Proteste gegen NPD-Bundesparteitag in Berlin

Nach einigen Querelen um den Tagungsort konnte die NPD ihren Bundesparteitag nun in Berlin Reinickendorf abhalten. Zunächst hatte das Bezirksamt die Nutzung des Ernst-Reuter Saals im Rathaus des Bezirkes untersagt, da es sich bei der NPD um keine im Bezirk vertretene Partei handelt. Gegen dieses Vorgehen hatte die NPD allerdings erfolgreich Beschwerde vor dem Verwaltungsgericht eingelegt, das auch von der nächsten Instanz bestätigt wurde.

Um der NPD dennoch unseren Protest entgegenzusetzen hatten die Kampagne „Zusammen! Gegen die NPD!“ im Bündnis mit zivilgesellschaftlichen Kräften eine Demonstration und mehre Kundgebungen organisiert.

Die Gegenproteste
Um 9 Uhr hatten sich die ersten Antifas bereits am Bahnhof Wittenau, dem Auftaktort der Bündnisdemo, getroffen.
Nachdem immer mehr Antifaschist_innen eingetroffen waren, setzte sich die Demonstration gegen 09.40 in Richtung Rathaus in Bewegung. Die Teilnehmer_innen der Veranstaltung waren eine bunte Mischung aus Anwohner_innen, Mitgliedern der demokratischen Parteien und Antifas.

Auf Grund der kurzen Strecke traf die Demo bereits um 10.15 am Rathaus ein und vereinigte sich mit der dortigen SPD Kundgebung. Das Rathaus wurde von der Polizei großzügig mit sogenannten Hamburger Gittern abgesperrt um ein Vordringen direkt zum Ernst Reuter Saal zu unterbinden. Außerdem wurden die Anfahrtswege im Süden und Nordwesten gesichert.

Einige der ehemaligen Demoteilnehmer_innen nutzten die Gelegenheit um über Umwege zur Kundgebung am Nordgraben zu gelangen, da über diese Strecke viele NPD Mitglieder anreisten.
So gelang es die Kundgebung auf die Kreuzung zu verlagern und damit den Zugang zur Brücke zu blockieren.
Trotz einer Aufforderung der Polizei, via Lautsprecherwagen, die Kreuzung zu räumen und wieder zur eigentlichen Kundgebung zurückzukehren, blockierten die Antifaschist_innen von nun an weiter die Kreuzung.

Die Polizei musste die Delegierten jetzt unter Polizeischutz durch die Blockade schleusen, bei der sich die Neonazis der NPD auch zahlreiche Beschimpfungen gefallen lassen mussten.
Auch von einigen NPDlern die in Restaurants flüchten mussten, war am Rande die Rede. Dabei kam es auch zu mehreren Festnahmen.
Die NPDler, die mit Auto anreisten, kamen hauptsächlich über den Thiloweg/Am Rathauspark und parkten direkt am Rathaus.
Auch hier gelang es kurzzeitig einer Gruppe von Antifas die Bad-Steben-Straße zu besetzen, wurden aber anschließend relativ schnell geräumt und zur angemeldeten Kundgebung am Nordgraben gebracht.
Insgesamt beteiligten sich etwa knapp 1000 Menschen an den Gegenaktionen, die mit zwei Kundgebung, einer Demo und zusätzlichen Blockaden recht vielfältig waren. Zahlen wie 100 Gegendemonstranten (DPA), sind wahrscheinlich vom frühen Morgen am Rathaus und spiegeln nicht die wirkliche Situation wieder.

Für einen Bezirk wie Reinickendorf, der noch über keine erprobte Zivilgesellschaft und Erfahrung im Umgang mit Neonazis verfügt, ist diese Zahl sicherlich in Ordnung.
Dennoch wäre mit mehr Teilnehmer_innen hier deutlich mehr möglich gewesen, da die Polizei sich eher zurückhaltend verhielt.

