Silvester zum Knast-Demo in Berlin

- no prison - no state - 01.01.2009 14:59 Themen: Repression Soziale Kämpfe
Unter dem Motto "Reissen wir die Mauern ein, die uns trennen – in Solidarität mit allen kämpfenden Gefangenen und dem Hungerstreik in Italien" gab es zu Silvester eine Demonstration zur JVA Moabit in Berlin. Aus dem Aufruf: "Seit über 20 Jahren gibt es Menschen, die pünktlich um Mitternacht durch eine kraftvolle Demo ihrer Wut gegen Knäste und alle Zwangsanstalten, sowie ihrer Solidarität mit allen Gefangenen Ausdruck verleihen. Es gilt, die zu unterstützen, die aufgrund der sozialen Zustände in den Kerkern dieser unmenschlichen Gesellschaft festgehalten werden."
Zwischen 400 und 500 Personen kamen, trotz eisiger Temperaturen, und setzten ein eindeutiges Zeichen gegen die herrschenden Zustände. Die Demo wurde von den Gefangenen schon erwarteten und mit den zur Verfügung stehenden Mitteln begrüßt - Rufe, Pfiffe und nicht zu vergessen Schläge gegen die Vergitterung der Fenster. Neben lautstarken Parolen, Redebeiträgen und Grußworten, Musikwünschen von Gefangenen, wurde auch an den Tod von Alexandros Grigoropoulos erinnert, welcher von einen Bullen in Athen am 6. Dezember erschossen wurde. In Athen selber demonstrierten zur gleichen Zeit über 800 Personen vor dem Knast, direkte Grüße wurden übermittelt.


Der Aufruf und weitere Infos:

www.abc-berlin.net/silvesterzumknast
indymedia


Die vorgetragenen Redebeiträge und Grußworte:

Wir sind dieses Jahr wieder vor den Knast in Moabit gekommen, um unsere Solidarität mit allen kämpfenden Gefangenen einmal mehr deutlich auszudrücken sowie unsere Ablehnung gegenüber allen Zwangsanstalten kundzutun.
Dieses Jahr möchten wir außerdem eine klare und kämpferische Umarmung den Gefangenen in Italien übermitteln – sowie natürlich auch den Weggesperrten in allen anderen Ländern – die gerade ihre Protesten gegen das Knastsystem durch einen Hungerstreik in die Öffentlichkeit tragen.
In Italien hat alles im Dezember des letzten Jahres angefangen als über 700 zu Lebenslänglich verurteilte Gefangene einen unbefristeten Hungerstreik gegen die Strafe des Lebenslänglichen begonnen haben.
Dieses Jahr haben am 1. Dezember mehrere hundert Gefangene wieder angefangen zu kämpfen. Bis zum 16. März wird es einen gestaffelten Hungerstreik in allen italienischen Knästen geben. Dies bedeutet, dass sich jede Woche in einer Region die jeweiligen Knäste im Hungerstreik befinden, bis alle einmal an der Reihe waren. Am 16. März wird es einen Tag des kollektiven Hungerstreiks geben. Unterstützung gibt es auch von vielen anderen Inhaftierten, vor allem in Spanien, aber auch in Deutschland und der Schweiz.
Die Gefangenen kämpfen für die Abschaffung der Strafe des Lebenslänglich. In Italien ist für eine frühzeitige Entlassung die Strafe nämlich erst ab dem 26. Jahr revidierbar, was allerdings für die meisten Lebenslänglichen aufgrund ihrer Verurteilungen nicht angewendet wird . Darunter fallen unter anderem Vereinigungsdelikte wie bewaffneter Kampf und andere sogenannte “Schwerverbrechen”, außerdem der Umstand, dass die Gefangenen mit den staatlichen Organen nicht kooperieren wollen.
Die Selbstorganisierung der Gefangenen wird vor allem von Anarchist_innen begrüßt und dementsprechend unterstützt: es fanden schon eine Vielzahl von solidarischen Aktionen vor vielen Knästen in Italien statt und weitere werden noch folgen.

