Ziviler Ungehorsam: Gentechnik-Gegner besetzte Versuchfeld

Phillip Brändle 15.04.2009 09:18 Themen: Biopolitik Ökologie
Heute Nacht besetzte eine Gruppe von Gentechnik-Gegnern bei Dreileben in der Magdeburger Börde ein Versuchfeld der KWS Staat AG. Mit ihrer Aktion wollen sie den Anbau von gentechnisch veränderten Zuckerrüben verhindern.
Dreileben. Im Schutze der Dunkelheit wird schweres Material herangeschafft: Lange Baumstämme, Taue und grauer Beton sollen in dieser Nacht auf dem noch unbearbeiteten Ackerboden ihren Platz finden. Im Morgengrauen war es geschafft – Turm und Betonkonstruktion stehen: Heute Nacht besetzte eine Gruppe von Gentechnik-Gegnern bei Dreileben in der Magdeburger Börde ein Versuchfeld der KWS Staat AG. Mit ihrer Aktion wollen sie den Anbau von gentechnisch veränderten Zuckerrüben verhindern.

Fakt ist: Die europäischen Verbraucher lehnen mehrheitlich Gen-Lebensmittel ab. Dennoch hält die KWS Saat AG weiterhin an ihrem Kurs fest, die Gentechnik in Deutschland zu etablieren. Ein Drittel seines Jahresumsatzes – im Geschäftsjahr 2008 fast 600 Millionen Euro – erzielte der Konzern durch gentechnisch verändertes Saatgut: „Der Verzicht auf Gentechnik würde uns mit einem Schlag 150 Millionen Euro Umsatz kosten“, betonte Vorstandssprecher Philip von dem Busche auf der letzten Aktionärsversammlung. Diese rein ökonomische Sichtweise stößt bei Kritikern auf Unverständnis: „Die KWS nimmt die hohen Risiken der Gentechnik billigend in Kauf“, vermutet Benjamin Volz, einer der Feldbesetzer. Beispielsweise könnte eine Auskreuzung der veränderten Gene heutige Kulturpflanzen unwiederbringlich zerstören. Durch das Patenrecht auf die Designer-Pflanzen würden Bauern zudem in die Abhängigkeit von Großkonzernen getrieben.

Bestätigt sehen sich die Aktivisten nicht zuletzt durch den Menschenrechtsausschuss der Vereinigten Nationen. Dort erklärte man im Mai 2008: Der Einsatz von Agro-Gentechnik verstoße gegen die allgemeinen Menschenrechte. Das Vertrauen der Feldbesetzer in eine Politik, die trotz solcher Aussagen nicht handelt, ist längst erloschen. Anlässlich eines Besuchs in Einbeck, bestärkte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD), das Unternehmen und begrüßte die Gentechnik-Versuche des Konzerns. „Während alle diskutieren, werden hinter unserem Rücken Fakten geschaffen, die wir verhindern müssen, bevor es endgültig zu spät ist“, sagt Aktivist Christian Pratz.

Die Bedrohung der Artenvielfalt von Pflanzen und Tieren, die Auslöschung des traditionellen Landbaus sowie mangelnde Transparenz der Lebensmittelproduktion, das alles seien die drohenden Folgen der Labor-Designer-Pflanzen, so die Feldbesetzer. Angesichts solcher Perspektiven fühlen sich die jungen Gentechnik-Gegner ein Stück weit um ihre Zukunft betrogen. Konsequent werden sie deshalb auf dem KWS-Versuchsfeld ausharren, bis die angekündigte Gen-Saat verhindert ist.


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Phillip Brändle
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Ergänzungen

FeldbesetzerInnen Blogseite

B.Setzer 15.04.2009 - 11:02
Es gibt eine Blogsport-Seite für Genfeldbesetzungen: genfeldbesetzung.blogsport.de

Gentech-weg

Ich 15.04.2009 - 11:16
Auf www.gentech-weg.de.vu sind auch schon die bisherigen Aktionen eingestellt. Zugangspasswort auf Anfrage in der Projektwerkstatt Saasen.

Neue TelNr auf dem Acker

nachgefragt 15.04.2009 - 11:45
0176/61 55 97 62

Aktualisierung

Unterstützer 15.04.2009 - 11:57
Momentan sind auf dem Feld noch ca. 30 UnterstützerInnen der Feldbesetzung, in der Nacht waren es sogar noch mehr.
Zwei AktivistInnen sind auf dem Tripod angekettet, drei in einem Betonfass und zwei in einer Betonpyramide, die zusätzlich durch einen Erdanker gesichert ist. Kein leichtes Brot für die lokale Polizei, die bisher mit ca. 10 Wannen vor Ort ist.
Die KWS war ja bisher für ihre diplomatische und "gewaltfreie" Vorgehensweise gegen ihre KritikerInnen bekannt, mal sehen, wie sie mit dieser Situation umgeht. Bisher ist wohl im Gespräch, einen Zaun um das Feld aufzubauen (wie schon im letzten Jahr in Northeim:  http://de.indymedia.org/2008/04/213106.shtml). Es heißt, es hätte just heute ausgesät werden sollen... ;-)

Venceremos! Nach dem Giftmaisverbot der Komplettausstieg aus der Agro-Gentechnik!

