Rund um den 1.Mai in Ulm

Jusos Stuttgart 12.05.2009 14:26 Themen: Antifa Blogwire
Jusos Stuttgart kritisieren ,aufs Schärfste, das Vorgehen der Polizei rund um den 1. Mai in Ulm!
Um den Tag der Arbeit zu feiern, und ihn nicht den Rechtsradikalen zu überlassen, begab sich ein knappes
Dutzend Stuttgarter JungsozialistInnen am 1. Mai auf den Weg nach Ulm zu den vielen friedlichen Aktionen des
Bündnisses „Ulm gegen Rechts“. Doch schon beim Verlassen des Ulmer Hauptbahnhofes wurde dieses
Vorhaben durch die Polizei unverständlicherweise teilweise unterbunden, indem die Stuttgarter Jungpolitiker
ohne offensichtlichen Grund und ohne Vorankündigung zusammen mit hunderten anderen plötzlich
eingekesselt und über zwei Stunden festgehalten wurden. Das martialische Auftreten der Polizisten zeugte
nicht von einer auf Deeskalation angelegten und gut vorbereiteten Polizeistrategie, sondern eher vom
Gegenteil, was sich auch im späteren Tagesverlauf bestätigte.

Entlang der hermetisch abgeriegelten Nazi-Demo-Route in Ulm hatten sich mehrere Tausend
Gegendemonstranten versammelt. Die Strecke war durch Absperrgitter und massive Polizeipräsenz so gut
abgesichert, dass man den Eindruck bekommen konnte, dass die Polizei nicht die Einwohner Ulms vor den
Rechtsradikalen schützen müsse, sondern umgekehrt. Angesichts der lauten „Nazis raus“ Rufe der
Bürgerinnen und Bürger hat jedoch wohl kaum jemand außer den begleitenden Polizisten etwas von den
ausländerfeindlichen Parolen der NPD-Leute entlang der Strecke mitbekommen. Die friedlichen
Gegendemonstrationen entlang der Nazi-Route, welche einem fröhlichen Familienfest gegen Rechts glichen,
waren ein großartiger Beweis dafür, dass Nazis in diesem Land nicht geduldet werden.

Völlig unverständlich ist angesichts dessen, dass die Polizei nach vereinzelten Flaschenwürfen,
an einer Stelle entlang der Nazi-Route das Absperrgitter öffnete und mit der Reiterstaffel in die dahinter stehende friedliche Menschenmenge
regelrecht hinein preschte und mit Schlagstöcken und Pfefferspray praktisch wahllos gegen Demonstranten
vorging. Dies war eine völlig unnötige Lebensgefahr für Menschen und Tiere, die auch zahlreiche Verletzte
hervorbrachte. Die Jusos kritisieren dieses Vorgehen der Polizei gegen friedliche Demonstranten auf das
Schärfste, denn es ist das Gegenteil einer sinnvollen, verhältnismäßigen Deeskalationsstrategie, wenn nach
Flaschenwürfen durch Einzelne plötzlich in eine friedliche Menschenmenge hinein gestürmt wird.
Angesichts der Gefahren, die durch das extrem schnelle und überraschende Hineinreiten in
Menschenmengen ausgehen, fordern die Jusos, künftig auf den Einsatz der Reiterstaffeln zu verzichten.

Der größte Fehler des Polizeieinsatzes war wohl, dass die Nazis wieder an den Hauptbahnhof in unmittelbare
Nähe der großen Gegendemonstration geleitet wurden. Merkwürdigerweise versuchte die Polizei nicht, diese
Situation zu entschärfen, sondern der Zustand blieb über eine lange Zeit stationär, wobei die Neonazis nur
wenige Meter von den Gegendemonstranten entfernt waren. Nach langer Zeit, während derer die Polizei
längst die Nazis vom Bahnhofsplatz hätte wegbringen können, gab es vereinzelte Böllerwürfe aus dem Teil
der Gegendemonstration heraus, die am nächsten zum Bahnhofsgebäude stand. Völlig unangekündigt ließ
die Polizei aber den gesamten Bahnhofsvorplatz mit einem Großeinsatz von Wasserwerfern und Tränengas
räumen. Dies traf jedoch nicht nur den schwer zugänglichen Teil nahe des Bahnhofsgebäudes, sondern vor
allem die große friedliche Menschenansammlung, unter der auch zahlreiche Familien mit Kindern sowie
Rentner waren, im freien Bereich des Platzes. Dieses Vorgehen der Polizei ist unverständlich und gefährlich
und muss untersucht werden, fordern die Jusos Stuttgart, insbesondere da es zu zahlreichen Verletzen kam.

