Verurteilung wegen Protest gegen Moorburg

Soligruppe 19.03.2009 17:54 Themen: Repression Ökologie
Heute wurde vor dem Amtsgericht in Hamburg der Prozess gegen eine
Aktivistin geführt, die im Rahmen des Klima- und Antirassismuscamps die
Baustelle des Kohlekraftwerkes in Moorburg besetzt hatte. Der Prozess
endete mit einer Verurteilung zu 15 Tagessätzen a 10 Euro wegen
Hausfriedensbruch.
Die Angeklagte hatte im Sommer 2008 gemeinsam mit weiteren Personen über
mehrere Stunden die Baustelle des von Vattenfall geplanten
Kohlekraftwerks Hamburg Moorburg besetzt. Im heutigen Prozess
thematisierte sie erneut ihr Anliegen. „Angesichts der drastischen
Effekte, die der Klimawandel mit sich bringen wird und schon heute mit
sich bringt ist der Neubau von Kohlekraftwerken absolut unvertretbar“ so
Franziska. „Richter Phillip war eindeutig befangen, er verweigerte mir
Einsicht in die Ermittlungsakten und die Herbeiziehung eines
persönlichen Beistands.“

Die Angeklagte wird in Revision gehen, um Verfahrensfehler prüfen zu
lassen. So wurden beispielsweise keine Zeugen vorgeladen, sondern
lediglich aus Akten vorgelesen. Eine umfassende Beweisaufnahme ist das
unter keinen Umständen. In einem ähnlichen Fall (es ging ebenfalls um
eine Aktion gegen Vattenfall, es wurde damals gegen Hanna Poddig von
Tschüss-Vattenfall wegen das Kleben eines Aufklebers verhandelt) wurde
ein Urteil des Amtsgerichtes Altona wegen Sachbeschädigung vom
Oberlandesgericht aufgehoben und zur erneuten Verhandlung an das
Amtsgericht zurückverwiesen. „Ich bin optimistisch, dass auch dieses
Urteil keinen Bestand haben wird“ so Franziska.

Der Staatsschutz, also die politische Abteilung der Polizei, war
ebenfalls vor Ort. Dies zeigt, dass das Thema Vattenfall noch immer
politisch hochbrisant ist.

In den nächsten Wochen (am 25.März und am 3.April) wird es zu weiteren
Prozesse kommen gegen Menschen, die sich gegen das Kraftwerk in Moorburg
engagiert haben. „Legitimer und wichtiger Protest wird hier von Seiten
der Staatsanwaltschaft kriminalisiert“, so Hanna Poddig von Tschüss
Vattenfall. „Wir wünschen allen Angeklagten viel Kraft für die
juristische Auseinandersetzung und hoffen, dass es weiterhin zahlreiche
bunte, kreative und vielfältige Aktionen gegen den Klimakiller
Vattenfall gibt“.
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Ergänzungen

Bezug auf vorherigen OLG Beschluss

egal 19.03.2009 - 18:02
Hier näheres zum oben erwähnten OLG-Beschluss:

 http://de.indymedia.org/2008/10/228693.shtml

PM Gegenstrom

egal 19.03.2009 - 18:03
Pressemitteilung
Gegenstrom08

Hamburg, 19.03.2009

#Klimaaktivistin wegen Hausfriedensbruchs verurteilt - Akteneinsicht
und Zeugenvernehmung verweigert#

Zum heutigen Urteil gegen eine Klimaaktivistin im Zusammenhang mit der
Besetzung der Kraftwerksbaustelle in Moorburg im August 2008 erklärt
die Aktion Gegenstrom08:

Das Amtsgericht Hamburg-Harburg hat heute die Klimaaktivistin
Franziska Wittig wegen Hausfriedensbruchs zu einer Geldstrafe von 15
Tagessätzen zu 10 Euro verurteilt. "Damit wird in Hamburg erneut
legitimer Widerstand gegen die Klimazerstörung durch Vattenfall
kriminalisiert, während der Konzern unbehelligt auf Kosten von
Menschen und Klima wirtschaften kann.", kommentiert Felix Pithan von
Gegenstrom08 das Urteil.

Schon im Februar verurteilte das Amtsgericht den
Klimacamp-Pressesprecher Tadzio Müller wegen Widerstands gegen
Vollstreckungebeamte zu einer Geldstrafe. "Von dieser
Kriminalisierung lassen wir uns nicht einschüchtern: Der Widerstand
gegen neue Kohlekraftwerke wird weitergehen und zeigt erste Erfolge."
so Pithan weiter. So musste Vattenfall bereits den Bau eines weiteren
Kohlekraftwerks in Berlin aufgeben.