Wichtige Aktion gegen Anti-Monsanto-Wahn

jb 15.04.2009 - 13:22
Erstmal: Sehr gut. Ich drücke die Daumen, dass die Besetzung wie auch die Aktionen am kommenden Wochenende (siehe www.gentech-weg.de.vu) dazu beitragen, dass sich viele die Augen reiben, dass es Gentechnik auch außerhalb von Monsanto gibt - und drei der sechs großen Agrar-Gentechnikkonzerne der Welt deutsch sind. Die Reaktionen gestern auf das Monsantoverbot waren z.T. erschütternd ... angefangen von Greenpeace, die ja jährlich eine Karte der Monsantofelder rausgeben und offenbar selbst geglaubt haben dass es nun kaum noch Felder gibt bis zu Spiegel-TV, die eben einen Termin absagten, weil sie beschlossen haben, nur noch über Monsantos Gentechnik zu berichten. Bayer, BASF und KWS sowie die Seilschaften um Biotechfarm, Agrobiotechnikum und JKI hatten damit leider auch einen Grund zu jubeln.
Daher: Es gibt noch eine Reihe von Feldern - jetzt vor allem deutsche Gentechnik. Aber es gibt die Chance, die auch noch zu stoppen. Die Entscheidung darüber findet aber nun auf den Feldern statt.

Dreileben wird gereumt

Phillip Brändle 15.04.2009 - 18:12
Schon seit heute Mittag hat die Polizei, auf dem Feld in Dreileben, schweres Gerät aufgefahren. Bis jetzt ist es ihnen allerdings noch nicht gelungen, alle Aktivisten vom Feld zu räumen; eine der Betonpyramiden weigert sich beharrlich. Allerdings muss man davon ausgehen, dass auch diese in den heutigen Abendstunden noch nachgibt, und das Feld somit komplett geräumt ist. Als sehr erfreulich, betrachten wir das enorme Presseecho. Sowohl von Zeitungen, als auch Funk und Fernsehen, berichten zum Teil sehr ausführlich.

Hinweis für bericht im TV: MDR um 19 Uhr
Aktuelles Feldhandy: 017661559762

Genmais verboten

Radio Z, Nürnberg 95,8 MHz 15.04.2009 - 20:54
Die Entscheidung war lange erwartet, seit heute ist klar: der Anbau vom Genmais auf bundesdeutschen Äckern ist Vergangenheit. Heute gab Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner bekannt, dass das Pflanzen von Genmais verboten wird – was von Gentechnik-GegnerInnen schon lange gefordert wurde. Konkret geht es bei dem Verbot um eine bestimmte Sorte des Konzerns Monsanto, den genveränderten Mais MON 810.

Interview:  http://www.freie-radios.net/portal/content.php?id=27464

Protest gegen Patentierung von Schweiene Gen

Radio Z, Nürnberg 95,8 MHz 16.04.2009 - 09:34
Gestern gabs in München Proteste, gegen ein Patent, das das Europäische Patentamt in München auf Schweine erteilen soll. Dagegen haben über 1.500 Menschen mitsamt einer Herde Schweine protestiert.

Interview:  http://www.freie-radios.net/portal/content.php?id=27477

Urteil gg. "Gendreck weg" bestätigt

Radio Z, Nürnberg 95,8 MHz 17.04.2009 - 01:19
Wer illegalen Genmais unschädlich macht kommt ins Gefängnis. Paradox aber wahr. Obwohl vor 2 Tagen der Genmais MON 810 verboten wurde, wurde heute ein Aktivist verurteilt, weil er genau diesen Mais vor 2 Jahren ausgerupft hatte.

Interview auf:  http://www.freie-radios.net/portal/content.php?id=27503

Gen-ethisches Netzwerk e.V. - Gespräch

Radio Corax 17.04.2009 - 01:20
Gentechnik und Gentechnologie sind Schlüssel und Reizworte. Ein weites Feld zwischen Technik- und Fortschrittsglauben und hysterischer Ablehnung der Forschung und Umsetzung. Wir sprachen mit Christof Potthof vom Gen-ethisches Netzwerk e.V. über die Wege und Möglichkeiten einer kritischen und fundierten Ausseinandersetzung mit Gentechnik.

Interview:  http://www.freie-radios.net/portal/content.php?id=27508

erstePR-Sammlung

cpp 17.04.2009 - 14:27

Union streitet über Gentechnik

Tagesschau 18.04.2009 - 14:30
Nach dem von Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner verhängten Anbauverbot für Genmais verschärft sich in der Union der Streit über den Umgang mit der Gentechnologie. Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff warf der CSU-Politikerin Aigner und CSU-Chef Horst Seehofer vor, nicht mehr hinter dem Koalitionsvertrag zu stehen. Wulff sagte der "Bild am Sonntag", er erwarte nach dem Verbot ein klares Signal der Bundesregierung, dass diese den Einsatz der Gentechnik in Deutschland befürworte. Er betonte, die Gentechnologie sei eine Zukunftstechnologie, die ihren Platz in Deutschland haben müsse.(...)

Weiterlesen:  http://www.tagesschau.de/inland/genmais132.html

Mehr Bilder

gentechnikfrei 20.04.2009 - 00:59
Es gibt jetzt noch mehr Bilder von der Feldbesetzung in Dreileben und der Räumung durch die Polizei auf www.kws-gentechnikfrei.de unter dem Navigationspunkt "Presse/Bilder". Oder direkt bei  http://picasaweb.google.com/gentechnikfrei/FeldbesetzungInDreilebenAm150409 schauen!

>>> Wer Gentechnik sät wird Widerstand ernten! <<<

Gen-Zuckerrübenfeld Besetzungsrückblick

Radio Dreyeckland 20.04.2009 - 15:15
Die Aktion in Dreileben richtete sich gegen ein Versuchsfeld für Zuckerrüben. Und wurde am Mittwoch Abend durch die Polizei beendet. Radio Dreyeckland führte ein Gespräch mit Phillip, Pressekontakt der Antigenversuchsaktivisten zu den Hintergründen der Aktion in Dreileben.
Nachhören unter:  http://www.freie-radios.net/portal/content.php?id=27482

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Sehr schön — Marco

Senf dazu — Anarchoaktivist

Besetzung in Dreileben beendet — Phillip Brändle