Aktion gegen Tierfabrik

Guerilla Gardening gegen Erweiterung von Schweinemastanlage in Erichem (Privinz Gelderland, Niederlande)
Freitag, den 17. April 2009 – Etwa 40 AktivistInnen haben heute einen Gemüsegarten auf dem Stück Land bei Erichem in der holländischen Provinz Gelderland angelegt, auf dem Straathof seine bereits bestehende Schweinemastanlage erweitern will. Die Aktion fand in Solidarität mit Via Campesina, einem weltweiten Netzwerk von mehr als 100 Kleinbauern-, Landarbeiter-, Landlosen- und Indigenenorganisationen aus Europa, Amerika, Afrika und Asien, statt.
Obwohl die AktivistInnen bei ihrer Ankunft am „Knorhof“ bereits von einigen PolizistInnen erwartet wurden, konnte die geplante Aktion ohne Probleme durchgeführt werden. Nachdem verschiedene Gemüse- und Obstsorten gepflanzt worden waren, machte sich die Gruppe, begleitet von Sambaband, auf den Weg nach Erichem, um dort mit einer kleinen Kundgebung die AnwohnerInnen durch eine Foto-Ausstellung, Flugblätter, Straßentheater und Gespräche auf die Machenschaften Straathofs sowie die allgemeinen Folgen der Massentierhaltung aufmerksam zu machen.

In Erichem (Gemeinde Buren) will Adrianus Straathof seinen Betrieb, den sogenannten „Knorhof“ von 13480 auf 19142 Schweine erweitern. Die Genehmigung für diese Erweiterungspläne hängt vor allem von einem Umweltbericht ab, der momentan von der Provinz erarbeitet wird.
AnwohnerInnen versuchen seit Jahren gegen die Erweiterungspläne Straathofs vorzugehen. Sie sind vor allem den Gestank der Tierfabrik leid (von dem Straathof selbst nichts mitbekommt, da seine Villa in sicherer Entfernung steht).
Straathof hat insgesamt neun Schweinemastanlagen in Holland und Deutschland. An mehreren Orten plant er zu expandieren und gerät zudem regelmäßig mit Gemeinden, Provinzen und der lokalen Bevölkerung in Konflikt. Er ist längst bekannt dafür, Umweltauflagen und andere Regelungen geflissentlich zu ignorieren, seine Ställe sind wesentlich voller als erlaubt, Transporte finden trotz Verbot statt usw.

Die holländische Tierindustrie ist einer der Hauptabnehmer des Sojas, das als Futtermittel in riesigen Mengen aus Südamerika importiert wird und damit mitverantwortlich für die fatalen sozialen und ökologischen Folgen, die der regelrechte Sojaboom der letzten Jahre in Ländern wie Brazilien, Argentinien oder Paraguay hat. Vertreibung von Kleinbauer/bäuerinnen von ihren Ländereien, Vergiftung der Umwelt, Abholzung des Regenwalds, schwerwiegende gesundheitliche Schäden bei der lokalen Bevölkerung stehen in direktem Zusammenhang mit der immer weiter ansteigenden Nachfrage nach Soja für die Tierfütterung.
Die Folgen der Massentierhaltung sind weitaus bekannter: Unzählige Tiere leiden für die Produktion von Nahrungsmitteln, der Landwirtschaft ist ein schwerwiegender Teil des Ausstoßes von Treibhausgasen zuzuschreiben...
Die heutige Aktion soll den Zusammenhang zwischen der westlichen Tierindustrie und Armut und Mangel an gesunder Nahrung im globalen Süden demonstrieren. Aktivist Gerben in't Veld: „Apfelbäume und Gemüse auf dem Hof von Straathof zu pflanzen ist eine symbolische Aktion, die deutlich machen soll dass wir unser Land für lokale, nachhaltige Landwirtschaft nutzen sollten, statt von Importen aus anderen Teilen der Welt zu profitieren.“




Hintergrund zur Aktion am 17. April


Soja

Um den Bedarf der europäischen Tierindstrie zu decken, wird Soja seit Jahren in Rauen Mengen aus Südamerika importiert. Das Ergebnis: großflächige Monokulturen – immer mehr „grüne Wüsten“, für die Platz geschaffen werden „muss“: Regenwald wird abgeholzt, Menschen von ihrem Land vertrieben, auf dem sie zuvor Nahrungsmittel für die lokale Bevölkerung anbauten (Seit den 90ern wurden allein in Paraguay 90000 Familien vertrieben). Der massive Einsatz von Pestiziden, der für die meist genmanipulierten Sojapflanzen nötig ist, führt zudem zu ernsthaften gesundheitlichen Schäden bei allen Menschen, die in der Nähe von Sojafeldern leben. Etwa die Tumor- oder Kindersterblichkeitsraten sind in den letzten Jahren angestiegen, was eindeutig in Zusammenhang mit der rasant ansteigenden Sojaproduktion gebracht wird.
Die Umwandlung von Land für Nahrungsproduktion in Felder, deren Erzeugnisse für den Export bestimmt sind, heizen die bereits bestehenden Konflikte um Land zudem weiter an.

