04.05. – Tag 1 der AfA Woche in Zittau / Osa

Antifa Lausitz 06.05.2009 13:37 Themen: Antifa Bildung Kultur
Unter dem Motto „Zusammen handeln, gegen Nazis, Rassismus und totale Kontrolle“ findet vom 04. bis zum 07.Mai 2009 eine antifaschistische Aktionswoche in Zittau statt. Zittau befindet sich in Ostsachsen an der Grenze zur tschechischen Republik und zur Republik Polen.
Warum findet die Aktionswoche in Zittau statt?
Mit einem Großaufgebot von 136 Beamten wurden am 25.November 2008 die Wohnungen von 16 Neonazis in Görlitz und Olbersdorf (Oberlausitz) sowie die Räume des „Nationalen Jugendblock Zittau e.V.“ (NJB Zittau) durchsucht. Ihnen wird unter anderem Raub, gefährliche Körperverletzung und die Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen vorgeworfen. Gefunden wurden u.a. Gewehre, Munition, Hakenkreuzfahnen und ein Bild von Adolf Hitler. Zumindest ein Teil der Verdächtigen wird der neonazistischen Gruppe NJB Zittau zugeordnet.

NJB Zittau
Volker Beer, der Jugendbeauftragte der Stadt Zittau, zeigt sich überrascht angesichts der neuerlichen Razzia. Die Lage hatte sich aus seiner Sicht „ein Stück weit beruhigt“, seien doch die derzeitigen Aktivitäten des NJB „nicht spürbar“ gewesen.
Der Umgang der Stadt mit dem NJB hat eine lange Geschichte. Gegründet wurde er bereits 1992, in einer Phase, die unter anderem von Angriffen auf Flüchtlinge und Aussiedler bzw. deren Unterkünfte in Zittau geprägt war. Der NJB entwickelte sich schnell zur wichtigsten und schlagkräftigen Struktur in der ostsächsischen Lausitz. In den neunziger Jahren trat er regelmäßig als Organisator von Aufmärschen der extrem rechten Szene in Zittau auf. Dazu konnten jeweils mehrere Hundert Neonazis mobilisiert werden.
Seit 1992 hatte der Verein „Nationaler Jugendblock“ von der Stadt ein Gebäude gemietet. Die Kommune gewährte dem NJB zu dieser Zeit sogar einen „Reparaturzuschuss“ von 22.000 Mark für das Haus, setzte sich mit führenden NPD-Mitgliedern an einen „Runden Tisch“ und beschäftigte drei Sozialarbeiter. Die Entwicklung des NJB stand im Kontext zum damaligen Model der akzeptierenden Sozialarbeit mit jungen Neonazis, um die Gewalt zwischen rechts und links zu „deeskalieren“.
Der Umgang der Stadt Zittau mit dem NJB geriet 1999/2000 in bundesweite Kritik als der Stadtrat
beschloss, einen Erbbaupachtvertrag mit dem NJB zu vereinbaren. Nach einer Razzia in der Südstraße, bei der auch ein Schießstand entdeckt wurde, untersagte die Stadt die weitere Nutzung des Hauses.
Das Problem der Stadtväter löste sich zunächst, in dem der NJB umzog und von der Stadt nicht mehr abhängig war. Die aktuelle Adresse in der Äußeren Oybiner Straße gehöre nach Aussagen der örtlichen Antifa dem Görlitzer Neonazi René Nierling. Nach der Wende gehörte Nierling zu den führenden Neonazis seiner Heimatstadt und war selbst an diversen Übergriffen beteiligt. Damals war er Aktivist der inzwischen verbotenen „Nationalen Offensive“ (NO). In dem Haus des NJB finden extrem rechte Konzerte mit regionalen Bands statt. Daneben organisierte der NJB Fußballturniere sowie Sommer- und Herbstfeste, zu den jeweils ca. 150 Nazis anreisten. Auch wenn es nach außen hin so schien, dass die Aktivitäten der Zittauer Gruppe nachgelassen hätten, zeigt die Razzia deutlich, dass der Schein getrogen hat. Derzeit zählt der NJB etwa 60 Mitglieder.

