Bolivien: Vefassungsabstimmung am 25.1.09

Mano Negra aus La Paz 25.01.2009 00:42 Themen: Soziale Kämpfe Weltweit
Am Sonntag den 25.1.2009 wird in Bolivien ueber die neue Verfassung abgestimmt. Der regierende Praesident Evo Morales will den Indìgenas mehr Rechte verschaffen und die Bodenschaetzte des Landes verstaatlichen. Die oeffentliche Meinung ist gespalten und die reicheren Departamentos(Provinzen) im Westen des Landes sind entschieden gegen die Verfassungsaenderung.
Dieser Artikel enhaelt persoenliche Eindruecke und erhebt keinen Anspruch auf Vollstaendigkeit, da die Informationslage sehr duerftig ist!
Bolivien ist das aermste und eins der instabilsten Laender Suedamerikas und durch eine lange Geschichte korrupter Regierungen gepraegt. Kaum eine bleibt die vorgesehenen fuenf Jahre an der Macht. Zwei Drittel der kanpp 11 Millionen Einwohner leben in Armut, ca. 72% der Bevoelkerung gehoeren den indigenen Voelkern an.

Am 18. Dezember 2005 wird der ehemalige Kokabauer Evo Morales zum Praesidenten gewaehlt, er ist damit der erste indigene Praesident Boliviens. Seine Partei “Movimiento al Socialismo” (MAS) erhielt 54% der Stimmen. In Bolivien ist es sehr selten dass eine Partei die absolute Mehrheit erhaelt. Im Mai 2006 erfuellte Morales sein Wahlversprechen und liess die Erdgasindustrie verstaatlichen. Er rief damit heftige internationale Protese hervor. Im selben Jahr kuendigte die MAS zum ersten Mal an eine neue Verfassung zu schaffen. Die Hauptpunkte umfassen die Verstaatlichung von Bodenschaetzen, Industrie und Eisenbahn. Die Ressourcen des Landes werden als Eigentum aller definiert, was ganz klar der neoliberalen Wirtschaftsordnung Boliviens widerspricht. Ausserdem wird von einer regionalen Autonomie gesprochen, wodurch den Indígenas des Landes ein Recht auf ihre eigene Sprache und eigene Justiz gegeben werden soll. Insgesamt gibt es 36 verschiedene indigene Voelker mit eigener Sprache. Der Vorstoss der MAS stoesst auf massiven Widerstand, vor allem im reicheren Westen des Landes. Die reichsten vier departamentos, Santa Cruz, Chuquisaca, Tarija und Beni sind gegen die Aenderung und lehnten zunaechst jegliche Verhandlung ueber die Verfassung ab. In ihrem Gebiet befindet sich der Grossteil der bolivianischen Industrie und Ressourcen. Weiterhin ist der enge Kontakt Morales zum venzuelischen Praesidenten Chavèz sehr umstritten und viele Menschen haben Angst vor einem autoritaeren Regime. Die letzten zwei Jahre waren ausserdem durch gewaltaetige Konfrontationen zwischen Regierungsanhaengern und Oppositionellen gepraegt. Der traurige Hoehepunkt war der Ueberfall von Paramilitaers auf eine MAS-Demonstration in der Naehe von Cobija im September letzten Jahres. Es gab mindestens 18 Tote, 70 Menschen gelten weiterhin als vermisst. Nach einer offiziellen Untersuchung gestand der fuer die Provinz zustaendige Praefekt Fernàndez eine Beteiligung.
Nach weiteren Protesten der Opposition wurde ein Teil der neuen Verfassung geaendert. So wird zum Beispiel kein Land bei einem groesseren Besitz als 10.000 Hektar enteignet(wie zuerst vorgesehen), der Eigentuemer aber zur Unterstuetzung sozialer Projekte verpflichtet. Ausserdem verzichtete Morales auf eine zweite Wiederwahl. Dies waren Hauptforderungen der Opposition.

