Mumia über die neueste Gerichtsentscheidung
Am Montag dieser Woche verweigerte der US-Supreme Court völlig ohne Begründung ein neues Verfahren für Mumia Abu-Jamal. Die höchsten Richter_innen der USA hatten über die Verfassungsmäßigkeit von Rassismus bei der Juryauswahl zu entscheiden. Es war ihnen nicht mal einige Zeilen wert.
Der hörbar wütende Todestraktinsasse Mumia Abu-Jamal gab telefonisch noch am selben Abend ein Interview auf Prison Radio in den USA. Hier die deutsche Übersetzung.
Der hörbar wütende Todestraktinsasse Mumia Abu-Jamal gab telefonisch noch am selben Abend ein Interview auf Prison Radio in den USA. Hier die deutsche Übersetzung.
Frage: Mumia, was ist deine Reaktion?
Mumia Abu-Jamal: Nun, alles, was ich bis jetzt weiss, ist, was Christina mir erzählt hat. Es gibt nichts zum lesen. Nichts, ausser dass mein Name auf einer Liste mit "Antrag verweigert" steht.
Wir wissen also nichts. Wenn es der "Batson" Fall (1) ist, bedeutet dies, dass Präzidensfälle keinerlei Bedeutung haben. Gesetz ist Politik mit anderen Mitteln und die Verfassung bedeutet gar nichts. Eine faire Jury bedeutet nichts.
Frage: Als ich anfangs mit dir sprach, sagtest, es ist nur ein anderer Tag. Ein anderer Tag von wie vielen?
Mumia Abu-Jamal: Ein anderer Tag in drei Jahrzehnten.
Frage: Wann hast du aufgehört, überrascht zu sein?
Mumia Abu-Jamal: Als ich in den Voruntersuchungsanhörungen von Richter Sabo (2) war. Er verweigerte meine Eingabe. Ich wußte dann, dass die Verfassung nicht das Papier wert war. Es hat mich aber überrascht. Es hat mich wirklich schockiert. Ich habe den Fall gelesen, ich kannte mich mit dem Gesetz aus. Also, ich wußte, was das Gesetzbuch sagte, was das Gesetz sei. Ich habe damals gelernt, dass sie nicht mit dieser Art von Gesetz arbeiten. Und offensichtlich arbeiten sie auch jetzt nicht mit dieser Art von Gesetz.
Wenn du über "Batson" liest und danach über meinen Fall, kommt es dir vor, als ob du dich in zwei verschiedenen Universen befindest. Und das ist auch die Tatsache.
Frage: Gibt es andere Regeln für bestimmte Leute?
Mumia Abu-Jamal: Es hat immer andere Regeln für Schwarze gegeben. Wenn du "Batson" liest, wird es dich wahrscheinlich überraschen, dass es nichts mit dem Beschuldigten oder Angeklagten zu tun hat. "Batson" sagt in seiner eigener Weise, dass es die Rechte derjenigen schützt, welchen als amerikanischen Staatsbürgern ihr Recht genommen wird, als Juroren in einer Jury zu sitzen. Das ist der Anspruch. Aber tatsächlich, wie wirkt sich das denn aus? Wenn es erlaubt, Menschen aus verschiedensten Gründen aus Juries zu entfernen, sogar nachdem "Batson" Gesetz wurde. "Batson" kann genau damit überwunden und geschlagen werden, wie es der Bezirksstaatsanwalt (3) empfiehlt: durch Lügen.
Danach stellen sie sich hin und sagen: "Aber nein, wir sind keine Rassisten..." Hör dir das auf dem Videoband an.
(Aus dem Hintergrund kommt eine automatische Ansage: "sie haben noch 60 Sekunden")
Hör dir das Videotape an. Wenn das dir nicht alles deutlich macht, bist du entweder taub, dumm oder blind.
Frage: welches Videotape?
Mumia Abu-Jamal: Das Trainingsvideo der Bezirksstaatsanwaltschaft aus Philadelphia, aus dem Büro von Jack McMahon (siehe Link unter 3). Ich glaube, es ist von 1986.
Übersetzung: Mumia-Hörbuchgruppe
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Erklärungen / Anmerkungen / Links
(1) "Batson" beschreibt ein Grundsatzurteil des U.S. Supreme Courts von 1986, in dem u.a. festgestellt wurde, dass Rassismus während der Juryauswahl automatisch zu einem komplett neuen Verfahren führen sollte.
http://en.wikipedia.org/wiki/Batson_v._Kentucky
Noch im Januar 2007 war dies dem Todestrakthäftling Snyder gewährt worden. Aber bei einem radikalem Kritiker der bestehenden Verhältnisse, in dessen Juryauswahlverfahren mindestens zehn potentielle afroamerikanische Juror_innen allein aufgrund ihrer Hautfarbe von der Staatsanwaltschaft aus der Jury gesiebt wurden, interessiert es das höchste Gericht der USA nicht.
