Jena: Warum die Unizeitung UNIQUE Scheiße ist

Ich und Rocky Waschbär 30.04.2009 18:26 Themen: Antifa Bildung
Die letzten Märtyrer der Meinungsfreiheit: Die Redaktion der Jenaer Studierendenzeitschrift UNIQUE stellt sich gern als Opfer dar. Böse linke Meinungsdiktatoren torpedieren ihre wertvolle „interkulturelle“ Arbeit, so behaupten sie. „Interkulturell“ bedeutet bei der „journalistischen“ Praxis der UNIQUE vor allem die Zuschreibung von Fremdheit gegenüber Allem und Jeden: von Nazis über Hausbesetzer und natürlich Menschen aus allen Ecken der Welt.
„Wirksam ist hier ein Projektionsmechanismus: daß die, welche die Verfolger waren und es potentiell heute noch sind, sich aufspielen, als wären sie die Verfolgten." (Theoder W. Adorno: Zur Bekämpfung des Antisemitismus heute.)

Für die UNIQUE ist die Realität ein Ethnopark, wo von allem etwas vorkommen darf und sich die Redaktion als Vertreterin wahrer Menschenfreundschaft aufspielt, wenn sie Artenvielfalt abseits der ihr eigenen kulturellen, nationalen, politischen oder wasauchimmer Herkunft suggeriert. Die Konstruktion dieser Abgrenzungen ist ebenso bequem wie dümmlich. Ohne Schwierigkeiten können regionale Legenden, persönliche Erfahrungen oder politische Komplettkatastrophen parallel existieren, ohne eine Verbindung zu dem wichtigsten Element der primitiven Vorstellungswelt der Schreiberlinge zu haben: der wohlig-heimatlichen Selbstverortung in der deutschen, mittleren Studierendenschicht mit pseudo-rebellischem Hang zum Alternativen und Esoterischen. Ganz selbstverständlich kann in dieser chauvinistischen Weltsicht ein Redakteur aus den eigenen Reihen nie ein verkappter Nazi oder Judenhasser sein. Die subtile Dialektik der Interkulturalität ist nichts anderes als praktizierter Ethnopluralismus - „gierige Männerblicke“ und sexistische Sprüche von „Latino-Männern“ will man im „Alltag als weiße Frau“ nämlich nicht haben - Reisen nach Guatemala aber schon. Blöd nur, dass die Ausländer so stören. Umso besser, dass es in Deutschland keinen Sexismus gibt. (UNIQUE Ausgabe 46: Paradies im Regenwald)

