Mexiko:Auftakt des Festivals der würdigen Wut

Zwei Leute vom YA-BASTA-NETZ 27.12.2008 08:13 Themen: Freiräume Globalisierung Kultur Soziale Kämpfe Weltweit
Bericht vom ersten Tag des "Festivals der würdigen Wut", zu dem die EZLN eingeladen hat, um die Vernetzung außerparlamentarischer linker Widerstände in Mexiko und darüber hinaus voranzutreiben.
Tag 1 - Lienzo Charro, Iztapalapa, Mexiko-Stadt

Am 26. Dezember 2008 begann in Mexiko-Stadt das "Erste weltweite Festival der würdigen Wut", zu dem die Zapatistische Armee zur nationalen Befreiung (EZLN) im vergangenen September aufgerufen hatte. "In dieser Welt sind wir Illegale, Undokumentierte, Unerwünschte. Wenn die Welt keinen Platz für uns hat, müssen wir eben eine neue schaffen. (...) Zynismus und Inkompetenz der traditionellen politischen Klassen sind in Wut umgeschlagen", so die EZLN in ihrem Aufruf.

Die EZLN beharrt in ihrem aktuellen Vorschlag 25 Jahre nach ihrer Gründung und 15 Jahre nach Beginn des Aufstands in Chiapas weiter darauf, dass nachhaltige soziale Veränderungen nur von der Bevölkerung selbst ausgehen können.

Vom 26. Dezember 2008 bis zum 4. Januar 2009 werden daher unter dem Motto "Eine andere Welt, ein anderer Weg: unten und links" in Mexiko-Stadt sowie im Aufstandsgebiet in Chiapas Vorträge, Ausstellungen, Diskussions- und Kulturveranstaltungen durchgeführt. Das Ziel der aktuellen Zusammenkunft ist ein weiteres Kennenlernen, eine stärkere Vernetzung und eine verbindlichere Organisierung unabhängiger linker Aktivistinnen und Aktivisten auf mexikoweitem und globalem Niveau, die in der so genannten "Anderen Kampagne" vernetzt sind.

Der erste Tag des Festivals begann schwungvoll und gut organisiert und machte neugierig auf die nächsten Tage. Über 200 außerparlamentarische linke Organisationen, Kollektive oder Netzwerke aus Mexiko und rund 20 anderen Ländern aus Nord- und Südamerika sowie Europa, aber auch der Iran ist vertreten, bauten rund 140 Ausstellungsstände auf, um auf verschiedene Weise - u.a. mit Wandzeitungen, Transparenten, Ausstellungstafeln oder Puppentheater - ihre sozialen, politischen und kulturellen Kämpfe zu präsentieren.

Das Themenspektrum reicht dabei von kleinbäuerlichen und indigenen Kämpfen in ländlichen Regionen über gewerkschaftlichen Widerstand, z.B. von Maquiladora-Arbeiterinnen, unabhängige Medienarbeit, Alternativmedizin, Antirepressionsarbeit, alternative Energieerzeugung, Antifaschismus und Feminismus bis hin zu den Kämpfen der sex-workers.

Interessant war an diesem ersten Tag, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sich spürbar auf dem Festivalgelände verteilten und sich nicht übermäßig auf einzelne Stände oder Events konzentrierten. Viele Menschen nahmen sich Zeit, um die Ausstellungen in Ruhe zu studieren und häufig kam es zu ersten Gesprächen, die nicht selten mit gegenseitigen Interviews für alternative Medien oder dem Austausch von Kontaktdaten endeten.

Begleitet wird diese globale Ausstellung von unten von einem reichhaltigen politisch-sozialen und kulturellen Rahmenprogramm. So wird eine vielfältig besetzte Veranstaltungsreihe unter dem Motto "Die vier Räder des Kapitalismus" durchgeführt, die sich mit den Themenbereichen Ausbeutung, Enteignung, Repression und Diskriminierung beschäftigt. Gleichzeitig gibt es Diskussionsveranstaltungen über die entsprechenden Widerstände und Alternativen wie "Die Andere Stadt", "Die Anderen Bewegungen", "Die Andere Geschichte" oder "Die Andere Politik".

Im Rahmen des Festivals werden zudem über 100 Bands, die aus verschiedensten musikalischen Richtungen stammen, sowie mehrere Theatergruppen auftreten. Ergänzt wird dieses kulturelle Programm noch durch ein internationales alternatives Filmangebot in einem Kino-Zelt.

Weitere Veranstaltungen folgen ab dem 31.12.2008 im zapatistischen Caracol von Oventik, Chiapas, sowie in den darauffolgenden Tagen in San Cristóbal de las Casas.

