Hamburg: Bezirk knickt ein - Alhaus politisch isoliert!
Am Montag fand in Hamburg ein zweiter runder Tisch des Bezirkes Altona zum Schanzenfest am 4. Juli mit ca. 25 Personen statt. Größere Proteste blieben dieses mal aus. Initiativen die sich für eine Anmeldung ausgesprochen hätten waren allerdings wieder nicht anwesend. Andere hatten bereits im Vorfeld öffentlich ihre Teilnahme verweigert. Das Treffen bestand daher zum Großteil aus Parteien, Behördenvertreter_innen und der Polizei. Dabei deutete sich an das der Bezirk und lokale Behörden nun doch auf eine Duldung der Veranstaltung setzen. Innensenator Alhaus wäre mit seinem Kurs einer Zwangsanmeldung oder Verhinderung des Festes damit vorerst gescheitert. Im September letzten Jahres hörte sich dies in einer gemeinsamen Erklärung noch anders an "Eine Duldung ohne Anmeldung und Genehmigung wird es künftig nicht mehr geben". Dennoch ist die Situation weiterhin alles andere als geklärt.
Schanzonale versenken
Anwesend waren auch Vertreter_innen der Altonale. Was sie dort eigentlich zu suchen hatten blieb unbestimmt. In Anbetracht der Bemühungen um einen alternativen Amleder drängt sich allerdings eine naheliegende Antwort auf. Offensichtlich sollte ein Altonale Ableger als möglicher Lösungsansatz für die Schanze ins Gespräch gebracht werden. Dieses Ansinnen darf allerdings schon jetzt als gescheitert betrachtet werden. Vertreter_innen von anderen Initiativen sprachen sich deutlich gegen eine Anmeldung aus. Da im Alltag eine um sich greifende Außengastronomie, Privatisierung und Ökonomisierung des öffentlichen Raumes geduldet wird, vermittelt sich keinesfalls wenn Anwohner_innen und das Straßenfest von der Straße verscheucht werden.
Bezirk contra Alhaus
Auch nach dem runden Tisch zeichnet sich keine Anmeldung ab. Der Bezirk macht vorerst offenbar einen Rückzieher von seiner bisherigen Linie und setzt wie in den letzten Jahren auf eine Duldung des Straßenfestes. Alhaus mit seiner großspurig angekündigten Verhinderung des Festes ist damit politisch erstmal isoliert und gescheitert.
Die weitere Entwicklung ist jedoch völlig unklar. Einerseits ist nicht ausgemacht ob der Bezirk bei einer Duldung bleibt oder er aus politischem Druck umkippt, andererseits könnte die Innenbehörde die Sache an sich reißen und zur schwarz/grünen Senatssache machen. Damit würde dann ein weiterer Schritt zur Eskalation beschritten und die Latte der Auseinandersetzung nochmals höher gehängt. Möglich ist allerdings auch eine Verhinderung des Festes am Tag selbst durch eine polizeiliche Eskalation der Einsatzlage. Bei Demonstrationen der jüngeren Zeit wurde von der Innenbehörde mehrmals bewusst auf eine solche Strategie zurückgegriffen, um unliebsame Demos zu stoppen, bei denen im Vorfeld Beschränkungen oder ein Verbot juristisch nicht durchsetzbar gewesen wären.
Die gutsherrenartige Ankündigung von Alhaus, der runde Tisch sei die letzte Chance für die Anwohner_innen im Schanzenviertel ist noch in aller Ohren. Wer sich in solcher Weise verpflichtet, ein Schanzenfest ohne Anmeldung zu verhindern, dessen Stuhl wirkt durch die aktuelle Entwicklung eher angesägt. Welche weiteren innenpolitischen Amokläufe dies bei Alhaus hervorruft darf ebenso abgewartet werden, wie die Frage, wie lange der schwarz/grüne Senat dies toleriert und vertritt. Beide sind in Zugzwang. Denn Alhaus ist letztlich nicht der Quartalsirre vom Dienst, sondern besetzt innerhalb des Senats eine rechtskonservative "Law and Order"-Position, die politisch gewünscht und Teil des schwarz/grünen Koalitionsfriedens ist. Politisch delegetimiert sich nicht nur ein Innensenator, sondern die gesamte Senatspolitik.
