München: Gewahrsamnahmen bei Satiredemo

Kamerad Schnürschuh 01.02.2009 21:50 Themen: Repression SiKo München
Bei der Jubeldemo am vergangenen Samstag, im Vorfeld der Proteste gegen die so genannte "Sicherheitskonferenz" am nächsten Wochendende, hat die Polizei neun Demonstranten in Gewahrsam genommen. Das Vorgehen der Polizei ist nicht neu, sorgt aber immer wieder für Ärger und Unverständnis bei der Bevölkerung und den DemonstrantInnen.
Sicherheitsgebaren bei der Münchner Polizei

Kaum hatten sich die etwa 80 DemonstrantInnen am Samstag um 13.00 versammelt, da war sie schon da, die erste polizeiliche Aktion. 9 AktivistInnen wurden auf dem Weg zur Demonstration, vorläufig in Gewahrsam genommen, da sie laut Polizeiangaben versucht hätten, täuschend echte Spielzeugpistolen auf die Demo zu schmuggeln, hieß es von Seiten der Ordnungshüter. Dass es sich bei den beschlagnahmten Objekten um Faschingsartikel aus Plastik handelte und die Polizei seit der Anmeldung der Demonstration wusste, dass Waffenattrappen eine Rolle spielen würden, schien die Beamten nicht zu beirren. Auch dass solche Art von Demonstrationen bereits seit Jahren zur Tradition der Proteste gegen die Sicherheitskonferenz gehören, konnte die Beamten nicht abschrecken.


Polizei torpediert Demoorganisation

Doch damit nicht genug, mit der Gewahrsamnahme war die Demoleitung auch gleich ihr Fronttransparent für die Demonstration los und zusätzlich fast ihre kompletten OrdnerInnen. Der vergebliche Versuch noch eine halbe Stunde an Ort und Stelle auf eine Besserung der Sachlage zu warten, schlug fehl. Und so zog nach langem hin und her die Demonstration über die Sonnenstraße ins Hauptbahnhofviertel und zum Abschluss vor den bayerischen Hof. Durch die starke Repression verhindert, war öfters zunächst gar nicht klar wohin die Demo eigentlich laufen sollte, aber nach einiger Zeit kam sogar etwas Stimmung auf und die Menschen feierten ihre ganz persönliche ironische Party gegen die Nato. Die Gewahrsamnahme ist eigentlich eine zulässige polizeiliche Maßnahme, zum Zwecke der Gefahrenabwehr. Die Münchner Polizei jedoch, hat vor allem, erfahrungsgemäß bei Großdemonstrationen, den Bogen einer Möglichkeit oder Nötigkeit zu einer Gewahrsamnahme oft überzogen, das zeigen die großen Zahlen, der in Gewahrsam genommenen Personen, sei es bei Anti-Nazi Protesten, oder bei den Demonstrationen gegen die Nato-Sicherheitskonferenz. Im Nachhinein stellten sich Polizeikessel oder sonstige Aktionen oft als illegal heraus.


Großes Polizeiaufgebot

Trauriger Höhepunkt war die Gewahrsamnahme von über 850 Personen an einem Wochenende im Jahr 2002. Mit dieser Art von Maßnahme, der zugleich psychische Einschüchterungen und körperliche Gewalt folgen, versucht die Münchner Polizei den Protest auf der Straße bereits seit Jahren zu kriminalisieren. „Offenbar war den Beamten die Ironie in den Forderungen nach mehr Krieg, Terror und Überwachungsstaat entgangen“, heißt es in der Pressemitteilung der SDAJ. „Augenscheinlich versucht die bayerische Polizei schon im Vorfeld die Proteste gegen die so genannte NATO-Sicherheitskonferenz am 7. Februar zu kriminalisieren.“ Bei der in den letzten Jahren bereits schon veranstalteten Satireaktion war es noch nie zu irgendeiner Form von Ausschreitungen gekommen. „Die Humorlosigkeit der Münchner Polizeiführung scheint sich bereits zu zeigen, wenn man bedenkt, dass zur Faschingszeit maskierte Leute mit fadenscheinigen Gründen in Gewahrsam genommen werden“, sagt ein älterer Mann am Rande der Demonstration. Mindestens 30 Einsatzwägen der Polizei folgen der Demonstration ununterbrochen, zusätzlich ist die Veranstaltung untersetzt mit Zivilpolizei und sogar einem Seitenspalier, dass an beiden Seiten des Zuges mitläuft. Die Menschen lassen sich jedoch nicht provozieren und integrieren die Polizei in ihre Aktionsform.


Münchner Polizei versteht keinen Spaß

Die Jubeldemo ist eigentlich als satirisches Zeichen gegen die Konferenz und die damit verbundene Polizeiwillkür zu verstehen. Aber sogar hier, bereits eine Woche vorher zeigt sich die Polizei angriffslustig. Versammlungsfreiheit bedeutet jedoch nicht, so wie es vielleicht die Münchner Polizeiführung gerne hätte, dass DemonstrantInnen in einem Wanderkessel, versteckt hinter drei Reihen Spalier laufender Polizisten, durch die Stadt ziehen müssen. Versammlungsfreiheit steht für das Recht, frei unsere Meinung kund tun zu dürfen, ohne dass die Polizei jeden Menschen, der sein Recht auf der Straße kund tun möchte, präventiv als Schwerverbrecher ansieht. Das Grundgesetz darf durch die Sicherheitsbehörden nicht außer Kraft gesetzt werden und das werden nächstes Wochenende in der Innenstadt wieder zahlreiche GegendemonstrantInnen unter Beweis stellen.
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Ergänzungen

Streit um Friedensengel

http://www.luzi-m.org/ 01.02.2009 - 22:37
Im Streit um die Verhüllung des Friedensengels während der "Sicherheitskonferenz" zeigen der Künstler und die TagungsgegnerInnen Durchhaltevermögen(...).