(2) Mumia Abu-Jamal wurde 1982 des Mordes an einenm weissen Polizisten, Daniel Faulkner angeklagt. Den Vorsitz im Verfahren leitete Richter A. Sabo, "The Hanging Judge". Er hält bis heute den persönlichen Rekord, was das Aussprechen von Todesurteilen in den USA angeht. Sabo selbst war Rassist und Mitglied der extrem rechten Polizeibruderschaft "Fraternal Order of Police" (FOP). Unter seiner Leitung konnte Bezirksstaatsanwalt McGill gefällschte Beweise und manipulierte Zeugen gegen Mumia auftreten lassen. Immer, wenn Mumia in das Verfahren eingriff und die Jury sich beeindruckt zeigte, entzog Richter Sabo dem Angeklagten das Wort oder liess ihn gleich wg. "Störung des Gerichts" aus dem Saal abführen.
(3) Gemeint ist hier das in den 90iger Jahren bekannt gewordene Trainingsvideo für angehende Staatsanwälte aus Philadelphia. In einem ausführlichen Video beschreibt der damalige Staatsanwalt Jack McMahon, mit welchen Tricks Juries zu manipulieren sind, um den Fall zu gewinnen. Das Video steht seit vielen Jahren im Internet http://video.google.com/videoplay?docid=-5102834972975877286
Es gilt als sicher, dass auch in Mumias Verfahren 1982 mit genau diesen Methoden von seiten der Staatsanwaltschaft gearbeitet wurde.
Mumia Abu-Jamal: Nun, alles, was ich bis jetzt weiss, ist, was Christina mir erzählt hat. Es gibt nichts zum lesen. Nichts, ausser dass mein Name auf einer Liste mit "Antrag verweigert" steht.
Wir wissen also nichts. Wenn es der "Batson" Fall (1) ist, bedeutet dies, dass Präzidensfälle keinerlei Bedeutung haben. Gesetz ist Politik mit anderen Mitteln und die Verfassung bedeutet gar nichts. Eine faire Jury bedeutet nichts.
Frage: Als ich anfangs mit dir sprach, sagtest, es ist nur ein anderer Tag. Ein anderer Tag von wie vielen?
Mumia Abu-Jamal: Ein anderer Tag in drei Jahrzehnten.
Frage: Wann hast du aufgehört, überrascht zu sein?
Mumia Abu-Jamal: Als ich in den Voruntersuchungsanhörungen von Richter Sabo (2) war. Er verweigerte meine Eingabe. Ich wußte dann, dass die Verfassung nicht das Papier wert war. Es hat mich aber überrascht. Es hat mich wirklich schockiert. Ich habe den Fall gelesen, ich kannte mich mit dem Gesetz aus. Also, ich wußte, was das Gesetzbuch sagte, was das Gesetz sei. Ich habe damals gelernt, dass sie nicht mit dieser Art von Gesetz arbeiten. Und offensichtlich arbeiten sie auch jetzt nicht mit dieser Art von Gesetz.
Wenn du über "Batson" liest und danach über meinen Fall, kommt es dir vor, als ob du dich in zwei verschiedenen Universen befindest. Und das ist auch die Tatsache.
Frage: Gibt es andere Regeln für bestimmte Leute?
Mumia Abu-Jamal: Es hat immer andere Regeln für Schwarze gegeben. Wenn du "Batson" liest, wird es dich wahrscheinlich überraschen, dass es nichts mit dem Beschuldigten oder Angeklagten zu tun hat. "Batson" sagt in seiner eigener Weise, dass es die Rechte derjenigen schützt, welchen als amerikanischen Staatsbürgern ihr Recht genommen wird, als Juroren in einer Jury zu sitzen. Das ist der Anspruch. Aber tatsächlich, wie wirkt sich das denn aus? Wenn es erlaubt, Menschen aus verschiedensten Gründen aus Juries zu entfernen, sogar nachdem "Batson" Gesetz wurde. "Batson" kann genau damit überwunden und geschlagen werden, wie es der Bezirksstaatsanwalt (3) empfiehlt: durch Lügen.
Danach stellen sie sich hin und sagen: "Aber nein, wir sind keine Rassisten..." Hör dir das auf dem Videoband an.
(Aus dem Hintergrund kommt eine automatische Ansage: "sie haben noch 60 Sekunden")
Hör dir das Videotape an. Wenn das dir nicht alles deutlich macht, bist du entweder taub, dumm oder blind.
Frage: welches Videotape?
Mumia Abu-Jamal: Das Trainingsvideo der Bezirksstaatsanwaltschaft aus Philadelphia, aus dem Büro von Jack McMahon (siehe Link unter 3). Ich glaube, es ist von 1986.
Übersetzung: Mumia-Hörbuchgruppe
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Erklärungen / Anmerkungen / Links
(1) "Batson" beschreibt ein Grundsatzurteil des U.S. Supreme Courts von 1986, in dem u.a. festgestellt wurde, dass Rassismus während der Juryauswahl automatisch zu einem komplett neuen Verfahren führen sollte.
http://en.wikipedia.org/wiki/Batson_v._Kentucky
Noch im Januar 2007 war dies dem Todestrakthäftling Snyder gewährt worden. Aber bei einem radikalem Kritiker der bestehenden Verhältnisse, in dessen Juryauswahlverfahren mindestens zehn potentielle afroamerikanische Juror_innen allein aufgrund ihrer Hautfarbe von der Staatsanwaltschaft aus der Jury gesiebt wurden, interessiert es das höchste Gericht der USA nicht.
