Nazi-Aktivitäten in Landau nehmen wieder zu

Berta Bach 21.01.2009 18:48 Themen: Antifa Antirassismus
In den letzten Wochen und Monaten kam es im südpfälzischen Landau und Umgebung vermehrt zu Aktivitäten von Nazis. Höhepunkte bildeten Angriffe auf die Unikneipe sowie JN-Plakat-Aktionen an Schulen.
Nachdem die örtliche Unikneipe Fatal, welche sich in ihrer Selbstdarstellung zwar nicht als explizit links beschreibt, sich jedoch dezidiert und offensiv gegen Rassismus, Antisemitismus und Sexismus ausspricht, sowie antifaschistischen Gruppen Räume für politische Veranstaltungen zur Verfügung stellt, bereits im August und September zweimal mit neofaschistischen Parolen besprüht wurde, ereignete sich selbiges in der Nacht von 05.01.09 auf 06. Januar 2009 erneut. Ein an der Fassade der Räumlichkeit befindliches “Tod dem Faschismus”-Graffiti wurde von Nazis mit “von links” ergänzt. Ihre menschenverachtende, sich positiv auf die Barbarei des Deutschen Faschismus beziehende Gesinnung, brachten sie in einem weiteren auf dem Unigelände angebrachten Graffiti mit dem Schriftzug “BRD ist am Ende - Nationaler Sozialismus bringt die Wende” zum Ausdruck. Des Weiteren wurden Außenwände der Universität mit Keltenkreuzen und den Parolen „Fuck Antifa“, sowie „Anti-Antifa“ verunziert. Außerdem kam es zum wiederholten Male im Umfeld des Fatals zu zum Teil schweren Sachbeschädigungen. Darüber hinaus wurden in der Innenstadt sowie an mehrere Brücken und Autobahnauffahrten nazistische und antisemitische Hetzparolen gesprüht.

Dass es sich nicht etwa nur um verwirrte und pubertierende “Dorfnazis” handelt, sondern durchaus ein gewisser Grad an Organisierung vorhanden ist, zeigt folgender Umstand: Mitglieder der hiesigen Nazivereinigung “Nationale Sozialisten Südpfalz” nahmen an einem vom weltweit operierenden Nazizusammenschluss “Hammer Skin Nation” - und dabei maßgeblich vom Ludwigshafener Neonazi Malte Redeker - organisierten Konzert am 27.12.2008 im Elssas teil. Zu den musikalischen Dissonanzen der in der Szene bekannten Bands “Aristokraken”, “Gigi”, “Jungsturm” , “Rotte Charlotte” sowie “Stahlgewitter” fanden sich nach Recherchen von AntifaschistInnen etwa 1000 Nazis im von Landau nur wenige Kilometer entlegenen Schleithal ein. Zur Teilnahme an solchen Konzerten müssen zumindest Kontakte in die organisierte überregionale Naziszene bestehen.

Bei den oben erwähnten “Nationalen Sozialisten Südpfalz” handelt es sich um einen Zusammenschluss der Südpfälzer Naziszene, welcher zunächst lediglich als Mitorganisator einer Doppeldemonstration am 3.10.2007 in Speyer und Germersheim, sowie durch Internetspamming über gemeinsame Freizeitunternehmungen wie Burgenwanderungen oder sonstige „Körperertüchtigungen“ in Erscheinung trat.
Die Bestrebungen der regionalen Naziszene, nun in Landau und Umgebung Fuß zu fassen, zeigen sich neben oben genannten Umtrieben auch dadurch, dass sie mit perfiden Mitteln versuchen, politisch noch unbedarfte Jugendliche für ihre menschenverachtende Gesinnung zu werben. So wurden in der Nacht auf den 07.01.2009 die Landauer Berufsschule und zwei Schulen im südpfälzischen Kandel mit Plakaten beklebt, die dazu aufrufen, sich in der Jugendorganisation der NPD, den Jungen Nationaldemokraten (JN), zu organisieren. Dem voraus ging eine Plakatieraktion der Nazis mit eben diesen Propaganda-Aushängen am 23.12.2008 im Landauer Bahnhof sowie einem sich in direkter Nachbarschaft befindlichen Einkaufszentrum.

Diese Aktivitäten stellen im sonst von Nazis aufgrund von antifaschistischen Aktivitäten bisher eher selten aufgesuchten Landau eine neue Dimension dar.

