Friede mit dem Kirchentag?

Schwert zu Pfluschar 27.05.2009 10:34 Themen: Militarismus
Das Thema Frieden spielte erneut beim Deutschen Evangelischen Kirchentag (DEKT) fast keine Rolle. Mehr als 100.000 Menschen trafen sich eine halbe Woche lang in Bremen zum 32. DEKT und feierten die Bundeswehr. Sie vergaßen dabei die Hauptgrundlage ihres Glaubes "Du sollst nicht töten". Zur Bremer Friedensdemo (Sonnabend, 23.05.) kamen dann nur rund 800 Leute. Sie hörten dem Psycho-Theologen Eugen Drewermann gebannt zu und klatschten besonders stark als er im Bezug auf den Irak-Krieg (2003 ff) erklärte, dass "wir dankbar und froh sein können, dass 2003 Frau Merkel noch nicht Kanzlerin war, denn sie hätte Deutschland an diesem Krieg beteiligt."
Dabei wäre dieser Irak-Krieg ohne die massive Beteiligung der rot-grünen Bundesregierung unter Schröder und Fischer gar nicht führbar gewesen, denn entgegen internationalem und nationalem Recht erlaubte dieses Kriegskabinett der US-Armee das Landen, Beladen, Auftanken und Starten der Kriegsflugzeuge von deutschem Boden aus.
Auch wurde laut geklatscht als Drewermann den DemonstrantInnen zurief, dass die Bundesregierung eine Vasallenpolitik unter US-Führung betreibe und diese Politik müsse aufhören. Hatte nicht Peter Struck bereits 2003 die "Vorreiterrolle Deutschlands bei der Militarisierung der EU" stolz festgestellt? Vasallen sind nie Vorreiter.

Im Zusammenhang mit den Flüchtlingslagern spielte Drewermann den Berlusconi: "Diese Flüchtlingslager sind KZs!" stellte er fest.
Die Frontex-Truppen bestünden aus "Mordmaschinen ohne jede menschliche Regung." fuhr der Psychologe fort.

Er kritisierte dann wenigstens noch die Beteiligung der Militärseelsorge am Kirchentag.
Die KirchentagsbesucherInnen stimmten mit den Füßen ab und wählten mit 2.500 zu 800 zwischen dem Besuch des Konzerts der Bundeswehr- Bigband und der Friedensdemo.

Die Auftritte der PolitikerInnen, die für Kriegsbeteiligungen im Ausland veranwortlich sind, wurden massenweise und vor allem kritiklos besucht. Kein Buh-Ruf für Frank-Walter Steinmeier, der bekanntlich zu Zeiten der Schröder-Regierung absichtlich die Freilassung des Bremers - Murat Kurnaz - aus Guantanamo verhindert hat. Erst Kanzlerin Merkel setzte sich für Kurnaz' Freilassung gegen den ausdrücklichen Widerspruch Steinmeiers erfolgreich ein.
Auf dem Kirchentag war das kein Thema.

60 Jahre BRD und 60 Jahre DEKT wird in diesem Jahr gemeinsam gefeiert. Diese Gemeinsamkeit ist kein Zufall, denn: Wer erinnert sich noch an den Kirchenpräsidenten Martin Niemöller (Hessen-Nassau), der vom Kirchentag in den 1950er Jahren quasi ausgeladen wurde, weil die damalige Adenauer-Regierung das wünschte. Niemöller sprach sich öffentlich gegen die Wiederbewaffnung aus und die DEKT-Leitung entschied sich für Adenauer und gegen Niemöller.

Es ist also keine neue Erkenntnis, wenn man feststellt, dass das evangelische Laientreffen stets regierungskonform war.
Nur seit 1969 in Stuttgart und dann wieder zu Beginn der 1980er Jahre konnte man kurzfristig einen anderen Eindruck bekommen.
In Stuttgart wurden Vorträge teilweise von StudenInnen gestört, weil die Vortragenden als Nazi-Verharmloser und als Befürworter des Vietnam-Kriegs bekannt waren. Die esg (Evangelische Stundentengemeinde) gründete 1969 die Kirchentagszeitung "ProTest" (erschien seit dem auf jedem Kirchentag täglich, zuletzt 1997).
1981 in Hamburg und zwei Jahre später in Hannover kamen 100.000 bzw. 80.000 zu den Friedensdemos, die anlässlich der beiden Kirchentage durchgeführt wurden.

1999 konnte Rudolf Scharping ungestört seine Kriegslügen bezogen auf Jugoslawien auf dem Stuttgarter Kirchentag erneut verbreiten.
Auf der Kirchentags-Friedensdemo im Juni 1999 in Stuttgart wurden Sprechchöre gegen die Beteiligung der Bundeswehr am Jugoslawienkrieg mit dem massenhaften Absingen eines Kirchenliedes übertönt.

Das sollte man über die Kirchentagsgeschichte wissen.
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Ergänzungen

KZ

zur erläuterung 27.05.2009 - 13:23
Der Begriff bezeichnete in verschiedenen Epochen verschiedener Länder mehrere Arten von Sammel-, Internierungs- und Arbeitslagern. Sammellager für Kriegsgefangene, Strafgefangenen- und Strafarbeitslager waren schon längere Zeit verbreitet, daneben entwickelte sich ab dem 19. Jahrhundert die Form des Internierungs- oder Auffanglagers im Kontext von Vertreibung, Auswanderung und kolonialistischer Eroberung.

Ursprünglich stammt der Begriff aus dem Spanischen. Verwendet wurde er erstmals während der Niederschlagung eines Aufstands gegen die spanische Kolonialmacht auf Kuba 1896. Dort wurden Bauern, die nicht als Aufständische behandelt werden wollten, aufgefordert sich in campos de concentración zu begeben. Im Jahre 1900 richteten die USA auf der Insel Mindanao, die sie den Spaniern abgenommen hatten, Konzentrationslager ein; dort wurden philippinische Guerilleros interniert.

Der britische General Horatio Herbert Kitchener ließ während des Burenkrieges (1899–1902) in Südafrika Concentration Camps einrichten, um dort etwa 120.000 Farmbewohner, vor allem Frauen und Kinder, zu internieren, wovon über 26.000 aufgrund katastrophaler Lebensbedingungen an Hunger und Krankheiten starben.

Im deutschen Sprachraum steht der Begriff Konzentrationslager seit der Zeit des Nationalsozialismus in Verbindung mit der Abkürzung KZ, deren Herkunft ungeklärt ist, für die Arbeits- und Vernichtungslagern des NS-Regimes. Ursprünglich wurde von nationalsozialistischen Funktionären die näherliegende Abkürzung „KL“ für Konzentrationslager verwendet. Nach Eugen Kogon (Der SS-Staat) gaben SS-Wachmannschaften dann später der Abkürzung „KZ“ wegen ihres härteren Klanges den Vorzug.

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