LG: Baumtranspis, Graffities, Fakes, Mars-TV

Anna und Arthur 12.12.2008 17:53 Themen: Repression Ökologie

Angekündigt waren "Aktionstage gegen Repression, Überwachung und Kontrollen politisch unerwünschter Personen - aus Anlass der Vorbeugehaft gegen eine AtomkraftgegnerIn, eines Prozesses, der Abschluss der Aktionstage sein wird und der Kriminalisierung rund um den Castor". So jedenfalls stand es auf der Internetseite zu den Aktionstagen. Und: "Es geht vor allem um Polizei, Gerichte und Überwachung!" Vom 5.-9.12.2008 erlebt Lüneburg eine Vielzahl von Aktivitäten - bunt, subversiv, direkt und unberechenbar. Das Ergebnis: Einige wirkungsvolle Fakes, viele bekletterte und behängte Bäume, ein eingestelltes Gerichtsverfahren, zwei Verhaftungen, viel Straßentheater und direkte Kommunikation sowie ein bisschen Sabotage.

Samstag: Vorbereiten, Stadtspaziergänge, Warmlaufen am Naziladen

Am ersten Tag schauten sich AktivistInnen die Stadt genauer an, machten Pläne und wollten ein bisschen üben. Dafür bot sich die Polizeisperre links und rechts eines gerade neu eröffneten Naziladens an - Papi Staat schützte die Neonazis. Mit Kreide wurde der uniformierte Einsatz beschriftet - doch mit dem Mars-TV klappte es nicht mehr, weil zuviele an den Kontrollpunkten der Staatsmacht in der Innenstadt hängen blieben. Also ein eher mäßiger Auftakt.

 

Der Sonntag: Prozessvorbereitung, Training und mehr am Sonntag

Aktionsfrei hatten die AktivistInnen am Sonntag. Denn nun ging es um die Vorbereitung von Straßenaktionen am Montag, um Trainings zu offensiver Prozessführung und um ein Gespräch über Unterbindungsgewahrsam (Schutzhaft) sowie den Umgang damit. Abends folgte dann die Ton-Bilder-Schau "Fiese Tricks von Polizei und Justiz". Bedauerlich, dass bei allen Teilen nur wenige LüneburgerInnen mitmachen. Von den Gruppen und Zusammenhängen, die solche Trainings und die Fiese-Tricks-Schau im Vorfeld bekämpft hatten, ohne sie zu kennen, war niemand da ...

Das Training konnte aus Zeitknappheit nicht komplett durchlaufen, doch wurden in Rollenspielen etliche Abläufe im Gerichtssaal nachgespielt. So manches fand zwei Tage später auch seinen Weg in die Praxis.

Im Laufe des Tages fielen Graffities auf, die sich gegen den Ordnungswahn richteten. Wann die genau auf den Wänden von Gericht, Ordnungsamt und Polizei landeten, ließ sich nicht ersehen - aber am Beginn der Tage waren die Fassaden noch eintöniger.

 

Der Montag: Antirepressionstage in Lüneburg

Mars TV
Ein Team von drei Marsbewohnis war am Montag in der Innenstadt Lüneburgs unterwegs. Live auf Sendung und in der gesamten Galaxie zu sehen (außer natürlich auf der Erde, dort wird die beliebte Sendung zensiert) ging es in der Sendung um die Klärung einer Frage: Das Filmteam versuchte herauszufinden, warum es in Lüneburg verboten sei auf Bäume zu klettern, das Abholzen derselben aber erlaubt sei. Immer wieder verwiesen Passant_innen auf eine Stadtverordnung und schickten das Team vom Mars weiter zur Stadt. Leider konnte auch der Angestellte der Stadt, den das Team glücklicherweise auf der Straße traf nicht wirklich weiterhelfen. Deswegen zog Mars TV gegen nachmittag dann noch zum Ordnungsamt, doch auch auf den Behördenfluren konnte die Frage nach dem Sinn dieser Verordnung nicht abschließend geklärt werden. So werden die Bewohnis anderer Planeten also noch lange rätseln, warum es einen Planeten gibt, auf dem das Klettern in Bäumen und das Liegen auf Bänken verboten ist.

