Zug der Erinnerung: Bahn verschärft Boykott

....... 02.04.2009 11:35 Themen: Antifa Bildung Kultur
Beim „Zug der Erinnerung“ handelt es sich um eine fahrende Gedenkausstellung, die in drei Waggons an die Deportationen deutscher und europäischer Kinder in die Konzentrations- und Vernichtungslager der NS erinnert.
Gezogen von einer Dampflok aus dem Jahre 1919 macht die Ausstellung dort Station, von wo aus die Kinder in den Tod gefahren wurden.
Im "Zug der Erinnerung" wird die Geschichte der europäischen Deportationen in beispielhaften Biographien nacherzählt.
Über tausende Kilometer verschleppte die SS, das Reichsverkehrsministerium und die Reichsbahn über eine Million Kinder.
Ihre Bilder und ihre letzten Briefe, die sie aus den Waggons der Reichsbahn warfen, stehen für viele Millionen Menschen, die in den Konzentrations- und Vernichtungslagern ermordet wurden.

In der Ausstellung werden keine schrecklichen Bilder gezeigt.
Stattdessen werden Fotos ausgestellt, die auch aus heutigen Familienalben stammen könnten.
Lächelnde Kinder in ihrem Alltag vor den Deportationen, frohe und erwartungsvolle junge Gesichter. Einzelne Schicksale, die nicht nur zum Gedenken einladen, sondern gleichzeitig dazu auffordern, gegen Rassismus, Antisemitismus und Nationalismus deutlich Stellung zu beziehen.

In einem weiteren Teil der Ausstellung werden einzelne Täter der Reichsbahn vorgestellt, die die Todestransporte organisierten.
Mehrere dieser Funktionäre setzten nach dem Krieg ihre Karriere bei der Deutschen Bahn fort.
Keiner dieser Schreibtischtäter wurde je verurteilt oder auch nur vor Gericht gestellt.

Der letzte Teil der Ausstellung ist leer. Er wird von den Initiativen der Orte gefüllt, in denen der „Zug der Erinnerung“ Station macht.
Schülerinnen und Schüler und örtliche Bürgerinitiativen werden aufgefordert, sich auf Spurensuche zu begeben und anhand von Bildern und Biographien die Geschichten einzelner Kinder aus den Orten entlang der Fahrtstrecke zu erzählen.

Die deutsche Bahn lässt nichts unversucht, das Gedenken an die Kinderdeportationen zu boykottieren. So verlangt der Konzern hohe Gebühren für das Benutzen der Gleise.
Etwa 3,50 Euro pro gefahrenen Schienenkilometer, 45 Euro pro Stunde Ausstellungssteit
und 50 Euro pro Tag für die Nachtabstellung. Zur Verdeutlichung: Die vier Tage der letzten Station in Freiburg vom 29.03.09 bis 01.04.09 kosteten rund 14000 Euro.
Trotz zahlreicher Appelle ist die Bahn bis heute nicht bereit, die Kosten zu erlassen.
Auch das Land Baden Württemberg und die Landeszentrale für politische Bildung lehnen eine Unterstützung, anders als zum Beispiel Rheinland- Pfalz, ab. Begründung: Der „Zug der Erinnerung“ sei eine „Veranstaltung des öffentlichen Personennahverkehrs“ uns somit nicht förderungsfähig.

Als weitere Zuspitzung der Konfrontation schränkte die Bahn die öffentliche Berichterstattung ein, indem sie Interviews mit Initiatoren auf den Bahnsteigen untersagte.

Damit nicht genug: 24 Stunden vor Ankunft in Konstanz (02.04 – 04.04) teilte die Deutsche Bahn den Initiatoren telefonisch mit, dass eine Stromversorgung auf Gleis 1 des Hauptbahnhofes nicht zur Verfügung stehe. Um die Ausstellung dennoch mit Strom versorgen zu können, müssten 10000 (ZEHNTAUSEND!) Euro bezahlt werden. Die Sperrung des Stromzuganges erfolgte so kurzfristig, dass eine alternative Stromversorgung nur schwer zu realisieren ist.
"Die Deutsche Bahn AG setzt ihre Politik der Ignoranz, des Boykotts und der Unterdrückung des Gedenkens fort", heißt es in einer Stellungnahme der Zugbegleiter. "Gegen diese Geschichtsvergessenheit steht der stille Protest von bisher 280.000 Menschen, die auf die Bahnhöfe kommen, um die Deportierten zu ehren. Dieser Zuspruch ist stärker als jedes Verbot."

Bitte teilt der Bahn per mail oder telefonisch mit, was Ihr von ihrer Politik haltet. Besucht den „Zug der Erinnerung“.

Die Fahrpläne der Ausstellung werden ständig aktualisiert und sind auf der Seite www.zug-der-erinnerung.eu einsehbar.
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Ergänzungen

Deutsche Bahn

Feuer und Flamme 02.04.2009 - 15:07
Die Schikanen der Bahn reißen nicht ab - ob Nazimitarbeiter in Freiburg die mit geschichtsrevisionistischen Aussagen auf sich aufmerksam machen (diese wurden immerhin auf Beschwerde abgezogen), den unglaublichen Kosten oder dem angestrebten Verbot von Fotoaufnahmen nun auch noch dies.
Die Deutsche Bahn macht deutlich klar, dass ihnen ein Einblick auf die Rolle der Reichsbahn bei den Deportationen mehr als ein Dorn im Auge ist - sie bekämpfen den Zug der Erinnerung offensichtlich. Die DB ist ein rücksichtslos profitorientiertes Unternehmen, das lieber ihre Geschichte verschweigt, anstatt sich mit dieser kritisch auseinander zu setzen.

Wir können uns das nicht bieten lassen, organisieren wir uns, üben wir Druck auf die Deutsche Bahn aus!

bahnarbeiter

........ 02.04.2009 - 17:59
Also, in Freiburg ist mir ein solcher Vorfall nicht aufgefallen.
Vielleicht ist "Feuer und Flamme" ein Fehler unterlaufen und meint Offenburg.
Dort haben zwei MitarbeiterInnen (ein Mann und eine Frau) eine Zugbegleiterin angeschoben, ob sie denn "das glauben" würde, was die Ausstellung da erzählt und dass "das mit den Juden" gar nicht wahr sein könne. Nach der Androhung einer Anzeige war zumindest die Frau ganz plötzlich anderer Meinung...
Übrigens waren die Beiden netten Personen wegen dem Natogipfel vor Ort...
Die bekamen dann vom Bahnhofsmanager verboten, sich PassantInnen gegenüber zum Zug der Erinnerung zu äußern und mussten sich vom Gleis fernhalten.

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was genau ? — Zappa