Weitere Informationen und Live-Übertragungen unter:

 http://dignarabia.ezln.org.mx/ und
 http://chiapas.indymedia.org/
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the grinch 27.12.2008 - 14:28
mich würde sehr interessieren, wer aus dem iran dort ist!

ansonsten mal wieder ein dankeschön an das ya basta netzwerk für die tolle arbeit.

Unheimlich antihierarchisch....

sarah 27.12.2008 - 17:15
Also ich kann dem Beitrag überhaupt nicht zustimmen. Ich finde es schlimm festzustellen, wie sich die EZLN in wenigen Jahren von einer landesweiten politischen Orientierung in einen Haufen autoritärer Sektierer verwandelt hat.
Die "otra campania" gibt es faktisch nicht mehr, die Gruppen, die dazu gehören agieren nur wenn die EZLN was vorgibt oder es ihnen "erlaubt". Die "otra" hat nichts anderes getan als zu spalten und sektiererische Positionen zu stärken.
Und auch dieses Festival ist eine Farce. In der Einladung war zu lesen:
"Los grupos, colectivos y organizaciones nacionales e internacionales que participen en el festival serán solamente los que sean invitados para tal efecto."
(Die Gruppen, Kollektive, Organisationen auf nationaler und internationaler Ebene, die am Festival teilnehmen werden ausschließlich jene sein, die dafür eingeladen werden).

Sehr hierarchiefrei, die EZLN entscheidet wer teilnehmen darf, wer auf den Podien diskutieren darf usw. alles ganz offen und horizontal...

Und dann schon wieder ein Treffen zwischen Weihnachten und Neujahr... aus Mexiko bleiben ein Großteil der Menschen, die in verschiedensten Basiskämpfen stecken, dem Treffen fern, weil sie die Feiertage mit ihrer Familie verbringen und international reisen nur Leute an, die entweder Monatelang in Mexiko rumhängen oder finanzkräftigen NGOs angehören, denn wer kann sich sonst noch ein Flugticket zu den Preisen der Weihnachtszeit leisten...
Hört auf zu träumen!! Die EZLN hat sich selbst ins Abseits manövriert und ist nur noch Bezugspunkt für irgendwelchen urbanen Alternativkulturen der ersten Welt bzw. "Schwellenländer" oder Subkulturen in Mexiko.

für sarah,

Anoranza 27.12.2008 - 19:30
was du schreibst ist postkoloniales Gerede.
" Die EZLN hat sich selbst ins Abseits manövriert und ist nur noch Bezugspunkt für irgendwelchen urbanen Alternativkulturen der ersten Welt bzw. "Schwellenländer" oder Subkulturen in Mexiko. "
"Im Abseits" sind die indigenas und die gesamten unteren Gesellschaftsschichten seit eh und je und es ist für sie schwierig dort hinauszukommen, auch weil ein Teil der Welt, nämlich unserer,dieses chiapas und andere noch abhängige Teile der Welt ausnutzt.
"urbane Alternativkulturen" sind doch cool!!!
Was machst du sie runter?
Wird die Krise spürbar sind das die Leute die schon einen Plan haben werden wie sich ohne Staat etc. in eigener Produktion und Autonomie leben lässt, einige direkte Handelsklamotten funktionieren echt gut.
Tja, krass oder, was du dann machst ist dein Ding, geh, schau was der Staat dir noch geben kann, aus "urbanen Alternativkulturen" wächst eines Tages der Luxus einer anderen solidarischen Ökonomie, sowie die Zapatistas mittlerweile den Lebensstandard gegenüber ihren Landsgenossen die sich noch nicht bestechen lassen, verbessert haben.
Der Laden läuft und zwar so gut das diese Alternative eine Gefahr für die gegenwärtige herrschende Ordnung darstellt.
Es könnte ja sein das Leute hier oder in Griechenland oder sonstwo auf einmal checken dass sie die gleichen Möglichkeiten haben ihr Leben selbst zu organisieren. Das wäre doch lustig:-)