Erholungsschlaf in der Fußgänger_innenzone
Für einiges an Wirbel sorgte ebenfalls am Montag eine kleine Gruppe von Menschen, die mit Isomatten durch die Stadt zogen und sich an belebten Orten auf die Straße legten und mit Kreide darauf hinwiesen, dass eben dies nach der Lüneburger Stadtverordnung zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verboten sei und wie absurd das Ganze sei. Pöbelnde Passant_innen, ein sich gestört fühlender Weihnachtsmarktstandbetreiber und viele erstaunte Zuschauer_innen zogen schließlich neben uniformierten Polizisten und Vertretern der Stadt auch noch die Chefetage des Lüneburger Staatsschutzes an- sehr zur Freude des Teams von Mars TV, dass nun weitere Interviewpartner_innen gefunden hatte. Bevor die Polizei und die Stadtvertretenden und der Staatsschutz sich aber auf ein Vorgehen einigen konnten war die Gruppe schon zum nächsten Ort weiter gezogen ...

Faken, Faken, Faken: Die Stadt und ihre Verordnungen
Für Verwirrung sorgten in jenen Tagen auch verschiedene Schreiben der Stadt, bei denen es sich um Fälschungen (sog. Fakes) handeln soll. So tauchten laut Landeszeitung Anhörungsbögen auf, die Menschen wegen des Verdachts auf eine Ordnungswidrigkeit baten, sich bei den Behörden zu melden. Vorwürfe darin waren nicht entfernte Eiszapfen oder zu kontrastarme Hausnummern oder ähnlich absurde Regelverstöße. In einem weiteren Schreiben wurden die Bewohner_innen Lüneburgs außerdem aufgefordert, auch Kinder und Katzen in Zukunft nicht mehr unbeaufsichtigt zu lassen, da sonst die Gefahr bestünde, dass diese klettern würden und somit dann weitere Menschen zur Rettung der Kinder und Katzen genötigt würden, ebenfalls gegen die Stadtverordnung zu verstoßen. Die Zeitung meldete, die zitierten Regeln seien selbstverständlich alle falsch, doch damit lag an dieser Stelle die Zeitung falsch, denn der Wortlaut der Verordnung war in dem Schreiben korrekt wiedergegeben- nur glaubt das eben kein Mensch, so absurd ist schon das Original.
In öffentlichen Bekanntmachungen an Briefkästen, Schranken und anderen Gegenständen in der Stadt wies das Ordnungsamt (die Abteilung für Normen und Kontrolle) schließlich noch darauf hin, dass ab jetzt auch die so gekennzeichneten Gegenstände unter die Stadtverordnung fielen und somit das beklettern, das daraufliegen und das darauf nächtigen verboten seien.
In einem Zeitungsartikel vermutete das Ordnungsamt sogar eine Kampagne gegen sich. Grund dafür waren neben den aufgetauchten Schreiben der Stadt auch Graffitis an der Wand des Ordnungsamtes. Gegen diese Vermutung spricht allerdings, dass auch die Fassaden von Amtsgericht und Polizei verschönert worden waren mit justiz- und polizeikritischen Parolen.

 

Der Dienstag: Aktionen am und im Gericht, am und im Knast

Unerwartete Höhepunkte und Nachtreten der Repressionsbehörden brachte der letzte Tag der Antirepressionstage. Cecile, auf die Polizei und Justiz Jagd machten und so den Grund für die Aktionstage lieferten, stand um 12 Uhr vor Gericht - genauer vor dem Amtsgericht. Der Grund: Sie hatte Bußgeldbescheide für das Klettern auf Bäume erhalten. In einem Fall sollte die Kletteraktion die Eröffnung der neugebauten Reichenbachbrücke demonstrativ begleiten, in einem anderen gelang es AkteurInnen, einen Walkway (Seilverbindung zwischen zwei Bäumen) quer über eine Nazi-Aufmarschroute zu spannen. Der Aufmarsch musste umgeleitet werden. Vorgeworfen wurde der Aktionsklettererin aber gar nicht der Protest, sondern nur das Klettern auf den Baum - was ja in Lüneburg verboten ist.