Das Schanzenfest findet dieses Jahr am 4. Juli statt. Das Fest wird sich auch in diesem Jahr selbst organisieren und tausende werden sich auf unterschiedliche Art und Weise daran beteiligen. Flohmarkt-, Infostände, Konzerte, Redebeiträge, Aktionen und Straßenmusik werden überall im Schanzenviertel ohne Anmeldung stattfinden. Die politischen Verhältnisse werden dort weiterhin kritisch thematisiert werden.
Sanierung gegen die Bevölkerung
Im Schanzenviertel findet eine immer stärkere Aufwertung und Vertreibung statt. Der Stadtteil hat sich zu einer stumpfen Feiermeile und massenkompatiblen Aushängeschild mit alternativem Touch entwickelt. Die Vertreibung der ärmeren Bevölkerung und von sogenannten Randgruppen, steigende Mieten und die massive Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen, sind dabei kein Zufall, sondern gezielte Politik des Bezirkes Altona und des Hamburger Senates. Die Zielsetzungen des Sanierungsgebietes seien weitgehend erfüllt, jubelte erst kürzlich eine Vertreterin der Stadterneuerungsgesellschaft.
Was jahrelang von Stadtteilinitiativen kritisiert, allerdings von den politisch Verantwortlichen ebenso hartnäckig geleugnet wurde, eine Sanierung gegen die Bevölkerung, offenbart sich in diesen Tagen als stadtteilpolitische Erfolgsmeldung der zuständigen Behörden. Der Senat hat eine Legalität geschaffen, die für diese Entwicklung steht und sich nun fast schon zwangsläufig auch gegen das Schanzenfest richtet. Die Ausbreitung von Gastronomie und kultureller Massenware hat in den letzten Jahren städtischer Regulierung dazu geführt, dass immer mehr Menschen das Viertel als reine Konsummeile nutzen und immer mehr Läden daran interessiert sind, an dieser Goldgräberstimmung teilzuhaben. Die Entwicklung im Stadtteil orientiert sich inzwischen ausschließlich an den Interessen derer, die hier Geld verdienen oder konsumieren wollen. Anwohner_innen kommen in den Planungen des Bezirkes lediglich vor, wo sie sich als markenbewußte Zielgruppe an standortpolitische Vorgaben anpassen.
Die Schanze stellt sich mittlerweile von April bis September als eine einzige andauernde behördlich tolerierte Großraumfreilichtdisko dar. Massen, die auf der Strasse feiern, ein Taxistand als Einflugschneise und eine sich penetrant ausbreitende Aussengastronomie prägen den Alltag. Jeder Flecken wird zugunsten privatwirtschaftlicher Interessen einer ökonomischen Verwertung unterzogen. Wenn aber Anwohner_innen einmal im Jahr die Strasse mit einem Fest besetzen, um die politischen Widersprüche zu thematisieren, dann wird mit dem autoritären Argument der Rechtstaatlichkeit dagegen geschossen und auf runde Tische als Erfüllungsinstrument gesetzt.
Wir lehnen eine Legalität ab, die solche Formen der sozialen Verschärfung möglich macht, wie wir sie in den letzten Jahren erlebt haben! Die Strasse zu besetzen, ist ein legitimer Akt des Protestes gegen eine völlig verfehlte Stadtentwicklung und eine Politik, die Ausgrenzung als ökonomischen Standortfaktor begreift. Alhaus, die Innenbehörde und der schwarz/grüne Senat setzen wie in den letzten Jahren auf eine Eskalation. Wir werden dagegen auch in diesem Jahr mit allen im Stadtteil ein Schanzenfest mit Flohmarkt-, Infoständen, Musikbühnen und Redebeiträgen feiern. Es gibt jenseits von behördlichem Klimbim keinen einzigen vernünftigen Grund der für eine Anmeldung spricht, dafür aber jede Menge unnötige Auflagen und zusätzliche Kosten die dagegen sprechen.