Die angeklagte Aktivistin hatte argumentiert, dass ein Betreten der
Baustelle aufgrund des rechtfertigenden Notstands (§34 StGB) nicht
strafbar sein könne, da es der Abwehr größerer Gefahren diente.
"Angesichts der massiven Gefahren des Klimawandels ist es notwendig,
unmittelbar gegen solche Wahnsinnsprojekte wie Moorburg aktiv zu
werden", so Franziska Wittig.

Damit wollte das Gericht sich nicht befassen. Die Anträge der
Angeklagten, zumindest Zeugen anzuhören, die den Vorwurf des
Hausfriedensbruchs hätten belegen sollen, wurden ignoriert. Sie
erhielt auch keine Akteneinsicht. "Eine angemessene Verteidigung war
so nicht möglich. Diese eklatanten Rechtsbrüche werden wir nicht
hinnehmen!" erklärt die Klimaaktivistin. Sie überlegt, gegen das
Urteil Revision einzulegen.

Schon im Prozess hatte sie wegen der Einschränkung ihrer
Verteidigungsrechte Befangenheitsanträge gegen den Richter gestellt,
der diese abwies. Am 25.03. wird in Hamburg erneut gegen eine
Aktivistin des Klimacamps verhandelt, die an einer Demonstration
gegen den Kraftwerksbau in Moorburg teilgenommen hatte und
deswegen einen Bußgeldbescheid erhielt.

Der Unsinn von Gegenstrom

campteili 19.03.2009 - 18:53
Das ist unerträglich: Gegenstrom versucht jeden Vorgang auszunutzen, um den tollen Tadzio als Sprecher zu inszenieren. Schon nach dem Prozess gegen Tadzio hatten mehrfach CampteilnehmerInnen protestiert, dass sie nicht gefragt wurden, ob Tadzio ihr Sprecher sei. Das interessiert diese Eliten mit Hegemonialanspruch nciht. Selbst bei Prozessen gegen andere, sogar noch gegen Leute, die dem selbsterklärten Obercheftum kritisch gegenüberstehen, ist Gegenstrom eiskalt nur damit beschäftigt, die Wichtigen als wichtig zu inszenieren.
Solche politischen Bewegungen, deren Zweck es ist, Häuptlinge zu inszenieren, kann mensch getrost auch entsorgen. Nieder mit den selbsternannten SprecherInnen. EIne andere Organisierung ist möglich.

Artikel

mensch 20.03.2009 - 01:30
 http://www.taz.de/regional/nord/hamburg/artikel/?dig=2009%2F03%2F19%2Fa0026&cHash=6cb5ac3889
19.03.2009 hamburg heute
"Ich plädiere auf Freispruch"
Heute vor Gericht: Vattenfall hat 36 Kohlekraft-Gegner wegen "Hausfriedensbruch" verklagt

taz: Weshalb stehen Sie heute vor Gericht, Frau Wittig?

Franziska Wittig: Vattenfall wirft mir Hausfriedensbruch vor, weil ich bei der Besetzung des Kraftwerkgeländes in Moorburg dabei war. Insgesamt hat Vattenfall 36 Leute verklagt, alle aus demselben Grund.

Sie verteidigen sich selbst. Was erzählen Sie dem Richter, damit er Sie freispricht?

Vor Gericht will ich versuchen zu zeigen, dass der Widerstand gegen Moorburg notwendig und gerechtfertigt war. Schließlich hat der Bau des Kraftwerks viele schädliche Folgen: die Elbe wird erwärmt, dadurch kippt vielleicht das ganze Ökosystem. Außerdem beschleunigen besonders Kohlekraftwerke den Klimawandel.

Ließe sich der CO2-Ausstoß Moorburgs nicht an anderer Stelle wieder einsparen?

Emissionshandel kann nicht die Lösung sein. Der führt nur dazu, dass Unternehmen mit genug Geld keine Rücksichten auf niemanden mehr nehmen müssen. Da entsteht so eine Mentalität à la "Ich zahle, also darf ich alles". Die weniger Wohlhabenden müssen dann mit den Folgen leben.

Zählen solche politischen Argumente denn vor Gericht?