Aktionen vor dem Amtsgericht
Schon eine Stunde vor Prozessbeginn versammelten sich AktivistInnen vor dem Lüneburger Gericht. Nach kleinen Scharmützeln mit einer in (Versammlungs-)Rechtsfragen weitgehend uninformierten Polizei begannen verschiedene Kleinstaktionen - von kurzen Redebeiträgen, die ein öffentliches Theaterstück im Amtsgericht ankündigten oder Hintergründe zur Sicherheitsverordnung der Stadt boten, über Liege-Aktionen auf der Straße (Liegen ist nach derselben Verordnung in Lüneburg auch verboten) bis hin zu aufgespannten Transparenten reichte der Reigen im gemäßigten Aktionstempo. Dann gings im Gericht los - mit einigen Minuten Verzögerung, weil in einen größeren Saal gewechselt wurde und der Richter recht spät kam.
Der Prozess war von der Sache her unspektakulär. Sofort wurde klar: Das Ende stand von Beginn an fest. Der Richter hatte sich überlegt, kein Bußgeld zu verhängen. Zielstrebig stellte er den Zeugen (zwei Polizeibeamte, je einer für jeden Vorgang) die Fragen, die dazu führten, dass die Sicherheitsverordnung im konkreten Fall gerade nicht gelten würde. In diese Richtung ging auch die formale Verteidigung von Cecile. Das allein wäre also langweilig und unspektakulär gewesen - und zudem ein weiterer Beleg, dass es vor Gericht um abgekartete Spiele geht. Diesmal ging es zugungsten der Betroffenen aus. Ob der politische Druck eine Rolle spielte, ließ sich erahnen, aber nicht belegen. Dass es dennoch 90min dauerte, bis die Einstellung erfolgte, lag dann an der offensiven Prozessführung von Cecile und am unartigen Publikum, dass immer wieder mit kreativen Einwürfen - von Überidentifikation bis zur Liedeinspielung "Mein Freund, der Baum" - glänzte. Missmutig schauten die Staatsschützer drein, die sich überall dazwischengemischt hatten. Rundherum standen JustizwachtmeisterInnen, die allmählich zum Faustrecht übergingen und nach Gutdünken Leute attackierten.

Haftbefehl gegen Cecile
Zu einem Zeitpunkt, als des Richters Absicht, das Verfahren sang- und klanglos sterben zu lassen, längst überdeutlich war, aber die politisierenden Aktionen im Publikum und seitens der Angeklagten noch weitergingen, verkündete der Richter plötzlich eine 50minütige Pause. Beantragt hatte Cecile nur 5min. Der Richter machte ein seltsames Gesicht bei seiner Verkündigung und mensch ahnte, dass etwas Besonderes geschehen würde. Geschah dann auch: Zwei Vollstreckungsbeamte, darunter der als unmenschlicher Eintreiber bekannte Gerichtsvollzieher Schulze aus Adendorf, stürmten in den Saal und verkündeten die Verhaftung von Cecile - Erzwingungshaft. Cecile hatte vergeblich gegen mehrere Aufforderungen gekämpft, eine eidesstattliche Erklärung abzugeben ohne französische Übersetzung. Ihre Briefe um Bitte einer Übersetzung oder Dolmetscherin wurden allesamt nicht beantwortet. So geschah einige Zeit nichts - und nun nutzten die Gerichtsschergen Ceciles Prozess, um sie in diesem festzunehmen und so zu nötigen, die EV ohne Übersetzung zu unterschreiben. Binnen Sekunden entwickelte sich ein Tumult im Gerichtssaal, in deren Folge etwa die Hälfte der Personen gewaltsam aus dem Saal entfernt wurde. Dann entschieden die VollstreckerInnen und Justizwachteln, Cecile in einen Nebenraum zu schleifen. Auf ihren Antrag wurde dann Jörg B. als Zeuge zusätzlich zugelassen. Das Gespräch im Nebenraum ergab aber wenig Neues: Unterschreiben oder Knast bis zu 6 Monaten. Keine Übersetzung, keine DolmetscherInnen - basta! Zum angekündigten Wiederbeginn der Gerichtsverhandlung ging es zurück in den Saal - Cecile jetzt als Gefangene. Das Palaver ging aber dort erst einmal weiter. Eine sofortige Beschwerde wurde verfasst, über deren Wirkung zur Zeit noch keine Erkenntnisse vorliegen. Dann ging der Prozess weiter ... aber nur noch kurz, dann verkündete der Richter das Ende: Einstellung. "Sie können nach Hause gehen", zeigte er sein Interesse, das Spektakel endlich so beenden. Aber damit hatte er sich geirrt, denn für Cecile gab es keinen Weg nach draußen. Vielmehr wurde sie nun wieder verhaftet und nach allerhand Geplänkel gewaltsam aus dem Saal gezerrt und in den direkt benachbarten Knast geschafft.

