Keine Verfahren gegen GenfeldbesetzerInnen
Die Straftat würde auch zutreffen, wenn sich mensch auf fremden Flächen aufhält und zum Verlassen aufgefordert wird, aber nicht geht. Doch was ist, wenn es dann gar nicht mehr geht (wegen Ankettung)? Oder nicht mehr sinnvoll nachweisbar ist, wer wann für welche Fläche zum Verlassen aufgefordert wurde? Wer ist das da oben auf dem Turm eigentlich ...
Die Einstellungen aus Gießen können Mut machen. Sie sind einerseits das Ergebnis kreativer Antirepression und offensiver Prozessführung. Aber sie deuten auch nach vorn: Das nächste Frühjahr kommt und kann nun offensiv angegangen werden. Selbst der Aufruf zu Besetzungen ist nur dann eine Straftat, wenn die Besetzung eine Straftat wäre. Das aber ist ja eher nicht so oder zumindest nicht klar.
Trotz der Einstellungen kritisieren Gießener FeldbesetzerInnen die Justiz weiter. Weiter läuft nämlich das spektakuläre Verfahren zur Feldbefreiung 2006, das im letzten Jahr unter Leitung des skandalösen Richters Oehm mit dem Verbot unangenehmer Fragen zur Gentechnik und einer mehrmonatigen Freiheitsstrafe endete. Einer der Beteiligten an der Besetzung im Frühjahr 2008, kommentierte die jetzigen Einstellungen zudem so: „Inzwischen sind unzählige Verfahren und ja auch zwei hohe Verurteilungen gegen GentechnikkritikerInnen erfolgt. Gegen die Versuchsbetreiber, die etliche Sicherheitsvorkehrungen missachtet und zweimal die Gerste haben will wuchern lassen, ist nie irgendein behördliches oder Strafverfahren betrieben worden!“ Der Staat schütze die von den meisten BürgerInnen ungeliebte Gentechnik.
Die Gießener FeldbesetzerInnen wollen so oder so ihren Protest fortsetzen, denn die Gentechniker der Uni Gießen haben das umkämpfte Feld nun ins fernen Mecklenburg-Vorpommern verlegt. Ausgewählt wurden die Flächen des AgroBiotechnikums, eines dubiosen Gentechnik-Gründerzentrums in Groß Lüsewitz östlich von Rostock. Dort werden neben der Gerste auch Felder mit gentechnisch veränderten Weizen, Kartoffeln und Petunien stehen.
Die dortigen GentechnikgegnerInnen wollen die Gießener nun unterstützen. „Pollen und Saatgut kennen keine Grenzen – daher gilt hier nicht: Aus den Augen, aus dem Sinn!“ sagen sie und haben begonnen, für das zur Zeit laufende Genehmigungsverfahren des Gerstenfeldes auch in und um Gießen Unterschriften und Einwendungen zu sammeln. Das kann überall geschehen. „Es wäre ein schönes Zeichen, wenn möglichst viele Menschen aus dem Raum Gießen, aber auch von überall anders her jetzt mit ihrer Einwendung deutlich machen: Gentechnik ist überall gefährlich - wir wollen auch in Groß Lüsewitz kein Gerstenfeld!“ Am 18. und 19. Februar wollen sie bei Veranstaltungen in den Orten nahe des neuen Versuchsgeländes über den Verlauf des Gerstenversuchs in Gießen mit seinen Pannen und Vertuschungen informieren. Für alle Einwendungen und Proteste haben sie die Internetseite www.aggrobiotechnikum.de.vu eingerichtet.
Protest soll es zudem an auch an vielen anderen Feldern geben. Die Informationen dazu sollen wie im vergangenen Jahr immer zeitnah auf www.gentech-weg.de.vu eingestellt werden. Die Initiative "Gendreck weg!" mobilisiert wie letztes Jahr in den Landkreis Kitzingen - diesmal aber gleich an zwei Wochenenden: Eine Gegensaat und eine Feldbefreiung sind geplant. Weitere Auseinandersetzungen wird es vor Gericht geben: Die FeldbefreierInnen von Gatersleben (April 2008) wurden auf Schadenersatz verklagt. Andererseits ist das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) verklagt worden, weil es sich penetrant weigert, die gesetzlich vorgeschriebene Akteneinsicht zu gewähren. Es wird also nicht ruhig werden im Lande - auch eine Folge einer Organisierung, die weitgehend ohne die schwerfälligen Eliten aus NGOs, Parteien und linksradikalen Wichtigsphären auskommt.
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Ergänzungen