Ja, in England wurden bereits Angeklagte in einem ähnlichen Fall freigesprochen. Abgesehen davon wollen wir den Prozess auch politisch nutzen. Deshalb hat wohl bisher auch niemand die 400 Euro gezahlt, die notwendig sind, damit das Verfahren eingestellt wird. INTERVIEW: JNO

Öffentliche Verhandlung: 14 Uhr, Amtsgericht Harburg, Saal 211

Fotohinweis:
FRANZISKA WITTIG, 26, Kohlekraftgegnerin
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 http://www.taz.de/regional/nord/hamburg/artikel/?dig=2009%2F03%2F20%2Fa0028&cHash=581ad9acfb
20.03.2009

Aktivistin verurteilt

Die Gegenstrom08-Aktivistin Franziska Wittig ist vom Amtsgericht Harburg wegen Hausfriedensbruchs zu 150 Euro Geldstrafe verurteilt worden. Wittig hatte im Rahmen des Klima-Camps im August 2008 an der Besetzung der Baustelle des Kohlekraftwerks Moorburg teilgenommen. Vor Gericht machte sie vergeblich "rechtfertigen Notstand" geltend.
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Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Verstecke die folgenden 2 Kommentare

Soli-DVD zum Antira- und Klimacamp 2008

aktivist 20.03.2009 - 07:22
Das Antirassismus- und Klima-Camp Hamburg 2008
Für globale Bewegungsfreiheit und ein ganz anderes Klima !
(Soli-DVD, 72 Min., 11/08)

Mitte August 2008 war es soweit: Antirassismus- und Klima-Camp schlugen ihre Zelte auf, um mehrere Tausend AktivistInnen aus unterschiedlichsten politischen Zusammenhängen und Ländern zu begrüßen. Die Vorgeschichten der beiden Camps, die sich als selbstorganisiert, basisdemokratisch und hierarchiefrei verstehen, sind sehr verschieden.
Während die antirassistische Bewegung hierzulande auf eine über zwanzigjährige Geschichte zurückblicken kann, formiert sich in Deutschland der Widerstand gegen die herrschende Klimapolitik noch. So wird das bundesweit erste Klimacamp als wichtiger Schritt gesehen, um eine linke Position im Klimadiskurs zu entwickeln und sichtbar zu machen.
Es gab zwar getrennte Vorbereitungsgruppen, doch waren Infrastruktur, Workshops, Demonstrationen und Aktionen eng aufeinander abgestimmt - einschließlich der verschiedenen Themenbereiche.
In diesen sollen Forderungen nach globaler Bewegungsfreiheit und ökologischer Gerechtigkeit Ausdruck verliehen werden, um die transnationale Organisierung von unten zu stärken und so zu einer solidarischeren Welt beizutragen.

Das Filmteam begleitete die AktivistInnen und DemonstrantInnen während der verschiedenen Protesttage und liefert anhand von kurzen Einführungstexten und Redebeiträgen einen Einblick in die Forderungen und Ziele der Bewegung:
- 16.8.08: Auftaktdemonstration
- 18.8.08: Reclaim your Market
- 18.8.08: Ergebnisoffene Erkundung / Atommüll
- 19.8.08: Frontex - organisierte Flüchtlingsabwehr
- 20.8.08: Ilisu-Staudamm (Türkei) verhindern !
- 21.8.08: Aktionen gegen Abschiebungen
- 22.8.08: Fluten 3.0 / Hamburger Flughafen
- 23.8.08: Gegenstrom 08 / Kohlekraftwerk Moorburg


Eine freezz-Produktion

Auf der Homepage von Zwischenzeit gibt es einen Filmtrailer, der einen Einblick in den Filmaufbau und die verschiedenen Aktionstage liefert:
www.zwischenzeit-muenster.de

Bestellungen, Fragen oder Anmerkungen richten Sie bitte an:
 film@zwischenzeit-muenster.de

Die Soli-DVD kostet 12 Euro (oder als Super-Soli: 16 Euro) plus Versandkosten
Die Hälfte der Einnahmen geht als Spende an die beiden Camps, um die verbliebenen Infrastrukturkosten zu senken.

revision

P. Lustig 22.03.2009 - 19:02
Oh, oh, oh. Der Rechtsweg wird teuer. Da ist die Aktivistin aber finaziell ganz schön gut gestellt. Wenn das auch noch in die Grütze geht werden die Verfahrenskosten aber richtig hoch. Respekt.