Die Nazis
Die ersten knapp 20 Nazis waren bereits gegen halb Acht vor dem Rathaus Reinickendorf und wollten Zugang zum Ernst-Reuters Saal, unter ihnen der cholerische Bundesordnerdienst-Chef und Ex-Naziterrorist Manfred Börm zusammen mit Berliner NPD-Aktivisten wie Andrew Stelter, Sebastian Thom, Jan Sturm und dem Landesvorsitzenden Jörg Hähnel. Hinein konnten sie jedoch erst als die NPD alle Formalia und Unterschriften (in Begleitung vom Ex-HDJ-Funktionär Wolfram Nahrath als Rechtsberater) geleistet hatten und begannen kurz nach Acht mit dem Aufbau.

Bis elf Uhr erschienen die meisten Delegierten der insgesamt rund 300 Teilnehmer_innen, mal mehr, mal weniger heftig von den Gegendemonstranten in Empfang genommen am Veranstaltungsort. Erschienen waren viele bekannte NPD-Kader, u.A. neben dem amtierenden Vorsitzenden Voigt und dessen Herausforderer Pastörs, jeweilige Vertreter_innen der unterschiedlichen Kreis- und Landesverbände. Auch der DVU-Vorsitzende Matthias Faust war gekommen.

Aufgrund der Tatsache, dass die NPD lediglich den Saal im Gebäude gemietet hatte und deshalb keinerlei Befugnisse im restlichen Gebäude besaß, setzte die Polizei, unter dem wütenden Protest der Nazis durch, dass Medienvertreter_innen das Gebäude betreten durften.
In diesem schwitzten wegen geschlossener Fenster die Nazis und meckerten, während sie sich als Delegierte anmeldeten, dass sie keinerlei Essens- bzw. Informationsstände errichten konnten. Grund hierfür war ein rigider Mietvertrag des Bezirksamts, erarbeitet von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus, der die Nutzung der Räume mit strengen Auflagen verband. Vertreter_innen mecklenburg-vorpommerischer NPD-Verbände (u.A. Tino Müller) verteilten zeitgleich vor den Saaleingängen Flugblätter mit dem Titel „Wofür steht Udo Pastörs“.
Einige Nazis versuchten die Gegendemonstranten abzufotografieren, z.B. der Berliner Kameradschaftsaktivist Björn Wild.

Mit einer deutlichen Verspätung begann kurz vor 13 Uhr offiziell der Bundesparteitag unter dem Motto „Deutschlands starke Rechte“. Nach kurzen Einführungsreden entschied die Mehrheit der Delegierten die Presse auszuschließen, wegen der angeblichen „Anwesenheit einiger, dem gewaltbereiten linksextremistischen Spektrum zuzurordnenden Personenpotentials.“
Richtiger dürfte vielmehr sein, dass die NPD ihre internen Streitigkeiten nur ungern öffentlich austragen will und unabhängige Berichterstattung jenseits ihrer eigenen Parteipropaganda schon immer als „Systempresse“ und „Hofschreiberlinge des Systems“ diffamierte und ablehnte. Zuvor sammelte die NPD gezielt private Daten von Journalisten, denn die Bedingung für eine Akkreditierung war das Vorlegen von Presse- und Personalausweis, deren Daten die Funktionäre sich notierten.

Mittlerweile wurde auf dem Bundesparteitag der Vorsitzende der Partei gewählt. Gewonnen hat Udo Voigt mit 136 Stimmen. Sein Herausforderer erhielt 72 Stimmen.

Neben eigener Logistik nutze die NPD unter Anderem einen Mietwagen der Berliner Firma „FunRent“.

Wegen des umfangreichen Programms und der zahlreichen Streitereien schaffen die Neonazis der NPD es nicht ihren Parteitag an einem Tag durchzuführen und werden ihn deshalb am Sonntag, den 05.04 abschließen. Dann plant die NPD u.A. eine Pressekonferenz.
Auch an diesem Tag werden wir unseren Protest äußern, kommt deshalb am Sonntag um 13 Uhr zur Kundgebung am Rathaus Reinickendorf!