Die Situation in Bolivien ist im Moment sehr unklar. Morgen wird abgestimmt und es herscht Wahlpflicht. Das ganze Land positioniert sich und fast jede Wand und jeder Stein sind mit Parolen Bemalt( Evo sì/no, Sì al socialismo etc.). Es gibt taeglich Demonstrationen und es ist schwer zu sagen wie die Lage sich weiter entwickelt. Viele Menschen mit denen ich sparch gehen fest von weiteren Konfrontationen aus, egal ob die neue Verfassung angenommen wird oder nicht. Evo Morales rechnet uebrigens offiziell mit einem klaren Sieg, er benoetigt eine Zweidrittel Mehrheit.

Der ganze Konflikt ist schwer zu beurteilen. Auf der einen Seite die grosse Masse der armen Indígenas die mit der neuen Konstitution grosse Hoffnung verbinden und auf der anderen Seite ein sehr poppulistischer Praesident der mit seinem Regierungsstil und den radikalen Aenderungen viele Menschen abschreckt.

Ich werde weiter ueber die Situation berichten…
Inhaltliche Ergaenzungen sind erwuenscht!

Saludos
Mano negra
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Ergänzungen

quellenangaben

mano negra 25.01.2009 - 01:07
sorry, hab die quelle vergessen. Der grossteil der allgemeinen informationen stammt von  http://de.wikipedia.org/wiki/Bolivien,
der rest von gespraechen mit einheimischen. viel spass beim lesen

solidarische gruesse aus la paz
mano negra

Ende der Diskriminierung...?

http://www.tagesschau.de/ 25.01.2009 - 15:27
Ende der Diskriminierung oder Beginn eines Bürgerkriegs?

Seit Jahren wird in Bolivien über eine neue Verfassung gestritten, heute stimmen die Bürger in einem Referendum ab. Die Verfassung beende die jahrhundertelange Diskriminierung der Indios, argumentiert Präsident Morales. Doch nicht wenige glauben, sie werde das Land eher spalten als versöhnen.

Weiterlesen auf:
 http://www.tagesschau.de/ausland/bolivien148.html

Einschaetzung aus Bolivien

in Bolivien 25.01.2009 - 21:47
Ich bin gerade in Bolivien und habe die Einschaetzung auch nach gespraechen mit Einheimischen das es auf jeden Fall egal wer die Wahl gewinnt zu Auseinandersetzungen kommen wird.Die Polizei ist vorbereitet und in La Paz(schon seit einer Woche) sowie anderen Staedten(Fensehberichte und selbst gesehen)sichtbar(mit Helemen und Schildern).Die letzten drei Tage herrschte striktes Alkoholverbot und die Gaststaetten mussten um Mitternacht schliessen.Ich selbst war vor zwei Tagen in einer Bar die ausschlieslich von Alternativen jugendlichen besucht war und auch sonst immer ist welche noch eine Stunde vor Mitternacht(Vermutlich aufgrund der zu ausgelassenen Stimmung un der Nichteinhaltung des Alkoholausschanks)von der Oertlichen Marinepolizeieinheit geraeumt wurde.Die Raeumung verlief allerdings friedlich und es gab keinerlei Uebergriffe von seiten des Millitaers.Wir versammelten uns draussen und liefen Musizerend zum Strand des Titicacasees und feierten weiter.So richtig verstanden habe ich das nicht.Lokale und Bars mussten schliessen waerend wir draussen ungestoert weiterfeiern durften und wir waren nicht die einzigen die weitergefeiert haben und auch in den Kioscos wurde weiter fleissig Alkohol verkauft.Naja auf jeden Fall wurde das alles mit der Wahl begruendet(Vieleicht damit die Menschen nicht verschlafen (-:) Wenn mensch sich die Werbung ansieht wird eine Aggressivitaet der Opposition sichtbar welche in einem Spot auf die neue Verfassung einschlagen aus der dann Blut spritzt.Auch die Kirche meldet sich zu Wort und schiebt mit einer Bibel die Verfassung aus dem Bild und fordert die Menschen zum lesen der Bibel und nicht der neuen Verfassung auf.Demos sind an der Tagesordnung.In La Paz wurden wir jeden Morgen durch das laute geknall der Boeller die hier auf jeder Demo abgefeuert werden(legal)gweckt.Jeden Tag wurden die Demos lauter und es waren immer mehr Menschen.Es blieb friedlich und die Polizei hielt sich nur am Endpunkt der Demo auf.Es bleibt spannend aber in Copacabana wird heute auf jeden Fall gefeiert egal wie das ausgeht weil sich die Leute freuen endlich wieder in den Bars trinken zu duerfen und nicht draussen in der kaelte.Allgemein habe ich das Gefuehl das es hier(Copacabana) kein besonderes politisches Intresse gibt wie es in La Paz der Fall war.