Zwar existierten in der näheren Region bis vor wenigen Jahren zwei Kameradschaften, der „Nationale Widerstand Kandel“, sowie die „Kameradschaft Leo Schlageter Annweiler“, deren Wirken sich allerdings zumeist auf das strukturschwache und provinzielle Umland beschränkte und sich eher weniger in politischen Aktionen als in der Einschüchterung von nicht in ihr plattes Weltbild passenden Menschen manifestierte. Nicht zuletzt durch konsequenten politischen Druck seitens emanzipatorischer Zusammenschlüsse verschwanden beide wieder in der Versenkung..

Die Notwendigkeit antifaschistischer Politik und Aktionen beweist die empirische Tatsache, dass gerade in Regionen mit einem hohen Anteil antifaschistisch und emanzipatorisch gesinnter Menschen Nazis kaum Raum finden, ihre menschenverachtende Propaganda, welche hauptsächlich versucht Jugendliche in ihrer politischen und sozialen Entwicklung fehlzuleiten, zu verbreiten.

Jedoch ist das politische Wirken der Nazis nicht nur auf die Verbreitung ihrer hetzerischen Propaganda beschränkt - dass sie selbst vor gewalttätigen Übergriffen auf Andersdenkende nicht zurückschrecken, zeigt der Umstand, welcher sich am 17.01.2009 im Vorfeld einer Demonstration gegen zwei Naziläden in Ludwigshafen, wovon einer von dem im Text bereits erwähnten Nazi Malte Redeker betrieben wird, ereignete. Dabei wurde ein in der Mannheimer Innenstadt befindlicher US-Shop, welcher sich im Vorfeld der Demo deutlich gegen Rechts positioniert hatte, von 50 zum Teil vermummten und bewaffneten Neonazis überfallen, wobei Schaufensterscheiben und Inventar beschädigt, sowie ein Mitarbeiter des Ladens tätlich angegriffen wurde. Nur mit viel Glück konnte dieser in die Lagerräume flüchten, so dass schwerwiegende Verletzungen verhindert werden konnten.

Denise Heym, Sprecherin der Antifa Landau äußerte sich dazu unlängst so:

“Antifaschistische Politik, Aufklärungsarbeit, sowie das Aufdecken und Zerschlagen von Nazistrukturen ist das einzige probate Mittel im Kampf gegen Nazis.

Dass antifaschistischer Selbstschutz dringend erforderlich ist und sich in keinem Fall auf die Hilfe der Polizei verlassen werden kann, welche den “Feind” eher in Menschen, die sich gegen Neonazis aktiv zur Wehr setzen und für eine emanzipatorische Gesellschaft eintreten, sehen, zeigt einmal mehr das Verhalten der Ordnungshüter im Vorfeld und im Verlauf der besagten Demonstration in Ludwigshafen. Während linke DemonstrantInnen bereits in Mannheim mit Personalienfeststellungen, Leibesvisitationen und weiteren Schikanen bedacht wurden, konnten Nazis selben Orts unbehelligt oben beschriebenen Überfall durchführen.

Auch in Landau werden wir uns nicht vom Engagement für eine Gesellschaft ohne Unterdrückung und kapitalistischer Ausbeutung abbringen lassen, weder von Nazis, Polizei noch von städtischen Behörden. Eine Gesellschaft, welche in letzter Konsequenz immer noch das Gedankengut der Nazis transportiert und jedem Ansatz antifaschistischer Politik Knüppel zwischen die Beine wirft, wie etwa Landaus Oberbürgermeister Schlimmer mit seinem im Jahr 2005 erlassenen Hausverbot für Mitglieder der Antifa Landau im städtischen Haus der Jugend oder die Landauer Polizei, welche einer angemeldeten Kundgebung gegen Überwachungsstaatlichkeit im Oktober 2007 mit massiver Repression begegnete, ist für uns inakzeptabel.

Um den emanzipatorischen Gedanken in die Öffentlichkeit zu tragen, veranstaltet die Antifa Landau regelmäßig Diskussionsveranstaltung im Rahmen des Antifacafes.
Dazu möchten wir alle an linker Theorie interessierten Menschen am nächsten Freitag, den 23.01.2009, um 20 Uhr ins Fatal einladen. Im Rahmen dieser Veranstaltung werden Referenten die Grundzüge sowohl traditioneller linker Strömungen als auch neuere Ansätze linker Politik vorstellen, wobei anschließend eine Diskussion ausdrücklich erwünscht ist!

In diesem Sinne gilt unsere Solidarität den Opfern neonazistischer Angriffe."
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THX — blubb

schön — Old School AFA

Antifa heisst Angriff — dein Name

naja — drusus

NAZIS PFLAZ — g