Diese Demonstration heute in Berlin – genauso wie die in Hamburg und Köln – sind ein kleiner Beitrag zum Kampf der Gefangenen, um ihren Forderungen Öffentlichkeit zu verschaffen und um ihre Rufe nach draußen zu verstärken.
Denn Medien und Politiker_innen verhalten sich wie erwartet – mit großem Desinteresse, was uns natürlich nicht überrascht, denn von solchen Menschen erwarten wir keines und möchten auch keine Solidarität von ihnen.
Deshalb ist es an uns allen den selbstorganisierten Kampf der Gefangenen auf unsere Art und Weise auf der Straße zu unterstützen, um unsere und ihre Unzufriedenheit den Herrschenden gegenüber klar auszudrücken.

Solidarität mit allen Hungerstreikenden in Italien und überall!
Freiheit für alle Gefangenen!
Gegen alle Zwangsanstalten!

Anarchist Black Cross Berlin

----------

Grußworte für die Silvesterdemo 2008 von Thomas Meyer-Falk, zur Zeit Knast in Bruchsal

Herzliche und kämpferische Grüße zu euch allen nach Berlin!

Der alte Knastbau Tegel steht leider immer noch genauso fest, wie der hier in Bruchsal. Und nicht vergessen all die anderen Gefängnisse in Deutschland und weltweit.

Aber ganz langsam entsteht unter den Gefangenen eine Bewegung nicht nur für ein paar mehr Bequemlichkeiten zu kämpfen, sondern für ihre Würde und für ihre Freiheit.
Und von draußen, von Menschen wie Euch die ihr heute in dieser frostigen Nacht gekommen seid, gibt es die so dringend notwendige Unterstützung. Ohne euch in Freiheit gibt es auch hinter Gittern keine Bewegung.

Erich Mühsam, er schrieb in einem Gedicht vom „Mensch sein“. Er schrieb: „Mensch sein erlaubt, befiehlt den Feind zu hassen. Mensch sein heißt Unrecht bei der Gurgel fassen und es mit jedem Keim zu Staub zerreiben....“

Fassen wir das Unrecht bei der Gurgel!

Auf ein kraftvoll-kämpferisches Jahr 2009.

Solidarische Grüße an Andrea, Christian S., Gabriel Pombo de Silva, José Delgado. Ebenso an Marco Camenisch der in der Schweiz gefangen gehalten wird. An die italienischen Genossinnen und Genossen, die in einer Hungerstreikstaffel für Ihr Mensch sein kämpfen und Solidarität brauchen!

Für eine Welt ohne Knäste!
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

Bilder auf flickr

Frog-Masta 01.01.2009 - 15:58
Weitere Bilder zu dieser Demonstration sind auf flickr zu finden.

Siehe da:
 http://www.flickr.com/photos/pm_cheung/sets/72157612006614840

jawoll!

xxx 01.01.2009 - 15:58
Solidarität mit Vergewaltiger-Rolf und Frauenschlag-Farud!!!

Ach, so stellt ihr euch das vor...

wasd 01.01.2009 - 16:39
Eine Welt ohne Knäste, die ihr fordert, ist doch eine reine Utopie. Sicher sitzen im Moment teilweise die Falschen ein, aber es gibt genug Menschen, die ihre Strafe verdienen. Oder wie wollt ihr mit Vergewaltigern und Mördern verfahren, wenn ihr erst alle Knäste abgeschafft habt ?!

Halbstarke

Vollidioten 01.01.2009 - 20:01
Alles in allem war die Demo ok, es werden wohl so um die 200 Leute gewesen sein.

