Die FRAPORT ist Recht

Wolf Wetzel 20.02.2009 16:16 Themen: Freiräume Medien Repression Soziale Kämpfe Ökologie
In den Morgenstunden des 18.2.2009 räumten über 100 Polizeibeamte, mit Unterstützung eines vermummten Sondereinsatzkommandos/SEK das Waldcamp im Kelsterbacher Wald. Gegen 37 der FlughafenausbaugegnerInnen stellte die FRAPORT Strafanzeige wegen Hausfriedensbruch - und holzt sich durch Wald und Recht...
Als wäre nichts geschehen…
Die Räumung des Waldcamps im Kelsterbacher Wald und Bild-Beherrschung

In den Morgenstunden des 18.2.2009 räumten über 100 Polizeibeamte, mit Unterstützung eines vermummten Sondereinsatzkommandos/SEK das Waldcamp im Kelsterbacher Wald. Gegen 37 der FlughafenausbaugegnerInnen stellte die FRAPORT Strafanzeige wegen Hausfriedensbruch.

Die FRAPORT hatte sich tags zuvor, im 24-Stunden-Service, einen Räumungstitel besorgt, die Polizei hatte Wochen zuvor alle Waldcamp-BewohnerInnen identifiziert und aufgelistet. So konnte die FRAPORT die Räumung gegen namentlich aufgeführte BewohnerInnen erwirken.
Auch der Sicherheitsdienst der FRAPORT war gut vorbereitet und bewies geheimdienstliches Potenzial im rechtsfreien Raum. Man hatte aus den 80er Jahren gelernt, als die Räumung und Zerstörung des Hüttendorfs im Flörsheimer Wald am 2.11.1981 in Wort und Bild dokumentiert wurde, Bilder, die sich vielen bis heute eingeprägt haben.
Als gegen 8.45 Uhr über 20 Journalisten und Fernsehteams die Räumung des Waldcamps dokumentieren wollten, fanden sie sich vor einem Sicherheitszaun, der Hunderte Meter vom Waldcamp entfernt gezogen wurde. Unisono wurde ihnen der Zutritt verweigert. Das brachte selbst jene auf, die ansonsten als ›embedded‹, eingebettet, gelten - wie z.B. ein RTL-Team.
Erfahrungsgemäß ändert eine ungewohnte Behandlung schlagartig die Berichterstattung. Der RTL-Reporter ist empört und will vom anwesenden Pressesprecher wissen, wie die Verhinderung von Pressearbeit begründet wird. Die lakonische und absurde Antwort, es handele sich hier um einen ›Baustellenbereich‹ bringt das Fass zum Überlaufen und den RTL-Reporter aus der Fassung. Er stellt, die für RTL doch recht ungewöhnliche Frage: »Die FRAPORT stellt sich also ganz wissentlich gegen das Grundgesetz?«
Sichtlich überrascht mahnt der FRAPORT-Pressesprecher zur Gemeinsamkeit: »Nein, das wissen Sie doch so gut wie ich … «, während der RTL-Kameramann einen zivilen PKW (F-NZ 173) filmt, auf dessen Dach eine bewegliche Kamera installiert ist. Das private Observationsauto filmt die Szenerie und verschwindet anschließend im fiktiven ›Baustellenbereich‹. Dann schwenkt die Kamera zurück und entdeckt einen weiteren Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes, der sich hinter seinen Pressesprecher aufgestellt hatte. Er trägt »einen Helm mit Headset, darin versteckt eine kleine Kamera, wie beim Geheimdienst. Mit der bespitzelt er uns heimlich, während meiner Interviews und filmt auch andere Kollegen.«
Zur Rede gestellt, wird dem RTL-Team lakonisch mitgeteilt, dass dieser private Spitzeldienst die Daten live in die Sicherheitszentrale der FRAPORT übermittele.

Brave new, old world.
Auch wenn man es am liebsten nicht (wahrhaben)möchte: Es geht bei der Durchsetzung der neuen Landebahn um mehr als die Hälfte des Kelsterbacher Waldes! Es wird mit Systematik mehr abgeholzt als ein Wald, der einer ›Königsklasse‹ (FRAPORT-Chef Wilhelm Bender) im Weg ist, die sich gerade im Sturzflug befindet und sich dabei nicht aufhalten lassen will: »Ausspähungen bei der Telekom, Bespitzelung bei der Bahn - Spionage scheint in großen Unternehmen momentan irgendwie ›trend‹ zu sein. Das haben auch wir jetzt am eigenen Leib erfahren. Eigentlich wollte unser Reporter Mark Kohlbecher nur die Flughafenausbau-Gegner im Kelsterbacher Wald drehen, doch plötzlich bemerkte er, dass er von der Fraport heimlich gefilmt wird.« RTL-Text zu ihren Dreharbeiten am 19.2.2009

