Berliner 1. Mai im Jahr der Krise

lesender arbeiter 03.05.2009 03:03 Themen: Soziale Kämpfe
Das ist ein durchaus subjektiver Bericht über drei Mai-Aktivitäten in Berlin: den klassenkämpferischen Block auf der DGB-Demo, der Mayday-Parade und der 18. Uhr-Demo.
Knapp vor 10 Uhr am Wittenberg-Platz. Die DGB-Demo nimmt Aufstellung. Es sind bei weiten keine 10000 Menschen, eher etwas zwischen 7000 und 8000. Die MüllarbeiterInnen sind sehr gut vertreten. Die MusikerInnen von IG-Blech sorgen für Farbtupfer. Auch die GenossInnen der FAU, die sich ziemlich weit vorne einreihen, sind mit ihren Fahnen und Transparenten gut erkennbar. Ziemlich weit hinten haben sich die GenossInnen vom klassenkämpferischen Block eingereiht. Kurz danach kamen die türkischen und kurdischen KollegInnen. Der klassenkämpferische Block fällt durch hochgehaltene Schilder auf denen gegen Standortlogik, Nationalismus und gewerkschaftlichen Schmusekurs mit dem Kapital Stellung genommen wird. Leider gab es zunächst keinen Lautsprecherwagen, weil der DGB als Anmelder der Demo dagegen war. Doch welche Freude, als nach circa einem Viertel der Route doch ein Lautsprecherwagen in dem Block einfuhr und gleich mit zündender Musik und kämpferischen Reden die Umstehenden begeisterte. Zunächst wollten DGB und Polizei den Wagen sofort wieder entfernen lassen. Ein PKW des Arbeiter-Samariterbunds stellte seine Sirene an und stelle sich neben den Lauti. Doch spontan gruppierten sich viele DemoteilnehmerInnen um den Wagen, schützen ihn mit Transparenten und ihrer schlichten Präsenz. Darunter waren auch viele aktive GewerkschaftlerInnen und sogar manche OrdnerInnen. Durch diese Solidarität war es dem DGB nicht möglich, den Wagen zu entfernen. Er fuhr bis fast bis zum Ende der DGB-Demo mit. Als der Wagen rausfuhr, sollte er von der Polizei kontrolliert werden Auch das wurde von solidarischen GewerkschaftlerInnen verhindert. Leider konnte nicht verhindert werden, dass eine Person im Fahrzeug ihre Personalien abgeben musste. Auf der DGB-Kundgebung konnte natürlich wer wollte seine (Vor)urteile bestätigt sehen. Viele DemoteilnehmerInnen hatten sich gleich zu den Essensständen begeben. Die ersten Reden waren so wie mensch es von Gewerkschaftsfunktionären erwartet. Bisschen verbalradikale Drohungen gegen Manager und Banken, aber dass war auch schon das Höchste an (verkürzten) Verbalantikapitalismus. Wer länger blieb und genauer hinsah, konnte aber manche Vorurteile hinterfragen. Es gab durchaus nicht nur deutsche Küche und auch VegetarierInnen mussten nicht hungern. Aber viel wichtiger, war der Redebeitrag einer Gewerkschafterin, die undokumentierten ArbeiterInnen vertrat. Das sind in Deutschland lebende und arbeitende Menschen ohne Papiere. Es gab einen langen Kampf bis sie auch Gewerkschaftsmitglieder werden konnten. Mittlerweile gibt es ermutigende Fortschritte. Nach Hamburg hat auch in Berlin eine Beratungsstelle für undokumentierte ArbeiterInnen bei ver.di eröffnet. Die Rede der Kollegin war sehr kämpferisch und hätte mehr ZuhörerInnen und Applaus verdient. Aber an der Bühne standen mindestens 50 undokumentierte ArbeiterInnen, vornehmlich Hausangestellte aus verschiedenen Kontinenten und sie applaudierten. Für sie bedeutet ein Gewerkschaftseintritt keine lästige Pflicht sondern einen Fortschritt und eine Möglichkeit, ihre Interessen durchzusetzen.