Schillernde Zeiten
Innensenator Alhaus verlangt derzeit „vom Schanzenviertel“ eine Distanzierung von den nächtlichen Auseinandersetzungen zwischen Jugendlichen und der Polizei. Einer solchen pauschalen Distanzierung, als politische Gesinnungsprüfung werden wir nicht Folge leisten. Erst ein polizeiliches Einsatzkonzept, dass unter Schill aufgeblüht ist, hat in den letzten Jahren zur heutigen Dynamik geführt.
Welche Anmaßung läge darin, sich davon zu distanzieren, dass Jugendliche, Anwohner_innen oder Festbesucher_innen diese Inszenierungen nicht widerstandslos hingenommen haben? Wir begrüßen stattdessen das offensichtliche Scheitern einer Politik, die versucht mittels Wasserwerfer und Polizeihundertschaften Ruhe und Ordnung herzustellen. Die Konsequenz dieser Erkenntnis läge beim Senat. Doch mit Zurückhaltung oder gar Einsicht ist dort nicht zu rechnen. Es geht schließlich ums Prinzip. Nichts anderes brachte Alhaus zum Ausdruck, als er im Vorwort des Hamburger Verfassungsschutzes markig angedeutet hat, das Schanzenfest nicht dulden zu wollen. Diese Art der Kommunikation, über eine Publikationen des Geheimdienstes in Richtung Schanzenviertel, spricht Bände über die autoritäre Gemütslage in der Innenbehörde.
Politik im Tiefflug
Innensenator Alhaus begreift die Tatsache das Anwohnerinnen und Anwohner auf die Straße gehen als „rechtsfreien Raum“. Während beim Hafengeburtstag auf wirkliche Begriffe der Sicherheit geschissen wird und eine Tieffliegerstaffel drohend über die Stadt donnert, wird das Schanzenfest zum ideelen Sicherheitsproblem erklärt. Die gesellschaftlichen Verhältnisse und die Bedingungen in denen wir leben sind komplizierter geworden. Privililegien und Herrschaftsverhältnisse verlaufen quer durch die Gesellschaft und auch durch uns selbst. Doch in einigen Köpfen der Politik scheint Macht immer noch schlicht von oben nach unten verlaufen. Kampffliegerstaffeln am Himmel symbolisieren dieses Bild in Perfektion und werden von den Verantwortlichen als Beitrag zu einer inneren Sicherheit verstanden, die gleichzeitig von Flohmarktständen und Musikbühnen am Boden bedroht wird.
Big Brother um die Ecke
In diese autoritäre Vorstellung von Zusammenleben passt, dass im Schanzenviertel in den letzten Wochen zahlreiche versteckte Kameras in Privatwohnungen installiert wurden, deren Aufnahmen das Leben auf der Straße filmen. Ihre Daten werden zentral erfasst und von Polizeibeamten in Echtzeit überwacht. Die heimliche Kameraüberwachung bildet eine Norm die zunehmend den gesamten Alltag erfasst und im Auge hat. Was bei Firmen wie der Telekom und der deutschen Bahn noch als Skandal durch die Medien geht, ist allgegenwärtige Praxis der staatlichen Kontrolle. Während vom Staat einerseits mit wohlklingenden Szenarien, wie runden Tischen, plüschige Bürgernähe sugeriert wird, sitzt selbiger längst bei uns am Frühstückstisch, filmt uns beim Gang zum Bäcker oder liest im Internet mit.
Wir verweigern uns solchem Kontrollwahn, verstecken uns aber nicht! Wir gehen massenhaft auf die Strasse und lassen uns von Überwachungs- und Drohgebärden nicht verschrecken. Wir bilden weder in der Schanze noch anderswo widerstandslos die Kulisse für die Big-Brother Träume der Innenbehörde. Unser Leben verläuft nicht in den vorgefassten der Schubladen der Stadtplaner_innen und unsere Bedürfnisse orientieren sich nicht an den vermeintlichen Sachzwängen der Ökonomie. Protest, selbstbestimmte Kultur, „Freiräume“ und öffentliche Orte des Zusammenkommens sind wichtige Bestandtteile einer aufgeklärten Gesellschaft. Wer solche Ereignisse stattdessen zu gefährlichen Orten umdeutet, bastelt im Kern an einer totalitären Zuspitzung der kapitalistischen Verhältnisse.