In dieser völligen Ausblendung gesellschaftlicher Realitäten zugunsten einseitig-einfältiger Kulturraumkonstruktion kann per Definition nicht sein, was nicht sein darf: Zum Beispiel, dass Neonazismus, Rassismus und Antisemitismus in der Redaktion vorhanden ist und verbreitet wird. Unter Berufung auf den rein darstellenden Charakter der Ausführungen wird die Bedeutung des Mediums als konstruierendes Wahrnehmungsmittel ignoriert. Darstellung des Fremden benötigt immer die Konstruktion eines Gegenbildes. Dabei spielt es keine Rolle, ob das zunächst normativ konstruierte und dann abgebildete Fremde als über- oder unterlegen im Verhältnis zu einer anderen 'Kultur' dargestellt wird. In Ausgabe 48 kriegt nun ein Hamas-naher Journalist die Möglichkeit, seinen antisemitischen Vernichtungswunsch auf drei Seiten auszuführen. Implizit wird in der Konstruktion der Hervorhebung der palästinensischen Position die Abgrenzung gegenüber der israelischen Seite betrieben, ohne dass dies vom Autor erwähnt werden muss. Im Gegenteil findet dieser Schutz hinter der behaupteten Interkulturalität. Die wirklichkeitskonstruierende Funktion des Mediums wird somit abgestritten und die tatsächlichen Motive der Autoren, und der zumindest Tolerierung, vermutlich aber Teilung durch die Redaktion, kommen nicht zur Sprache. Im Sicherungsnetz der „Interkulturalität“ kann rassistische und kryptoantisemitische Hetze betrieben werden, ohne vor den naiven studentischen Adressaten das Gesicht zu verlieren. Verfasser der am eindeutigsten menschenfeindlichen Beiträge ist der Chefredakteur Fabian Köhler. Verwundern kann das nicht: Im „StudiVZ“ finden sich in seiner Freundesliste auch Neonazis. Außerdem ist Köhler Aktivist des „International Solidarity Movement“, einer palästinensischen Solidaritätsorganisation, deren deutsche Website auf seinen Namen läuft. Hier finden sich analog zur UNIQUE ausschließlich zahllose einseitige antiisraelische und antisemitische Darstellungen. Köhler lieferte dem Internetportal „Muslim-Markt“, welches der iranischen Regierung nahesteht und als regelmäßiger Lieferant homophober und antisemitischer Beiträge auch bei Rechtsextremen beliebt ist, ein Interview. Köhler, der mehrmals im Nahen Osten war, steht der islamistisch-terroristischen Hamas näher, als er unter dem Persilschein der Interkulturallität zugeben muss. In der aktuellen UNIQUE findet die Hamas, welche behauptet, dass die Freimaurer, der Lions-Club und der Rotary-Club insgeheim „im Interesse der Zionisten“ arbeiteten und die Juden die Verantwortlichen für die Französische Revolution, den „westlichen Kolonialismus“, den Kommunismus und die Weltkriege sind, eine Plattform, die, würden sie bekennenden Neonazis zuzuordnen sein, bereits mit Volksverhetzungs-Vorwürfen übersät wurden wäre. Die Aussagen des interviewten Hamas-Hetzers, der gleichzeitig für die staatliche Nachrichtenagentur des Irans arbeitet, sind an Verlogenheit nicht zu übertreffen. Während es in der offiziellen Charta der Hamas heißt: “Die Stunde des Gerichtes wird nicht kommen, bevor Muslime nicht die Juden bekämpfen und töten, so dass sich die Juden hinter Bäumen und Steinen verstecken und jeder Baum und Stein wird sagen: 'Oh Muslim, oh Diener Allahs, ein Jude ist hinter mir, komm und töte ihn!“ behauptet der Islamist in der UNIQUE, „Ich kann mit Sicherheit sagen, dass Juden ausgesprochen human behandelt werden würden. So ist der Islam. Hamas hat kein Problem mit Juden als Juden.“.

Die Verschleierung des tatsächlichen eliminatorischen Judenhasses hinter einem Antizionismus, der Israel jedes Existenzrecht abspricht und mit dem 3. Reich gleichsetzt, ist die beliebteste Form der Propaganda des modernen Antisemitismus. Sie eignet sich auch deshalb in Deutschland besonders gut, weil die Stilisierung der Juden zum Tätervolk von heute die deutsche Schuld im Nationalsozialismus vergessen lässt: Die Juden sind die „neuen Nazis“; nicht nur bei der Hamas, der NPD und in der UNIQUE. Die Deutschen als 'Meister der Vergangenheitsbewältigung', so der nationalistische Unterton, sind den Palästinensern somit zur Solidarität verpflichtet. Unter dem Deckmantel eines kruden Antifaschismus wird somit den Juden das Existenzrecht abgesprochen: „Dächten und handelten die Juden oder irgendjemand sonst wie Nazis, würden sie auch Nazis. Und meiner Meinung nach haben Nazis kein Existenzrecht.“, druckt die UNIQUE. (UNIQUE Ausgabe 48 S.22) Bereits 1962 erkannte Adorno: „Darauf spekuliert tatsächlich einer der wesentlichen Tricks von Antisemiten heute: sich als Verfolgte darzustellen; sich zu gebärden, als wäre durch die öffentliche Meinung, die Äußerungen des Antisemitismus heute unmöglich macht, der Antisemit eigentlich der, gegen den der Stachel der Gesellschaft sich richtet, während im allgemeinen die Antisemiten doch die sind, die den Stachel der Gesellschaft am grausamsten und am erfolgreichsten handhaben." (Theoder W. Adorno: Zur Bekämpfung des Antisemitismus heute.)
Sich gar eine aufklärende Funktion auf die Fahne zu schreiben, die als Spiegelbild der Widerlichkeit der Hamas fungiert, ist eine infame Schutzbehauptung der UNIQUE. Es existiert „Keine mögliche Haltung gegen das antisemitische Potential, die nicht selber mit Aufklärung sich identifizieren müßte. Den Antisemitismus kann nicht bekämpfen, wer zu Aufklärung zweideutig sich verhält.“ (Theoder W. Adorno: Zur Bekämpfung des Antisemitismus heute.)