Tatort Bundesfinanzministerium markiert oder wie Spaß auch Widerstand machen kann

Als der Auftaktort des diesjährigen Euro-Mayday festgelegt wurde, stand dabei in Berlin anders als in Bremen kaum die Nähe zur DGB-Demo in den Vordergrund. Doch genau hier erwies sich der Auftakt gegenüber dem Haupteingang zur Humboldtuniversität wirklich als Vorteil. Es waren nur knapp 10 Minuten zu Fuß von der DGB-Abschlusskundgebung. Beim Mayday trafen die Menschen zögerlich ein, aber gegen 14.30 Uhr waren es ca. 5000, auch wenn Polizei und Presse die Parade kleinreden will. Dabei tat auch die Korrespondentin der Tageszeitung mit, die einfach den Mayday um die Hälfte verkleinerte und ihm den politischen Gehalt absprach. Dabei hat sie die Markierung des Bundesfinanzministeriums einfach unterschlagen. Unter den Augen der Polizei wurde der Tatort mit deutcher Tradition, - der Bau stammt aus der NS-Zeit - , mit Farbbeuteln bunt markiert. Dazu folgen Flyer durch die Luft, in denen der politische Hintergrund erklärt wurde. Die Aktion erklärte sich fast selbst, zeigte, dass mensch auch unter den Augen der Polizei agieren kann und das Spaß auch Widerstand machen kann. Mehr davon in den nächsten Jahren. Allerdings war die Mayday-Parade auch sonst nicht unpolitisch. Schließlich wurden verschiedene aktuellen Ausbeutungsformen in Wort und Schrift (beispielsweise auf Sprechblasen) benannt. Zahlreiche Redebeiträge zu aktuellen sozialen Kämpfen wurden angesprochen. Aber wichtiger noch ist der Mayday-Prozess. In den letzten Wochen gab es verschiedene Veranstaltungen und Aktionen, die sich mit sozialen Kämpfen beschäftigen. Dazu gehörte eine Veranstaltungen im Kato zu linken Interventionen in Betriebskämpfe und die Aktion „Niemand muss allein zum Amt“ vor dem Jobcenter Neukölln. Allerdings sollten solche Aktionen nicht nur vor dem 1. Mai sondern das ganze Jahr über stattfinden, was sicherlich Zeit beansprucht aber sicher umsetzbar ist.


Demo durch das Fest

Vom Mayday ging es direkt zur 18.Uhr-Demo. Auch dort trafen erst langsam die Massen ein. Aber schließlich hatte sich eine große Anzahl eingefunden und auf die Auftaktkundgebung begann mit kämpferischen Arbeiter-Klassenkampf-Hip-Hop und ebenso kämpferischen Reden mit unterschiedlichen Akzenten von der über 80jährigen Antifaschistin und Kommunistin Erika Baum und der ökologischen Linken Jutta Ditfurth.
Dann ging die Demo los und zwar Richtung Myfest. Es war mühselig und langwierig, sich durch die Feiernden einen Weg zu bahnen. Viele Kameras wurden gezückt und stellenweise hatte man das Gefühl, im Zoo zu sein. Manche FestbesucherInnen machten auch ihren Unwillen gegenüber der Demo deutlich. Nachdem wir endlich aus dem Festivalbereich wieder draußen waren, kamen wir auch nicht mehr weit, weil der Stress mit den Bullen begonnen hatte. Über die Frage der Sinnhaftigkeit und wer angefangen hat, soll hier nichts gesagt werden. Das muss Gegenstand gründlicher interner Diskussionen sein. Dabei sollte ernst genommen werden, was Jutta Ditfurth in ihrer Rede gesagt hat. Aktionen sollten sinnvoll sein und man sollte sich auch vor Kriminalisierung schützen.
Enttäuschung bei vielen, als durch den Lautsprecher auch die Meldung kam, dass die Demoroute gekürzt würde. Dabei wurde nicht gesagt, dass die Kürzung durch die Polizei erzwungen wurde. Es wurde nur gefordert, dass die Polizei den Weg zurück zur Abschluss-Kundgebung am Kotti freigeben solle. Der ganze Teil durch Neukölln fiel weg, obwohl gerade dort und in der Nähe genügend soziale Brennpunkte liegen. So hatte die Demo nicht nur den Nachteil, nur durch Kreuzberg zu gehen. Sie war noch zum großen Teil ein mühsamen Durchwursteln durch das Fest. Nun zeiget sich aber, dass eben diese Festivitäten eine Eigendynamik besitzen. Die Menschen mögen im Alltag prekär beschäftigt, schlecht bezahlt etc. sein. Als FestivalteilnehmerInnen aber sind sie darauf schwer ansprechbar. Es gibt verschiedene Arten von Festen. Solche Festivitäten wie das Myfest verändern den Stadtteil und sorgen für billige Zerstreuung und Entpolitisierung. Da kann auch eine Demo durch das Fest wenig ändern. Wichtiger wäre eine kritische Auseinandersetzung mit dem Fest und ihren OrganisatorInnen, die aber nicht als Spaßbremse rüberkommen soll, sondern deutlich machen soll, dass eine andere Art zu Feiern und zu kämpfen möglich ist. Das können wir am nächsten 1.Mai schon mal deutlich machen, in dem wir unabhängig vom Myfest ein Fest organisieren und die Demoroute nicht durch das Fest sondern die sozialen Brennpunkte von Kreuzberg und Neukölln wählen. So könnten wir auch deutlich machen, dass das Myfest keinerlei Probleme im Stadtteil löst. Eine Kritik am Myfest war noch vor einigen Jahren von der Demovorbereitungsgruppe zu hören, in den letzten Jahren merkwürdiger Weise nicht mehr. Man sieht es als Erfolg, wenn man durch das Fest ziehen kann. Dabei sollte man sich fragen, welchen Zweck man damit verfolgt.