Vogelscheuchen als Imagepflege
Niemand, nicht mal die Innenbehörde, erwartet letztlich das eine Anmeldung etwas am weiteren Verlauf der Ereignisse ändert. Daher wurde im Vorfeld schon angekündigt, dass entgegen der gängigen gesetzlichen Regelung, ein etwaiger Veranstalter nicht haftbar für anschließende Polizeieinsätze zu machen sei. Das der Senat dennoch eine Vogelscheuche als Strohmann sucht, die dem Spektakel einen behördlich genehmigungsfähigen Anschein geben soll, geht an jeglicher politischen Reallität vorbei. Es verbleibt eine rein formale Angelegenheit. Eine Machtdemonstration „wer das sagen hat“: Der Senat oder „selbsternannte Kräfte“ im Schanzenviertel. Angesprochen sind alle, die sich gegen eine weitere Ballermannisierung, Aufwertung und Vertreibung einsetzen. All jene die Unzufrieden mit den diesen Verhältnissen sind und dies auch zum Ausdruck bringen.
Stillgestanden?
Das Schanzenviertel ist wie das Schanzenfest keineswegs eine heile, widerspruchsfreie Welt. Es ist ein lebendiger sich permanent verändernder Ort, dessen Entwicklung stets umkämpft ist. Ein Ort an dem auch linksradikale Gesellschaftskritik ihren Ausdruck findet, die für emanzipative, gleichberechtigte und solidarische Formen von Zusammenleben steht. Runde Tische wie der von Alhaus einberufene stehen dagegen für den ganzen Mist, den es zu überwinden gilt: Staatliche Kontrolle, Mitwirkungspflichten und ein Ja und Amen zu den bestehenden Verhältnissen. Wenn ein Innensenator zum Apell ruft, ist das für uns jedenfalls kein Anlass voller Ehrfurcht stillzustehen.
Auf die Straße!
Wir unterstützen die Stadtteilinitiativen, die für ein selbstorganisiertes und unangemeldetes Fest stehen. Wir fordern alle auf, sich an Protesten gegen die Politik des Senates zu beteiligen und sich für das Schanzenfest einzusetzen. Macht die Häuser und Balkone auf, macht Musik und feiert überall ein Fest. Auf den Straßen und den Hinterhöfen, in Parks und Plätzen und jeder Nische, im gesamten öffentlichen Raum. Die Stadt, sind wir alle!
Aufwertung und Vertreibung stoppen!
Gegen Repression und staatliche Kontrolle!
Für kulturelle und politische Selbstorganisation!
Kapitalismus abschaffen!
Anwesend waren auch Vertreter_innen der Altonale. Was sie dort eigentlich zu suchen hatten blieb unbestimmt. In Anbetracht der Bemühungen um einen alternativen Amleder drängt sich allerdings eine naheliegende Antwort auf. Offensichtlich sollte ein Altonale Ableger als möglicher Lösungsansatz für die Schanze ins Gespräch gebracht werden. Dieses Ansinnen darf allerdings schon jetzt als gescheitert betrachtet werden. Vertreter_innen von anderen Initiativen sprachen sich deutlich gegen eine Anmeldung aus. Da im Alltag eine um sich greifende Außengastronomie, Privatisierung und Ökonomisierung des öffentlichen Raumes geduldet wird, vermittelt sich keinesfalls wenn Anwohner_innen und das Straßenfest von der Straße verscheucht werden.
Bezirk contra Alhaus
Auch nach dem runden Tisch zeichnet sich keine Anmeldung ab. Der Bezirk macht vorerst offenbar einen Rückzieher von seiner bisherigen Linie und setzt wie in den letzten Jahren auf eine Duldung des Straßenfestes. Alhaus mit seiner großspurig angekündigten Verhinderung des Festes ist damit politisch erstmal isoliert und gescheitert.
