Lüneburg: Brauner Sumpf im "Ostpreußenmuseum"

Antifaschistische Aktion Lüneburg / Uelzen 15.01.2009 09:29 Themen: Antifa
In den letzten Monaten geriet das Ostpreußische Landesmuseum in Lüneburg mal wieder in die Schlagzeilen. Die unkommentierte Ausstellung von Jagdtrophäen von Hermann Göring zeigte erneut, was für eine unkritische Geschichtsauffassung dort vorherrscht.
Außerdem sind die Betreiber und Förderer dieses Museums eng mit extrem rechten Strukturen verbandelt.
Gegen diesen braunen Sumpf machen jetzt Lüneburger Antifaschistinnen und Antifaschisten mobil.
Seit der Gründung des Museums haben dort Personen das Sagen, die geschichtsrevisionistische und revanchistische Positionen vertreten. Die Landsmannschaft Ostpreußen, der Stiftungsrat des Museums oder der Förderkreis des Museums werden von Personen gelenkt, die verschiedenste Verbindungen zu extrem rechten Organisationen pflegen. Die VertriebenenvertreterInnen sehen in ihrem Museum eher einen Revanchistentempel, als eine wissenschaftlich, pädagogisch arbeitende Bildungseinrichtung, die Flucht und Umsiedlung in einen historisch korrekten Zusammenhang stellt und dabei auch die eigentlichen Ursachen benennen.

Als das heutige Ostpreußische Landesmuseum am 26. Juni 1987 in der Ritterstraße eröffnet wurde, war der ehemalige SS-Obersturmführer Freiherr Otto von Fircks Vorsitzender des Trägervereins des Museums.
Freiherr Otto von Fircks war Vorsitzender der faschistischen "Deutschen Studentenschaft" in Riga und später als SS-Obersturmführer im zentralen "Ansiedlungsstab beim höheren SS- und Polizeiführer Wartheland" tätig. Er war für die Vertreibung und Deportation von Polen und Juden zuständig, die durch sog. "Volksdeutsche" ersetzt wurden. Er selbst erhielt im Zuge dieser "Aussiedlungen" das 248ha große Gut Studzien zugesprochen, das einer vertriebenen Polin geraubt wurde. Nach dem Krieg engagierte sich der CDU-Landtags- und Bundestagsabgeordnete in der Vertriebenenpolitik: Er war Geschäftsführer des Landesverbandes Niedersachsen des "Bundes der Vertriebenen" (BdV), stellvertretender Vorsitzender der "Vereinigung der Ost- und Mitteldeutschen" in der CDU Niedersachsen und Vorstandsmitglied des "Arbeitskreises für Ostfragen" der niedersächsischen CDU.

Das Ostpreußenmuseum:

Das Ostpreußische Landesmuseum ist Manipulationsinstrument der Landsmannschaft Ostpreußen, in ihrem Konzept der Großdeutschland-Politik und zugleich Nährboden für die extreme Rechte. Ihre einseitige und verfälschende Geschichtsdarstellung hat die Entsorgung der deutschen Geschichte von der faschistischen Vergangenheit zum Ziel.
Seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland proklamieren die revanchistischen Organisationen, wie Landsmannschaften und der BdV, territoriale Ansprüche in Polen, Russland und Tschechien und fordern die Rückgabe "verlorener Güter".

Träger des Ostpreußischen Landesmuseums ist die "Ostpreußische Kulturstiftung", welche eng mit dem "Förderkreis Ostpreußisches Jagdmuseum" und anderen Vertriebenenorganisationen verwoben ist. Vorsitzender des Stiftungsrats ist der Sprecher der Landsmannschaft Ostpreußen (LMO), Wilhelm von Gottberg aus Schnega. Der Stiftungsrat geriet schon im Jahr 2005 in die Schlagzeilen, nachdem der ehemalige Direktor des Ostpreußenmuseum fristlos entlassen wurde. Dieser hatte zuvor in einer Kommission des Bundestages auf die rechten Seilschaften aufmerksam gemacht.

