Straßenumbenennung in Detmold

gegen geschichtsrevisionismus 23.01.2009 12:38 Themen: Antifa
Antifaschistische Gruppen aus der Region haben am Abend des 21.1. eine symbolische Straßenumbenennung in Detmold vorgenommen. Der nach der nationalsozialistisch gesinnten Dichterin Agnes Miegel benannte Weg wurde umgetauft in Maria-von-Maltzan-Weg, zum Andenken an eine Widerstandskämpferin gegen den Nationalsozialismus.
Antifaschistische Gruppen aus der Region haben am Abend des 21.1. eine symbolische Straßenumbenennung in Detmold vorgenommen. Der nach der nationalsozialistisch gesinnten Dichterin Agnes Miegel benannte Weg wurde umgetauft in Maria-von-Maltzan-Weg, zum Andenken an eine Widerstandskämpferin gegen den Nationalsozialismus.
Die Straßenschilder wurden überklebt und Flugblätter an die Anwohner_innen verteilt, in denen die Idee hinter der Aktion erläutert wird (siehe unten).
Wir hoffen durch diese Umbenennung eine öffentliche Diskussion zum Thema anstoßen zu können sowie die tatsächliche Umbenennung des Weges zu erreichen.

##################################


Liebe Anwohnerinnen und Anwohner,

die Straße, in der Sie wohnen heißt ab heute nicht mehr Agnes-Miegel-Weg.
In einer symbolischen Aktion gegen die Verherrlichung des Nationalsozialismus wurde sie heute abend umbenannt in „Maria-von-Maltzan-Weg“.
Im Folgenden möchten wir Sie darüber informieren, warum wir diese Umbenennung vorgenommen haben.


Zur Person Agnes Miegel

Agnes Miegel war Journalistin, Autorin und freie Schriftstellerin, die von 1879 bis 1964 lebte und bekennende Verehrerin der nationalsozialistischen Ideologie und des "Führers" Adolf Hitler war.
Ihre Einstellung wird an glorifizierenden Hymnen auf Adolf Hitler und einer Hinwendung zu Blut- und Boden-Themen deutlich, so z.B. in ihren Gedichten „Dem Führer!“ (1936), „An den Führer“ (1938) und „Dem Schirmer des Volkes“ (1939), die allesamt Adolf Hitler gewidmet sind.
Als bekannte ostpreußische Heimatdichterin wurde sie zu einem literarischen Aushängeschild des NS-Regimes; sie hatte Auftritte beim Arbeitsdienst sowie in der Reichsführerschule.

Agnes Miegel hat sich auch nach 1945 nie von ihrer Vergangenheit distanziert.
Von den Alliierten wurde sie bis 1949 mit Veröffentlichungsverbot belegt.
Doch während der Zeit des Kalten Krieges kam sie wieder zu Ehren:
Sie verfasste "Exklusivbeiträge" für die Zeitschrift "Nation Europa", die von dem ehemaligen SS-Hauptsturmführer Arthur Ehrhardt 1951 gegründet wurde. Sie erhielt zahlreiche Preise und Ehrungen und wird bis heute von Rechtsextremen gewürdigt.
So veranstaltete z.B. das (seit Mai 2008 vom Innenministerium verbotene) "Collegium Humanum" in Vlotho vor wenigen Jahren ein Wochenendseminar mit dem Thema: "Ostpreußens Beitrag zur Kultur Europas - Schwerpunkt Agnes Miegel und Ordensstaat".


In vielen Städten Deutschlands sind Straßen oder sogar Schulen nach Agnes Miegel oder anderen WegbereiterInnen und TäterInnen des Nationalsozialismus benannt. Dadurch wird die Rolle dieser Menschen und die Verantwortung, die auch sie für die nationalsozialistische Ideologie und die dazugehörigen Verbrechen tragen, relativiert und verwischt. Dies ist auch Ausdruck dafür, dass es nach wie vor wenig Bereitschaft in der deutschen Bevölkerung gibt, sich wirklich und ernsthaft mit den Verbrechen des Nationalsozialismus, aber auch mit den Ursachen und Mechanismen die dazu geführt haben, auseinanderzusetzen.

Erst in letzter Zeit kommt es erfreulicherweise aufgrund von Öffentlichkeitsarbeit antifaschistischer Gruppen und Bündnissen zu Umbenennungsbestrebungen. So wurden mittlerweile einige Schulen und Straßen (z.B. in Bielefeld-Sennestadt), die den Namen Agnes Miegel trugen, umbenannt; in anderen Städten (z.B. in Oerlinghausen) ist die Umbenennung in der Diskussion.


Diesem Beispiel soll nun auch Detmold folgen. Wir denken, dass es vor allem auch in Ihrem Interesse als AnwohnerInnen liegt, dass diese Straße nicht weiter den Namen einer nationalsozialistisch gesinnten Schriftstellerin trägt.
Ihr Engangement ist gefragt. Setzen Sie sich dafür ein, dass Ihre Straße einen anderen Namen bekommt und setzen Sie damit ein Zeichen gegen Faschismus und Geschichtsrevisionismus. Wenden Sie sich an die Stadtverwaltung, an die Zeitung oder an die Parteien und fordern Sie einen neuen Namen für Ihre Straße!


Zur Person Maria von Maltzan


Die Biologin und Tierärztin Maria Gräfin von Maltzan, nach der wir die Straße heute umbenannt haben, war eine Widerstandskämpferin gegen den Nationalsozialismus.

Bereits Anfang der 30er Jahre hatte sie Kontakt zu Widerstandsgruppen und schmuggelte illegales Informationsmaterial über Adolf Hitler nach Innsbruck.
Nach den Progromen vom 9. auf den 10. November 1938 machte sie beim Roten Kreuz eine Ausbildung als Vorhelferin. Sie unterhielt weiterhin Kontakt zu Widerstandsgruppen und nahm 1937 erstmals einen aus dem KZ entlassenen Mann auf. Ab 1942 versteckte sie ihren Freund, den jüdischen Literaten Hans Hirschel, und zwei weitere Juden unter Lebensgefahr in ihrer Wohnung in Berlin-Wilmersdorf. In Zusammenarbeitet mit der Schwedischen Kirche in Berlin verhalf Maltzan von Nazis Verfolgten zur Flucht, besorgte falsche Pässe und führte die Flüchtenden durch die Kanalisation von Berlin in die Freiheit.
Auf dem Höhepunkt ihrer Widerstandstätigkeit brachte sie Fluchtwillige schwimmend vom Untersee in die Schweiz. Noch während der letzten Kriegsmonate half Maltzan Flüchtlingen und Deserteuren und organisierte eine private Suppenküche für Zwangsarbeiter auf dem Hinterhof ihres Wilmersdorfer Wohnhauses.

Nach Kriegsende arbeitete Maria von Maltzan als Tierärztin, zuletzt ließ sie sich mit einer eigenen Praxis in Berlin-Kreuzberg nieder. Dort setzte sie sich auch für die gesellschaftlich Ausgegrenzten und MigrantInnen in ihrem Viertel ein.

1997 starb sie im Alter von 88 Jahren. 1999 wurde eine Gedenktafel auf dem Gehweg vor dem Wohnhaus Detmolder Straße 11 in Berlin-Wilmersdorf eingeweiht.

###########################################
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

ein bild...

picasso 24.01.2009 - 11:53
ein bild gibts auch davon....

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 8 Kommentare an

Ostpreußen stoppen! — Rote Armee

toll — ...

Gute Aktion! — Fruchti

fdvfv — Kevib S.

whoop — Tölf

Richtig klasse! — egal

Bravo — Marlene

@ egal — auch egal