Die weitere Entwicklung ist jedoch völlig unklar. Einerseits ist nicht ausgemacht ob der Bezirk bei einer Duldung bleibt oder er aus politischem Druck umkippt, andererseits könnte die Innenbehörde die Sache an sich reißen und zur schwarz/grünen Senatssache machen. Damit würde dann ein weiterer Schritt zur Eskalation beschritten und die Latte der Auseinandersetzung nochmals höher gehängt. Möglich ist allerdings auch eine Verhinderung des Festes am Tag selbst durch eine polizeiliche Eskalation der Einsatzlage. Bei Demonstrationen der jüngeren Zeit wurde von der Innenbehörde mehrmals bewusst auf eine solche Strategie zurückgegriffen, um unliebsame Demos zu stoppen, bei denen im Vorfeld Beschränkungen oder ein Verbot juristisch nicht durchsetzbar gewesen wären.
Die gutsherrenartige Ankündigung von Alhaus, der runde Tisch sei die letzte Chance für die Anwohner_innen im Schanzenviertel ist noch in aller Ohren. Wer sich in solcher Weise verpflichtet, ein Schanzenfest ohne Anmeldung zu verhindern, dessen Stuhl wirkt durch die aktuelle Entwicklung eher angesägt. Welche weiteren innenpolitischen Amokläufe dies bei Alhaus hervorruft darf ebenso abgewartet werden, wie die Frage, wie lange der schwarz/grüne Senat dies toleriert und vertritt. Beide sind in Zugzwang. Denn Alhaus ist letztlich nicht der Quartalsirre vom Dienst, sondern besetzt innerhalb des Senats eine rechtskonservative "Law and Order"-Position, die politisch gewünscht und Teil des schwarz/grünen Koalitionsfriedens ist. Politisch delegetimiert sich nicht nur ein Innensenator, sondern die gesamte Senatspolitik.
Das Schanzenfest findet dieses Jahr am 4. Juli statt. Das Fest wird sich auch in diesem Jahr selbst organisieren und tausende werden sich auf unterschiedliche Art und Weise daran beteiligen. Flohmarkt-, Infostände, Konzerte, Redebeiträge, Aktionen und Straßenmusik werden überall im Schanzenviertel ohne Anmeldung stattfinden. Die politischen Verhältnisse werden dort weiterhin kritisch thematisiert werden.
Sanierung gegen die Bevölkerung
Im Schanzenviertel findet eine immer stärkere Aufwertung und Vertreibung statt. Der Stadtteil hat sich zu einer stumpfen Feiermeile und massenkompatiblen Aushängeschild mit alternativem Touch entwickelt. Die Vertreibung der ärmeren Bevölkerung und von sogenannten Randgruppen, steigende Mieten und die massive Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen, sind dabei kein Zufall, sondern gezielte Politik des Bezirkes Altona und des Hamburger Senates. Die Zielsetzungen des Sanierungsgebietes seien weitgehend erfüllt, jubelte erst kürzlich eine Vertreterin der Stadterneuerungsgesellschaft.
Was jahrelang von Stadtteilinitiativen kritisiert, allerdings von den politisch Verantwortlichen ebenso hartnäckig geleugnet wurde, eine Sanierung gegen die Bevölkerung, offenbart sich in diesen Tagen als stadtteilpolitische Erfolgsmeldung der zuständigen Behörden. Der Senat hat eine Legalität geschaffen, die für diese Entwicklung steht und sich nun fast schon zwangsläufig auch gegen das Schanzenfest richtet. Die Ausbreitung von Gastronomie und kultureller Massenware hat in den letzten Jahren städtischer Regulierung dazu geführt, dass immer mehr Menschen das Viertel als reine Konsummeile nutzen und immer mehr Läden daran interessiert sind, an dieser Goldgräberstimmung teilzuhaben. Die Entwicklung im Stadtteil orientiert sich inzwischen ausschließlich an den Interessen derer, die hier Geld verdienen oder konsumieren wollen. Anwohner_innen kommen in den Planungen des Bezirkes lediglich vor, wo sie sich als markenbewußte Zielgruppe an standortpolitische Vorgaben anpassen.