@Anoranza

denise 27.12.2008 - 22:44
träum ruhig weiter... vielleicht solltest Du Dir mal die zapatistischen Gemeinden anschauen bevor du so einen Müll redest. Sie haben gut funktionierende Selbstverwaltungsstrukturen, aber finanziell sind sie komplett von Geldern aus Europa und den USA abhängig. Und da das Geld gerade weniger fließt, weil die Zapatistas nicht mehr so "in" sind wie vor einigen Jahren, geht es den zapatistischen Gemeinden zunehmend schlechter. Sie haben ein großes Problem mit Migration, viele Leute gehen weg, das gab es in der Form vor einigen Jahren noch nicht. Viele ihrer Krankenhäuser und Gesundheutsstationen funktionieren nicht, da es an Geld, Material und Fachkräften fehlt.
Klar haben sie sich ins Abseits manövriert. War es vor einigen Jahren noch ein Anliegen von Hunderttausenden und Millionen ihre Solidarität in Mexiko mit den Zapatistas zu zeigen, können sie jetzt kaum noch mehr als wenige Hundert Leute mobilisieren. Das hängt damit zusammen, dass sie mit der otra campania einen völlig sektiererischen Kurs gefahren sind und alle anderen Linken angeschissen haben und außerdem noch alle vor die Wahl gestellt haben entweder mit ihnen oder gegen sie zu sein...
Und Revolution oder tiefgreifende gesellschaftliche Veränderung ist eben mehr als Subkultur, alternative Kneipe und Punkkonzert. Ohne gesellschaftliche Mehrheiten keine gesellschaftliche Veränderung (es sei denn Du bist der Meinung es müssten alle mit Gewalt zu ihrem Glück gezwungen werden und du glaubst auch noch dass das funktioniert...).
Also nicht einfach im blinden Reflex alles hochleben lassen was die EZLN macht, sondern auch informieren und denken.
Und zu guter Letzt: Fuck deutsches Indymedia und die reaktionären ModeratorInnen

dokfilm :CAFE REBELDIA

depende 28.12.2008 - 00:45
mit viel erfolg haben wir unseren dokumentarfilm CAFE REBELDIA ,75min,mexico 2000-2008

ueber die mexikanische kaffeekrise und die

zapatistischen kaffeestrukturen in diversen gemeinden von chiapas gezeigt.

er laeuft dann auch auf dem festival in oventik .

vorbestellungen(kosten ca 22.-euro) und veranstaltungsanfragen bitte ab sofort an:

info (at) terravisiontv.com

www.terravisiontv.com



weitere infos zu kaffee und mexico und el salvador:

www.cafe-cortadora.de

www.chiapas98.de

ja klar

Anoranza 28.12.2008 - 00:54
Ich habe mir den Fortschritt vor Ort in Jahresabständen betrachtet und weiss wovon ich rede, du spaltest doch hier.
Da gibt es nen Festival und du erzählst einen vom Pferd.
In Mexiko wird es bald eine Revolte geben und die Zapatistas werden ihr Vorbild sein, frag mal nach vor Ort- und in Oaxaca hatten wir es wohl auch nicht gerade mit einer Subkultur zu tun. 2010
Du hast keine Ahnung denise, du überschätzt den Gehalt deiner Aussagen sonst würdest du den LeserInnen deine grauen Sätze ersparen.
Natürlich laufen 'Dinge falsch, entscheidend sind aber nicht die Fehler sondern das vorankommen, das sich selbst hinterfragen und den Wunsch zu behalten einen Weg zu finden der nicht im Parlament versandet.

@ denise

holger 28.12.2008 - 18:19
also ich finde deine einschätzung, dass die solidarität zu der zapatistischen bewegung aus sektiererischen gründen abgenommen hat, völlig falsch.
die unterstützung für die dortige bewegung hat genau parallel zum hiesigen sozialabbau abgenommen, mit der erhöhung der hiesigen lebenskosten, und der abnahme an überflüssigen geldern, welche man nach mexiko senden könnte.
gleichzeitig sind damit die proteste in #schland angewachsen, wie anti-kriegs-demos, gegen g8 etc. der existenzdruck ist für viele menschen hierzulande einfach größer geworden, so dass sie sich mit ihren eigenen problemen vorrangig beschäftigten, als sich mit anderen protesten zu solidarisieren.
klar, dass die einstellung von zahlungen die zapatistischen gemeinden vor organisatorische engpässe stellt. oder mit der sinkenden zahl an unterstützerinnen aus europa und anderswo, die mexikanische regierung mehr handlungsfreiheit in sachen repression dort erhält.

andererseits muss ich für mich konstatieren, dass eine unterstützungleistung der hiesigen linken, welche aus geldtransfer nach übersee besteht, nicht gerade an den ursachen der ausbeutung sägt. sondern die kapitalistische manier damit ebenfalls fördert und weiterpflegt. man denke mal an die welthandelsabkommen (wie nafta) und deren verstrickungen mit der finanzwirtschaft.
finanzielle förderung von #schland aus kommt mir schon vor wie der große bruder, welcher dem kleinen revolutionären unter die arme greift. und nicht das dort angestrebte 'von unten lernen'.

da sind mir die hiesigen kämpfe zur transformationen DIESES systems schon lieber, da sie dafür sorgen könnten, dass die fremdwirtschaftliche ausbeutung von mexiko aufhört. (transfer von rohstoffen in die usa u.a.).

vielleicht wäre es eine bessere unterstützung der zapatistischen interessen, wenn deren organisationsweisen hierzulande mal ausprobiert würden.

also weniger dezentrale individualisierung, sondern mehr aufbau von netzwerken und austausch über gesellschaftliche visionen.