Köln: Caritas-Party gestört

Kea 27.03.2009 18:46 Themen: Soziale Kämpfe
Unter dem Motto „Armut hat viele Gesichter“ lud der Caritas-Verband Köln Vertreter aus Wirtschaft, Politik und Kirche zum Frühjahrsempfang. Erwerbslose wurden freilich nicht eingeladen, aber der Geruch des feinen Buffets mit Sekt und Häppchen lockte dennoch knapp 30 Engagierte aus dem Spektrum der 'Zahltag!'-Kampagne zum Fest.
Der Ort im Schatten des Kölner Doms konnte besser nicht sein, um seitens der Demonstranten die Heuchelei des Caritas-Verbandes anzugreifen und öffentlich zu machen. Drei Security-Männer mussten ihre Stellung innerhalb der Eingangsschleuse hoffnungslos verloren geben, als der Großteil der protestierenden Meute geballt in die sehr gut besuchte Veranstaltung drängte. Andere verkleideten draußen den verglasten Saal mit Transparenten und verteilten Flyer an viele neugierige Passanten.

Ausgerechnet der Caritas-Verband der katholischen Kirche, der mit am Tisch saß, als sowohl die zentralen Gewerkschaften, als auch der Paritätische und die Diakonie gemeinsam mit SPD und Grünen die Hartz-Gesetze durchgewunken hatten, maßt sich nun an, in edlem Ambiente über Armut in unserer Gesellschaft zu jammern. Ausgerechnet der Caritas-Verband, der im Beschäftigungssektor so genannter 1-Euro-JobberInnen als Gigant bezeichnet werden darf, will nun klagen darüber, dass er „leider“ zu viele Tafeln betreiben muss und "leider" immer weniger Lohn seinen MitarbeiterInnen zahlen kann. Ausgerechnet Caritas, die bei HartzIV ganz dick im Geschäft sind, geriert sich nun als Stimme der Armen, die sie anlässlich der heutigen Aktion wohl lieber verdammten.

„GEH DOCH NACH CUBA!“

Die meisten Gutmenschen, muss man fairer Weise sagen, wendeten sich angewidert ab, als sich einer ihrer Kollegen nicht zu blöde und schade war, „Geh doch nach Cuba!“ zu rufen, während ein offenbar ungebetener Gast die Bühne enterte, um den Anwesenden verbal den Spiegel vor's Gesicht zu halten. Dies zeigt ja womöglich auch die innere Zerrissenheit zwischen christlicher Nächstenliebe und knallharter Ausbeutung.

Freilich bediente man sich fleißig am Buffet (die AktivistInnen hatten diesbezüglich entsprechende Lebensmittelgutscheine parat), wobei es seitens der Caritas strategisch gar nicht unklug schien, die Demonstration als geduldeden Faktor der Veranstaltung zu integrieren. Aber irgendetwas ist dann doch schief gelaufen. Nach knapp einer Stunde rief Caritas dann doch noch die Polizei und es war zunächst ein einzelner Streifenpolizist, der offenbar eine Frau zur erkennungsdienstlichen Behandlung mitnehmen wollte und dabei die Nerven verlor. Während er die Frau am Arm festhielt, rief er doch glatt ins Sprechfunkgerät: „Ich werde gerade angegriffen.“

Dies hatte natürlich zur Folge, dass sich binnen weniger Minuten mindestens zehn Streifenwagen mit Blaulicht und Martinshorn auf dem Domplatz tummelten und der Aktion zu ungeahntem Interesse verhalf. (Der später überfliegende Polizeihubschrauber mag Zufall gewesen sein, aber wer weiß ...)