Auf den autonomen FeldherrInnenhügel

Solche und viele andere Fragen nicht nur um den Revolutionären Mai, sollten nicht im nächsten Frühjahr sondern in den nächsten Wochen geführt werden. Dazu gehört auch die Frage, ob die linke Intervention auf der DGB-Demo nicht ausgebaut werden sollte und hier nicht auch eine Verbindung zum Euro-Mayday hergestellt werden kann, die dieses Jahr vor allem räumlich bestand. Der Mayday wiederum braucht viele Aktionen ähnlich der Tatortmarkierung vor dem Finanzministerium, damit allgemein deutlich wird, dass Spaß Widerstand machen kann.
In den letzten Jahren hatte man immer den unangenehmen Eindruck, dass man nach dem 1.Mai oft nicht schnell genug zur politischen Tagesordnung übergehen wollte, um sich bloß nicht um eine gründliche Nachbereitung zu kümmern, bis man im nächsten Frühjahr wieder ohne gründliche politische Bestimmung mit dem unvermeidlichen Organisieren begonnen wird.
Dabei droht sich gerade bei denen, die solche Aktionen schon lange vorbereiten, eine gewisse Routine und auch eine gehörige Portion Zynismus einzuschleichen. Das zeigte sich auch dieses Jahr am ersten Mai während die Schlacht noch tobte, in einer bekannten Kreuzberger Szenekneipe in der Nähe des U-Bahnhofs Görliter Park, wo sich die AktivistInnen fast aller Vorbereitungsgruppen zum Bier trafen. Dabei tauschte man sich nicht nur über dieses und jenes vom Tage aus, sondern manche machten sich auch über „die Kids“ lustig, „die am Kotti gegen den Kapitalismus kämpfen“. Am autonomen Feldherrnhügel wurde auch sonst manches über alte, aktuelle und zukünftige Schlachten geäußert. Und dem Augen- und Ohrenzeugen beschlich das Gefühl, dass manche selbst nicht mehr daran glauben, etwas zu ändern. Die Allmächtigkeit des Kapitalismus scheint so stark, dass manche AntikapitalistInnen davon überwältigt werden. Davor könnte eine politisch zielgerichtete, kollektive Debatte über die verschiedenen Mai-Aktivitäten, ihre Ziele, ihre Fehler und Erfolge und ihre Perspektive bewahren. Wenn der Beitrag dazu beiträgt. eine solche Debatte anzustoßen, wäre es im Sinne des Verfassers.