Interessant fand ich, dass diverse Getränke aus Glasflaschen konsumiert werden konnten, ohne dass die Bullerei eingriff. Ist wohl also doch nicht so schlimm, wie die Bullen sonst immer tun. Noch interessanter ist vielleicht, das wärend der gesamten Demonstration Knaller flogen, was die Bullen genauso wenig kratzte. Geht also auch. Womit festgestellt wäre, dass diese Begründungen eine Demo zu stoppen nichts als Provokationen und Schikane sind.

Allerdings kam es zu einem sehr unschönen Zwischenfall aus den Reihen der Demo. Am Ort der
Abschlusskundgebung, also vor dem Knast, versuchte die Bullerei die Demonstranten vom Mittelstreifen fern zu halten. Immer wieder wurden Leute vom Grün geschubst. Als dies mal wieder besonders unsanft passierte, gingen eine Freundin und ich auf den Bullen zu, um ihn zur Rede zu stellen. Andere waren schon dabei, auf ihn einzureden. Als wir dort waren, flog von irgend einem Depp ein Knaller der größeren Sorte direkt vor unsere Füße. Ich konnte mich gerade noch umdrehen, die Freundin wurde leider voll erwischt. Kurz hörte sie nichts, dann nur sehr leise und mit einem Fiepen im Ohr. Leute, nix gegen Knaller auf Polizisten, die haben Helme auf und Ohropax drin. Aber die eigenen Leute in Mitleidenschaft zu ziehen, ist echt das letzte. Halbstarke Spassidioten bitte zu Hause bleiben!!

Zu der Disskusion über Sinn und Unsinn von Knästen, werde ich mich nicht äußern. Enfach mal selbst mit der Materie beschäftigen, statt hier sinnfreies zu posten und darauf zu warten, dass einem andere alles erklären...

an 01.01.2009 - 20:01

Anarcha 01.01.2009 - 20:50
Hab die Siutation am Mittelstreifen auch mitbekommen. Der betreffenden Person tat die Aktion sichtlich leid, als sie von Umstehenden Menschen darauf hingewiesen wurde, dass die DemoteilnehmerInnen mehr in Mitleidenschaft gezogen wurden, als die ausgetickten Polizisten. Der Mensch macht vor der nächsten Knastdemo besser noch ein paar Wurfübungen, Zeit und Gelegenheit gibt's wohl auch 2009 genug...

Gute Besserung an die Freundin !!!

in berlin

ist doch noch mehr passiert 06.01.2009 - 12:30
weiß das war nicht bei euch in moabit,
aber gibts da auch noch "objektive" berichte zu?
hab hier in indy nix gefunden.

"Unbekannte griffen kurz nach Mitternacht aus einer Menge von rund 1000 Menschen heraus eine Polizeiwache an und versuchten, durch ein zerstörtes Fenster eine Silvesterrakete in das Gebäude zu schießen. Gegen einen 21-Jährigen wurde Haftbefehl wegen besonders schweren Landfriedensbruchs erlassen. Die Party auf der zwei Kilometer langen Festmeile verlief nach Angaben von Polizei und Feuerwehr sehr entspannt. Es gab nur eine Festnahme."

 http://www.welt.de/welt_print/article2959383/Silvester-in-Berlin-Eine-Million-feiern-friedlich-auf-der-Festmeile.html

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Verstecke die folgenden 7 Kommentare

@wasd

Kommunistin 01.01.2009 - 16:46
Wieso sollten in einer befreiten Gesellschaft Menschen andere Menschen ermorden oder vergewaltigen?! Wenn die Bedürfnisse eines jeden erfüllt werden und zwar bei allen Menschen und nicht nur denen, die sich das leisten können wird es keine MörderInnen/Vergewaltiger mehr geben. Oder kennst du irgendnen Millionär (dessen Bedürnisse aufgrund seiner finanziellen Situation so gut wie komplett befriedigt werden), der wegen Vergewaltigung einsitzt?!