Parallel hierzu geschah eine Situation, die beinah unglaublich erschien. Ein Mann, der nichts, aber auch gar nichts machte, wurde unverhofft von einem Zivilpolizisten angegriffen und festgehalten. Der Mann leistete keine Gegenwehr. Hiernach jedoch wollten zwei uniformierte Polizisten dem Zivi EINREDEN, dass dies doch „Widerstand mit Körperverletzung gewesen sein könnte“ (sinngemäß abstrahiert; Originalwortlaut ist im Gedächtnisprotokoll). Der Zivi jedoch wiegelte ab und betonte, dass es so nicht gewesen sei. Falls nunmehr dennoch dem Betroffenen irgendetwas untergejubelt werden soll, möge dieser sich bitte an 'Die KEAs e.V.' wenden (www.Die-KEAs.de / info(at)Die-KEAs.de ), da sich mehrere Zeugen zu dem Vorfall meldeten. Angesichts dieses möglichen Manipulationsversuches erscheint nunmehr auch der vorherige Vorgang in einem anderen Licht. (Da hält ein Polizist eine Frau am Arm und ruft: "Ich werde angegriffen.")
Die Polizisten mussten sich letztlich gegenseitig beruhigen, als sie begriffen, dass sie gerade total überdrehen.

Der Polizeieinsatz, aber auch die Präsenz und nervenden Störungen der kritische Aktivistinnen in und vor dem Veranstaltungssaal sorgte während des gesamten Verlaufs für eine spürbar unangenehme Beklemmung und Anspannung. „Frühjahrsempfang der Caritas in Köln“, … das ging in die Hose!
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Ergänzungen

Handlungen der "Polizisten"

muss ausgefüllt werden 27.03.2009 - 19:57
Sollten sich der anwesenden "Beamten/Polizisten" tatsächlich so verhalten haben, sollte ihr überlegen ob ihr das zur Anzeige bringt. Immerhin könnte der Beamte der per Funk behauptete er würde angegriffen unter Umständen folgende Straftatbestände verwirklicht haben:

§ 145
Mißbrauch von Notrufen und Beeinträchtigung von Unfallverhütungs- und Nothilfemitteln

(1) Wer absichtlich oder wissentlich
1. Notrufe oder Notzeichen mißbraucht oder
2. vortäuscht, daß wegen eines Unglücksfalles oder wegen gemeiner Gefahr oder Not die Hilfe anderer erforderlich sei,

wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.


>>§ 145d
Vortäuschen einer Straftat

(1) Wer wider besseres Wissen einer Behörde oder einer zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Stelle vortäuscht,
1. daß eine rechtswidrige Tat begangen worden sei oder
2. daß die Verwirklichung einer der in § 126 Abs. 1 genannten rechtswidrigen Taten bevorstehe,

wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in § 164, § 258 oder § 258a mit Strafe bedroht ist.



§ 164
Falsche Verdächtigung

(1) Wer einen anderen bei einer Behörde oder einem zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Amtsträger oder militärischen Vorgesetzten oder öffentlich wider besseres Wissen einer rechtswidrigen Tat oder der Verletzung einer Dienstpflicht in der Absicht verdächtigt, ein behördliches Verfahren oder andere behördliche Maßnahmen gegen ihn herbeizuführen oder fortdauern zu lassen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer in gleicher Absicht bei einer der in Absatz 1 bezeichneten Stellen oder öffentlich über einen anderen wider besseres Wissen eine sonstige Behauptung tatsächlicher Art aufstellt, die geeignet ist, ein behördliches Verfahren oder andere behördliche Maßnahmen gegen ihn herbeizuführen oder fortdauern zu lassen. <<



Die Beamten, die versucht haben dem Zivi eine Widerstandshandlung und Körperverletzung gegen ihn durch den betreffenden Mannes einzureden, könnten unter Umständen ebenfalls die Straftatbestände der §§ 145d, 164 StGB verwirklicht haben.
Lasst das doch mal von nem fitten Anwalt prüfen und versucht gegen die "Beamten" strafrechtlich vorzugehen (auch wenn es aussichtslos erscheint).

viel erfolg weiter bei eueren Aktionen

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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ja, ganz nett — said

an sich — unwichtig

smart — Dein Name