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Ergänzungen

Hetze auch bei bei Telepolis

Leser 03.05.2009 - 12:11
Nicht nur Springer, Spiegel und Co helfen bei der Kriminalisierung linksradikaler Proteste, auch Telepolis ist auf den Zug mit aufgesprungen. Ein Peter Mühlbauer hetzt in kurzen polemischen Artikeln gegen die Linken, die seinen Informationen zufolge Häuser von HartzIV-Bewohnern anzünden wollten etc.

Berliner Polizei warnt vor 1.-Mai-Terror gegen die Bewohner ärmerer Viertel
 http://www.heise.de/tp/r4/artikel/30/30085/1.html

"Chaoten und Manager gemeinsam in eine Zelle"
In Berlin machen sich "Autonome" unbeliebt
 http://www.heise.de/tp/blogs/6/137140

Linkkorrektur

Leser 03.05.2009 - 13:25
Der erstgenannte Hetzartikel von Muehlbauer hat diese URL:  http://www.heise.de/tp/blogs/8/135982

Stellungnahme Revolutionären 1. Mai Bündnis

press fuzzi 03.05.2009 - 14:30
Da im Text über angebliche OrganisatorInnen der Demo gehetzt und gelogen wird (die Darstellung im Bericht ist schlichtweg herbeigelogen, da hatte jemand Halos), hier die Stellungnahme und Presseerklärung des Revolutionären 1. Mai Bündnis:



Wütender Protest, Polizeipolitik und Provokation

Die Teilnehmerzahl der gestrigen revolutionären 1.Mai Demo am Abend lag nach unterschiedlichen Zählungen zwischen 12 000 und 15 000. Deutlich spürbar war in Zeiten der Krise und in deren Folge immer dreisteren Umverteilung gesellschaftlichen Reichtums die Wut der TeilnehmerInnen.

Die von Demosanitätern unvollständig dokumentierten Fälle zählen mindestens 136 verletzte DemonstrationsteilnehmerInnen. Davon mussten mehr als 50 Personen im Krankenhaus teilweise wegen schwerer Kopfverletzungen behandelt werden.

Die im Demo-Bündnis vertretenen Gruppen haben gestern in Übereinkunft mit dem Anmelder der Demo beschlossen, nach den Auseinandersetzungen mit der Polizei in der Muskauerstrasse die Demoroute massiv abzukürzen. Um weitere Verletzte zu vermeiden und die Demonstrationsteilnehmer und TeilnehmerInnen nicht weiter zu gefährden, wurde die Route schon ab Lausitzer Platz über die Wiener Strasse zum Kottbusser Tor zurückgeführt und dort beendet.

Wir wollen die Öffentlichkeit an dieser Stelle über die Hintergründe
dieser Entscheidung informieren:

Von Seiten der Polizei gab es anders als in den letzten Jahren üblich keine Ansprechpartner für die Demoorganisatoren. Ein Verbindungsbeamter zum Veranstalter war nicht anwesend. Der Anmelder und dessen Anwalt hatten somit nur eingeschränkte Möglichkeit, auf den Verlauf der Demo Einfluss zu nehmen. Weder erhielt der Anmelder Informationen über Probleme in der Demo aus Sicht der Polizei, noch wurde ihm Gelegenheit gegeben, auf diese zu reagieren. Statt der angekündigten Deeskalation, versuchte ein größerer uniformierter und behelmter Polizeitrupp der Bundespolizei wegen angeblicher Vermummung und zu langer Seitentransparente einzugreifen. Dies geschah nur wenige Meter vor dem Betreten des myfest-Bereichs in der Mariannenstrasse und ohne jegliche Vorankündigung und Bitte an den Veranstalter die Angelegenheit ohne Polizeieinsatz zu regeln. Dieser martialische Polizeitrupp wurde aus der Demonstration von Einzelnen überraschend offensiv mit Steinen und Flaschen beworfen. Die Lage beruhigte sich jedoch schnell und die Demonstration zog dann störungsfrei in Zusammenarbeit mit den myfest-Organisatoren und in Abwesenheit von Polizeikräften durch die Mariannenstrasse und verließ die Festzone wieder über die Muskauerstrasse. Dort bereiteten wiederum Einheiten der Bundespolizei mit einem gut sichtbaren Stoßtrupp offensichtlich einen Zugriff vor. Laut Augenzeugen sollen Beamte versucht haben, Seitentransparente zu entreißen. Demonstrationsteilnehmer setzen sich dagegen offensiv zur Wehr, vereinzelt wurden Steine und Flaschen auf Beamte geworfen. Die Polizei reagierte mit einem massiven Sturmangriff auf die Demospitze und setzte dabei Pfeffespray und Tonfas ein. Bei diesem Angriff wurden mehr als 25 Personen verletzt, viele mit blutenden Kopfplatzwunden.
Nur durch die Besonnenheit der Demoleitung konnte an dieser Stelle eine Straßenschlacht verhindert werden. Die Lautsprecherwagen riefen die TeilnehmerInnen der Demonstration zum zügigen Weitergehen auf, so dass eine Eskalation ausblieb, und der Großteil der Demonstration, der sich noch im myfest befand, aus der Festzone gehen konnte. Da die Polizei mit einem massiven Aufgebot und kontinuierlichen Drohgebärden bzw. willkürlichen Zugriffen die Situation weiter aufheizte, entschlossen sich die im Demobündnis vertretenen Gruppen, die Demonstration auf schnellstem Wege zum geplanten Abschlußkundgebungsort zurückzuführen. Nach schwieriger Kontaktaufnahme mit der Polizei scheiterte jedoch eine Verständigung über die Kürzung der Wegstrecke an mangelnden "Zuständigen" vor Ort.
Der Einsatzleiter des provokativ auftretenden Stoßtrupps vor Ort verweigerte eine Änderung der Wegstrecke und versperrte der Demonstration den Weg zurück. Der Anwalt des Anmelders konnte nur durch eine Umgehung der Diensthyrarchie im direkten Telefongespräch mit dem Justiziar des Berliner Polizeipräsidenten eine Verständigung erreichen. Die gekürzte Wegstrecke wurde dann wunschgemäß ermöglicht. Die Demonstration wurde am Kottbusser Tor anschließend offiziell vom Anmelder beendet.

Ein am Kottbusser Tor stattfindendes Konzert der Gruppe "KOP" aus Barcelona wurde später von Polizeieinheiten aus Münster abgebrochen. Polizeibeamte dieser Einheit stürmten auf die Bühne, die zu einer der zentralen myfest-Konzertbühnen gehörte, schlugen mit Schlagstöcken auf elektronische Geräte und zerrten an Lautsprecherkabel. Mit der Drohung die Bühne zu zerstören, forderte sie deren sofortigen Abbau. Damit brach die Polizei alle Vereinbarungen, die bisher mit den Organisatoren des myfest in den letzen Jahren existierten.

Zusammenfassend lässt sich feststellen: Viele DemoteilnehmerInnen waren in diesem Jahr deutlich wütender und reagierten auf Provokationen der Polizei empfindlicher. Die Polizei hat die Situation deutlich eskaliert, reagierte unverhältnismäßig und hat mit brutalen Übergriffen zahlreiche Verletzte zu verantworten.

Wir stellen uns und den Medienvertretern nun folgende Fragen:

- Warum hat sich die Polizei bei der 18-Uhr-Demo nicht ähnlich deeskalativ wie in den beiden letzten Jahren verhalten, als Auflagenverstöße mit Augenmaß und erst nach vorheriger Absprache mit dem Anmelder geahndet wurden und so ein weitgehend friedlicher Verlauf gewährleistet war?

- Warum hat die Polizei keinen Kontakt zum Veranstalter gesucht? Welche Rolle spielte dabei die Linksparteizugehörigkeit des Anmelders?

- Gibt es einen Zusammenhang zwischen dem offensichtlich geändertem Einsatzkonzept und den von Scharfmachern im Polizeiapparat herbeigeredeten ?schwersten Krawallen??

