Versammlungsfreiheit im Rückwärtsgang

infoschiene 18.12.2008 15:35 Themen: Bildung Repression
Die Versammlungsbehörde drohte erstmalig seit Jahren mit dem Verbot von linken Versammlungen in Hamburg und kündigte den Rückwärtsgang für die Demonstration am Samstag, den 20.12.2008, in der Hamburger Innenstadt an. Jetzt will sie die zeitliche und örtliche Verlegung der Protestkundgebung vor dem griechischen Generalkonsulat, die von linken Hochschulgruppen der Universität Hamburg angemeldet wurde, per Auflagenbescheid verfügen.
Wer hätte das gedacht? Im schwarz-grünen Koalitionsvertrag ist viel von der Versammlungsfreiheit und der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu lesen. Aber die Praxis der Innenbehörde zeigt, dass der Koalitionsvertrag das Papier nicht wert ist auf dem er geschrieben steht. Der Law-and-Order- Senator Ahlhaus, der sein Polizeigesetz zu Recht als „das schärfste der Republik“ bezeichnet, lässt sich von der GAL nicht an die kurze Leine legen. Die Innenpolitik von schwarz-grün ist
gekennzeichnet von der Forderung nach einem „Bundeswehreinsatz im Inneren“, „Online-Durchsuchungen für Polizei und Verfassungsschutz“, „Grundgesetzänderung, damit das BKA-Gesetz den Bundesrat passieren kann“ und einer repressiven und inhumanen Ausländerund Flüchtlingspolitik, die nach wie vor den Alltag von MigrantInnen in Hamburg bestimmt.

Die Versammlungsbehörde hatte am Mittwoch, den 17.12.2008 mit der Auflage gedroht, dass die Solidaritätsdemonstration mit den Protesten in Griechenland nicht wie angemeldet um 14.00 Uhr vom Allende-Platz am Campus der Universität Hamburg, über die Dammtorstrasse zum Hauptbahnhof in die Innenstadt verlaufen darf, sondern rückwärts. Verfügt werden sollte dieselbe Demonstrationsroute zur selben Zeit, allerdings sollte diese am Hauptbahnhof beginnen und dann über die Lombardsbrücke zum Dammtor zur Universität führen.

Sollten die Veranstalter der Demonstration diese Auflage nicht akzeptieren, würde die Versammlungsbehörde die Protestkundgebung vor dem Griechischen Generalkonsulat von 17.00 h auf 14.00 h vorverlegen. Die Kundgebung in der Innenstadt wurde von der Hochschulgruppe DIE LINKE.SDS an der Universität Hamburg am Dienstag, den 16.12.2008, angemeldet. Zu der Protestkundgebung unter dem Motto „Solidarität mit den Schülern, Studierenden und GewerkschafterInnen in Griechenland“ rufen die Hochschulgruppen DIE LINKE.SDS, REGENBOGEN Alternative Linke und die GEW Studierendengruppe gemeinsam auf, die am Samstag nach der Demonstration in der Zeit von 17.00 bis 20.00 Uhr stattfinden sollte.

Die Versammlungsbehörde will jetzt verfügen, dass die Kundgebung drei Stunden früher, also von 14.00 bis 17.00 an der Kreuzung Valentinskamp / Dammtorstr. vor dem Gänsemarkt stattfinden soll, damit beide Versammlungen gleichzeitig stattfinden. Skandalös ist diese Erpressungsversuch der Innenbehörde, weil das Bundesverfassungsgericht klipp und kar festgestellt hat: Das Selbstbestimmungsrecht über Zeit, Dauer und Ort von Versammlungen haben die Veranstalter und nicht der Innensenator.

Die Innenbehörde greift damit massiv in das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit ein, in dasGrundrecht von Studierenden, die friedlich und gewaltfrei vor dem griechischen Generalkonsulat protestieren wollen und natürlich im Anschluss an die Demonstration zur Teilnahme an der Kundgebung aufrufen werden. Wir haben seit der Anmeldung der Kundgebung für 17.00 Uhr mobilisiert, es ist deshalb vollkommen inakzeptabel, willkürlich und unverhältnismäßig den Veranstaltungsbeginn vorzuverlegen.

„Wir gehen von friedlichen und gewaltfreien Versammlungen in der Innenstadt aus und fordern den Innensenator auf, die Kriminalisierung von Menschen, die ihr Grundrecht auf Versammlungsfreiheit wahrnehmen, sofort zu unterlassen. Sollte die Kundgebung am Gänsemarkt zeitlich vorverlegt werden, werden wir eine Eilversammlung vor dem Thalia Theater in der Innenstadt in der Zeit von 17.00 bis 20.00 Uhr anmelden. Außerdem ist von einer Vielzahl von Spontankundgebungen in der gesamten Innenstadt auszugehen, die ihre Kommunikationsgrundrechte, insbesondere die Meinungsfreiheit und die Versammlungsfreiheit ausüben“, so Anna Artur von den linken Hochschulgruppen.