Im Knast: Bericht mit Innenansichten
Cécile wurde in die JVA Lüneburg eingeliefert, weil ein Haftbefehl gegen sie vorlag. Grund dafür war kein Bußgeld, sondern nicht bezahlte Verfahrenskosten - also eine zivilrechtliche Forderung. Erzwingungshaft war vom Gläubiger (dem Staat) angeordnet worden, um die Abgabe der Eidesstattlichen Versicherung zu erzwingen. Obwohl die französische Aktivistin schon Monate zuvor unmissverständlich geäußert hatte, sie weigere sich nicht die Eidestattliche Versicherung abzugeben. Sie verlange aber eine Übersetzung in ihrer Muttersprache, bevor sie diese unterschreibt. Die Gerichtsvollzieher ignorierten schlicht ihr Anliegen. Gerichtsvollzieher Schulz sagte noch mit abwertender Geste, die Aktivistin könne ja in Frankreich bleiben, wenn sie Schriftücke auf Französisch haben wolle. Es wurde ihr zudem verwehrt, die französische Botschaft zu benachrichtigen - obwohl Ausländer im Falle einer Festnahme wohl Anspruch darauf haben.
Die Betroffene kam nicht freiwillig mit und ließ sich weg tragen. Ihren Unmut gegen die Maßnahme brachte sie spontan gleich bei ihrer Ankunft in der JVA zum Ausdruck...Sie kletterte am Gerüst einer Wendeltreppe der JVA bis zum Dachfenster vier Stockwerke höher und machte es sich in luftiger Höhe eine Weile bequem. Erst nachdem die Anstaltsbeamten Alarm ausgelöst hatten, konnte die Verstärkung die Aktivistin wieder »herunterpflücken«. Sie wurde anschließend mit Handschellen gefesselt, zu einer Zelle geführt und von einer Polizistin aus der Polizeiwache durchsucht. Das Fenster der Zelle wurde mit einem Schloss abgeriegelt, damit die Aktivistin die Stimmen von FreundInnen im Megafon draußen nicht hören konnte. Dann wurde ein Artz in die Zelle gerufen. Der Artzbesuch am Anfang eines Aufenthalts im Gefängnis ist Vorschrift. Der Artzt schien sich vor allem mit Beruhigungsmitteln auszukennen, denn er schlug Pharmazeux gleich vor, was die Betroffene aber von vorne rein ablehnte. Eine Lösung, um an die Tabletten, die sie auf Grund einer chronischen Krankheit täglich nehmen muss, ran zu kommen, hatte er zunächt nicht. Im Knast geht es darum, dass die Menschen ruhig gestellt werden, nicht dass es ihnen gut geht.
Die Vollzugsanstaltsbeamten zeigten sich ansonsten sehr freundlich. Ein Beamter brachte die Zeitung vorbei und wollte sich kurz unterhalten "Aktionen gegen den Castor, das ist klasse". Nach dem Abendessen war Umschluss vorgesehen, aber nicht für Frauen - das ist ja ein Männerknast, Frauen bleiben dort maximal 2 Tage. Doch plötzlich standen 2 Gefangene bei ihr vor der Gitter-Tür. Man konnte sich kurz grüßen und unterhalten, bevor die Schließer intervenierten. Die zwei freundlichen Jungs von der Zelle nebenan wollten vor allem wissen wie es ihr gelungen war, grossen Alarm bei den Wachmeistern auslösen zu lassen. Die stille Post geht sehr schnell im Knast... Das Gefangenen-Küchen-Team (im übrigen auch sehr freundliche Menschen) hatte womöglich die Nachricht verbreitet...
Nach ca. vier Stunden fühlte sich die Aktivistin jedoch dazu genötigt, das Vermögensverzeichnis auszufüllen und zu unterschreiben, sie habe ja schließlich andere wichtige Dinge zu tun, als im Knast rum zu sitzen. Die Erzwingungshaft kann nämlich bis zu 6 Monate andauern, die Aktivistin wäre in den folgenden Tagen zur JVA für Frauen nach Hildesheim gebracht worden. Die Gerichtsvollzieherin kamm etwa 2 Stunden später wieder. Die Aktivistin fühlte das Formular aus und wurde umgehend entlassen. "Ich habe das Geschehen als eine richtige Nötigung empfunden. Entweder Unterschrift oder Knast, egal ob ich richtig verstehe, was ich unterschreibe. Der Grundsatz der Nicht-Diskriminierung wegen der Sprache ist meines Erachtens nach verletzt worden."

