInnen der Körperverletzung seien nicht glaubwürdig und würden sich widersprechen. Sie beantragte eine Geldstrafe wegen der Verwendung verfassungsfeindlicher Kennzeichen und der Beleidigung, diese Straftaten hatte B. gestanden. Im Punkt der gefährlichen Körperverletzung sei B. freizusprechen. Im Anschluss meinte B.´s Rechtsanwältin noch: "Herr B. ist auch nicht mein Symphatieträger!"

Etwa 10 Minuten nach den Plädoyers verkündete Richter Dr. Dietz das Urteil: Alexander B. ist auch der gefährlichen Körperverletzung schuldig. Als erstinstanzliche Strafe bekam er 1 Jahr Gefängnis auf 3 Jahre Bewährung. Ausserdem muss B. 300 Euro an eine Organisation zahlen die sich gegen Rechtsextremismus engagiert. Richter Dr. Dietz appellierte nun an den Angeklagten und die ZuschauerInnen. Er meinte, dass es nicht darum geht andere zu bevormunden, sondern um die Frage "Wie kann ich etwas besser machen?". Dr. Dietz forderte "links und rechts" zu einem Dialog auf, merkte dann aber auch an, dass ein Dialog nicht funktioniere, wenn jemand "Scheiss Zecken!" ruft oder den anderen mit Pfefferspray attackiert. Alexander B. forderte der Richter auf, sich aus verschiedenen Quellen zu unterrichten. "Es ist schwierig was passiert ist, es ist eine ganz zentrale Aufgabe sich Informationen zu beschaffen. (...) Wenn ich schwarze, rote oder braune Fahnen hochhalte, dann muss ich mich damit auch auseinandersetzen was dahinter steht." Schliesslich bemerkte er noch: "Wir haben kein Gesinnungsstrafrecht." Am Ende seines Urteils bekräftigte er nochmal: "Ich weiss manchmal garnicht wo die Leute stehen. Mir würde es gefallen, wenn die Leute einen Dialog führen würden Vielleicht können wir uns einfach mal zusammensetzen. (...) Schwarz und weiss funktioniert nicht!"

Weiter bemerkt der Richter, dass in dieser Hinsicht ein Monolog totalitär wäre. An dieser Stelle hätte ich gerne auch etwas zu des Richters Monolog gesagt. Aber ich traute mich nicht, da ich ein Ordnungsgeld fürchtete. Mein persönliches Fazit ist jedenfalls, dass ich nicht weiss wie ich mit bösen Menschen wie beispielsweise Nazis, MörderInnen oder VertreterInnen des Repressionsapparats nach einer Intervention umgehen würde. Ich fühlte mich nur schlecht.
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Ergänzungen

Kriminalgericht

ione 29.05.2009 - 14:30
da es in berlin kein kriminalgericht gibt welches strafen ausspricht dürfte es sich wohl eher um das dortige amtsgericht gehandelt haben

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Begleiter — Nyu