Dresden: Solidarität mit wikileaks.de

addn.me 25.03.2009 21:23 Themen: Medien Netactivism Repression
Am 25. März trafen sich zirka 50 Menschen um für Presse- und Meinungsfreiheit zu demonstrieren. Die Piratenpartei Sachsen hatte unter dem Motto "Für Freiheit - Gegen Tyrannei und Zensur" eine Kundgebung vor dem Polizeirevier in der Schießgasse angemeldet. Anlass war eine Hausdurchsuchung in Dresden und Jena beim Domain-Inhaber der Webseite wikileaks.de. Auf dieser wurden geheime Zensurlisten für Internetseiten veröffentlicht, die in Australien und Thailand kinderpornographische Inhalte filtern und blockieren sollen. In den Augen von Datenschützern ist dies jedoch der falsche Weg, weil es immer Wege und Mittel gibt um diese Inhalte zu verbreiten bzw. anzubieten. Der Chaos Computer Club Dresden (C3D2) äußerte sich ebenfalls kritisch zu der Vorgehensweise der sächsischen und thüringischen Beamten: "Hier werden nicht die Ursachen für Kinderpornografie aus dem Weg geräumt, sondern Aktivisten für Datenschutz kriminalisiert und die Presse- und Meinungsfreiheit stark eingeschränkt", so Franziska Nord vom C3D2.
In Redebeiträgen wurde klar gemacht, dass mit einer freiheitlich demokratischen Grundordnung solche Vorgehensweisen nicht zu vereinen seien. Dass dieses Verhalten jedoch eher der Regel entspricht, stellte eine Aktivistin aus der Autonomen Linken dar. Sie sprach über die Repression, mit der sich eine friedliche antifaschistische Gegendemonstration am 14. Februar auseinandersetzen musste. Unter dem Einsatz von Pfefferspray und Schlagstöcken waren die DemonstrationsteilnehmerInnen daran gehindert wurden, zu ihrem Demonstrationsendplatz zu gelangen (addn berichtete). Dabei wurden zahlreiche Menschen verletzt.

Das Anliegen, Internetseiten mit kinderpornographischen Inhalten zu sperren, ist auch in Deutschland Gegenstand der öffentlichen Debatte um Kindesmissbrauch. Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) zählt im Bundestag zu den stärksten Befürworterinnen so genannter Zensurlisten. Dass solche Listen auch dafür genutzt werden könnten, um unliebsame Webinhalte zu blockieren, zeigt ein Beispiel in Finnland. Hier landeten unter dem Vorwand Kinderporno-Webseiten zu sperren, auch zahlreiche Webseiten auf der Liste, die sich mit völlig legalen Inhalten beschäftigen. Das ist möglich und problematisch, da diese Zensurlisten geheim sind und nicht eingesehen werden können. Ein staatlicher Missbrauch solcher Listen ist somit auch in Deutschland nicht auszuschließen.
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Ergänzungen

Insbesondere problematisch

Ein Mensch 26.03.2009 - 00:34
Die Hausdurchsuchungen sind vermutlich auch insbesondere deshalb problematisch, weil die Ermittlungsbehörden wussten oder hätten wissen müssen, dass sich an den durchsuchten Adressen eben keine Infrastruktur von wikileaks befindet, sondern es sich ausschliesslich um eine Domain handelt, die der Durchsuchte den wikileaks Betreibern kostenlos zur Verfügung gestellt hat.

Hintergrundinformationen auch hier:  https://www.piratenpartei.de/presse/Hausdurchsuchung%20bei%20Domaininhaber%20von%20Wikileaks

Pläne "weitestgehend wirkungslos"

c&p 26.03.2009 - 08:24
Der Dresdner Datenschutzrechtler Andreas Pfitzmann bezeichnete im Einklang mit einer Vielzahl von bereits im Bundestag gehörten Experten die Pläne von der Leyens als "weitestgehend wirkungslos". Wer wirklich an Kinderpornographie kommen wolle "und nicht mal aus Versehen auf eine Seite tappt", werde trotz der Sperren weiterhin vollen Zugriff auf solche Inhalte haben, sagte er im rbb-Sender Radio Eins. "Die Ressourcen, die gebunden werden durch diese technisch völlig unsinnige Diskussion, sind eine Riesen-Verschwendung." Sebastian von Bomhard, Vorstand des Münchner Providers Spacenet, verwies auf die große Gefahr, dass die Blockaden bald etwa auch gegen Bombenbau-Anleitungen oder Glücksspiele eingesetzt werden könnten: "Zensur wird wieder salonfähig."
Wirtschaftsminister hat Gesetzentwurf zu Kinderporno-Sperren schon fertig

rbb: Bundeskabinett berät über Sperrung von Kinderporno-Seiten
Etwa 400.000 Mal pro Tag klicken deutsche Internetnutzer auf Seiten mit Kinderpornografie. Ihnen wird es viel zu leicht gemacht, findet Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen. Sie will, dass Internetanbieter kinderpornografische Seiten komplett sperren. Notfalls auch mit einer Änderung des Telemediengesetzes.