Aktionen draußen: Die Mauer muss weg!
Von den AktivistInnen im und vor dem Gericht blieben ein, zwei Handvoll für Aktionen am Knast. "Bewaffnet" mit einem Megafon und Transpi ging es rund um den Knast. Da Nachmittag war, befanden sich immer wieder Gefangene im Hof des kleinen Gefängnisses und reagierten auf die Megafondurchsagen mit deutlichen Zustimmungen. Auf die üblichen linken Peinlichkeiten, nur die Freilassung der eigenen Leute zu fordern, verzichteten die AktivistInnen bewusst und machten vielmehr deutlich, dass Knast und Justiz grundsätzlich der Vergangenheit angehören müssen. In Redebeiträgen wurde der Unsinn von Strafe und die kriminalisierende Wirkung von Gefängnissen thematisiert, ebenso die Rolle autoritärer Gesellschaftsorganisierung als Nährboden für Gewalt oder gar den Faschismus. Direkt vor dem Knast lag der Lüneburger Weihnachtsmarkt - widerlicher Konsumrausch mit "Macht-hoch-die-Tür"-Gedudel stand schroff den verschlossenen Türen und der Alltagsbrutalität hinter Mauern gegenüber. Immer wieder riefen die Beteiligten Slogans wie "Die Mauer muss weg!" oder machten den BesucherInnen des Weihnachtsmarktes deutlich, wie absurd das unsichtbare Nebeneinander war und dass die eigentliche Wirkung von Strafe die sei, dass die Menschen draußen sich den Normen unterwerfen und als Rädchen im System funktionieren.
Weitere Ansprachen an die Gefangenen im Knast machten deutlich, dass die Verhaftung von Cecile Anlass sei, dass aber die Forderung sei, dass alle Menschen frei sein und Knäste schnell verschwinden sollen: "Gerichte und Knäste zu Pommesbuden!"

Spruchbänder im Weihnachtsbaum
Zu einem Dauer-Techtelmechtel entwickelte sich der große Weihnachtsbaum am Weihnachtsmarkt. Dort hatte schon am frühen Morgen ein Spruchband gehangen. Schon kurz nach der Verhaftung von Cecile hatten AktivistInnen trotz anwesender Staatsschützer und Zivilpolizei ein neues Transparent "Freiheit für die Eichhörnchen" angebracht. In einer spektakulären Verfolgungsjagd konnten Polizeieinheiten den vermeintlichen Kletterer später einfangen. Bei der Verhaftung wurden drei Menschen von einem Polizeiauto angefahren (glücklicherweise ohne Verletzungen), einer dabei, als das Polizeiauto plötzlich rückwärts setzte und dabei nicht nach hinten guckte. Als der Angefahrene gegen das Auto schlug, um den Fahrer auf sich aufmerksam zu machen, stürzte ein Polizeibeamter von der Rückbank auf diesen, bezichtigte ihn der versuchten Sachbeschädigung und verlangte die Personalien - bemerkenswerter Umgang mit einem, den derselbe Wagen fast überfahren hätte. Polizei eben ...
Wenig später kam der Notdienst der Stadt Lüneburg und krabbelte auf den Baum, um das Transpi zu entfernen. Es dauerte aber nicht lange und da hing wieder eines ... und wenig später kam dann auch Cecile wieder aus dem Knast. Der Aktionstag war zu Ende.

