Straßburg: Proteste gegen Bildungspolitik

Onkel Otto 09.02.2009 23:04 Themen: Bildung Repression Soziale Kämpfe
Im Moment ist in Frankreich auf der Straße wieder einiges geboten. Während sich am 29. Januar 2009 mehr als zwei Millionen Angestellte aus dem Staatsdienst und der Privatwirtschaft an einem Generalstreik beteiligten, gab es dieses Wochenende in Straßburg Protest gegen die Bildungsreform, an dem bis zu 2000 Menschen teilnahmen.
Der Druck der Straße

Am „Schwarzen Donnerstag“, dem ersten Generalstreik seit Sarkozys Amtsantritt legten die Angestellten das öffentliche Leben größtenteils lahm. Als „Tag der Wut“ gegen Sarkozy interpretierte die linksgerichtete Zeitung „Libération“ den Protest der Massen. Für einen Tag bildete sich eine geschlossene Front aller linken Oppositionsparteien und der acht wichtigsten Gewerkschaften im „Kampf für Beschäftigung und Kaufkraft“. Die Gewerkschaften wollen einen generellen Kurswechsel der Regierung in der Finanz- und Wirtschaftskrise erzwingen. Die Regierung betrachtet die Entwicklung mit Sorge. „Uns beunruhigt nicht der Protesttag, sondern was danach passiert“, sagte ein Präsidentenberater dem regierungsnahen Blatt „Le Figaro“. Um die Konflikte zu begrenzen, stoppte Sarkozy erst einmal umstrittene Maßnahmen wie die Schulreform oder die Aufweichung des Wettbewerbsrechts für die Medien. Damit hat der Druck der Straße Sarkozy schon auf Gebieten zum Rückzug gezwungen, wo die Opposition im Parlament machtlos zuschauen musste. Unter anderem war Sarkozy von seinen Plänen für die Bildungsreform in den Zeiten der intensiven Phase der Proteste in Griechenland von seinen Plänen abgekommen.


Es wird heiß...

Die größte Oppositionspartei will Sarkozy mit dem Thema Krise auch bei der Europawahl im Juni in die Defensive drängen. Bei vielen Franzosen wächst die Wut darüber, dass der Staat zig Milliarden für Banken bereitstellt, die 2008 noch Milliardengewinne schrieben, aber gleichzeitig Lehrerstellen streicht und Entlassungen in der Wirtschaft zulässt. Viele meinen, der Staat schütze die Verursacher der Krise und nicht ihre Opfer. Im Sommer vergangenen Jahres hatte Sarkozy noch triumphiert. Nach der gesetzlichen Einführung von Notdiensten bei Streiks rief der Präsident aus: „Wenn heute in Frankreich gestreikt wird, merkt das keiner mehr!“ Eine Woche vor dem Streik erklärte Sarkozy noch arrogant: „Ich höre, was man mir sagt, aber ich höre nicht darauf.“ In Paris startete ein riesiger Protestzug ( http://www.stattweb.de/baseportal/NewsDetail&db=News&Id=4483), bereits am frühen Nachmittag viele Zehntausende, die sich am Bastille-Platz versammelten. Sie schwenkten Puppen, die Sarkozy als grüngesichtigen Sensenmann darstellten, und riefen US-Präsident Barack Obama gegen einen sozialen Kahlschlag ihres eigenen Präsidenten zu Hilfe. 300.000 Menschen gingen allein in der Hafenstadt Marseille auf die Straße, das ist fast die Hälfte aller Einwohner. Rund 200 Kundgebungen waren im ganzen Land angekündigt. Erstmals reicht der Zorn gegen Sarkozy weit in die bürgerliche Mittelsschicht hinein. Auch Werksarbeiter von den Unternehmen Renault und Peugeot, für die Sarkozy nun Geld locker machen will - insgesamt sollen es 6,5 Milliarden Euro für die Autoindustrie sein ( http://www.tagesschau.de/wirtschaft/autofrankreich102.html), befanden sich neben Supermarktkassiererinnen unter den Demonstranten. Die Arbeiter von PPR hatten beispielsweise erst heute wieder eine Demonstration ( http://www.liberation.fr/economie/0601635-la-redoute-on-se-bat-pour-partir-dignement).


Neue Proteste gegen die Bildungspolitik

Nicolas Sarkozy hielt nach dem Streik zunächst trotzdem erst einmal an seinen umstrittenen Reformen fest. Frankreich müsse die Reformen angehen, um seine Arbeitsplätze auch für die Zeit nach der Wirtschaftskrise zu sichern, sagte Sarkozy im Fernsehen. Wollte man jede Reform stoppen, sobald dagegen demonstriert werde, solle man besser erst gar keine Reform in Angriff nehmen, fügte er hinzu. Sarkozy verteidigte bei einer eineinhalbstündigen Sendung aus dem Elysée-Palast am Wochenende das umstrittene Bankenrettungspaket. Das Paket werde die Bevölkerung keinen Euro kosten, sondern vielmehr Geld einbringen, sagte er. Ende dieses Jahres werde das Geld, das die Regierung den Banken leihe, dem Staat 1,4 Milliarden Euro an Zinsen bringen. Dieses Geld werde er restlos für „soziale Massnahmen“ verwenden, versprach er und kündigte zudem die Abschaffung der Gewerbesteuer im kommenden Jahr an. Bereits Stunden vor dem Fernseh-Live-Auftritt von Sarkozy protestierten in Strassburg etwa 1600 Menschen gegen die geplante Bildungsreform. Während der Proteste reagierte die Polizei mit Tränengas ( http://www.dailymotion.com/related/x8avn3_strasbourg-v-pecresse-inaugure-luni_news/video/x89pqr_manifestation-lors-de-linauguration_news). Für die kommenden Tage soll der Protest intensiviert werden, damit sich noch andere Städte an den Protesten beteiligen.


Videos (alle in französisch):

Stress mit der CRS (mobile Bereitschaftspolizei)
 http://www.streetreporters.net/views/1921-les-tudiants-

Interview mit Studenten in Straßburg
 http://www.dna.fr/une/2282246.html

In Straßburg wird gestreikt
 http://www.dailymotion.com/relevance/search/crashlru/video/x8avn3_strasbourg-v-pecresse-inaugure-luni_news

Demonstranten vor dem Universitätsgebäude
 http://www.dailymotion.com/related/x89pqr_manifestation-lors-de-linauguration_news/video/x89r3l_incidents-devant-le-palais-universi_news

In den Nachrichten (Einsatz von Tränengas)
 http://www.agoravox.tv/article.php3?id_article=21805
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Ergänzungen

Bundesweiter Bildungsstreik 2009

Moni 10.02.2009 - 00:05

Proteste gegen Bildungspolitik wird es bald auch in D-Land geben. Am 15.-19. Juni 2009 soll es einen bundesweiten Bildungsstreik mit Studierende und SchülerInnen organisiert werden!!

Also let’s get organized!!



Die nächsten bundesweiten Vernetzungstreffen finden
- 28. Feb. - 1. März in Erfurt
- 26. – 29. März in Berlin (Bildungsblock bei der Finanzkrisendemo am 28. März) und
- 25. – 26. April in Düsseldorf statt.


Materialien/Information:
• Bündniswebsite: www.bildungsstreik2009.de
• Plakate ab sofort bestellbar unter  info@bildungsstreik2009.de

Frankreich wird zum Polizeistaat

Autonomes Medienkollektiv Freiburg 10.02.2009 - 16:37