vergewaltiger und so

egal 01.01.2009 - 17:26
vorab sei gesagt das ich vergewaltigung in keinster weise legitimieren oder schön reden will aber es gibt vergewaltiger die in ihrer sexualität nur lust empfinden können wenn sie beispielsweise sex mit kindern haben. diese menschen sind opfer ihrer eigenen sexualität und werden auf grund ihrer sexuellen orientierung zu geächteten der gesellschaft. vor gesellschaftlich geächteter sexualität schützt aber kein reichtum. auch in einer befreiten gesellschft(ob die gesellschaft befreit werden will sei mal so dahingestellt) wird es folglich auch menschen geben die auf sex mit kindern stehen und deshalb auch zu vergewaltigern werden (könnten)

@ Kommunistin

geht 01.01.2009 - 17:29
Ich würde das nicht so teilen. Eine befreite/kommunistische Gesellschaft ist ja keine Friede-Freude-Eierkuchen-Gesellschaft, sondern erstmal eine gesellschaft die von den Zwängen des kapitalistischen Verwertungszusammenhangs und seinen Formen, also auch dem Staat mit all seinen Apparaten, befreit ist. Das bedeutet jedoch nicht, dass dort alles friedlich abläuft, jeder glücklich und zufrieden ist und niemand jemand anderes etwas antut. Zwar wären in einer kommunistischen Gesellschaft die materiellen Bedürfnisse aller ausreichend befriedigt, was jedoch wie gesagt keine Konfliktlosigkeit bedeutet. Allein schon über den Einsatz der gesamtgesellschaftlichen Produktivkräfte müsste ja regelmäßig Streit stattfinden. Also kann es natürlich auch Mord, Totschlag und Vergewaltigung geben, vielleicht aber nicht mehr in dem Maße, indem es das in einer Gesellschaft wie dieser gibt. Ich würde mich trotzdem mit den Knastdemos zu Sylvester solidarisieren, da die Knäste (soweit ich das überhaupt beurteilen kann) in der Tat ein unmenschliches System zu sein scheinen, die dazu dienen gesellschaftlich abgeschriebene Menschen zu parken, politische GegnerInnen einzusperren und die Hilflosigkeit des Staates gegenüber den gesellschadtlichen zeigen. Es wird womöglich nie ein Weg daran vorbei führen bestimmten Menschen, wie eben Vergewaltigern, die Bewegungsfreiheit zu entziehen, allerdings beinhaltet das staatliche Knast- und Repressionssystem ja noch viel mehr als nur einen Freiheitsentzug zum Opferschutz.

naja....

zora 01.01.2009 - 17:33
...dass ein millionar nicht (wegen vergewaltigung) einsitzt, heisst nicht, dass er nicht vielleicht auch...würde oder hat....

ansonsten stimme ich dir "kommunistin" zu,
"umgang" formt den menschen; zumindest teilweise; für den anderen teil ist er selbst verantwortlich.
es würde nicht gleich "keine vergewaltiger und mörder" mehr geben, schätze ich.
ich bin überzeugt, dass eine grundlegend-(ver)besser(t)e "welt", "gesellschaft", "menschlichkeit"
auch dazu führen wird, dass weniger menschen "kriminell" werden.
nun, die, die meinen, immer ÜBER einem anderen (menschen) stehen zu müssen, nun, mit denen müssen wir uns eben alltäglich auseinandersetzen.
denk ich.

gruss
zora

@ wasd

Hinz 01.01.2009 - 19:01
Man wird nicht als Mörder oder Vergewaltiger geboren !

?

wixxer 01.01.2009 - 22:07
klar schafft ruhig alle knäste ab!!!
vor allem kinderschänder, vergewaltiger und mörder sollten unbedingt in freiheit sein, denke ich

übersetzung bitte!

"muss"=Befehl 02.01.2009 - 22:07
schade, dass die redebeiträge oder wenigstens die parolen ins türkische übersetzt wurden. denn schließlich sind die meisten gefangenen in moabit sog. migranten. bei der mieten-stop-demo hat das besser geklappt.