Politischer Schauprozess in Düsseldorf

nicht wichtig 23.05.2009 15:43 Themen: Militarismus Repression Weltweit
Vor dem OLG Düsseldorf begann am 15.1.2009 der Prozess gegen Faruk E..
Auf 256 Seiten wirft man dem 54-jährigen Faruk E. in der Anklageschrift Mitgliedschaft in führender Position in der verbotenen Revolutionären Volksbefreiungsfront (DHKP-C) vor.
Verantwortlich will der Ankläger ihn für Anschläge in der Türkei in der Zeit von 1993 bis 2005 machen.
Neben dem §129 b Verfahren in Stuttgart ist dies ein weiterer Versuch türkische Linke durch den Vorwurf des Terrorismus zu kriminalisieren. Kürzlich wurde aber auch die deutsche Journalistin Heike Schrader zu einer bedingten Haftstrafe
von 1 Jahr und 10 Monaten verurteilt, weil sie Berichte über die Menschenrechtsverletzungen in der Türkei in die deutsche Sprache übersetzt hatte
Faruk. E. wies in seiner neunseitigen Verteidigungsrede darauf hin, dass die Generalbundesanwaltschaft stellvertretend für die Türkei, für deren Sicherheits– und Justizbehörden, einen Prozess führe, der sich ausschließlich auf türkisches Beweismaterial stütze. - Es werden unter anderem auch Aussagen als Beweismittel herangezogen, die vor den türkischen Behörden oft unter Folter gemacht wurden.-
Allein im Jahr 2007 ist die Türkei wegen 319 Verstößen gegen die Menschenrechte vom Europäischen Gerichtshof verurteilt worden.
In den Jahren 2006 und 2007 wurden 10.886 Polizisten und Soldaten wegen Folter an 4662 Personen angezeigt. Bis heute wurden keinerlei Strafen gegen sie verhängt.

Faruk E. wurde am 8.April 2007 in Hagen festgenommen und sitzt inzwischen über zwei Jahre unter strengen Isolationsmaßnahmen in Untersuchungshaft. Über langjährige Hafterfahrung verfügte er auch in der Türkei. Nach dem Militärputsch im September 1980 hatte er sich dort zum aktiven Widerstand entschlossen und war langjährig in Haft.
Dort wurde Faruk.E. gefoltert, unter anderem wurden Scheinhinrichtungen an ihm vollzogen. Als Folge der Misshandlungen erkrankte er und benötigt entsprechende Behandlung. Er war Augenzeuge von Massakern in türkischen Gefängnissen, in denen gezielt politische Gefangene getötet wurden. Im Prinzip ließe sich die BAW „vor den Karren der türkischen Justizbehörden spannen“ so Faruk E..
Nicht nur deshalb ist das Verfahren bar jeder Legitimität, sind die §129, 129a,129b rechtswidrig.

Hinter der Idee des § 129 des Strafgesetzbuches steht eine lange Geschichte in Deutschland. Ihre konkrete Umsetzung beginnt 1784 unter dem Titel „Vom Staatsverbrechen überhaupt und vom Hochverrate“ im Allgemeinen Preußischen Landrecht. Ab 1877 verfolgte der Staat SozialistInnen und ArbeiterInnen mit Bismarcks „Sozialistengesetzen“, auch die SPD war davon betroffen. In der Weimarer Republik wurden ähnliche Repressionsmaßnahmen gegen die Rote Hilfe, die KPD und ihr politisches Umfeld eingesetzt. Unter der Nazidiktatur wurden offen terroristische Gesetze eingeführt und gegen WiderstandskämpferInnnen und andere eingesetzt.

Heute werden durch den § 129 für die Betroffenen grundlegende Menschenrechte außer Kraft gesetzt.
Seit Einführung des §129b im Jahr 2002 ist nicht mehr irgendeine politische Aktivität innerhalb der BRD nötig, um eine Organisation als „terroristisch“ zu verfolgen. Die Justiz verhaftet ohne dass strafbare Handlungen in der BRD begangen wurden.
Es ist zu befürchten, dass es weitere Prozesse geben wird, auch gegen andere ausländische linke Organisationen.
Am 26.Mai 2009 um 19 Uhr wird die Solidaritätsgruppe „Komitee gegen §§ 129, 129a,129b“ aus Stuttgart über den aktuellen Stand berichten, Gemeinsamkeiten zwischen beiden Prozessen aufzeigen und auf die Bedeutung des § 129 eingehen.
Ort: Düsseldorf, Corneliusstraße 108 (Hinterhof), Linkes Zentrum

Besucht auch den Prozess, er benötigt dringend eine demokratische Öffentlichkeit:
Prozessgebäude des OLG Kapellenweg 36, 40221 Düsseldorf (Hamm)
mittwochs ab 9.15
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 2 Kommentare an

yo — torsten

Danke!! — Roland Ionas Bialke