Du bist Deutschland. 1935, 2005, 2007 & 2009
2005 war es kein Problem, mit einem Hitler-Slogan und einem 30-Millionen-Euro-Etat Deutschlands Image aufzupolieren. 2007 war es kein Problem, mit einem Hitler-Slogan für ein "kinderfreundliches Deutschland" zu werben. Doch wehe, jemand zweckentfremdet die abgeschmackten Werbekampagnen, um Deutschland satirisch den Spiegel vorzuhalten. Dann grüßt die Abmahnung. Deutschland 2009.
Es war einmal ein Volk, das hatte ein Problem: Es wusste, dass kein Grund bestand, stolz auf sich zu sein. In dem Volk gab es aber auch eine Elite, die fand, dass Deutschland nach Jubel-Kaiserreich, 1. Weltkrieg, Hitlerjahren und sozialistischer Diktatur viel Gutes vollbracht habe. Somit wollten sie das Stolzsein auf die Nation fürderhin nicht mehr nur verpeilten Nationalisten überlassen, sondern das Ihre beitragen zur Verpeilung der Restmassen. Also warfen sie 30 Millionen Euro in den Topf und gaben 2005 eine Social-Marketing-Kampagne[1] in Auftrag, die Deutschlands Image aufpeppen sollte.
Die beauftragten Werber brainstormten emsig und vielleicht recherchierten sie auch ein Wenig. Dann hatten sie den Slogan, der die Massen ansprechen sollte: "Du bist Deutschland". Hätten sie etwas weniger gebrainstormt, etwas emsiger recherchiert, sie hätten sicherlich noch rechtzeitig gemerkt, dass dieser Slogan gar nicht geht. Belegt er doch höchst eindrucksvoll, dass Deutschland noch immer da krankt, wo es immer schon krankte, an Großmannssüchten, Herrengelüsten, Minderwertigkeitsgefühlen und dem Drang, zu unterjochen und zu vereinnahmen, weil sonst Depressionen drohen. Schon 1935 lautete der Slogan "Du bist Deutschland".
Jeder normale Mensch hätte die Kampagne sofort gestoppt, als die Parallele zwischen Hitlers Bauernfängerei 1935 in Ludwigshafen und gesamtdeutscher Bauernfängerei 2005 deutlich wurde. Doch nicht so die Elite, die das Geld gab. Zwar war sie nicht mehr so heroisch wie die Generation ihrer Großväter, die eine Schlacht selbst dann noch durchzogen, wenn sie offensichtlich verloren war. Sie wussten vielmehr, dass ihre 30 Millionen Euro verbunden mit den "richtigen" Bildern alle Kritiker übertönen würde.
Tatsächlich gilt die Kampagne heute als Erfolg. Ja, wir sind wieder wer! 2007 wurde der Hitler-Slogan sogar ein weiteres Mal ausgemottet, für ein "kinderfreundliches Deutschland".[2] Dummerweise waren für Kinder keine 30 Millionen Euro locker zu machen, entsprechend wenig Aufmerksamkeit ermittelte die zweite Kampagne.
Im Mai 2009 ist "Du bist Deutschland" wieder beinah in aller Munde. Ein Design-Student war wach genug, zu sehen, wie es wirklich um Deutschland steht und hat eine Satire gebastelt: "Du bist Terrorist", Website plus Video.[3] Das passte der Agentur kempertrautmann, welche die Markenrechte am Hitler-Slogan hat oder zu haben glaubt, gar nicht, und sie griff zum Kapitalisten-Hammer aka Abmahnung: Abschalten innerhalb von drei Tagen oder es drohen Kosten! Sie schrieben tatsächlich ehrlich: "Kosten". Tatsächlich ist ein Rechtstreit in Deutschland anno 2009 ja nichts anderes als die Gefahr, zu Zahlung gewaltiger Summen verdonnert zu werden. Wer sie zahlen kann, verliert nichts. Wer nicht zahlen kann, verliert unter Umständen alles, was er hat.
Der Designstudent machte die Drohung öffentlich und einmal mehr geschah das kleine Web2.0-Wunder, auf das man tatsächlich stolz sein kann: Der Druck der Öffentlichkeit führte zur gütlichen Einigung. Leider ändert das rein gar nichts an zwei Umständen: (1) "Du bist Deutschland" bleibt ein hässliches Nazi-Ding, und (2) Deutschland ist auf dem Weg zum widerwärtigen Überwachungsstaat, der mit scheinheiligen Argumenten aus wohlgewachsenen Bürgern Terroristen macht.