Heute will das Bundeskabinett über die Pläne beraten. Doch Justizministerin Brigitte Zypries ist skeptisch und befürchtet unüberschaubare Kontrollen bei unbescholtenen Internetnutzern. Und auch Datenschutz- und Internetexperten halten die Sperrung von Internetseiten für problematisch.

Warum, das fragten wir Andreas Pfitzmann, Professor für Informatik an der TU Dresden...

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Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Verstecke die folgenden 5 Kommentare

Zensur und Internet

. 26.03.2009 - 02:04
Ein kleine Anekdote zu Zensur und Internet findet sich hier:

Außerdem in Dresden

Klugscheißer_in 26.03.2009 - 10:47
Die Auseinandersetzungen um die Hechtstraße 7 sind noch nicht vorbei, macht Aktionen und haltet Augen und Ohren offen. Der Kampf geht weiter...

Richtig

Mein Name 26.03.2009 - 21:13
Natürlich wird jeder, der das haben will, auch in Zukunft im Internet seine Kinderpornos finden. Wenn das aber als Rechtfertigung dafür dient, dass vorbereitete Linklisten öffentlich gestellt werden, dann ist das so ähnlich, als ob man Verbot und Verfolgung aller Verbrechen aufgibt, weil es immer Wege geben wird, sie dennoch zu begehen. Und wenn man sowieso alles weiterhin im Netz findet, dann lasst sie doch verbieten bis sie schimmelig sind, es bewirkt ja sowieso nichts.

Es ist sehr bedauerlich, dass ein Projekt wie Wikileaks sich mit so einem Dreck abgibt. Die Freiheit verteidigt man nicht, indem man die Freiheit aller Verbrechen verteidigt.

@ Mein name

Interessiert 26.03.2009 - 22:02
Also wie die Zensur von politisch unbequemen Webseiten Kinderpornos verhindern soll, ist mir schleierhaft. Mir ist nicht bekannt, daß die DDR oder das NS-Regime Kinderpornofrei gewesen wären. Zumal: warum wird die Zensur mit Lügen begründet, wenn man doch "Die Guten" ist?

Schäuble gehackt Webseite für mehrere Stunden

DatenCREW 29.03.2009 - 21:00
Nun hat es den, doch eigentlich so sehr auf Sicherheit bedachten, Innenminister Wolfgang Schäuble auch erwischt. Besser gesagt seine Internetpräsenz. Diese wurde am gestrigen Samstag Nachmittag gehackt. Für die Dauer von mehreren Stunden gab es, anstelle von wichtigen Neuigkeiten, einen Totenschädel zu sehen.

Nun hat es den, doch eigentlich so sehr auf Sicherheit bedachten, Innenminister Wolfgang Schäuble auch erwischt. Besser gesagt seine Internetpräsenz. Diese wurde am gestrigen Samstag Nachmittag gehackt. Für die Dauer von mehreren Stunden gab es, anstelle von wichtigen Neuigkeiten, einen Totenschädel zu sehen.



Das hätte sich Herr Schäuble bestimmt nie gedacht, dass seine Webseite ein Facelifting in solch ungeahnter Manier erhält. Für mehrere Stunden gab es neben einem lachenden Totenkopf die Worte: "This page has officially been hacked by a pro" zu sehen. Bereits vor einigen Tagen gab es Hinweise darauf, dass die Webseite unseres Innenministers eine Sicherheitslücke beinhalte, die ein Hacker für seine Machenschaften ausnutzen könnte.



Genauer gesagt ging es um eine Lücke im XSS, dem sogenannten Cross-Site Scripting. Durch den bekannt gewordenen Bug war es möglich, fremden HTML-Code in eine Webseite einzuschleusen. Betroffen von der XSS-Lücke war eben auch schon die Internetseite von Wolfgang Schäuble, auf der sein offizieller Rücktritt angekündigt wurde. Doch nicht nur ihn hat es böse erwischt, auch die Partei "Die Linke" wurde Opfer eines Hackers. Dieser veröffentlichte auf deren Internetseite eine Stellungsnahme bezüglich der nächsten Bundespräsidentenwahl.



Auf beiden Seiten wurden die XSS-Probleme allerdings behoben. Ergo ist es unwahrscheinlich, dass erneut exakt diese Lücke benutzt wurde. Unterstreichend kommt hinzu, dass der HTML-Code diesmal direkt in die Seite integriert wurde. Bei den Vorfällen der vergangen Tage wurde dieser mittels Suchergebnis reflektiert.



Die ersten Vermutungen hinsichtlich der Lücke wurden bereits gesponnen. Es müsste unter Umständen in Betracht gezogen werden, dass eine Sicherheitslücke in einem Zusatzmodul für das Content Management System TYPO3 genutzt wurde. Das Ausnutzen dieser Lücke hätte den Weg für SQL-Injections frei machen können. Die Entwickler des Moduls haben bereits einen Sicherheitspatch veröffentlicht. Allen Anwendern wird dringend empfohlen, ein Update vorzunehmen. An den Beispielen ist zu erkennen, welche Schäden sonst entstehen können.