Wovon es kein Bild gibt, existiert nicht
Da ich bereits am 21.1.2009 (siehe Presserklärung vom selben Tag) daran gehindert wurde, die Rodungsarbeiten zu dokumentieren, wollte ich noch einmal sicher gehen, und meldete mein Anliegen direkt bei der FRAPORT-Pressestelle an. Ich bekam einen ›geführten‹ Termin für den 20.2.2009 – also zwei Tage nach der Räumung. Ich erklärte deutlich mein Anliegen: Ich wollte den Stand der Rodungen dokumentieren und Bilder von der Stelle machen, wo sich das Waldcamp befand. Man fuhr mich durch die verschiedenen Rodungsgebiete und ich konnte mir ein Bild davon machen, was die FRAPORT damit meinte, sie sei »über Plan«: Der Wald ist abgeholzt, und dort, wo noch gearbeitet wird, hat bereits die Verwertung begonnen. Auf dem Weg zurück kreuzten wir die Schneisse, die zum Waldcamp führte. Ich bat anzuhalten, worauf mir plötzlich mitgeteilt wurde, dass er gerade die Mitteilung bekommen hätte, dass dies aus Sicherheitsgründen nicht möglich sei. Man konnte von der Kreuzung aus sehen, dass noch einige Baufahrzeuge die letzten Reste des Waldcamps beseitigten, der Weg dorthin frei und passierbar war und vieles ›gefährdet‹ ist, am aller wenigsten die Sicherheit.
Ich antworte ihm, dass diese Begründung absurd sei und der FRAPORT-Pressebegleiter zuckte vielsagend mit den Schultern und verwies darauf, dass er nur Anweisungen befolge, mit allem anderen bekäme er Probleme.

Wolf Wetzel
Journalist und Autor des Buches ›Tödliche Schüsse‹, die Geschichte der Startbahnbewegung
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

Geschäftsklima

Wolf Wetzel 20.02.2009 - 16:49
So sieht es aus, wenn fast 250 Hektar Wald, größtenteils Bannwald, die höchste Schutzkategorie im Forstgesetz,abgeholzt sind..

Videos

Fritz 21.02.2009 - 01:29
Hier die Videos dazu:

 http://www.rtl-hessen.de/videos.php?video=4964
(Sendung vom 18.02.)

 http://www.rtl-hessen.de/videos.php?video=4975
(Sendung vom 19.02.)

Journalisten bespitzelt?

http://www.fr-online.de 21.02.2009 - 11:07
Fraport soll während der Räumung des Camps der Flughafenausbaugegner im Kelsterbacher Wald am Mittwoch heimlich Journalisten gefilmt und gezielt ins Visier genommen haben.

Diesen Vorwurf erhob der Fernsehsender RTL in einem Beitrag am Donnerstag. Der hessische Datenschutz ist bereits eingeschaltet und ermittelt, ob und wenn ja, warum die Flughafenbetreiberin diese Aufnahmen gemacht hat und ob es eine rechtliche Grundlage dafür gibt.

"Wir klären die Hintergründe und entscheiden dann über die Zulässigkeit eines solchen Vorgehens", sagt Ute Arlt, stellvertretende Datenschutzbeauftragte Hessens. Anfang der Woche werde die schriftliche Stellungnahme von Fraport erwartet.

Auf FR-Anfrage bestreitet Fraport-Sprecher Klaus Busch den Vorwurf: "Wir haben nichts aufgenommen und keinerlei Bildmaterial gespeichert." Die mit Mini-Kameras ausgestatteten Mitarbeiter hätten nur "Bildsignale drahtlos übermittelt", damit die Einsatzzentrale am Monitor die Lage im Camp verfolgen könne. "Wir haben es nicht nötig, Journalisten zu bespitzeln."

»Das muß im Landtag auf die Tagesordnung«

http://www.jungewelt.de 21.02.2009 - 11:09
Flughafengesellschaft von Frankfurt/Main bespitzelt Journalisten, die über Räumung des Kelsterbacher Waldes berichten. Ein Gespräch mit Hendrik Zörner

Klick auf:  http://www.jungewelt.de/2009/02-21/013.php

Demonstranten besetzen Gebäude

http://www.fr-online.de 21.02.2009 - 20:52
Etwa 200 Menschen haben am Samstag gegen den Ausbau des Frankfurter Flughafens im Kelsterbacher Wald demonstriert.

Sie protestierten gegen die damit verbundene Rodung des Waldes und die Räumung des Aktivistencamps durch die Polizei am vergangenen Mittwoch. Die Demonstration wurde von einem starken Polizeiaufgebot begleitet. Zu dem Protest hatten Bürgerinitiativen und Umweltaktivisten aufgerufen.

Am Rande der Demonstration hatten einige Ausbaugegner ein Gebäude besetzt, das sich auf der Fläche befindet, wo in den kommenden Jahren die Landebahn gebaut werden soll. Auch Bäume seien besetzt und Transparente ausgerollt worden. "Wir wollten deutlich machen, dass der geplante Ausbau die Lebensqualität in der Region verschlechtert", sagte einer der Ausbaugegner der Nachrichtenagentur ddp.

Mit einem Autokorso waren einige Umweltschützer zu dem besetzten Haus in der Nähe des Umspannwerks am Flughafenring gefahren. Nach Polizeiangaben blieb "alles friedlich".

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 2 Kommentare an

Und warum... — Paul Pott

Waldbesetzung-Kelsterbach — antifa.sozialbetrug