Förderkreis Ostpreußisches Jagdmuseum:

Der "Förderkreis Ostpreußisches Jagdmuseum - Hans-Ludwig Loeffke Gedächtnisvereinigung" hat sich zur Aufgabe gemacht, das Ostpreußische Landesmuseum in Lüneburg ideell und finanziell zu unterstützen und an den Gründer dieses Museums - Hans-Ludwig Loeffke - zu erinnern. Dieser Förderkreis stellt aber auch ein Netzwerk von Vertriebenen dar und kann als Scharnierorganisation zwischen dem organisierten Neofaschismus und Konservatismus angesehen werden. Auf den jährlichen Mitgliederversammlungen mit Vortragsveranstaltungen versammeln sich Vertriebenenfunktionäre, Vertreter der extremen Rechten und Konservative.
Vorsitzende dieses Förderkreises ist die Vertriebenen-Multifunktionärin Barbara Loeffke aus Lüneburg, die auch Kreisvorsitzende des BdV und die Landesvorsitzende der LMO ist.
Barbara Loeffke, die mit Hans-Ludwig Loeffke verheiratet war, ist seit Jahren für ihre Kontakte und Zusammenarbeit mit Personen und Gruppierungen der extremen Rechten bekannt. So nahm an einer Kranzniederlegung des Lüneburger BdV am 8. Mai 1985 auch eine Delegation der örtlichen NPD teil. Am 3. Mai 2007 wollte sie gemeinsam mit dem Neonazi und ehemaligen hochrangigen NPD-Funktionär, Klaus-Dieter Hoffmann aus Bad Bevensen, einen sog. "Heimatabend" in Adendorf durchführen. Nach Protesten musste die Veranstaltung abgesagt werden. Seit Jahren hält Barbara Loeffke enge Kontakte zu Klaus-Dieter Hoffmann. So trat sie im Jahr 1999 auf dem jährlichen Verbandstag des neofaschistischen "Freundschafts- und Hilfswerk Ost" (FhwO) in Munster auf. An dieser Veranstaltung nahmen auch mehrere NPD-Funktionäre teil. Das neofaschistische FHwO war schon mindestens zweimal in Lüneburg bei Vertriebenenveranstaltungen zu Gast. Im Jahr 2005 konnte der Vorsitzende des FHwO, Klaus-Dieter Hoffmann, auf einer Weihnachtsfeier der "Landmannschaft Schlesien" über seine Arbeit berichten. An dieser Veranstaltung nahm auch Barbara Loeffke teil. Im Dezember 2006 nahm Klaus-Dieter Hoffmann an der alljährlichen Mitgliederversammlung des Förderkreises teil. Auf Einladung von Loeffke hielt Hoffmann einen Reisebericht von einer Reise nach Polen.

Für eine Vortragsveranstaltung am 20. Oktober 2007 in Lüneburg hatte sich der "Förderkreis Ostpreußisches Jagdmuseum" den ehemaligen Generalmajor der Bundeswehr und prominenten Geschichtsrevisionisten Gerd Schultze-Rhonhof eingeladen. Nach öffentlichen Protesten wurde auch diese Veranstaltung vorher abgesagt.

Der "Förderkreis Ostpreußisches Jagdmuseum" verleiht bei seinen Mitgliederversammlungen alljährlich den "Hans-Ludwig Loeffke Gedächtnispreis". 1991 wurde dieser z.B. an den Niederländer Frans du Buy verliehen. Frans du Buy tritt immer wieder auf Vertriebenveranstaltungen auf und publiziert in Zeitschriften des neofaschistischen "Witikobund" oder dem "Bund für Gesamtdeutschland".

Zu diesem Netzwerk gehört auch der Vorsitzende des Stiftungsrates der "Ostpreußischen Kulturstiftung" und Sprecher der LMO, Wilhelm von Gottberg. In einem von dem CDU-Mitglied von Gottberg verfassten geschichtspolitischen Text im "Ostpreußenblatt", in dem er sich auch Argumentationen aus der Publizistik von Holocaust-Leugnern bediente, belegte er den Holocaust mit Begriffen wie "Mythos", "Dogma" und "jüdische Wahrheit" - Begriffe, die die historische Tatsache der Vernichtung der europäischen Jüdinnen und Juden in Zweifel ziehen. Wilhelm von Gottberg hat in der "Preußischen Allgemeinen Zeitung - Ostpreußenblatt" auch die antisemitische Hetzrede von dem später dann aus der CDU ausgeschlossenen Abgeordneten Martin Hohmann verteidigt.