 

Ein paar notwendige Worte zum Umgang mit kreativer Antirepression

Die Idee der Antirepressionstage in Lüneburg entstand aus Kreisen von Leuten, die das "Anna und Arthur haltens Maul" für eine viel zu passive und defensive Strategie gegenüber der Staatsmacht halten und daher etliche Aktionsmethoden für offensivere Begegnungen mit Uniformierten und Gerichtsprozesse entwickelt haben. Obwohl auch dieses Aktionskonzept der kreativen Antirepression die wichtige Position der Aussageverweigerung immer selbst gestützt hat, wird es seit Jahren vor allem aus Führungseliten linksradikaler Gruppen und von den meisten westdeutschen Rechtshilfegruppen attackiert. Mit den Abläufen in Lüneburg hat das eine neue Dimension gewonnen, denn das konkrete Handeln wurde letztlich zu einer peinlichen Unterstützung für die Staatsmacht. So hängten Antifa- und RechtshilfeaktivistInnen Plakate ab, die zur Solidarität mit Cecile aufriefen und zu den Aktionstagen gegen die Repression aufriefen. Das "Anna & Arthur", ein von autoritären Linksradikalen dominierter Raum im Heinrich-Böll-Haus Lüneburgs wurde zur No-Go-Area - selbst bei Veranstaltungen anderer Gruppen setzten die Chef-Antifas mit Androhung von Gewalt durch, dass es als Treffpunkt zwischen den Aktionen nicht genutzt werden konnte. Argumente wurden dabei nicht genannt. Zudem ließen die Ausgrenzer gegen kreative Antirepression die günstige Möglichkeit aus, sich mal über die Inhalte dessen, was sie pauschal verurteilen, zu informieren. Niemand kam zu irgendeiner Aktion oder Veranstaltung vorbei. Noch schlimmer: Es gelang ihnen, in Rechtshilfe- und Antifakreisen als einheitliches Verhalten durchzusetzen, dass niemand aus solchen Gruppen sich je sehen ließ oder mitmachte.
So wurde das althergebrachte Konzept defensiver Verweigerung gegenüber der Staatsmacht gegenüber der Idee offensiver Auseinandersetzung mit plattesten Mitteln der Macht durchgeboxt. Dabei ist der Konflikt völlig überflüssig und hilft nur den Repressionsbehörden. Aussageverweigerung und offensive Aktionen sind gut kombinierbar - Trainings helfen ohnehin allen, denn auch Schweigen will gelernt sein und sollte geübt werden, damit nicht ständig weiter immer wieder Menschen einbrechen und doch labern. Doch die Lüneburger Tage zeigten eher: Es ist schwieriger, die ÜberwacherInnen in linken Zusammenhängen von ihren Kontroll- und Ausgrenzungsgelüsten abzubringen als der Polizei entsprechende Schnippchen zu schlagen. Es bleibt zu hoffen, dass es endlich zu einer inhaltlichen Auseinandersetzung und Kooperation in konkreten Fällen kommt oder sich immer weniger AktivistInnen gefallen lassen, von ihren Führungskadern belogen und benutzt zu werden! Eine andere Organisierung ist möglich!

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Ergänzungen

Freiheitsberaubung und Rechtsbeugung

egal 12.12.2008 - 20:27
Rechtstaatlich betrachtet, hat sich der Richter der Freiheitsberaubung durch Rechtsbeugung schuldig gemacht. Rechtstaatlich betrachtet, kann ihm das egal sein, weil er dafür nicht belangt werden wird. Die Unterschrift dürfte trotzdem nicht das Papier wert sein, auf dem es steht. Könnte aber interessant und lustig sein, sich aufgrund dieses, wohl erstmal gültigen Zustandes, Rechtsbeihilfe einzufordern, um gegen die Gültigkeit, wie auch gegen den Richter vorzugehen.

Film im Graswurzel TV

jb 12.12.2008 - 22:33

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 5 Kommentare an

sehr nett — littlesister

Tunnelblick — Arthur

Wie peinlich — Ich

Cecile lügt! — Chefin vom Dienst