DIE LINKE.SDS Hochschulgruppe
REGENBOGEN – Alternative Linke
GEW Studierendengruppe an der Universität Hamburg
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Ergänzungen

Autonome Demo erlaubt!

... 18.12.2008 - 15:55
Widerstand ist nicht zwecklos! Entgegen den gestrigen Ansagen hat die Versamlungsbehörde heute nachgegeben und der Demo und Route des Demobündnisses zugestimmt. Auch die von studentischen Gruppen organisierte Kundgebung kann wie geplant um 17 Uhr am Gänsemarkt beim griechischen Konsulat stattfinden.

Auftakt der Demo ist an der Uni Hamburg, Abschlußkundgebung am Hauptbahnhof. Von dort aus sind alle aufgerufen sich auf den Weg zur Kundgebung am Gänsemarkt zu machen! Die Polizei ist verpflichtet den Zugang von Menschen die an der Kungebung teilnehmen wollen nicht zu verhindern. Aber Achtung: Möglicherweise finden Behinderungen auf dem Weg im Bereich der Mönckebergstraße, dem Rathausmarkt oder der Poststraße statt. Besteht auf euer Recht zur Kundgebung zu gelangen! Seid lautstark und unübersehbar in der Einforderung eines unbeschränkten Demonstrationsrechts am 20.12.!

Aufruf zur Kundgebung am 20.12.08

nn 18.12.2008 - 18:44
Wir erklären uns solidarisch mit den Protesten der SchülerInnen, Studierenden und GewerkschafterInnen in Griechenland – Für soziale Gerechtigkeit weltweit!

Samstag, 20.12.08, 17 Uhr
Kundgebung vor dem Griechischen Konsulat
Neue ABC-Straße am Gänsemarkt


Samstag, 20.12.08, 17 Uhr
Kundgebung vor dem Griechischen Konsulat
Neue ABC-Straße am Gänsemarkt

Außerdem weisen wir auf die Demo gegen Repression
am Samstag, 20.12., um 14 h, am Allende-Platz an der Uni hin

Die Ermordung des Schülers Alexis Grigoropoulos durch einen Polizisten in Griechenland empört uns. Die griechische Regierung trägt für dieses Verbrechen die politische Verantwortung. Sie hat jahrelang das brutale Vorgehen der Polizei geduldet und linke Proteste kriminalisiert. Sie hat den Mörder, der schon vorher für sein brutales Verhalten bekannt war, bewaffnet. Wir verurteilen deshalb auch die unrechtmäßigen wie gewalttätigen Übergriffe der Polizei gegenüber den Protestierern, den Tränengaseinsatz auch in Wohnvierteln und die Eskalationspolitik der konservativen griechischen Regierung. Der Widerstand gegen Polizeiwillkür und Repression ist spätestens seit den staatlichen Gewaltexzessen gegen die globalisierungskritische Bewegung in Genua eine wichtige Aufgabe der gesamten europäischen Linken.

Wir übersehen dabei nicht, dass die Proteste gegen die griechische Regierung auch Ausdruck der schwerwiegenden sozialen und ökonomischen Verwerfungen im Land sind. Sowohl durch politische Fehlentscheidungen als auch verschärfend durch die internationale Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise droht die soziale Infrastruktur zu kollabieren. Sowohl die Gesundheitsversorgung als auch das Bildungssystem stehen kurz vor dem Zusammenbruch.

Diese Entwicklung wird - wie auch die anhaltenden Korruptionsskandale in der Regierung - in den deutschen Medien bei der Beurteilung der derzeitigen Proteste meist ausgeblendet. Deshalb rufen wir für Samstag, den 20.12.08, 17 Uhr, zu einer Kundgebung
vor dem Griechischen Konsulat, Neue ABC-Str. 10, beim Gänsemarkt in der Innenstadt, unter dem Motto "Solidarität mit den Protesten der SchülerInnen, Studierenden und GewerkschafterInnen in Griechenland - Für soziale Gerechtigkeit weltweit!" auf.

Außerdem weisen wir auf die bundesweite Demonstration unter dem Titel „Solidarität ist eine Waffe! Aufstand ist ein Argument!“ hin, die am Samstag,den 20.12.08 um 14.00 vom Allende-Platz an der Universität zum Hauptbahnhof führt und sich gegen die Repression in Griechenland und den Freispruch der für den Tod von Oury Jalloh, einem in der Polizeiwache Dessau verbrannten Flüchtling, verantwortlichen Polizisten richtet.

DIE LINKE.SDS Hochschulgruppe
REGENBOGEN – Alternative Linke
GEW Studierendengruppe an der Universität Hamburg

presse

zeitungsleserin 19.12.2008 - 08:40

19.12.2008
Wir sind hier nicht in Bremen
Zwei Demonstrationen gegen "staatliche Morde" wollte die Hamburger Polizei verbieten. Jetzt hat sie eingelenkt

In Hamburg ist ein Streit um polizeiliche Auflagen für zwei Politaktionen gegen "staatliche Morde" entbrannt. Autonome Gruppen wollen am Samstag um 14 Uhr mit einem Protestzug von der Uni in die City spazieren, während sich um 17 Uhr Studenten zu einer Kundgebung vor dem griechischen Konsulat an der Abc-Straße versammeln wollen. Sie wollen gegen die Erschießung des 15-jährigen Alexandros Grigoropoulos durch die Athener Polizei demonstrieren.

