Demo bei TMD Friction in Leverkusen 20.4.

strike back 18.04.2009 19:45 Themen: Soziale Kämpfe
TMD, einer der größten Bremsbelaghersteller, war der erste Automobilzulieferer, der in dieser Krise Insolvenz anmeldete. Um den Einstieg eines neuen Investors zu erleichtern, wurden im Februar (gleich nach Aschermittwoch!) 160 Beschäftigte in Leverkusen gekündigt – ohne Abfindung. Dagegen haben sie schon am 1. April demonstriert (siehe Bilder). Für kommenden Montag, den 20. April 2009, 14 Uhr, rufen sie erneut zur Demonstration vor dem Standort in Leverkusen (Fixheide), Schlebuscher Str. 99, auf. Bisher wurden die KollegInnen in ihrem Widerstand ziemlich alleine gelassen – auch von Betriebsrat und Gewerkschaft. Solidarität ist dringend angesagt. Diese Krise braucht mehr solche Aktionen!
Demonstration vor TMD Friction (ehemals Textar)
am Montag, 20. April 2009, um 14 Uhr
Schlebuscher Straße 99, 51381 Leverkusen (bei Köln)

TMD (früher Textar) war schon bisher durch Übernahmen, Private-Equity-Firmen und Hedge Fonds gebeutelt. Am 8. Dezember 2008 eröffnete die Firma mit weltweit 4500 Beschäftigten (2000 in Deutschland) die Serie von Pleiten bei Autozulieferern, die seitdem immer weiter geht. Produziert wurde noch jede Menge, der "Rückzug der Kreditversicherer" seit der Hauptgrund für die Insolvenz. Die Produktion lief weiter - nach den verlängerten Weihnachtsferien - und der Insolvenzverwalter suchte einen neuen Investor. Trotzdem kam dann auf einmal an Aschermittwoch, wenn alles vorbei ist, die Kündigung für 160 KollegInnen (und hundert weiteren an den übrigen Standorten in Hamm, Essen und Coswig/Sachsen). Genauer gesagt, sie sollten der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und dem Übergang in eine Transfergesellschaft für wenige Monate selber zustimmen - und zwar schon zum 1. März. Mit Zustimmung von Betriebsrat und Gewerkschaft (IGBCE) wurden sie dazu gedrängt, auf eine Abfindung und auf rechtliche Schritte gegen die Firma zu verzichten. Nach zehn, zwanzig, bei einigen sogar dreißig Jahren Betriebszugehörigkeit. Eingeschüchtert durch das gemeinsame Auftreten von Management und Betriebsrat/Gewerkschaft unterschrieben etwa 110; aber die übrigen weigerten sich und Klagen nun gegen die Kündigung. Außerdem haben sie begonnen, mit Aktionen gegen ihre Entlassung und die Art ihres Rauswurfs vorzugehen. Am 1. April demonstrierten sie vor dem Firmengelände, für den 20. April rufen sie nun massiver zur Solidarität auf. Bei der Aktion am 1.4. (siehe Bilder) haben sie folgende Erklärung verlesen:

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Leverkusen (1.4.2009)
Wir als "ehemalige" Mitarbeiter von TMD Friction, wenden uns mit folgenden Informationen und zu klärenden Punkten an die Öffentlichkeit:
Wir können die Insolvenz und die daraus resultierende Umstrukturierung nur bedingt nachvollziehen.
Bis Mitte November 2008 bekamen wir als Belegschaft keine negativen Informationen. Es hieß, wir haben für 2009 schon einiges an Aufträgen.
Plötzlich dann Insolvenz.
Wir wurden jedoch weiterhin beruhigt, denn: "TMD ist ein gesundes Unternehmen" (Derek Whitworth)
Dann Ende Februar die mündliche Kündigung, die darauf folgende Freistellung (ohne jegliche Begründung oder vorherigen Hinweis), und schließlich die Kündigung Mitte März. Nach welchen Kriterien die Mitarbeiterauswahl erfolgt ist, können wir bis heute nicht nachvollziehen.
Die Freistellungen und die Kündigungen führten sofort zum Chaos in den Produktionshallen. Der Produktionsablauf wurde erheblich behindert, zum Teil gab es an einigen Maschinen Produktionstop.
Der Betriebsrat hat uns zu keiner Zeit über Geschehnisse oder Zukünftiges informiert. Der Betriebsrat ist bis heute nicht in der Lage, den angeblichen Sozialplan oder die geplante Umsetzung der Produktionsverbesserung zu erklären.
Bis heute wurden wir nicht gefragt, ob wir bis zum Ende unserer Kündigungsfrist arbeiten wollen. Mangel an Arbeit kann nicht der Grund sein. Die Geschäftsführung hat beim Betriebsrat Anfrage zur Genehmigung von Überstunden gestellt. Durch noch aktive Kollegen wird uns täglich angetragen, dass die geforderten "Stückzahlen" nicht erbracht werden können.
Wir als "einfache" Arbeiter können so ein Vorgehen nicht nachvollziehen, es sei denn, es ist eine Schließung der Firma durchs "Hintertürchen" geplant, oder es werden rote Zahlen benötigt, um eine Insolvenz und den aktuellen Abbau zu rechtfertigen.
Die im Vorfeld durch den Betriebsrat angebotene Kurzarbeit wurde von der Geschäftsführung abgelehnt und auf Kündigungen bestanden.
Die Begründung durch Hr. Ennen (Werksleiter) erfuhren wir bei der mündlichen Bekanntmachung unserer Kündigungen:
"Die Bedingung des potenziellen Käufers für eine Übernahme sei die Reduzierung der Mitarbeiter. Durch eure Kündigungen sichern wir eine schnelle Übernahme."
Diese Übernahme durch den potenziellen Käufer fand bis heute nicht statt.
Wie Ihnen sicherlich bekannt ist, bekam TMD Friction 2007 einen Steuererlass von 100.000.000 Euro. Die daraus resultierenden Folgen anbei als Anlage. ("Die Piranha-Strategie" vom Tagesspiegel Ausgabe 2.04.2007 [ http://www.tagesspiegel.de/zeitung/Die-Dritte-Seite;art705,2033908])
Wir als Mitarbeiter, unter ihnen einige, die bis vor kurzem durch ihre Vorgesetzten wg. ihrer optimalen Auslastung der Produktionsbereiche und andere Qualifikationen hoch gelobt wurden, sind jetzt nicht mal mehr befugt, ohne Begleitung ihr Eigentum aus der Firma zu holen.
Dabei wird anscheinend vergessen, dass noch ein aktuelles Arbeitsverhältnis besteht.
Fakt ist, dass bis heute kein Gespräch zur gemeinsamen Lösungsfindung gesucht wurde.
Fakt ist, dass lieber Mitarbeiter gekündigt werden, als Kurzarbeit anzubieten.
Fakt ist, dass die Geschäftsführung bei der letzten Betriebsversammlung, vor einer Woche, nicht in der Lage war, auf einfache logische Fragen zu antworten und lieber den Rückzug durch die Hintertür antrat.
Fakt ist, dass 100.000.000 Euro Steuererlass nicht der Sicherung von Arbeitsplätzen gedient hat.
Wir denken, dass wir mit Ihrer Unterstützung und der geforderten Bereitschaft der Verantwortlichen einige Entscheidungen zu überdenken in der Lage sind, ein Unternehmen unserer Stadt vor der Schließung zu bewahren und somit Arbeitsplätze zu sichern.
Wir hoffen, dass unserem Anliegen durch Ihre Unterstützung, eine Perspektive eröffnet wird.
Wir danken Ihnen für Ihr Interesse.
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An vielen Orten entwickeln sich auch hier im Lande allmählich Aktionen in den Betrieben gegen die Folgen der Krise - bei Karmann in Osnabrück, von Leiharbeitern bei VW in Hannover, bei Mahle in Alzenau (Aschaffenburg) usw. usf. Bisher bleiben diese Konflikte isoliert und erreichen höchstens die regionale Öffentlichkeit; und die Gewerkschaftsvorstände wirken tatkräftig daran mit, sie unter dem Deckel zu halten - wie im Fall von TMD Friction. Durch unsere Solidarität und Unterstützung können wir dazu beitragen, dass aus diesen vielen kleinen Ansätzen eine wirkliche Bewegung wird.
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Ergänzungen

Artikel über TMD-Proteste

() 30.07.2009 - 18:06
Leverkusen: Proteste bei TMD gehen weiter
 http://anarchosyndikalismus.org/action/tmd/index.html