Die Schanze stellt sich mittlerweile von April bis September als eine einzige andauernde behördlich tolerierte Großraumfreilichtdisko dar. Massen, die auf der Strasse feiern, ein Taxistand als Einflugschneise und eine sich penetrant ausbreitende Aussengastronomie prägen den Alltag. Jeder Flecken wird zugunsten privatwirtschaftlicher Interessen einer ökonomischen Verwertung unterzogen. Wenn aber Anwohner_innen einmal im Jahr die Strasse mit einem Fest besetzen, um die politischen Widersprüche zu thematisieren, dann wird mit dem autoritären Argument der Rechtstaatlichkeit dagegen geschossen und auf runde Tische als Erfüllungsinstrument gesetzt.
Wir lehnen eine Legalität ab, die solche Formen der sozialen Verschärfung möglich macht, wie wir sie in den letzten Jahren erlebt haben! Die Strasse zu besetzen, ist ein legitimer Akt des Protestes gegen eine völlig verfehlte Stadtentwicklung und eine Politik, die Ausgrenzung als ökonomischen Standortfaktor begreift. Alhaus, die Innenbehörde und der schwarz/grüne Senat setzen wie in den letzten Jahren auf eine Eskalation. Wir werden dagegen auch in diesem Jahr mit allen im Stadtteil ein Schanzenfest mit Flohmarkt-, Infoständen, Musikbühnen und Redebeiträgen feiern. Es gibt jenseits von behördlichem Klimbim keinen einzigen vernünftigen Grund der für eine Anmeldung spricht, dafür aber jede Menge unnötige Auflagen und zusätzliche Kosten die dagegen sprechen.
Schillernde Zeiten
Innensenator Alhaus verlangt derzeit „vom Schanzenviertel“ eine Distanzierung von den nächtlichen Auseinandersetzungen zwischen Jugendlichen und der Polizei. Einer solchen pauschalen Distanzierung, als politische Gesinnungsprüfung werden wir nicht Folge leisten. Erst ein polizeiliches Einsatzkonzept, dass unter Schill aufgeblüht ist, hat in den letzten Jahren zur heutigen Dynamik geführt.
Welche Anmaßung läge darin, sich davon zu distanzieren, dass Jugendliche, Anwohner_innen oder Festbesucher_innen diese Inszenierungen nicht widerstandslos hingenommen haben? Wir begrüßen stattdessen das offensichtliche Scheitern einer Politik, die versucht mittels Wasserwerfer und Polizeihundertschaften Ruhe und Ordnung herzustellen. Die Konsequenz dieser Erkenntnis läge beim Senat. Doch mit Zurückhaltung oder gar Einsicht ist dort nicht zu rechnen. Es geht schließlich ums Prinzip. Nichts anderes brachte Alhaus zum Ausdruck, als er im Vorwort des Hamburger Verfassungsschutzes markig angedeutet hat, das Schanzenfest nicht dulden zu wollen. Diese Art der Kommunikation, über eine Publikationen des Geheimdienstes in Richtung Schanzenviertel, spricht Bände über die autoritäre Gemütslage in der Innenbehörde.
Politik im Tiefflug
Innensenator Alhaus begreift die Tatsache das Anwohnerinnen und Anwohner auf die Straße gehen als „rechtsfreien Raum“. Während beim Hafengeburtstag auf wirkliche Begriffe der Sicherheit geschissen wird und eine Tieffliegerstaffel drohend über die Stadt donnert, wird das Schanzenfest zum ideelen Sicherheitsproblem erklärt. Die gesellschaftlichen Verhältnisse und die Bedingungen in denen wir leben sind komplizierter geworden. Privililegien und Herrschaftsverhältnisse verlaufen quer durch die Gesellschaft und auch durch uns selbst. Doch in einigen Köpfen der Politik scheint Macht immer noch schlicht von oben nach unten verlaufen. Kampffliegerstaffeln am Himmel symbolisieren dieses Bild in Perfektion und werden von den Verantwortlichen als Beitrag zu einer inneren Sicherheit verstanden, die gleichzeitig von Flohmarktständen und Musikbühnen am Boden bedroht wird.
