Mumias Anwalt im Knast behindert

Mumia-Hörbuchgruppe 28.01.2009 00:00 Themen: Repression Weltweit
Während der U.S. Supreme Court demnächst über das Leben von Mumia Abu-Jamal entscheiden wird, erlebten der inhaftierte afroamerikansiche Journalist und sein Anwalt Robert R. Bryan im vergangenen Dezember eine unagnehme Begebenheit. Ein Verteidigungsgespräch im Todestrakt des SCI Greene Gefängnis in Pennsylvenia wurde lautstark unterbrochen, die konkrete Arbeit von Mandant und Anwalt behindert.
Mumia kann auch seine Anwälte nur durch eine Trennscheibe sprechen. Anders als bei "normalen" Besuchen jedoch dürfen diese offiziell nicht abgehört oder beobachtet werden. Bei diesen Gesprächen besteht häufig die Notwendigkeit, Schriftstücke und Akten auszutauschen. Dafür bat der Anwalt bei seinem Besuch im Dezember einen Schließer im Vorraum, einen geschlossenen Umschlag an Mumia hinter der Trennscheibe zu übergeben.
Wenige Minuten später wurde er im barschen Ton aufgefordert, dass seit Wochen vereinbarte Anwaltsgespräch zu unterbrechen und zur Anstaltsverwaltung zu kommen. Sichtlich entnervt über diese Unterbrechung seiner Arbeit verlangte er den Grund dafür zu hören, was ihm jedoch verweigert wurde. Eine schreiende Schließerin herrschte ihn an, seine Sachen zu packen und mitzukommen.

Die eher peinlich berührte Dienstleiterin teilte ihm dann mit, dass er beschuldigt würde, seinem Mandanten "Fanpost" anstelle von juristischen Akten zukommen zu lassen. Er fragte, worauf sie diese absurde Behauptung stützen würde. Schließlich sei sie nicht berechtigt, Anwaltspost zu öffnen oder zu kopieren, wie es mit der sonstigen Post an Mumia ja geschieht. Darauf konnte sie ihm keine Antwort geben.

Nach sehr langer Zeit gelang es Robert R. Bryan, seinen (verschlossenen) Umschlag zurück zu bekommen. Mumia konnte diese Akten während des weiteren Gespräches nicht einsehen. Sie mussten anschliessend per Post mit mehrwöchiger Verzögerung an ihn gesandt werden.

Vor dem Hintergrund des laufenden Antrages beim U.S. Supreme Court ist das eine Begebenheit, die die Spannung der Gegenseite deutlich macht. Während Mumia darum kämpft, endlich das neue Verfahren zu erhalten, versucht die Staatsanwaltschaft nichts dringlicher, als genau das zu verhindern. Sie will ihn ohne weitere gerichtliche Prüfung hinrichten lassen. Dass Mumia und seine Verteidigung noch bisher unveröffentlichte Aspekte vorzutragen haben, gilt als wahrscheinlich. Ob hier versucht wird, durch illegale Durchsuchungen Einblicke zu erlangen, ist möglicherweise Spekulation. Solche Schikanen sind aber auf jeden Fall eine schwere Behinderung der Verteidigungsarbeit.

Um Mumia im Hochsichertsgefängnis im ländlichen Waynesburg zu besuchen, muss Robert R. Bryan z.B. jedesmal von San Francisco fast den gesamten Kontinent überqueren. Die gemeinsame Arbeitszeit mit seinen Anwälten ist für Mumia von großer Wichtigkeit, da sie nicht oft zu ihm kommen können. Nur eine Anwältin aus Mumias Verteidigungsteam lebt in Pennsylvenia. Allerdings hat auch sie eine mehrstündige Anreisezeit zu dem sehr abseits gelegenen Gefängnis.

Robert R. Bryan verbrachte das letzte Wochenende in Berlin, wo er u.a. auch auf dem politischen Frühschoppen von Dr. Seltsam über Mumia berichtete. Besondere Beachtung fanden seine Worte über die "Kaviar-Kommunisten" (hier wohl eher als "Kaffeehausrevolutionäre" bekannt), die anders als Mumia nie ihre ganze Existenz für ihre politischen Überzeugungen einsetzen mussten.
Er nannte Mumia einen Revolutionär, der ungeachtet allem, was ihm von der Regierung angetan wurde, unbeirrbar daran festhält, Armut, Rassismus und Krieg zu geißeln und sich für Gerechtigkeit, Frauenrechte und Bildung für gesellschaftlich Benachteiligte einzusetzen, wohl wissend, dass ihn das sein Leben kosten kann.


