Kiel: Griechenland-Soli-Demo

venceremos 12.12.2008 15:07 Themen: Repression
Gestern Abend, am Donnerstag d. 11.12., folgten über 100 Menschen einem spontanen Aufruf zu einer Solidaritätsdemo für die kämpfenden Menschen in Griechenland und um ihre Wut und Trauer über den Tod von Alexis zu zeigen, der am 6.12. in Athen von der Polizei erschossen wurde.
Die Demo, die von autonomen Gruppen und Zusammenhängen getragen wurde, war nicht angemeldet und wurde seit Donnerstagmittag öffentlich beworben. Die Polizei hatte offenbar mal wieder nichts mitbekommen und konnte nur nach und nach einige Einheiten zur Demo schicken. Am Treffpunkt erschienen pünktlich über 100 Leute, und als die Polizei mit ersten Streifenwagen vor Ort war, ging es relativ zügig los durch die Holstenstraße (Hauptkonsummeile in Kiel) richtung Weihnachtsmarkt. Es beteiligten sich viele verschiedene Leute an der Aktion, auch eine Fahne der "Linken" war zu sehen. Die Demo war geprägt von lauten Sprechchören und einem Bengalo, der für beeindruckende Atmosphäre in der belebten Einkaufsstraße sorgte. Es wurden viele Flugblätter an die PassantInnen verteilt, die über die Situation in Griechenland und den Grund der Demo aufklärten. Am Weihnachtsmarkt wurde gestoppt und zwei Redebeiträge gehalten. Viele PassantInnen hörten sich das an, es gab aber auch veärgerte und wütende Reaktionen der EinkäuferInnen, teils "politisch" (sinngemäß: "Ihr seid Schuld an der Gewalt"), aber viele fühlten sich einfach nur in ihrem Weihnachtsrausch gestört. Es ging dann weiter richtung Bahnhof, auf dem Weg dorthin wurden die folgenden Polizeiwagen durch eine Rauchbombe aufgehalten, die mittlerweile mehr gewordenen mitlaufenden Bullen hielten sich allerdings komplett zurück. Am Bahnhof/ZOB gab es dann eine Abschusskundgebung, wo noch ein Redebeitrag, der auf der Demo in Hamburg am Montag gehalten wurde, verlesen wurde, sowie ein Aufruf zu einer Mahnwache am Samstagabend auf dem Rathausmarkt, der von einer Genossin aus Griechenland auf Englisch gehalten wurde. Danach zerstreuten sich die Leute wieder, es gab keine Personenkontrollen, die Demo kann als durchaus erfolgreich bewertet werden.
Vielen Dank an alle die da waren!


Aufruf/Redebeitrag/Flugblatt aus Kiel zur Demo:

Griechenland brennt!

Am vergangenen Samstag wurde der 15-jährige linke Jugendliche Alexis Grigoropoulos im alternativen Athener Stadtteil Exarchia von einem griechischen Polizisten durch einen Pistolenschuss ermordet. Dieses traurige Ereignis war der Auslöser für einen seit Tagen andauernden militanten Aufstand zehntausender Menschen, der sich von Athen über Thessaloniki mittlerweile auf ganz Griechenland ausgeweitet hat.

Dieser Aufstand, der unter anderem von anarchistischen Gruppen getragen wird, gedeiht auf der Grundlage von sich - nicht zuletzt im Zuge der weltweiten Finanzkrise - seit Monaten verschärfenden Protesten gegen die zahlreichen sozialen Missstände in Griechenland: SchülerInnen, LehrerInnen und Studierende kämpfen für die Ablösung des mittelalterlichen Bildungssystems und eine Zukunftsperspektive, in den Knästen befinden sich weite Teile der Gefangenen im Hungerstreik gegen die menschenverachtenden Haftbedingungen. Die ArbeiterInnen rüsten sich für einen landesweiten Generalstreik. Die rechte Regierung weiß auf die brodelnden sozialen Kämpfe standesgemäß nicht anders zu reagieren als mit brutaler staatlicher Repression. In diesem Zusammenhang muss der Tod von Alexis' und der ausgelöste Flächenbrand betrachtet werden.