Big Brother um die Ecke
In diese autoritäre Vorstellung von Zusammenleben passt, dass im Schanzenviertel in den letzten Wochen zahlreiche versteckte Kameras in Privatwohnungen installiert wurden, deren Aufnahmen das Leben auf der Straße filmen. Ihre Daten werden zentral erfasst und von Polizeibeamten in Echtzeit überwacht. Die heimliche Kameraüberwachung bildet eine Norm die zunehmend den gesamten Alltag erfasst und im Auge hat. Was bei Firmen wie der Telekom und der deutschen Bahn noch als Skandal durch die Medien geht, ist allgegenwärtige Praxis der staatlichen Kontrolle. Während vom Staat einerseits mit wohlklingenden Szenarien, wie runden Tischen, plüschige Bürgernähe sugeriert wird, sitzt selbiger längst bei uns am Frühstückstisch, filmt uns beim Gang zum Bäcker oder liest im Internet mit.
Wir verweigern uns solchem Kontrollwahn, verstecken uns aber nicht! Wir gehen massenhaft auf die Strasse und lassen uns von Überwachungs- und Drohgebärden nicht verschrecken. Wir bilden weder in der Schanze noch anderswo widerstandslos die Kulisse für die Big-Brother Träume der Innenbehörde. Unser Leben verläuft nicht in den vorgefassten der Schubladen der Stadtplaner_innen und unsere Bedürfnisse orientieren sich nicht an den vermeintlichen Sachzwängen der Ökonomie. Protest, selbstbestimmte Kultur, „Freiräume“ und öffentliche Orte des Zusammenkommens sind wichtige Bestandtteile einer aufgeklärten Gesellschaft. Wer solche Ereignisse stattdessen zu gefährlichen Orten umdeutet, bastelt im Kern an einer totalitären Zuspitzung der kapitalistischen Verhältnisse.
Vogelscheuchen als Imagepflege
Niemand, nicht mal die Innenbehörde, erwartet letztlich das eine Anmeldung etwas am weiteren Verlauf der Ereignisse ändert. Daher wurde im Vorfeld schon angekündigt, dass entgegen der gängigen gesetzlichen Regelung, ein etwaiger Veranstalter nicht haftbar für anschließende Polizeieinsätze zu machen sei. Das der Senat dennoch eine Vogelscheuche als Strohmann sucht, die dem Spektakel einen behördlich genehmigungsfähigen Anschein geben soll, geht an jeglicher politischen Reallität vorbei. Es verbleibt eine rein formale Angelegenheit. Eine Machtdemonstration „wer das sagen hat“: Der Senat oder „selbsternannte Kräfte“ im Schanzenviertel. Angesprochen sind alle, die sich gegen eine weitere Ballermannisierung, Aufwertung und Vertreibung einsetzen. All jene die Unzufrieden mit den diesen Verhältnissen sind und dies auch zum Ausdruck bringen.
Stillgestanden?
Das Schanzenviertel ist wie das Schanzenfest keineswegs eine heile, widerspruchsfreie Welt. Es ist ein lebendiger sich permanent verändernder Ort, dessen Entwicklung stets umkämpft ist. Ein Ort an dem auch linksradikale Gesellschaftskritik ihren Ausdruck findet, die für emanzipative, gleichberechtigte und solidarische Formen von Zusammenleben steht. Runde Tische wie der von Alhaus einberufene stehen dagegen für den ganzen Mist, den es zu überwinden gilt: Staatliche Kontrolle, Mitwirkungspflichten und ein Ja und Amen zu den bestehenden Verhältnissen. Wenn ein Innensenator zum Apell ruft, ist das für uns jedenfalls kein Anlass voller Ehrfurcht stillzustehen.