Das Tüpfelchen, welches das i als solches erkennbar macht, setzte sich die UNIQUE bereits im Januar 2009 auf. Sie veröffentlichte gänzlich unkommentiert ein Interview mit einem Jenaer Neonaziaktivisten des „Freien Netz“. Über zwei Seiten durfte der Faschist seine Ansichten über „den Erhalt der Kulturen und der Völker“, Globalisierung, die öffentliche Ächtung der NPD und vielem mehr darlegen und Liberalität vorspielen. Was hinter der billigen Propaganda steckt, zeigte die gleiche Nazigruppe in den letzten Wochen bei mehreren Überfällen auf Menschen und Einrichtungen.

Eine grundsätzliche Auseinandersetzung mit der Verbreitung menschenfeindlicher Einstellungen kommt an einer Kritik an vorherrschender oberflächlichen und inhaltslosen antifaschistischen Informations- und Aufklärungsarbeit nicht vorbei. Die Betonung äußerlicher Erkennungsmerkmale des Rechtsextremismus suggeriert die Betrachtung, Thor Steinar und Co. gehören zwangsläufig zu einer menschenfeindlichen Einstellung. Dass diese nicht nur am rechten Rand vertreten ist sondern durchaus in der gesellschaftlichen Mitte und traditionell linken Milieus in abgewandelter Form auftritt, bleibt dabei außen vor. So lässt sich auch erklären, dass Mitglieder der Redaktion durchaus zur alternativen Szene gehören und dieses Umfeld scheinbar nicht fähig ist, eine inhaltliche Kritik mit den notwendigen Konsequenzen zu formulieren. Denn mitnichten ist es notwendig sich auf einen Dialog mit Köhler und Co. einzulassen, wie dies nach dem Eklat im Januar geschehen ist. Die von der UNIQUE betriebene Verbreitung von Hetze folgt gänzlich der so genannten 'Strategie der Wortergreifung', welcher nur durch die konsequente Verweigerung des Einlassens auf die Argumente der Antisemiten der Wind aus den Segeln genommen werden kann: „Generell ist es besser, über Strukturen der Argumentation aufzuklären, über die Mechanismen, die ins Spiel gebracht werden, als jeweils sich auf eine unendliche Diskussion innerhalb der Strukturen einzulassen, die von den Antisemiten gewissermaßen vorgegeben sind und durch die man a priori ihren eigenen Spielregeln sich unterwerfen würde.“ (Theoder W. Adorno: Zur Bekämpfung des Antisemitismus heute.)

Die UNIQUE ist nicht reformierbar. Eine studentische Redaktion, die Neonazismus und eleminatorischen Antisemitismus tatsächlich für Kulturen hält, deren Inhalte es darzustellen lohnt, ist nicht zu akzeptieren. Die Toleranz und der Nachdruck, mit welchem die Redaktion diese Menschenfeindlichkeit verteilt und verteidigt, macht jede und jeden einzelnen Verantwortlichen der UNIQUE untragbar.
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Ergänzungen

Das komplette(?) Interview...

Ergaenzer 01.05.2009 - 11:14

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 10 Kommentare an

jaja, — ...

@ Ich und Rocky Waschbär — auch aus jena

gähhhhhn — -

ihr antifa helden — antifaheld

@linse — ExLinker

as — sfuck