Carlo Giuliani erschossen in Genua, Oury Jalloh verbrannt in einer Polizeizelle in Dessau. Laye Conde ertränkt durch das Einflössen von Brechmitteln in Bremen. Und nun der Tod von Grigoropoulos, der in Griechenland eine Welle der Proteste auslöste. Grund genug, für einige Gruppen die Solidarität auch auf Hamburgs Straßen zu tragen.

Doch es war der Polizei ein Dorn im Auge, da Teilnehmer der Demo im Schutz des Versammlungsrechts durch die City zur Kundgebung ziehen könnten. Ursprünglich wollte die Polizei - nach dem Vorbild Bremens die Versammlungen verbieten. Dort hatte das Oberverwaltungsgericht ein Verbot durch die Polizei bestätigt. "Unverständlich, warum die Veranstalter dagegen nicht vors Bundesverfassungsgericht gezogen sind", sagt der innenpolitische Referent der Linkspartei, Bela Rogalla. "Das Urteil ist unhaltbar."

Doch nach dem Studium des Urteils entschied auch die Polizei dass ein Verbot nicht in Betracht kommt. Deswegen wollte sie die Veranstalter der Demonstration dazu bewegen, aus der Innenstadt heraus zu marschieren, sonst werde die Kundgebung vorverlegt.

Sollte die Kundgebung am Gänsemarkt vorverlegt werden, werden wir eine Eilversammlung vor dem Thalia Theater anmelden, drohte die Linke Hochschulgruppe. Die Polizei lenkte ein. Beide Versammlungen können wie geplant stattfinden. KVA
 http://www.taz.de/regional/nord/hamburg/artikel/?dig=2008%2F12%2F19%2Fa0191&cHash=6ff1ddb86d

demo vorzeitig aufgelöst

fsk hörerin 20.12.2008 - 16:26
die demo wurde vor der innenstadt gekesselt und unter verweis auf einzelne flaschenwürfe und vermummungen nicht weitergelassen. es wurde eine alternativroute durch menschenleeres gebiet angeboten die von der demoleitung abgelehnt wurde.
der hamburger innensenator wollte die demo schon von vornherein verbieten. da das leider nicht möglich warwurde sich eben anderer möglichkeiten bedient um die demo aus der shoppingzone rauszuhalten.
deswegen wurde die demo jetzt von der demoleitung aufgelöst.
 http://stream.nadir.org/ fsk livestream
kundgebung am gänsemarkt findet immernoch um 17h statt!

geht weiter

radio 20.12.2008 - 17:33
kundgebung am gänsemarkt mit mehreren hundert leuten. wenig passanten. cops scheuchen leute und situation ist angespannt.
gab ne spontandemo mit etwa 300 leuten auf der mönckebergstr.

erfolg!

hamburger 21.12.2008 - 04:07
tja, die bullen haben wohl nicht damit gerechnet, dass sich nach auflösung der demo 300 menschen in die nächste s-bahn richtung hbf setzen und gezielt richtung city gehn und sich nicht von den wenigen bullen am anfang der mönckebergstraße aufhalten lassen. großer mob, entschlossen, sehr lautstark, schnell und trotzdem lange unterwegs, viele straßen, weihnachtsmärkte, shopping-passagen und vor allem passanten. immer wieder kleine bullen-grüppchen, die aber einfach nur hilflos waren. taktik der polizei ging nicht auf!

Efolgreiche dezentrale Aktionen nach der Demo

ACAB 21.12.2008 - 12:49
Die Demo wurde in der Tat grundlos und sicher vorsätzlich an genau dieser Stelle gestoppt. Das hielt jedoch fast keinen davon ab mit der Bahn anschließend in die Innenstadt zu fahren und in Gruppen seine Meinung den Passanten mitzuteilen. Die Bullen waren sichtlich überfordert uns mitten in der Stadt "einzufangen", da durch ständige Richtungswechsel es für sie nicht vorhersehbar wohin wir gingen. Bin mit ca. 100 Leuten lautstark durch die Stadt gezogen "Wir demonstrieren wo wir wollen!", der Grund unserer Demo ist letztenendes auch in der Innenstadt und bei den vielen Einkäufern angekommen, trotz enormer Repression seitens der Polizei.

ACAB !

Bilder von der Demo Hamburg 20.12.08

Foto-Archiv-Kollektiv 22.12.2008 - 00:34
Das Foto-Archiv-Kollektiv war wieder aktiv. Doe Fotos findet ihr wie immer auf unserer Seite

video

xyacab 22.12.2008 - 12:44

Danke Danke

Herzl 11.01.2009 - 00:31
Merkt ihr Linken nicht das sich mit eurem Demoverhalten die Schlinge in Sachen Versammlungsfreiheit weiter zuzieht. Ihr schneidet euch mit eurem Verhalten damit nur ins eigene Fleisch.

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