kleine Anmerkung

Entdinglichung 26.01.2009 - 13:37
eine Reihe von Organisationen der revolutionären Linken (wie die POR in dem weiter oben dokumentierten Plakat) hatten zur Enthaltung/Abgabe ungültiger Stimmen augerufen, das Kommunique der Gruppe SoB dazu gibt es hier in englischer Sprache:  http://thecommune.wordpress.com/2009/01/23/evo-morales-and-the-constitutional-referendum-in-bolivia/

Bolivianer stimmen Morales' Verfassung zu

http://www.tagesschau.de 26.01.2009 - 18:14
Nachdem in Bolivien jahrelang über eine neue Verfassung gestritten worden ist, haben sich die Bürger nun in einer Volksabstimmung für das neue Grundgesetz ausgesprochen. Hochrechnungen ergaben rund 60 Prozent Zustimmung für den Entwurf, den Präsident Evo Morales unterstützt hatte.

Weiterlesen auf:  http://www.tagesschau.de/ausland/bolivien158.html

Weitere Abstimmung

in Bolivien 26.01.2009 - 22:08
Es gab zu dem Erfolg die Verfassung betreffend noch einen weiteren Erfolg.
Grossgrundbesitzer duerfen nicht mehr als 5000 Hektar Land besitzen.Bis auf 5000 Hektar wird alles enteignet.Das wurde in einer zweiten Abstimmung beschlossen.Verwunderlich dabei ist das diese zweite ABstimmung sogar im Bundesstaat Santa Cruz gewonnen wurde obwohl das eine Hochburg der Moralesgegener ist.Jedoch hat Santa Cruz schon in einer ersten Pressekonferenz angekuendigt die Wahl und die neue Verfassung nicht zu akzeptieren.2006 drohte die Opposition bereits mit Buergerkrieg falls die neue Verfassung durchgehen wuerde.Bis jetzt ist noch nichts davon zu merken und in den Medien wurde bisher auch nichts von Ausschreitungen berichtet zumindest habe ich nichts davon mitbekommen.Die Opposition verfuegt allerdings ueber Soelldnertruppen die durchaus in der Lage sind Krieg zu fuehren und einen Putsch zu starten.Das Millitaer das Hauptsaechlich aus Indigenas besteht steht einheitlich hinter Morales.Aber wie gesagt bis jetzt wurden keine weiteren Krigsdrohungen ausgesprochen aber ist auch zu erwarten das sich Grossgrundbesitzer mit 100.000 Hektar Land nicht einfach 95.000 Hektar nehmen lassen ohne den Versuch es zu verteidigen.

Neuigkeiten aus La Paz..

mano negra 27.01.2009 - 00:11
holà,
Morales hat die Abstimmung mit knapp 60% gewonnen. Gestern gab es einen oeffentlichen Auftritt und eine grosse Feier auf dem Plaza Murillo. Es waren sehr viele verschiedene Menschen vor Ort, aber auch viele nicht-Bolivianer, die offen ihre Zustimmung bekundeten. Nach dem Ende der offiziellen Feier gab es eine grosse Spontandemonstration durchs Stadtzentrum. Bis jetzt ist die Situation sehr ruhig und es gab noch keine Meldungen ueber Konfrontationen im Westen des Landes. Die Lage bleibt aber gespannt, da viele erst mit Konflikten bei der konkreten Umsetzung der neuen Verfassung rechnen...
ich probiere weiter zu bericheten und danke feur die Ergaenzungen!
solidarische gruesse
mano negra

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