Wilhelm von Gottberg und seine LMO unterhalten auch Verbindungen zu extrem rechten Organisationen. So alimentierte die LMO im Jahr 2007 eine "große Sommerfahrt" der völkischen Jugendorganisation "Der Freibund" (ehemals "Bund Heimattreuer Jugend") in das Gebiet des ehemaligen Ostpreußens mit einer Summe von 1000 Euro. 1993 war von Gottberg von der "Freibund"-Zeitschrift "Na Klar" interviewt worden.

In einem solchen Milieu ist es nicht verwunderlich, dass Barbara Loeffke keine Berührungsängste zu bekannten Neofaschisten hat und ihre geistige Nähe zur NPD öffentlich bekundet. Diese Vertriebenen-Funktionärin bezeichnete 1994 Teile von Polen und Russland als "ostdeutsche Provinzen" und am 23. September 2007 schwadronierte sie auf dem "Tag der Heimat" in Uelzen in bekannter Blut & Boden Terminologie: "Auf Erden kann es nur eine Heimat geben. Unsere Wurzeln sind da, wo wir sie gelassen haben".

Das Ostpreußische Landesmuseum schließen!

Nach dem aktuellen Skandal im Ostpreußenmuseum werden - wieder einmal - personelle und inhaltliche Konsequenzen gefordert. Allerdings ist zu befürchten, dass es mal wieder nur bei wortreichen Absichtserklärungen bleibt und es zu keinen umfangreichen Veränderungen kommt.
Lüneburger AntifaschistInnen vertreten die Position, dass das Museum sofort geschlossen und jegliche finanzielle und ideelle Unterstützung durch die Kommune, das Land und den Bund eingestellt werden muss. Der jetzige Stiftungsrat mitsamt der "Ostpreußischen Kulturstiftung" ist aufzulösen und jegliche Einflussnahme durch die LMO und anderer Vertriebenenverbände ist zu unterbinden. Danach muss dem Museum ein neues - den geschichtlichen Wahrheiten verpflichtetes - wissenschaftliches Konzept gegeben werden.

Mit einer Kundgebung am 31. Januar 2009 wollen Lüneburger Antifaschistinnen und Antifaschisten ihre Forderungen noch einmal unterstreichen und dem Revanchismus und Geschichtsrevisionismus der Vertriebenenorganisationen entgegentreten.
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Ergänzungen

Artikel zum aktuellen Skandal

Zeitungsleser 15.01.2009 - 13:33

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:_:_:_:_:_.-.-.-.-:_:_:_: 15.01.2009 - 18:09
Antifa demonstriert gegen Ostpreußen-Museum Antifa comrades from Syberia Die linke Szene in der Region will ihrem Protest gegen das Konzept des Ostpreußischen Landesmuseums Nachdruck verleihen. Für Sonnabend, den 31. Januar, haben zwei antifaschistische Vereinigungen aus Lüneburg eine Kundgebung angekündigt, die um 12 Uhr in der Ritterstraße stattfinden soll. Hier würden Redner der eigenen sowie verbündeter Organisationen an die langjährige Skandalgeschichte des Museums erinnern. Die Veranstalter erwarten bis zu 100 Teilnehmer. "Wir haben zwar nichts gegen das Museum, aber gegen die Personen, die dort das Sagen haben", erklärt Antifa-Sprecher Olaf Meyer. "Die unkommentierte Ausstellung der Jagdtrophäen von Hermann Göring zeigte erneut, was für eine unkritische Geschichtsauffassung im Ostpreußenmuseum vorherrscht", erklärte Meyer weiter: "Unser Ziel ist daher ein neues Ausstellungskonzept." Für die völlige Neuausrichtung des Museums müsse die Einrichtung aber vorerst geschlossen werden. Antifa Hools

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