Während im späteren Verlauf die Neonazis in Sonderzügen nach Neu-Ulm gebracht wurden, um dort gleich
einen zweiten Marsch abzuhalten, hat die baden-württembergische und die bayerische Polizei durch
„Grenzschließung“ zwischen Bayern und Baden-Württemberg viele Gegendemonstranten daran gehindert,
der Neu-Ulmer Bevölkerung zu zeigen, dass Deutschland ein tolerantes, weltoffenes Land ist.
Innenminister Rech hat offensichtlich völlig die Kontrolle über die Polizei verloren, müssen die
Jungpolitiker feststellen. Nach den Ermittlungspannen um das „Phantom“ von Heilbronn ist Vorgehen der
Polizei gegen die eigene friedliche Bevölkerung nur der neueste Skandal rund um den badenwürttembergischen
Polizeiapparat. Rech hat seine Bewährung nicht bestanden, schließen die Jusos und
fordern seine sofortige Ablösung, damit ein/e neue/r Minister/in endlich ihrer/seiner originären Aufgabe
nachkommt, die baden-württembergische Polizei politisch zu kontrollieren. Weiter fordern die Jusos ein
umfassende Untersuchung des Polizeieinsatzes in Ulm. Die Verantwortlichen müssen sich der Frage stellen,
wie es dazu kommt, dass in unserem Land unschuldige und friedliche Bürgerinnen und Bürger grundlos
stundenlang festgehalten werden. Wieso tritt die Polizei nicht deeskalierend sondern völlig
unverhältnismäßig auf und nimmt geradezu vorsätzlich schwere Verletzungen von friedlichen Bürgerinnen
und Bürgern in Kauf, anstatt die sehr wenigen Einzeltäter, die Flaschen oder andere Gegenstände geworfen
haben und von denen sich die Jusos distanzieren, separat, z.B. durch Zivilbeamte,
festzunehmen? Auch fragen sich die Jusos, ob alle Polizeiaktionen, wie die räumlich und zeitlich sehr große
Einschränkung von Freiheitsrechten oder die „Grenzschließung“ zwischen Bayern und Baden-Württemberg,
noch durch unsere Gesetze gedeckt sind, nur um zwei lange Aufmärsche von rechtsextremen Neonazis
durchzusetzen.

Auch sehen die Stuttgarter Jusos die Berichterstattung in den überregionalen Medien teilweise kritisch. Dort
war der Eindruck von sehr schweren Krawallen zwischen Gegendemonstranten und der Polizei entstanden.
Insgesamt waren die vielen Gegendemonstrationen jedoch ein friedliches Fest gegen Rechts.

Die Stuttgarter Jusos lassen sich aber auch in Zukunft nicht davon abhalten, weiterhin friedlich gegen die
Rechtsradikalen aufzustehen und deren Lügen und Hassparolen die Wahrheit und ein weltoffenes, tolerantes
und friedliches Bild entgegenzustellen. Die Stuttgarter Jungsozialisten haben deswegen bereits vor einiger
Zeit eine eigene Projektgruppe „Antifaschismus“ eingerichtet, die rechtsextreme Umtriebe in der Stuttgarter
Region aufzeigt und politisch gegen sie vorgeht. Auch fordern die Stuttgarter Jusos den Beginn eines neuen
Parteiverbotsverfahrens gegen die verfassungsfeindliche NPD, damit deren rechtsradikalen Aktionen nicht
auch noch mit Steuergeldern finanziert werden.
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Weltoffenes Deutschland? — Tolerants?

Aha,die Jusos — Antifa aus der Region

Ergänzung — Juso aus Stuttgart