---------
Für Hintergründe zu Mumia Abu-Jamal siehe auch  http://de.indymedia.org/2007/11/200552.shtml
(Da dieser Artikel bereits knapp 2 Jahre alt ist, müsste die Überschrift jetzt eigentlich "Mumia Abu-Jamal - 27 Jahre Kampf um Freiheit" lauten.)
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

da fällt mir erstmal eins ein

Leserin 28.01.2009 - 00:24
schreiben wir doch alle an Mumia. Da könnse dann schön staunen, und kopieren...
Adresse und wie es geht und was es hilft:
 http://mumia-hoerbuch.de/bundnis.htm#SchreibtMumia

Spenden für Mumias Verteidigung benötigt

Mumia-Hörbuchgruppe 28.01.2009 - 00:43
In den USA sitzen vor allem Menschen im Todestrakt, die selbst nicht über ausreichende finanzielle Mittel verfügen, um sich der geballten Staatsmacht mit qualifizierter eigener Recherche und Verteidigung entgegenzusetzen.

Mumia Abu-Jamal erfährt aufgrund der Relevanz seines Falles im Kampf gegen Rassismus und die Todesstrafe in den USA als auch der Anerkennung seiner journalistischen Arbeit weltweite Unterstützung.
Sein Anwaltsteam arbeit völlig ohne Honorar und bezahlt die allermeisten Ausgaben (Reisen, Kommunikation, juristische Gebühren) privat aus eigener Tasche.
In der aktuellen Phase, wo es vor dem US Supreme Court um Mumias Leben und Freiheit geht, sind jedoch Kosten von 75.000 US$ angefallen, die die Verteidigung nicht mehr alleine tragen kann.

Wir rufen daher alle auf, über das von Mumia und seiner Verteidigung autorisierte Spendenkonto des Bremer IVK zu spenden. Macht Parties, Konzerte, lasst die Sparschweine karchen!!


Spendenkonto für BR Deutschland und umliegendes europäisches Ausland:

Archiv 92/Sonderkonto Jamal
S.E.B.
Bank Bremen
Konto-Nr.
100 8738 701 (BLZ 290 101 11)
Stichwort »Verteidigung«

(Überweisungen aus EU-Ländern: IBAN DE78 2901 0111 1008 7387 01 - BIC: ESSEDE5F29)

neue Kampagnen-Aufkleber erhältlich

berliner Bündnis Freiheit für Mumia Abu-Jamal 11.02.2009 - 19:27
bei Interesse einfach ne e-mail schreiben

Nachtrag

IVK Bremen 16.02.2009 - 17:50
1995 war der damalige Gouverneur von Pennsylvania, Thomas Ridge (der George W. Bush nach 2001 mehrere Jahre als Heimatschutzminister diente) durch illegale Öffnung der Verteidigerpost in den Besitz von Informationen gelangt, die ihn dazu brachten, sofort den ersten Hinrichtungsbefehl für den 10. August 1995 auszustellen. Er wollte damit dem ersten Antrag der damaligen Verteidiger auf Wiederaufnahme des Verfahrens zuvorkommen, was ihm auch gelang. Die Informationen über den kurz bevorstehenden Wiederaufnahmeantrag der Verteidigung im Juni 1995 konnten Ridge und die Staatsanwaltschaft nur aus der illegal geöffneten Verteidigerpost erhalten haben.
Mumia Abu-Jamal klagte vor einem Zivilgericht in Pittsburgh gegen die Gefängnisleitung, in deren Verantwortungsbereich es zur Öffnung der Post gekommen war. Die Gefängnisleitung wurde deswegen [und wegen anderer Rechtsverletzungen gegen Mumia – wie etwa verschärfte Isolation als Disziplinarstrafe, weil er sich nicht die Haare schneiden ließ und in seiner Zelle sein erstes Buch »Live from Death Row» (deutsche Ausgabe: »...aus der Todeszelle«, Bremen 1995/2001) geschrieben hatte] vom Zivilgericht verurteilt, und es wurde ihr aufgetragen, solche für den Kläger nachteiligen Rechtsverletzungen künftig zu unterlassen. Mumias Kommentar dazu: »Das war das einzige Mal, daß ich vor einem US-Gericht Recht bekam!« Seit der erfolgreichen Klage von Mumia hatte sich die Gefängnisleitung des Hochsicherheitsgefängnisses SCI Greene in Waynesburg mit Repressalien gegen Mumia zurückgehalten – bis es jetzt zu dem geschilderten neuen Versuch kam.

Online Aktion für Mumia

Berliner Mumia-Bündnis 18.02.2009 - 03:03
Gerade ist eine Unterschriftensammlung an den US Supreme Court losgegangen.

Sie steht hier im Netz:  http://www.petitiononline.com/supreme/petition.html

Unterschreiben und Weiterverbreiten!!!

Für Fragen etc.  Mumia-petition@gmx.de