Auf die Straße!
Wir unterstützen die Stadtteilinitiativen, die für ein selbstorganisiertes und unangemeldetes Fest stehen. Wir fordern alle auf, sich an Protesten gegen die Politik des Senates zu beteiligen und sich für das Schanzenfest einzusetzen. Macht die Häuser und Balkone auf, macht Musik und feiert überall ein Fest. Auf den Straßen und den Hinterhöfen, in Parks und Plätzen und jeder Nische, im gesamten öffentlichen Raum. Die Stadt, sind wir alle!
Aufwertung und Vertreibung stoppen!
Gegen Repression und staatliche Kontrolle!
Für kulturelle und politische Selbstorganisation!
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Ergänzungen
em
zu den kameras gibt es da mehr information drüber ?
abendblatt liest sich sehr ähnlich
Schanze am Ende?
Lustige Auseinandersetzungen um und auf runden Tischen, sowie um sich greifende Verschönerungen von Scheiben, Fassaden, Mövenpick-Hotels, werden nun auch ergänzt
- durch inhaltliche Auseinandersetzung mit dem schwer angesagten Thema Gentrifizierung beim Workshop „Recht auf Stadt“ am 19./20./21.6. im Centro Sociale ( http://centrosociale.breitaufgestellt.de/gentrifizierung/rechtaufstadt)
- durch stadtteilübergreifende Aktionstätigkeit bei der Demo „Die Stadt gehört allen! Gegen Mieterhöhung, Privatisierung und Vertreibung!“ am 13.6. um 14 Uhr ( http://centrosociale.breitaufgestellt.de/__oneclick_uploads/2009/05/die_stadt_gehort_allen.pdf)
Nicht nur im Internet nörgeln – auch mal selber den Arsch hochkriegen!
Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen
Pop-up Army' = Schanzenfest
Hamburg und ihr urbaner Raum generell wird seit dem Ende des Nazi-Regimes mit der Freiheit von unterdrückten staatlicher und sozialer Kontrolle in Verbindung gebracht. Da hilft auch kein Spezifikum St.Pauli in den Medien. Die Sponatnität und Innovation des 'code civile' wurde/wird mit Kunst und Kultur der Stadt und schließlich auch den eher ausgefallenen, kreativeren und weniger vorhersagbaren 'dunklen' Seiten menschlichen (er-)lebens immer wieder als Argumentkette ins Spiel gebracht um 'Straßenschlachten' und 'Marginalisation.'
Sagt ab, sagt ab.........
Die Stadt bildet den Raum, in dem Identitäten artikuliert, dargestellt, versteckt und verteidigt werden können - wo also 'neue' Dimensionen von Bürgerschaft konstruiert werden....
Lächerlich dies aus einem vermeintlichen Ghetto zu beobachten..........
So in etwa ist es ...
Die lustige Ahlhaus-Nummer mit den runden Tischen, wäre mal echt nen Hit, wenn die Leute von St. Pauli zum Hafengeburtstag an nen runden Tisch gebeten werden würden. Diese Megaheftigegewalthervorbringendeeinheitssuffveranstaltung, könnte wirklich zwei Regeln vertragen:
1. Du sollst nicht alle Hemmungen fallen lassen, wenn Du am Bahnhof St. Pauli oder Reeperbahn aussteigst.
2. Du sollst die Bevökerung nicht durch Aktionen gefährden, die zu einer Katastrophe führen könnten.
Den runden Tisch, den bring ich sogar noch selber mit, geben Sie Bescheid Herr Ahlhaus ;-)
Ich freue mich schon auf das Schanzenfest, das wird ne feine Sache, wie immer. Ach ja, ich habe kein Problem damit, wenn da auch Caipirinha ausgeschenkt wird und national finde ich das Treiben dort auch nicht, nur weil die Party nicht bis nach Volksdorf durchgeht.
@riotqueer
kameras
Inspiration
Infos zu den verdeckt installierten Videokameras wären wirklich interessant. Könnte man ja mal eine kleine Laserpointer-Show mit veranstalten...