Was ist das Ziel der antifaschistischen Aktiosnwoche?
Die Antifaschistische Aktionswoche soll eine Zeit der vielfältigsten Aktionen und Veranstaltungen sein, und hat das Ziel neue Projekte mit längerer Ausdauer hervorzubringen. Sie soll die unterschiedlichsten Menschen, Gruppen, Initiativen und Organisationen zusammenführen, um gemeinsam dem Rassismus und Nationalismus entgegenzutreten, um zu informieren und aktiv zu werden gegen die totale polizeiliche Erfassung, um antifaschistischen Widerstand aufzubauen.

Was fand am 1.Tag statt?
Nachdem die ANTIFA Lausitz Kenntnis erhalten hatte, dass Nazis im Zittauer Stadtgebiet eine Nazizeitung verteilen, machten sich einige Aktivist_innen auf, den Verteilungstrupp zu suchen. Leider fand mensch diesen nicht. Allerdings wurde gleich die Gelegenheit genutzt um Nazizeitungen zu entsorgen. (Bild 1)
Um eigene Akzente zu setzen, wurde in verschiedenen Stadtgebieten die Zeitung „Knackpunkt“ verteilt. (Bild 2) Knackpunkt ist eine kostenlose Zeitung die über rechte Strukturen und Parteien in Sachsen berichtet. Sie hat eine Auflage von 200.000 Stück. Menschen aus unterschiedlichen politischen Spektren haben sie erarbeitet.

Am Abend fand eine Buchlesung mit Kerstin Köditz, Autorin des Buches "Und morgen? Extreme Rechte in Sachsen" statt. (Bild 3) Zu dieser Lesung waren etwa 20 Menschen erschienen, für eine Kleinstadt in der ostsächsischen Provinz zufrieden stellend.
Im März ist das Band im Verbrecher Verlag erschienen. Behandelt werden sowohl die NPD im Landtag, die extreme Rechte in den Kommunalparlamenten, der Versuch mit Nazi-Zentren – wie in Borna – die Geschichtsleugnung hoffähig zu machen, der Terror der Nazis auf der Straße und mögliche Gegenstrategien.
Die Autorin sagte selbst zu dem Buch: „Dieses Buch ist weder aus der Sicht einer außenstehenden Wissenschaftlerin noch aus der Sicht einer beobachtenden Journalistin geschrieben. Ich lebe in Sachsen. Ich lebe mit der extremen Rechten in Sachsen. Erstens geht das gar nicht anders in Sachsen. Zweitens sitzen mir extreme Rechte als Abgeordnete im Landtag direkt gegenüber.“

Neben den Vorträgen ist die Ausstellung "Vom Polizeigriff zum Übergriff" täglich ab 17 Uhr zu sehen.

Was wird weiterhin in der Woche passieren?
Am Dienstag wird es einen Vortrag zum Thema „Antifaschist_innen in der Kirche“ geben. Am Mittwoch folgt ein Referat zu Nazistrukturen in Ostsachen. „Antifaschismus heute“ – das ist der Titel der Diskussionsrunde, welche für den Donnerstag, den 07.Mai geplant ist. Am Tag der Befreiung vom Faschismus wird eine Demonstration in Zittau stattfinden. Diese startet 17 Uhr am VVN Denkmal (Klieneberger Platz). Zu dieser rufen neben der Antifa Görlitz und der Antifa Lausitz verschiedene Vereine, der Autonomal-Versand sowie die SPD und DIE LINKE auf. Am gleichen Tag findet nach der Demonstration ein Konzert mit Kranke Welt – eine Punkrockband aus Ostsachsen im Mosquito (Rosa-Luxemburg-Straße 33 in Zittau ) statt.

Neben den Vorträgen ist die Ausstellung "Vom Polizeigriff zum Übergriff" täglich ab 17 Uhr zu sehen.
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Ergänzungen