Auf das Thema „Soja“ sind bereits zahlreiche Menschen, Gruppen und NGOs aufmerksam geworden, gehen damit allerdings sehr unterschiedlich um. Während der Großteil derer, die sich mit dem Thema beschäftigen, als Ansätze tiefgreifende Landreformen in den Erzeugerstaaten des Südens, die eine gerechte Verteilung von Land sowie Nahrungssouveränität sichern sollen, die Abkehr der hauptsächlich auf Export und nicht auf die Bedürfnisse der Bevölkerung ausgerichteten Landwirtschaft, sowie die radikale Senkung des Verbrauchs an tierischen Nahrungsmitteln in den Industriestaaten sehen, halten es beispielsweise der WWF und die holländische Entwicklungorganisation Solidaridad für sinnvoll, die weitere Ausweitung des Sojaanbaus in Südamerikas lediglich als unabänderbaren Fakt zu akzeptieren und den offensichtlichen negativen Auswirkungen allein durch die erhoffte Verbesserung der Anbaubedingungen entgegenzuwirken. Dazu nehmen beide Organisationen am sogenannten Round Table on Resonsible Soy, einem regelmäßigen Zusammentreffen von Sojaproduzenten, NGOs, WissenschaftlerInnen, teil, um Kriterien und Kennzeichnungen für „verantwortungsvoll“ produziertes Soja zu erarbeiten. Dieser Prozess wird den Ausbau des Sojaanbaus, die Rodung von Regenwald, den immensen Pestizidgebrauch, die Vergiftung von Umwelt und Menschen, die Vertreibung von Kleinbauern/bäuerinnen nicht stoppen, sondern im schlimmsten aber wahrscheinlichen Fall zur Legitimierung dieses Modells beitragen.


Mehr Informationen dazu sowie Petition zum Unterzeichnung auf  http://toxicsoy.org




Tierhaltung

Um das Problem ernsthaft anzugehen müsste beispielsweise die niederländische Massentierhaltung massiv zurückgeschraubt werden. Momentan werden an die 12 Millionen Schweine, 90 Millionen Hühner und 4 Millionen Kühe (1), die momentan in niederländischen Ställen ihr Dasein fristen 2,7 Millionen Tonnen Soja pro Jahr verfüttert (2). Neben den Problemen bei der Sojaproduktion steht Massentierhaltung für das unglaubliche Leid von Milliarden von Tieren, die Produktion von Treibhausgasen ist ein weiterer Aspekt.


Via Campesina

Am 17. April 1996 wurden 19 Angehörige der Landlosenbewegung in Brasilien von der brasilianischen Polizei ermordet, als sie sich zu einer Landbesetzung zusammenfanden. Da Via Campesina der internationale Zusammenschluss von Bauern und Landlosen ist, wurde der 17. April zum „Internationalen Tag der Bauernbewegung“. Auch in den Niederlanden fanden in den letzten Jahren regelmäßig Aktionen zum 17. April statt.



Es ist offensichtlich, dass unsere gegenwärtige Form der globalen Landwirtschaft weit davon entfernt ist, dem Anspruch, weltweit so vielen Menschen wie möglich den Zugang zu gesunder Nahrung zu sichern, weit entfernt ist.
Die Nahrungsmittelproduktion muss auf die Bedürfnisse von Menschen, Tieren und Umwelt, nicht auf Profitmaximierung ausgerichtet sein. Für eine lokal orientierte, nachhaltige Landwirtschaft, in Holland und Europa sowie in den Ländern des Südens.




Für weitere Informationen:

www.aseed.net
www.viacampesina.org
www.lasojamata.org




1) statline.cbs.nl
2) www.milieudefensie.nl/landbouw/publicaties/diversen/soja_doorgelicht.pdf
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige den folgenden Kommentar an

Kontakt — Lemor