Weiterlesen auf:
 http://www.luzi-m.org/nachrichten/artikel/datum/2009/01/30/180/

Soli mit der Münchner Szene!

Mensch aus Cottbus 02.02.2009 - 10:31
Alle Jahr wieder kommt sie, die Zeit vor und nach der NATO-Kriegskonferenz und mit ihr die Proteste dagegen. Dass es in München absolut keinen Spaß macht, auf Dems rumzulaufen, is nichts neues. Mal bringt man ne Anzeige mit nach Haus, machmal n blaues Auge und wenn es mal nicht einen selbst getroffen dann mindesten eine / einen im Bekanntenkreis.

Dass die Großdemo angegriffen wird, kann ich im Sinne der Logik der Herrschenden nachvollziehen. Denn dort entwickelt sich ein gewisses Gefahrenmoment für den öffentlichen "Frieden" bzw. dies sog. "Ordnung", 5000 Menschen können so eine Konferenz theoretisch verhindern. und man kann der Szene der Protestierenden doch keinen Spaß gönnen, schon gar nicht irgendwelche Erfolgserlebnisse (wie zB die historische kesselsprengung und alljährlichen brennenden bullenhelme). Drum fliegen die Knüppel, drum hagelt es Anzeigen und es wird jedes Jahr schlimmer. Wir sollen ja nicht zur Demo gehn.

Bei der Satiredemo ist das etwas anders. Die gibts erst seit einigen Jahren, und immer so um die 100 TeilnehmerInnen, dafür immer friedlich. Und genau das ist das Problem aus sicht der Herrschenden. Die Satiredemo ist eine wirklich gute Form des Protest, und weil sie "ohne Zwischenfälle" aus Sicht der Polizei bleibt, wird auch dementsprechend gut drüber berichtet. Auch ist sie sehr überzeugend. Wer sich an der Kriegskonferenz nicht stört, der wird das vielleicht nochmal überdenken, nachdem er in Hörweite einer Demo vorbeigekommen, die zum Teil brilliante Parolen skandiert.

Aber genau deswegen die Gewalt. Ihr sollt ja nicht überzeugen. ihr sollt ja keine gute Presse bekommen.


In diesem Sinne WEITER SO

GEGEN KRIEG UND IMPERIALISMUS. GEGEN DIE MÜNCHNER KRIEGSKONFERENZ.
Solidarität mit den Kämpferinnen und Kämpfern in Bayern.


Ob schwarz, ob rot, kommt alle mit in's Boot!
AUF NACH MÜNCHEN ! GEGEN DIE NATO-KRIEGSKONFERENZ AM KOMMENDEN WOCHENENDE!

Tödliche Pappe

Tofutti 02.02.2009 - 18:30
Auf der Demonstration wurde es sogar einem Teilnehmer verboten, eine Pistole aus !!!Pappe!!! offen zu tragen, welche gerade mal 3 cm dick war, und deutlich als pappe zu identifizieren war. nichtsdestotrotz wurde diser person mit Ingewahrsamnahme gedroht!

Jugendblock

Monaco Franze 02.02.2009 - 18:52
Dieses Jahr gibts für alle Leute, die unorganisiert anreisen, erstmals die Möglichkeit, sich im Rahmen des sog. "Jugendblockes" an der Demonstration gegen die NATO-Kriegskonferenz zu beteiligen. Das heißt, dass auch Menschen, die sich nicht am internationalistischen Block beteiligen können oder wollen, zumindest in einen lowleveligen organisatorischen Rahmen eingebunden werden sollen. So kann der zu erwartenden Polizeigewalt hoffentlich (noch) entschlossener und konsequenter als bisher entgegengetreten werden!

Hier der Link zur Mobilisierungsseite:  http://www.jugendblock.mobi/

Ansonsten, "Mensch aus Cottbus" hats schon gesagt:

Alle auf nach München!
Lasst euch nicht einschüchtern!
NATO-Kriegskonferenz angreifen!
Smash we can!

NATO bejubeln in Bayern verboten

Leser 02.02.2009 - 22:00
Artikel in der Jungen Welt:  http://www.jungewelt.de/2009/02-03/049.php

Neun Gewahrsamnahmen bei Jubeldemo

http://www.luzi-m.org 08.02.2009 - 15:38
Rund 80 Aktivist_innen nahmen an der satirischen Demonstration "Happy Birthday NATO!" teil. Die Polizei wollte den Spaß nicht verstehen(...)

Weiterlesen auf:  http://www.luzi-m.org/nachrichten/artikel/datum/2009/02/02/181/

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Verstecke den folgenden Kommentar

Falls die Demo attackiert wird...

Bandido 02.02.2009 - 21:31
...oder aus sonst irgend welchen Gründen nicht stattfinden kann, welche auf die Polizei zurückzuführen ist, wird es Out of Control Aktionen geben und zwar nicht zu knapp ! Also liebe Polizeiführung überlegt es euch jetzt schon mal wie ihr dieses Jahr mit dem Widerstand umgeht.