[1] http://de.wikipedia.org/wiki/Social_Marketing
[2] http://de.wikipedia.org/wiki/Du_bist_Deutschland
[3] http://www.zeit.de/online/2009/22/kampagne-du-bist-terrorist
Die beauftragten Werber brainstormten emsig und vielleicht recherchierten sie auch ein Wenig. Dann hatten sie den Slogan, der die Massen ansprechen sollte: "Du bist Deutschland". Hätten sie etwas weniger gebrainstormt, etwas emsiger recherchiert, sie hätten sicherlich noch rechtzeitig gemerkt, dass dieser Slogan gar nicht geht. Belegt er doch höchst eindrucksvoll, dass Deutschland noch immer da krankt, wo es immer schon krankte, an Großmannssüchten, Herrengelüsten, Minderwertigkeitsgefühlen und dem Drang, zu unterjochen und zu vereinnahmen, weil sonst Depressionen drohen. Schon 1935 lautete der Slogan "Du bist Deutschland".
Jeder normale Mensch hätte die Kampagne sofort gestoppt, als die Parallele zwischen Hitlers Bauernfängerei 1935 in Ludwigshafen und gesamtdeutscher Bauernfängerei 2005 deutlich wurde. Doch nicht so die Elite, die das Geld gab. Zwar war sie nicht mehr so heroisch wie die Generation ihrer Großväter, die eine Schlacht selbst dann noch durchzogen, wenn sie offensichtlich verloren war. Sie wussten vielmehr, dass ihre 30 Millionen Euro verbunden mit den "richtigen" Bildern alle Kritiker übertönen würde.
Tatsächlich gilt die Kampagne heute als Erfolg. Ja, wir sind wieder wer! 2007 wurde der Hitler-Slogan sogar ein weiteres Mal ausgemottet, für ein "kinderfreundliches Deutschland".[2] Dummerweise waren für Kinder keine 30 Millionen Euro locker zu machen, entsprechend wenig Aufmerksamkeit ermittelte die zweite Kampagne.
Im Mai 2009 ist "Du bist Deutschland" wieder beinah in aller Munde. Ein Design-Student war wach genug, zu sehen, wie es wirklich um Deutschland steht und hat eine Satire gebastelt: "Du bist Terrorist", Website plus Video.[3] Das passte der Agentur kempertrautmann, welche die Markenrechte am Hitler-Slogan hat oder zu haben glaubt, gar nicht, und sie griff zum Kapitalisten-Hammer aka Abmahnung: Abschalten innerhalb von drei Tagen oder es drohen Kosten! Sie schrieben tatsächlich ehrlich: "Kosten". Tatsächlich ist ein Rechtstreit in Deutschland anno 2009 ja nichts anderes als die Gefahr, zu Zahlung gewaltiger Summen verdonnert zu werden. Wer sie zahlen kann, verliert nichts. Wer nicht zahlen kann, verliert unter Umständen alles, was er hat.
Der Designstudent machte die Drohung öffentlich und einmal mehr geschah das kleine Web2.0-Wunder, auf das man tatsächlich stolz sein kann: Der Druck der Öffentlichkeit führte zur gütlichen Einigung. Leider ändert das rein gar nichts an zwei Umständen: (1) "Du bist Deutschland" bleibt ein hässliches Nazi-Ding, und (2) Deutschland ist auf dem Weg zum widerwärtigen Überwachungsstaat, der mit scheinheiligen Argumenten aus wohlgewachsenen Bürgern Terroristen macht.
[1] http://de.wikipedia.org/wiki/Social_Marketing
[2] http://de.wikipedia.org/wiki/Du_bist_Deutschland
[3] http://www.zeit.de/online/2009/22/kampagne-du-bist-terrorist
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(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)
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Ergänzungen
Werbeagentur KemperTrautmann knickt ein
Weiterlesen: http://freshzweinull.de/2009/05/markenrechte-du-bist-deutschland-wollte-du-bist-terrorist-abmahnen/
Du bist Bertelsmann!
http://www.polunbi.de/inst/bertelsmann-03.html
http://www.polunbi.de/inst/bertelsmann-04.html
Und Bertelsmann und Gunter Thielen träumen auch heute den Traum von der Weltmacht:
Europäische Weltmachtträume der Bertelsmann-Stiftung
Anti-Bertelsmann-Links
http://www.anti-bertelsmann.de/2009/Bertelsmania_vom_Blauen_Wunder_Mai_09.pdf
http://bertelsmannkritik.de
Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen
selfpwn — Anarcho
Was haltet ihr — davon
naja,... — hubert
Da gab´s doch — mal
Schäubele — Wolfgang