Wir wollen unsere Solidarität mit den kämpfenden Menschen in Griechenland bekunden. Wir sind wütend darüber, dass mal wieder ein Mensch in einer Auseinandersetzung mit der Polizei sterben musste, weil er ihre Autorität nicht anerkannt hat. Wir sind an der Seite derjenigen, die nun ihre Trauer zu Widerstand gegen den traditionell faschistoiden Polizeiapparat und die menschenfeindlichen Lebensbedingungen im Kapitalismus wandeln und den Versuch unternehmen, die staatliche Ordnung ins Wanken zu bringen. Wir sind zuversichtlich, dass die rechte Regierung gestürzt werden kann und hoffen auf noch viel, viel mehr...

Aber wir gehen nicht nur auf die Straße, weil wir unsere Solidarität mit den GenossInnen in Griechenland ausdrücken wollen, sondern auch, weil wir wissen, dass Polizeigewalt und soziale Missstände nicht griechische, sondern allgemeine Phänome sind, deren Wurzeln in einem kapitalistischen System liegen, von dessen negativen Auswirkungen wir hier in Deutschland - wenn auch in erheblich unterschiedlichen Qualitäten und Ausprägungen - genauso betroffen sind, wie ein Großteil der Menschen weltweit.

Wenn wir für die griechischen GenossInnen auf die Straße gehen, sind wir ebenfalls auf der Straße für alle Opfer von staatlicher Gewalt. Und wir fühlen uns auch deshalb verbunden mit den trauernden Angehörigen von Alexis, weil wir wissen, dass auch in Deutschland PolizistInnen von Amtswegen her Menschen ermorden dürfen, ohne das sie jemals dafür zur Rechenschaft gezogen werden: Am vergangen Montag wurden diejenigen Dessauer Polizeibeamten freigesprochen, die vor knapp drei Jahren mit offensichtlich rassistischen Motiven dafür verantwortlich waren, dass Oury Jalloh an Händen und Füßen gefesselt in einer Gefangenenzelle verbrannt ist.

Und wir gehen nicht zuletzt deshalb auf die Straße, weil wir die sozialen Kämpfe, die derzeit in Griechenland toben, für eine adäquate Antwort halten auf die Zwänge und Normen, die Ausbeutung und Unterdrückung, denen auch wir alltäglich die Möglichkeit eines menschenwürdigen und befriedigenden Lebens zugunsten eines rassistischen, patriarchalen und kapitalistischen Systems opfern müssen.


Internationale Solidarität gegen mörderische Repression und kapitalistische Zumutungen!
Für eine revolutionäre Perspektive!


Aufruf zur Mahnwache am Samstagabend:

THE VALUE OF HUMAN LIFE

Saturday night, 6th of December in Athens Greece, a 15year old boy, Alex Grigoropoulos, was shot dead by a police officer during a verbal confrontation between 2 policemen and 15 boys.

The policemen claim that they were driving their car and around 30 people attacked the police car with sticks and bottles. The policemen left, parked their car further down the street and returned on foot to continue the confrontation. Then, one of the two police officers shot twice in the air and once on the ground where the bullet bounced on the ground and hit Alex on the belly.

Eye witnesses on the other hand say that the boys did not attack the police car with any objects whatsoever, they only had an intense verbal confrontation, where the police officers left, parked their car and came back. They continued their verbal confrontation until one of the two officers shot Alex directly on the belly.
The boy was transported dead to the hospital.

Since Saturday night, people have been protesting in the streets in all major cities of Greece where the police force has shown extreme brutality beating and arresting 15year old children during the demonstrations. In Berlin, Paris and some cities in the UK people have attacked the Greek Embassies.

We would like to invite you to a silent demonstration in Kiel at the Rathaus Platz at 19:00 Saturday 13/12. Everybody bring a candle to light for Alex.
This will be a peaceful demonstration, to protest about brutality of police force and the value of human life.

Stille Mahnwache gegen Polizeigewalt in Griechenland
Samstag, 13.12.2008
19 Uhr, Rathausplatz, Kiel

POLICE BRUTALITY - A Tragic Violation Of The Public Trust
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Ergänzungen

Deutsches Tränengas für griechische Polizei!

riot 12.12.2008 - 17:40
In der Schweizer Pressen wird berichtet, dass den griechischen bullen das Tränengas ausgeht. Nachschub soll neben Israel von Deutschland kommen!




Infos im Video hier:

 http://www.20min.ch/news/ausland/story/28894363





oder hier:

 http://www.tagesanzeiger.ch/ausland/europa/Griechische-Unruhen-alarmieren-die-Regierungen-in-Europa/story/23145824

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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weiter geht's — jajaja

... — ....

... — txapote

Polizeigewalt — jaja