(2) Mumia Abu-Jamal wurde 1982 des Mordes an einenm weissen Polizisten, Daniel Faulkner angeklagt. Den Vorsitz im Verfahren leitete Richter A. Sabo, "The Hanging Judge". Er hält bis heute den persönlichen Rekord, was das Aussprechen von Todesurteilen in den USA angeht. Sabo selbst war Rassist und Mitglied der extrem rechten Polizeibruderschaft "Fraternal Order of Police" (FOP). Unter seiner Leitung konnte Bezirksstaatsanwalt McGill gefällschte Beweise und manipulierte Zeugen gegen Mumia auftreten lassen. Immer, wenn Mumia in das Verfahren eingriff und die Jury sich beeindruckt zeigte, entzog Richter Sabo dem Angeklagten das Wort oder liess ihn gleich wg. "Störung des Gerichts" aus dem Saal abführen.
(3) Gemeint ist hier das in den 90iger Jahren bekannt gewordene Trainingsvideo für angehende Staatsanwälte aus Philadelphia. In einem ausführlichen Video beschreibt der damalige Staatsanwalt Jack McMahon, mit welchen Tricks Juries zu manipulieren sind, um den Fall zu gewinnen. Das Video steht seit vielen Jahren im Internet http://video.google.com/videoplay?docid=-5102834972975877286
Es gilt als sicher, dass auch in Mumias Verfahren 1982 mit genau diesen Methoden von seiten der Staatsanwaltschaft gearbeitet wurde.
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(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)
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Ergänzungen
Mumias Anwalt heute in der JW
http://www.jungewelt.de/2009/04-08/052.php
interessante Reflektion über die Situation
Rdiosendungen darüber in den USA
http://www.opednews.com/populum/diarypage.php?did=12808
New Yorker Radiosendung über Mumia
the case of death row journalist Mumia Abu-Jamal, and the April 4 US
Supreme Court ruling which rejected Abu-Jamal's appeal for a new guilt
phase trial.
http://archive.wbai.org/files/mp3/090409_200001wwlive.MP3
türkische Presse darüber
Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen
Jim Crow Gesetze
Das war einmal ein Verfassungsgrundsatz in den USA. Er galt fast 200 Jahre. Alle verfassungsgebenden "Väter" nach 1776 waren Sklavenhalter.
Auch wenn dieser Grundsatz seit den 1950iger Jahren "offiziell" nicht mehr gilt, wirkt sein Geist bis heute fort.
Radiosendung darüber in deutsch
Über die Bedeutung dieser Absage, die drohende Todesstrafe und Antworten der Free Mumia Bewegung machen wir am Montag, den 13.04.2009 eine Radiosendung.
Im Berliner Raum ist sie auf 97,2 UKW im Offenen Kanal Berlin zu hören. Über Radio Metropolis gibt es einen qualitativ guten Internet Live Stream:
http://85.214.123.163:8000/metropolis.m3u
Die Sendung wird von Mitgliedern des Berliner FREE MUMIA-Bündnis hergestellt.
Was tun!
Bezieht Mumias Situation und seine Forderung nach Freiheit in eure derzeit laufende Arbeit mit ein. Haltet Kurzredebeiträge bei allen Demos, Veranstaltungen etc. Wer Hintergrundinfos etc. haben möchte, kann sich einfach per e-mail bei uns melden.
Unterschreibt und verbreitet immer noch die Petition an den US Supreme Court weiter. Zahlreiche Unterschriften können den Helfen, den Antrag der Verteidigung auf nochmalige Anhörung zu unterstützen.
http://www.PetitionOnline.com/supreme/petition.html
Schreibt Mumia in den Knast. Das ist jetzt wichtiger denn je. Details http://mumia-hoerbuch.de/bundnis.htm#SchreibtMumia
Besorgt euch den Film "In Prison My Whole Life" und führt ihn öffentlich vor. Ausserdem gibt es Aufkleber, Postkarten, Plakate etc. über www.rote-hilfe.de , www.freedom-ow.de oder www.mumia-hoerbuch.de
Im Berliner Raum sind bereits folgende Termine in Vorbereitung:
1. Mai 2009: Kommt zum FREE MUMIA Block um 18 Uhr auf die Revolutionäre 1. Mai Demonstration!
Bereitet auch selbst Transparente etc. vor.
5. Mai 2009: Veranstaltung im Filmkino Babylon Mitte: "Ich schreibe, um zu leben"
Schriftsteller und Journalisten lesen von und über Mumia Abu-Jamal
anschliessend Live Musik von MFA Kera, Götz Dteeger (Rotes Haus) u.a.
Die Gewinne des Abends sind für Verteidigung und Kampagnenkosten für Mumias Freiheit bestimmt.