- Sollte der Verlauf des 1.Mai die Position der Scharfmacher innerhalb der Berliner Polizei gegenüber gemäßigten Kräften stärken?

guter beitrag / gute diskussionsgrundlage

dankeauch 03.05.2009 - 20:12
ich finde es äusserst gut das die / der schreiber des beitrages es sich nicht einfach macht und alles auf polizei und politik zu schiebt - stattdessen kritik an den limitierungen der unterschiedlichen aktionen und demos um den 1.mai aufzeigt. danke. vieleicht noch eine "feldherrenhügel" anmerkung: ich finde es total ok wenn man sich nach einem langen tag bei bierchen trifft. das was an "kampf" dann noch tobte hat wenig mit miltanz oder militanter politik zu tun, sondern leider viel mehr mit jungmännern und alkohol. (falls sich noch jemand dran erinnert - vor 15 jahren haben wir leute mit alk aus der demo geworfen - von hools mal ganz zu schweigen...)
ich halte die mayday demonstration im augenblick für den interessantesten ansatz um den ersten mai herum. ganz einfach weil sich die organisatoren sich nicht auf der geschichte, dem ritual und der sicherheit das schon ne paar tausend kommen ausruhen! man mag vieles an dem mayday kritsieren können (...) - das sich die organisatoren aber bemühen alltagskämpfe und andere politische kampangen in die demo zu integrieren und versuchen einen ausdruck dafuer zu erarbeiten finde ich einfach klasse! auch gut finde ich, das auch leute die nicht unbedingt so ne "linksradikale-black-block-militanz-identität" haben willkommen sind. es gibt viele gründe warum die radikale linke so schwach ist (nur als beispiel: wer sich nen bisschen mit den 1.5. demos der jahre 88-93 auseinandersetzt wird sehen was für ein pippifax das heute ist..). einer der gründe für die schwäche ist aber bestimmt "militanz-arroganz" und besserwissertum anderen leuten und gesellschaftlichen gruppen gegenüber. das abarbeiten an polizei und repression ist eine politische sackgasse genau so wie demorituale letztendlich nicht mit radikaler politik vereinbar sind.
wie ein tanzendes "wie weiter!" (mayday) mit einem kämpferischen lauten "schluss mit lustig!" (18uhr) zu verbinden ist - ist nach wie vor eine offene frage für die radikale linke in berlin. das meint aber weniger die frage ob diese 2 demos zusammengehen sollten - sondern vielmehr die frage nach unserer politik im allgemeinen...
solidarische grüsse.

Der Tgesspiegel berichtet:

Leser 04.05.2009 - 21:09
Im Bericht wird auch mehrere Male "Indymedia" erwähnt:

Linksradikale machen Polizei verantwortlich

Die Ausschreitungen während und nach der 18-Uhr-Demonstration am 1. Mai in Kreuzberg werden derzeit auch in der linken Szene diskutiert. „Stärkster 1. Mai in Berlin seit 2004“, bilanziert ein Artikel im autonomen Onlineportal „indymedia“ die Geschehnisse am Abend. „Gestern hat Berlin eine riesige, militante Demonstration gesehen, die sich an vielen Stellen erfolgreich gegen die Provokationen und Angriffe der Bullen zur Wehr gesetzt hat“, kommentiert ein Leser auf der Webseite. Auch der Zusammenhalt der verschiedenen Gruppen in der linken Szene wird gelobt: „Linksradikale Antifa-Gruppen“ hätten „Schulter an Schulter mit Freiraum-Aktivisten, Alt-Autonomen und anderen Anti-Kapitalisten demonstriert“.

Weiterlesen:  http://www.tagesspiegel.de/berlin/1-Mai;art270,2789434

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Konsequenz — lesender Überflüssiger

Die zentrale Frage fehlt leider — kämpfende Arbeiterin

dass manche selbst nicht mehr daran glauben.. — Vohrdern ist Ferkährt!

check ya head: "MIGRANTEN" — lexicon devil

volksmob... — horsti

Genarationswechsel — 17 jähriger

Solidarität? — Andersdenkender

Ein Löffel Realität — @Andersdenkender

Ausländerbehörde eingefärbt — autonome/r kinderfresser_in

Frechheit — Ostberliner