Kalifornische Justiz: Mülltonnen vs. Mord

Mumia-Hörbuchgruppe 22.02.2009 22:40 Themen: Repression Weltweit
In der Sylvesternacht 2009 erschoss ein Polizist im kalifornischen Oakland, USA einen wehrlosen Bahnfahrgast. Die Tat löste Wut und Empörung aus. Es kam zu vielen Demonstrationen und zu Zusanmmenstössen mit einer Polizei, die sich in keinster Weise für die Tat zu rechtfertigen brauchte und selbst an der Eskalation mit arbeitete. Viele Beobachter_innen sehen eine besondere Tragweite darin, dass weder Justiz noch Behörden großes Interesse an der Aufklärung der Tat zeigen.
Johannes Mesherle, der Täter ist weiss, Oscar Grant III, der Ermordete ist schwarz.
Viele Fahrgäste hatten den Vorfall der Sylvesternacht gefilmt (  http://www.indybay.org/newsitems/2009/01/06/18559091.php ). Der BART Polizei war es trotz großer Anstrengungen nicht gelungen, diesen Fall zu verheimlichen, so dass Mesherle auf öffentlichen Druck hin über eine Woche nach der Tat vorläufig festgenommen wurde. Mehr dazu auch in diesem Indymedia-Artikel vom 12. Januar 2009 (  http://de.indymedia.org/2009/01/239129.shtml ).
Es ist derzeit völlig unklar, wann und vor allem wg. was Mesherle angeklagt werden wird. Wer den wenigen Verlautbarungen seitens der Staatsanwaltschaft und der Polizei selbst nachgeht, erkennt, das sie sich eine geringfügige Anklage mit maximal zwei Jahren Gefängnisstrafe für den Täter vorstellen.

Zeitgleich beginnt morgen in Oakland ein Prozess gegen den unabhängigen Journalisten J.R. Valrey. Ihm wird vorgeworfen, am 7. Januar 2009 während einer gewaltsamen Auseinandersetzung zwischen Demonstrant_innen und der Polizei eine Mülltonne angezündet zu haben. Dafür drohen ihm drei Jahre Gefängnis, wenn es nach dem Willen des Bezirksstaatanwaltes von Alameda County geht.

J.R. Valrey ist Afroamerikaner und seit vielen Jahren als unabhängiger Journalist tätig. Er arbeit u.a. für KPFA Radio/Flashpoints, Block Report (  http://www.blockreportradio.com ), ist Side Show Radio Producer sowie Associate Editor of the San Francisco Bay View, einer landesweiten schwarzen Zeitung (  http://www.sfbayview.com ).

Mary Ratcliff, Herausgeberin des San Francisco Bay View Newspaper, nennt die Vorwürfe gegen den Kollegen konstruiert. Sie sagte, Valrey habe über die gesamten Vorgänge rund um die Erschiessung von Oskar Grant III sehr ausführlich berichtet. Zum Zeitptunkt seiner Festnahme kam er gerade aus einer Presskonferenz des Bürgermeisters von Oakland. Der besonders brutale Zugriff durch die Oaklander Polizei (OPD) wurde auch von einigen Rechtsanwälten beobachtet. Es scheint, so Mary Ratcliff, als ob hier die kritische Berichterstattung am Verhalten der Polizei ruhig gestellt werden soll.

J.R. Valrey ist einer von 130 Gefangenen, welche im Zusammenhang mit den Protesten gegen die BART Polizei im Januar verhaftet wurden. Er scheint jedoch der einzige zu sein, gegen den die Polizei ernsthaft ermittelt und den sie für lange Zeit inhaftieren wollen.

Für morgen rufen kalifornische Anti-Rassist_innen zur Solidarität mit dem angeklagten Journalisten auf. Während Unterstützer_innen vor Ort den Prozess besuchen werden, werden alle Interessierten gebeten, das Büro des Bezirksstaatsanwaltes DA Tom Orloff von Alameda County anzurufen, um dort ihre Unterstützung für J.R. Valrey auszudrücken. Seine Telfonnummer ist 001 510 272-6222.
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Ergänzungen

Arrests of protesters by the Oakland PD

Mary Ratcliff 22.02.2009 - 22:46
... were unnecessarily violent and, in this case, bloody.

Like Mumia Abu-Jamal, who, before he was framed for killing a cop, was beloved on the streets of Philly as the "voice of the voiceless," Minister of Information JR is the best known journalist in the Bay Area for his frontline coverage of the police war against the Black community. Bay View readers will remember countless stories he has written about young Black men brutalized, terrorized and murdered by police - stories ignored by other media.

@ ich auch

blubb 24.02.2009 - 15:44
Was für ein Blödsinn von wegen Stille in den US-Medien. Das stimmt so definitiv nicht.
Beispiele?
Washington Post vom 15.1.2009 ("Around the nation")
New York Times am 9.1.2009 ("In California, Protests After Man Dies at Hands of Transit Police")
Und wenn du bei google suchst, findest du auch noch etliche weitere, aber klar, wenns die bösen US-Medien sind, und nicht die deutschen, britischen oder sonstwas sind, dann muss das natürlich betont werden...

Medien und Polizei brauchten zig Tage

Kurt 28.02.2009 - 16:46
Immer, wenn dieser Fall auf indymedia zur sprache kommt, wird darauf hingewiesen, dass es nur durch unabhängige Berichterstattung überhaupt gelungen ist, den Mord an Oskar Grant bekannt zu machen.
Erst als zwei Tage nach der Tat ein erstes Video von Bay Area Indymedia auch auf einigen lokalen Fernsehkanälen lief, hat die zuständige BART Polizei überhaupt zugegeben, dass es eine Toten gab. Noch in der Tatnacht haben sie durch beschlagnahmen von Kameras und Handys versucht, die Geschichte zu verheimlichen.
Journalisten wie dem im Artikel vorgestellten ist es zu verdanken, dass die ganze Geschichte Anfang Januar nicht unter den Teppich gekehrt wurde. Als es am 7. und 8. Januar zu "Krawallen" kam, startete auch die Mainstream Presse mit Berichterstattung. Genau dafür rächen sich jetzt die Behörden an dem journalisten.

Die Justiz hat eigentlich bis heute nichts Wesentliches unternommen-

Auch wenn es vielleicht nicht in die vorgefertigten Denkchemen einiger Leser_innen passt: es geht hier nicht um "böse amerikanische" Institutionen, sondern um die Arroganz der Staatsmacht und um Rassismus (hallo Blubb).

Diese Geschichte könnte auch in vielen anderen Ländern passieren. Im Unterschied zu Westeuropa gibt es in den USA jedoch jahrzehntelange Erfahrung und Organisierung gegen Polizeigewalt und Rassismus. Hier muss das ja alle paar Jahre neu erfunden werden. Und meistens bleiben die Betroffenen nach einiger Anfangssolidarität unter sich (siehe die Oury-Jalloh Initiative: die Unterstützung "der Linken" war erbärmlich, weil zahlenmässig so gering).

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