Widerstand gegen WM in Südafrika

lesender arbeiter 07.05.2009 16:20 Themen: Antirassismus Soziale Kämpfe Weltweit
Die Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika im nächsten Jahr hat in den Medien natürlich für Diskussionen gesorgt. Dabei wurde zeitweilig vor allem mit unverkennbar rassistischen Unterton darüber spekuliert, ob wegen wachsender Kriminalität womöglich die Spiele an einen anderen Ort stattfinden sollen Diese Diskussion ist mittlerweile verstummt.
Doch welche Auswirkungen hat die WM für die Menschen in Südafrika, vor allem für die mit Wenig Geld. Dieser Frage ging Romin Khan am Mittwochabend auf einer Veranstaltung in Berlin nach.
Khan hat sich seit vielen Jahren mit den sozialen Widerstand und der Linken jenseits des ANC in Südafrika befasst.

Zunächst machte er einen kleinen Rekurs in die Vergangenheit. Die Stadtentwicklung in Südafrika ist auch mehr als 15 Jahre nach dem offiziellen Ende der Apartheid noch von kolonialistischen und rassistischen Spuren dieser Zeit geprägt. Das bedeutet vor allem die totale Entmischung der Städte. Am Beispiel Kapstadt bedeutet das vor allem, die Innenstadt ist weiterhin überwiegend in den Händen der Weißen und die afrikanische Bevölkerung wohnt in den Shakes, den Armensiedlungen außerhalb der Städte. Anhand eines Stadtplans von Kapstadt hat Khan die rassistische Stadtentwicklung aufgezeigt. Dort sind oft nur die weißen Stadtteile aufgeführt, dort wo die Siedlungen der afrikanischen Armen leben, hingegen bleibt nur eine leere Fläche. Die WM wird diese Aufteilung nach Meinung von Khan noch bekräftigen.


Weg von den Armen

Dazu trug die Entscheidung bei, das zentrale Stadion in Kapstadt nicht außerhalb der Stadt, dort wo die afrikanische Bevölkerung wohnt, zu bauen, wie es ursprünglich geplant war. Die Fifa interviewte auch mit dem Hinweis, dass dieser Ort zu nahe an den Shakes, den Siedlungen der Armen liegt. Die Folge war eine Verlegung in eine wohlhabende und eher Weiße Gegend. Manche sehen in der Verlegung immerhin den positiven Effekt, dass dadurch auch afrikanische Fußballfans in diese Gegend kommen und dazu beitragen können, dass die Trennung dadurch aufgehoben ist. Allerdings dürfte das dann eher eine weiße Mittelklasse betreffen, die sich auch im Lebensstil sehr stark den Weißen anpasst.
Für die Mehrheit der afrikanischen Bevölkerung bleiben dann die Fan-Meilen oder die TV-Übertragungen. Ein weiteres Problem für die afrikanische Bevölkerung ist die Durchsetzung der Fifa-Richtlinien beim Verkauf von Produkten. Das richtet sich explizit gegen den dort sehr verbreiteten ambulanten Handel, der eine Existenzgrundlage für viele Menschen darstellt. So soll ein gut frequentierter Markt in der Nähe des Stadions an einen Platz verlegt werden, der kleiner und schlechter zu erreichen ist.
Diese Maßnahmen sorgen für Unmut, doch ob es zu großen Widerstand gegen die WM kommt, ist aus zwei Gründen unsicher bis unwahrscheinlich.
Durch die starke apartheidbedingte räumliche Trennung der Bevölkerung ist eine direkte Vertreibungspolitik infolge der WM selten. Vielmehr werden bestehende Trennungen bestätigt und verstärkt .Zudem hat im südafrikanischen Diskurs die WM eine ideologische Bedeutung als Veranstaltung von Südafrika. Damit soll der durchaus brüchige nationale Diskurs bekräftigt werden. Dieser auch vom ANC und seinen Vorfeldorganisationen gepflegte Diskurs könnte jede Kritik an der WM schon in die Nähe des Verrats an der südafrikanischen Nation bringen.


Widerstand in der Joe Slovo-Siedlung

Es gibt aber konkret in Kapstadt einen Ort, an den sich die BewohnerInnen konkret gegen die Folgen der WM wehren. Es sind die BewohnerInnen, der Joe-Slovo-Siedlung, die direkt an der Autobahn zwischen dem Flughafen und der Innenstadt von Kapstadt liegt. Dort läuft ein ambitioniertes Programm des Umbaus. Auf Plakaten wird dafür geworben, dass alle Slums verschwinden sollen. Dafür gibt es Fotos einer typisch weißen Mittelstandssiedlung mit PKW vor dem Einfamilienhaus. Die jetzigen BewohnerInnen aber werden sich mehrheitlich eine Wohnung in dieser aufgewerteten Siedlung dann nicht mehr leisten können. Teilweise mussten sie in sogenannte Übergangslager umziehen, die weiter außerhalb der Stadt liegen und auch weiter von den Arbeitsplätzen weg sind. Deswegen haben BewohnerInnen mit einer Autobahnblockade gegen die Aufwertungsmaßnahmen protestiert. Sie ziehen Vergleiche zu gewaltsamen Vertreibungen während der Apartheid-Zeit.
„Während des Apartheid-Regimes wurden schwarze Menschen aus dem District Six zwangsumgesiedelt, heute werden schwarze Leute unter der demokratischen Regierung aus den städtischen Zentren entfernt, wo ist da der Unterschied?“ klagen die BewohnerInnen.
Es handelt sich jetzt um eine soziale Vertreibung, die aber tatsächlich nicht farbenblind ist, wie Khan zeigt. Es sind eben noch immer AfrikanerInnen, die vertrieben werden. Der Bezug der Aufwertung der Slovo-Siedlung zur WM liegt auf der Hand. Die Sieldung an der Autobahn könnte den BesucherInnen immer in den Blick kommen. Aber die Fifa will das den Fußballfans aus aller Welt ebenso wenig zumuten, wie die ANC-Regierung. Sie will ein Südafrika ohne Armensiedlungen vorstellen. Die aber befinden sich weit außerhalb der Orte, wo die internationale Fußballgemeinde hinfährt. Es geht also wieder einmal darum, die Armen und nicht die Armut zu bekämpfen.
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Ergänzungen

für interessierte

ama 08.05.2009 - 12:00
blog der anti-eviction-campaign
 http://antieviction.org.za/

artikel und infos zu südafrika auf deutsch
 http://amandla.blogsport.de/

film zu kapstadt und den kämpfen der armen (kommt bald)
 http://www.dok-werk.de/13.html





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Keine WM in SA — keinname

ja,aber... — grammatik-nazi