Rechter Kandidtat bei Greifswalder Uni-Wahlen

Infonaut 10.01.2009 03:05 Themen: Antifa
In der kommenden Woche wird an der Universität Greifswald das Studierendenparlament gewählt. Erstmals kandidiert für einen Sitz im StuPa auch ein Kandidat aus der rechtsextremen Szene. Sollte er tatsächlich gewählt werden würde erstmals seit dem Ende des Nationalsozialismus ein Rechtsextremer ein Wahlamt in der Greifswalder Studentenschaft übernehmen.
Unter den insgesamt 41 Kandidaten, die in der kommenden Woche für das Greifswalder Studierendenparlament zur Wahl stehen, fällt Christoph Böhm, Jurastudent im fünften Semester, nicht weiter auf. Hochschulpolitisch ist er bisher ein unbeschriebenes Blatt. Ein engagierter Student ist er dennoch: Im vergangenen Jahr fungierte Christoph Böhm als Senior, Sprecher und "Hauswart" der rechtsextremen Burschenschaft Markomannia. Auch das "Hauswart-Konto" der Burschenschaft bei der Sparkasse Ostvorpommern war 2008 auf Böhms Namen geführt. In ihren Grundsätzen bezeichnet sich die Markomannia selbst als "deutsch-national", Kenner der rechten Szene in M-V beschreiben sie als aktive Vorfeld-Organisation der Rechtsextremen an der Greifswalder Universität.

Bisher vermiet es die Markomannia jedoch nach Möglichkeit, in Greifswald weiter aufzufallen. Auch gab es keine Versuche, ihre Mitglieder in den Strukturen der Studentenschaft zu platzieren. Doch nun will Markomannia-Mitglied B. ein Mandat im Greifswalder Studierendenparlament erringen. Im Wahlkampf gibt B. sich indes betont unauffällig, wirbt etwa für die "Stärkung der Fachkompetenzen der Fachschaftsräte". Nur ganz beiläufig findet sich in seinem Lebenslauf der Satz "Seit 2007 Mitglied DB". B.s Heimatverbindung Markomannia gehört tatsächlich zum Dachverband "Deutsche Burschenschaft" (DB), der dezenten Hinweis in B. Lebenslauf dürfte indes nur von Insidern verstanden werden. Neben der "Deutschen Burschenschaft" gehört die Markomannia daneben auch noch dem rechtsextremen Sammelbecken der "Burschenschaftlichen Gemeinschaft" an, was der Kandidat aber lieber ganz verschweigt.

Während B. im allgemeinen Wahlkampf eher zurückhaltend auftritt trommelt er im Netz umso offensiver in den eigenen Reihen um Unterstützer, unter anderem in der StudiVZ-Gruppe "We can change! - Böhm for StuPa 2009". Dort empfiehlt er sich den Gruppenmitgliedern, die sich erkennbar aus der Greifswalder Burschenschafts-Szene rekrutieren, als "Eure schlagende Vertretung in unserem Hochschul-Parlament". Auf den Pinnwand-Seiten der einzelnen Gruppenmitglieder, die B. im Wahlkampf unterstützen sollen, beginnen die Grußbotschaften schon mal mit "Heil!" oder "Heil Dir!", es tauchen Smileys mit Hitlerbärtchen auf und man tauscht gegenseitig einschlägige Literaturtips aus - beispielsweise das revisionistische Pamphlet "Der Krieg der viele Väter hatte", in dem die deutsche Unschuld am Ausbruch des Zweiten Weltkriegs behauptet wird.

Auf die enge Vernetzung der beiden Greifswalder Burschenschaften Markomannia und Rugia mit der rechten Szene hatte im Oktober 2008 der Greifswalder AStA mit Flugblättern und Broschüren aufmerksam gemacht [ http://astagreifswald.de/cms/index.php?option=com_docman&task=doc_download&gid=73&Itemid=72]. Im November 2008 ließ der AStA verlauten: "Wir vertreten den Standpunkt, dass die im Dachverband der Burschenschaftlichen Gemeinschaft (BG) zusammengeschlossenen Burschenschaften durch ihr revanchistisches Geschichtsverständnis [...] dem rechten Spektrum zuzuordnen sind. Dazu gehört auch die Burschenschaft Markomannia Aachen Greifswald." Die Kandidatur eines Markomannia-Mitglieds für das Studierendenparlament ist indessen vom AStA und den demokratischen Hochschulgruppen bislang nicht thematisiert worden - vermutlich ist der Wolf im Schafspelz einfach noch niemandem aufgefallen...
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Ergänzungen

titel

name 10.01.2009 - 05:20
Ja und? Erzähl mir was neues... Was will man schon von einer Uni erwarten, die nach Ernst Moritz Arndt - einem geistigen Mitbegründer des Faschismus in Deutschland benannt ist?

 http://de.wikipedia.org/wiki/Ernst_Moritz_Arndt

Debatte an der Uni

Henning 10.01.2009 - 11:04
Auch an der Uni wird nun darüber intensiv debattiert. Das Studentenmagazin webMoritz.de hat sich des Themas angenommen und die Story veröffentlicht.

Details gibt es hier:  http://www.webmoritz.de/2009/01/10/verheimlicht-stupa-kandidat-mitgliedschaft-in-der-burschenschaft-markomannia/

Burschis aus der Deckung holen

egal 10.01.2009 - 13:25
Auch die Antifaschistische Aktion Greifswald hat sich dem Thema Burschenschaften angenommen und wies bereits 2006 mit der Kampagne "Burschis aus der Deckung holen - den rechten Konsens anfechten" auf den reaktionären Charakter von Burschenschaften und die direkten Verbindungen ins neonazistische Spekrum hin. Im April 2006 demonstrierten mehr als 200 Menschen gegen die rechten Kaderschmieden. Einen Bericht zur Demo gibt es auf der Homepage der Antifa Greifswald  http://antifahgw.blogsport.de/action/8-april-2006/ und auf der Kampagnenseite  http://freenet-homepage.de/burschis/index.html.

Dossier mit weiteren Hintergrundrecherchen

Jan 12.01.2009 - 23:17
Das Greifswalder Studentenmagazin "Webmoritz" hat aus Anlass der Kandidatur von Christoph Böhm weitere Hintergründe über die Burschenschaft Markomannia recherchiert, zu finden hier:  http://www.webmoritz.de/wp-content/uploads/2009/01/dossier-markomannia.pdf

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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